Möglicherweise begann die Geschichte vom Ende des Sports, wie man ihn kannte, auf einem Golfplatz. Man könnte Bücher füllen mit den Deals, die an den Golflöchern der Welt verhandelt wurden, man hat sogar schon Bücher gefüllt mit Erzählungen von Politikern auf Golfplätzen, und irgendwo in diesem illustren Dunstkreis bewegten sich auch der Amerikaner Jay Monahan und der Araber Yasir Al-Rumayyan, als sie sich irgendwann im Laufe des Jahres 2023 zu einer Golfrunde verabredeten. Die Weltöffentlichkeit erfuhr von dieser Runde erst später, als beide im amerikanischen Fernsehen den Deal präsentierten, den sie damals verhandelt hatten.
Die detaillierte Beschreibung einer hochkomplizierten Verschmelzung zwischen der alten amerikanischen Traditions-Golfinstitution, der PGA Tour, die Monahan vertrat, und der neuen, mit Milliarden aus Öl finanzierten LIV-Golftour, vertreten durch Al-Rumayyan, ist gar nicht so entscheidend. Golfstaat kauft Golfsport, so die knappe Zusammenfassung, und man konnte fast unterschätzen, welches Exempel da statuiert wurde.
Golf, Lieblingssport der Dealmaker und Präsidenten, gehört nun zum ersten Mal einem Land: Saudi-Arabien hat sich einen ganzen Sport gekauft und ihn abgelegt im Ordner "Sportinvestments" des PIF, des staatlichen Public Investment Funds. Dessen betriebswirtschaftliche Wirkungsweise lässt sich schön simpel beschreiben, weil auf der einen Seite Öleinnahmen rein- und auf der anderen Seite Unternehmensbeteiligungen rausgehen, wie bei einer gigantischen Waschanlage.
...
Der Golfsport liegt nun also in den Händen der Saudis, auch noch, muss man sagen. Daneben stehen ein Champions-League-Fußballverein aus Newcastle und die vier größten Fußballvereine aus Saudi-Arabien selber, bei denen Weltstars spielen wie Cristiano Ronaldo und Karim Benzema - und jede Woche kommen derzeit zwei bis drei neue dazu, als wäre Sommerschlussverkauf. Man kommt mit dem Zählen kaum noch hinterher, so schnell haben die Saudis die Finanzhoheit im Sport übernommen. Der PIF hat überall seine Hände im Spiel, in den Seitenarmen des Sports wie der Wettindustrie oder dem Gaming-Geschäft, auf direktem Weg wie im Golf oder auf indirektem Weg in England, wo eine Beteiligung an Cain International, der Investmentfirma des FC-Chelsea-Eigentümers Todd Boehly, den Einfluss absichert.
Wie konnte es dazu kommen, dass sich der Weltsport gerade dem Ölgeld vom Golf ergibt wie ein Schaf dem Wolf? Die Antwort liegt unter anderem in den USA, wo der kommerzialisierte Sport in Form des Eigentümermodells erfunden wurde und sich als gutes Geschäft entpuppte. Die Basketball-, Eishockey-, Football- und internationalen Fußballvereine, die dazugehörigen Stadien, die Fernseheinnahmen, das alles befeuerte eine große, absurde Finanzblase, die sich im Fußball mit Eigentümern aus den USA, Oligarchen aus Russland und Investoren aus Nah- und Fernost aufblies.
Sport war ein verdammt gutes Business für die großen Spieler, die aus den Logen auf ihre kleinen Spieler herunterschauten. Öffentlich wurden die inflationären Spielergehälter und Ablösesummen als exzessive Ausgaben angesehen, gerade in Deutschland, wo man sich noch immer dem Schein hingibt, dass die Kommerzialisierung von Sport und Fußball mit Moraldebatten zu bekämpfen wäre.
...
Das Internationale Olympische Komitee (IOC), der Weltfußballverband Fifa, mit Abstrichen die Uefa in Europa, sie hätten in dieser Geschichte vom Ende des Sports, wie man ihn kannte, die Möglichkeit gehabt, gegenzusteuern. Sie hätten Investoren nicht ausschließen müssen, aber zumindest bremsen können und hätten die Möglichkeit gehabt, faire Regeln aufzustellen, die den Kern des Sports schützen. Die Macht der Welt-Verbände war in der Theorie immer vorhanden, aber wer sich Geld reinholt gibt eben Macht ab. Der Sport und insbesondere der Fußball waren in ihrer ursprünglichen Form nicht verkäuflich - es ist die Politik der großen Verbände gewesen, die das möglich gemacht hat. Die vergangenen zwei Jahrzehnte waren eine Einladung an Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder die Vereinigten Arabischen Emirate, aufzukaufen, was zum Verkauf stand.