Sorry an Brazzo!
https://11freunde.de/p/club/aktuelles/w ... 61330.htmlWidersprüchlich
von Felix Gropper
5-6 Minuten
Eigentlich hätte niemand von Joshua Kimmichs Impfstatus erfahren dürfen. Dann wäre sein Persönlichkeitsrecht geschützt geblieben, dann wäre er jetzt weder die Galionsfigur der Impfverweigerer, noch Sündenbock der Impfgegner. Nun ist das Thema auf dem Tisch und die Reaktionen so vorhersehbar wie unvermeidbar. Die gestrige Bild-Schlagzeile “Darum lasse ich mich noch nicht impfen” neben seinem Konterfei auf der Startseite der Website der größten deutschen Tageszeitung ist Wasser auf die Mühlen der Impfgegner. Der “Verantwortung”, der sich Kimmich bewusst sein will, wird er so nicht gerecht. Leider.
Nach der Corona-Erkrankung von Bayern-Trainer Julian Nagelsmann stellte die Bild Nachforschungen an und will erfahren haben, dass fünf Spieler des FC Bayern nicht geimpft seien. Einen Namen machte sie öffentlich. Den von Joshua Kimmich. Kimmich bestätigte seine Corona-Impfskepsis später im Interview bei Sky. Er habe Bedenken, weil ihm die Langzeitstudien fehlen und wolle noch abwarten. Kimmich sagte aber auch, dass er weder generell Impf-Verweigerer noch Corona-Leugner sei. Außerdem führte er an, dass er sich sorgsam an Hygienekonzepte halte und sich alle zwei bis drei Tage testen ließe.
Widerspruch zu seinem Engagement
Bundesligaspieler sind durch die engmaschigen Testungen tatsächlich in einer besonderen Situation. Durch die sorgfältige Abschirmung der Profis geht von ihm als Einzelperson vermutlich tatsächlich weniger Gefahr aus als von anderen Ungeimpften. Trotzdem ist auch in seinem Fall die Impfung eine weitere Risikominimierung. Auch im Hinblick auf einen Charity-Krankenhausbesuch bei schwerkranken Kindern, den Kimmich vor wenigen Tagen absolvierte. Besonders merkwürdig erscheint sein Impfstatus aber im Zusammenhang mit seinem Engagement bei der Charity-Aktion „WeKick Corona”, die Kimmich im letzten Jahr mit seinem Freund und Mitspieler Leon Goretzka gründete.
Das Projekt beschreiben die beiden auf ihrer Webseite so: „Als Profi-Fußballer führen wir ein gesundes und privilegiertes Leben. Daher sehen wir uns in dieser schwierigen Zeit verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen. Geben und gegenseitig helfen ist für uns in dieser Zeit das Gebot der Stunde.“ Verantwortung, die ein Großteil der Bevölkerung mit der Impfung nun übernommen hat, was nachweislich Erfolge im Kampf gegen die Pandemie brachte. Eine Verantwortung, die dazu führte, dass Kimmich und seine Mitspieler wieder vor Zuschauern spielen können. Da erscheint es absurd, dass ungeimpfte Profis in einem Stadion spielen, das sie als Zuschauer auf Grund der 2G-Regelung gar nicht betreten dürften.
Rummenigge forderte im Februar eine Impfpriorisierung für Fußballprofis
Weiter heißt es auf der Webseite: „Jeder Einzelne von uns kann dafür sorgen, dass sich das Corona-Virus nicht weiter ausbreitet, aber nur gemeinsam können wir unseren Teil zur Gesundung der Gesellschaft beitragen.“ Mit genau denselben Worten versuchen seit Monaten die Gesundheitsexpert:innen dieses Landes Zweifler:innen zum Impfen zu bewegen.
Widersprüchlich auch, dass der FC Bayern in Person von Karl-Heinz Rummenigge im Februar noch einforderte, die Spieler in der Impfreihenfolge zu bevorzugen. „Dann wäre es am Fußball, ein Vorbild zu sein – und dann eben seine Spieler impfen zu lassen, um den Bürgern zu zeigen, dass Impfen keine Schädigung mit sich bringt“, sagte Rummenigge damals. Die oft reklamierte Vorbildfunktion versagt - mal wieder. Es ist erstaunlich, warum es ein Verein wie der FC Bayern, der über eine hervorragende medizinische Abteilung verfügen sollte, es nicht schafft, seinen Spieler die Impfskepsis zu nehmen, für die es kein schlüssiges Argument gibt.
Das Ziel ist es jedoch nicht, eine moralische Überlegenheit gegenüber Joshua Kimmich zur Schau zu stellen. Das Ziel ist es, so schnell wie möglich aus der Pandemie herauszukommen und Corona tatsächlich zu “kicken”. Kleine Stiche in den Oberarm helfen dabei, die leidigen Diskussion zu beenden. Und - viel wichtiger - die Pandemie.