Fußballgeschichten

jeck3108
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2. Verein: bin ich dualfan?

Re: Fußballgeschichten

Beitrag von jeck3108 »

erpie hat geschrieben: Samstag 13. Mai 2023, 08:06 Was ein Wahnsinn!
https://11freunde.de/artikel/now-here-c ... rd/1962166
und die Geschichte zum Torschützen.
Und das ist auch gutes Beispiel, weshalb ich lieber britische Kommentaren habe.
Die sind oft ohne Fremdscham für sie emotional im Spiel.

Vielleicht liegt es ja auch daran, daß man es als Nicht-Muttersprachler nicht so mitbekommt und im Grunde sind die auch nicht besser, aber wenn ich nen Fuss oder ähnliche höre... das wirkt immer auf mich völlig bemüht, jetzt hier aber insbesondere in der Wortwahl aber mal einen rauszuholen und die Emotionalität wirkt aufgesetzt und gespielt, das hat für mich was von den WM/EM-Eventmädels, die da Fußballfan schauspielern.

Und bei den Briten kommt eher ne wirkliche Begeisterung für das Spiel rüber.

Aber wie gesagt, vielleicht liegt man damit auch daneben, weil man eben nicht die Augen verdreht bei einer Worteahl oder Formulierung, weil man eben nicht so einen natürlichen Zugang zur Sprache hat.
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Ne ganze Menge Fußballgeschichten
Das Spiel ist aus - Fußball & Verbrechen
True Crime im Fußball: Warum musste Lutz Eigendorf sterben? Wie wurde aus dem Schalker Willi Kraus ein Bankräuber? Wer entführte Barcelonas Topstürmer Quini? Und was, um alles in der Welt, war das »Mordkommando Bum-kun Cha«? Unser Kollege Andreas Bock schreibt über die großen Kriminalfälle der Fußballgeschichte. Wahre Geschichten über Spieler, die auf die schiefe Bahn gerieten oder Opfer von Verbrechen wurden. Eine Reise auf die dunkle Seite des schönen Spiels. Es geht um Mörder, Drogenschmuggler, Betrüger, Krokodile, Zuhälter, Geldfälscher, Hinterzimmerzocker, Nazis, Pornohändler, Folterknechte, Schlägertypen – und Osama bin Laden.
https://shop.11freunde.de/das-spiel-ist ... echen.html
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Bild
Luton Town steht im Auf­stiegs­fi­nale zur Pre­mier League und darf auf eines der größten Fuß­ball­wunder ever hoffen. Doch alle Welt redet nur über diesen, nun ja, skur­rilen Ein­gang zum Gäs­te­sektor in Luton.
...
Nicht der alte ​„Scheiß-Ein­gang“ sei aus der Zeit gefallen, schimpft der CEO des Tra­di­ti­ons­klubs im Bou­le­vard­blatt The Sun, son­dern die hyper­mo­derne Ste­ri­lität, die sich wäh­rend Lutons 27-jäh­riger Erst­liga-Abs­ti­nenz überall im Spitzen-Fuß­ball breit­ge­macht habe. ​„Viel­leicht müssen wir unseren Ein­gangs­toren hier mal einen neuen Anstrich ver­passen und hier oder dort ein neues Schild anbringen“, räumt Sweet ein, ​„aber lassen Sie uns diesen Ein­gang ansonsten so nehmen, wie er ist. Es nervt mich und bringt mich gleich­zeitig zum Lachen, wenn man in den sozialen Medien ständig liest, dass der Ein­gang unserer Aus­wärts­fans durch irgend­welche Gärten ver­läuft.“
https://11freunde.de/artikel/scheiss-eingang/8606297
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Auch wenn Sie ein Jahr her ist, trotzdem eine schöne Fußballgeschichte:
Gegen den Rest der Welt

Heute ist Beste-Freunde-Tag: Ein Grund, die Geschichte von Maxi­mi­lian Philipp und Chris­to­pher Lenz zu erzählen. Die beiden lernten sich als Drei­jäh­rige kennen. Ohne den anderen wäre keiner der beiden Bun­des­li­ga­profi geworden.

Wessen dritter Geburtstag gefeiert wurde, ist nicht mehr zu klären. War es der von Maxi­mi­lian Philipp im März 1997 oder der von Chris­to­pher Lenz ein halbes Jahr später? Unbe­stritten ist nur, dass sie bei einer dieser Gele­gen­heiten zusam­men­kamen. ​„Und ich kenne kein Leben ohne Milli“, sagt Lenz in fei­er­li­chen Ton­fall. Philipp, den alle ​„Milli“ nennen, nickt zustim­mend über seine Kaf­fee­tasse hinweg. An einem warmen Som­mertag sitzen sie in einem Eis­café in Berlin-Mari­en­felde, wo sie schon als Kinder Eis gegessen haben. Weil in den Wochen zwi­schen den Spiel­zeiten gesün­digt werden darf, stehen Cola und Spaghetti­eis auf dem Tisch.
https://11freunde.de/artikel/gegen-den- ... lt/4266402
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

...
Das Inter­esse der Pas­santen hatte nicht allein mit der Qua­lität des Fuß­balls zu tun. Conrad zum Bei­spiel ging frei­willig ins Tor, weil er wusste, dass es mit seinen Fähig­keiten am Ball nicht weit her war. Was die Zuschauer anzog, das war viel­mehr die Iden­tität der Spieler. So diri­gierte ein Schotte namens Sean Con­nery die Abwehr, den man damals aus vielen Neben­rollen in Fern­seh­filmen kannte. Manchmal spielte sein Lands­mann Lonnie Donegan mit, dessen Megahit ​„Rock Island Line“ 1956 einen Skiffle-Boom aus­ge­löst hatte (der zur Grün­dung der Beatles führen sollte). Und der 20-jäh­rige Tommy Steele war nicht nur der erste Rock’n’Roller aus Eng­land, son­dern auch ein richtig guter Rechts­außen.

„Als wir begriffen, dass Men­schen sehen wollten, wie wir Fuß­ball spielen, kam uns die Idee, das größer auf­zu­ziehen und Geld für einen guten Zweck zu sam­meln“, sagt Conrad, der sich mit beson­derem Enthu­si­asmus in die Sache stürzte. Er wurde nicht nur Kapitän der Mann­schaft, die sich ​„Showbiz XI“ nannte, son­dern auch so etwas wie ihr Manager.
...
„Unsere Spiele waren aber keine Show­ver­an­stal­tungen“, erklärt Conrad. ​„Es war rich­tiger Fuß­ball, bei dem beide Mann­schaften gewinnen wollten. Aber natür­lich durfte das Risiko nicht zu groß werden. des­wegen habe ich allen Ver­einen gesagt, dass wir nur gegen ihre Ü30-Teams antreten würden.“ Trotz dieser Vor­sichts­maß­nahme konnte es ruppig werden. Conrad galt als Frau­en­schwarm, und wenn ihn die Freun­dinnen seiner Gegen­spieler von der Sei­ten­linie etwas zu offen­sicht­lich anschmach­teten, kam es schon mal vor, dass ein Stürmer ihm absicht­lich auf die Hand trat. Im Laufe seiner langen Kar­riere brach er sich meh­rere Finger und sogar das Schlüs­sel­bein, hatte aber Glück, dass seinen Zähnen nichts pas­sierte – die waren näm­lich hoch ver­si­chert, weil sein Lächeln sein Kapital war. Schlimmer erwischte es Tommy Steele, denn der brach sich 1961 sogar ein Bein. Das war dop­pelt ärger­lich, weil er gerade eine Haupt­rolle im einem Thea­ter­stück im West End bekommen hatte und auf Befehl seines Mana­gers eigent­lich gar nicht Fuß­ball spielen durfte. Um Ärger zu ver­meiden, täuschte Steele bei der ersten Probe einen Sturz von der Bühne vor und behaup­tete anschlie­ßend, dieser Unfall wäre der Grund für die Fraktur gewesen.
...
Über­ra­schen muss das nicht, denn die Showbiz XI trat oft gegen Ama­teur­ki­cker an, die mal sehen wollten, aus wel­chem Holz diese Rock­stars geschnitzt waren, über deren Eska­paden man so viel lesen konnte. Wie zum Bei­spiel die Brüder Ray und Dave Davies von den Kinks, deren Strei­tig­keiten und kör­per­li­chen Aus­ein­an­der­set­zungen so etwas wie die Blau­pause für Liam und Noel Gal­lagher lie­ferten. ​„Bei uns sind die beiden nie auf­fällig geworden“, erin­nert sich Conrad. ​„Sie haben zwar nicht mit­ein­ander geredet, aber sie waren ohnehin eher still. Beim Fuß­ball gab es nie Streit.

Alle hatten Spaß und kamen gerne zu uns.“Conrad selbst stand noch bis in die späten neun­ziger Jahre im Tor, wenn auch meis­tens nur eine Halb­zeit. Aber er orga­ni­sierte weiter Spiele einer inzwi­schen natür­lich ver­jüngten Mann­schaft mit Leuten wie Robbie Wil­liams oder Eddie the Eagle. Erst 2013, da war er schon 77 Jahre alt, zog er sich zurück und trat alle Rechte an der Showbiz XI an eine Firma ab. Die sollte eigent­lich dafür sorgen, dass das Team wei­ter­lebte, aber irgendwas ging schief. Viel­leicht fehlten den neuen Inha­bern der Namens­rechte Con­rads Kon­takte oder auch nur sein Enthu­si­asmus. ​„Die Mann­schaft exis­tiert nicht mehr,“ sagt er. ​„Leider.“ Aber im Show­ge­schäft gibt es ja immer wieder Come­backs. Schon James Bond wusste: Sag nie­mals nie.
https://11freunde.de/artikel/mit-der-nu ... iteninhalt
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Schade die hätte ich ja gerne spielen sehen...
Vor zwei Wochen haben wir euch an dieser Stelle mit der Geschichte der bri­ti­schen Promi-Mann­schaft ​„Showbiz XI“ ver­traut gemacht. Aber natür­lich gab und gibt es auch bei uns Fuß­ball­teams, die Inter­esse auf sich ziehen, weil man ihre Spieler aus anderen Lebens­be­rei­chen als dem Sport kennt. Da wären die Poli­tiker vom FC Bun­destag, den wir in unserem aktu­ellen Heft por­trä­tieren. Oder natür­lich der 1964 von Sammy Drechsel ins Leben geru­fene FC Schmiere, für den nicht nur Kaba­ret­tisten spielten, son­dern auch mal Schau­spieler oder Sänger. Und gut fünf­zehn Jahre lang – von Mitte der Sieb­ziger bis Anfang der Neun­ziger – lief eine ganz beson­ders beliebte Truppe auf: die Mann­schaft des ZDF.

Genauer gesagt han­delte es sich um die Elf der Sport­re­dak­tion des ZDF. Diese Unter­schei­dung ist wichtig, weil der Sender auch eine nor­male Betriebs­sport­gruppe hatte, die vor den Ball trat. In der Mann­schaft der Sport­re­porter spielten aber eben keine Kame­ra­leute, Cutter oder Ton­in­ge­nieure, son­dern viele Leute, die man aus dem Fern­sehen kannte. Allen voran natür­lich Dieter Kürten, der mehr als dreißig Jahre lang das ​„Aktu­elle Sport­studio“ mode­rierte, und Wolfram Esser, der als Gesicht der ​„Sport­re­por­tage“ und der Jugend­sen­dung ​„Pfiff“ galt. Esser war es auch, der zusammen mit Nor­bert Geis, dem Regis­seur der Sport­sen­dungen des ZDF, die Spiele orga­ni­sierte.
https://11freunde.de/artikel/figgemeier ... er/8808736
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Tele­fo­nate abhören mit Bernd Höl­zen­bein
Knut­schender Skibbe, bechernder Rohr­bach, tech­nisch gewiefter Höl­zen­bein: In seinem Buch ​„Ein­tracht Intim“ ver­sam­melt Jörg Hei­nisch schil­lernde Anek­doten und Erin­ne­rungen aus der bewegten Geschichte der Frank­furter Ein­tracht.
...
Wieso ein Ein­zel­zimmer?
Halb­fi­nale im DFB-Pokal 1988. Die Ein­tracht musste bei Werder Bremen antreten. Wolf­gang Knispel und Vize­prä­si­dent Klaus Mank, früher Jugend­trainer, sowie Geschäfts­führer Peter Röder stimmten sich ab, wer die Mann­schaft begleiten solle. Weil Knispel und Prä­si­dent Gram­lich erst abends nach­kommen konnten, erklärte Mank seine Bereit­schaft, mit dem Team zu fliegen, bezog ein Tages­zimmer im Hotel und legte sich schlafen. Um etwa 15 Uhr klopfte es. Prä­si­dent Gram­lich stand vor der Tür und fragte: ​„Sagen Sie mal, haben wir zu viel Geld?“ – ​„Warum?“, ent­geg­nete Mank. – Gram­lich: ​„Dass der Co-Trainer ein Ein­zel­zimmer hat …“ – Mank dar­aufhin: ​„Herr Kol­lege, ich muss Ihnen sagen, ich bin kein Co-Trainer, ich bin der Vize­prä­si­dent!“ – Gram­lich: ​„Ent­schul­digen Sie, das habe ich ja ganz ver­gessen …“
https://11freunde.de/artikel/telefonate ... in/8837514
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Schon etwas älter aber sehr unterhaltsam...
Chris­tian Wörns zählte zu den festen Größen im deut­schen Fuß­ball der Neun­ziger. Doch an vielen Titeln schrammte er vorbei. Vor ein paar Jahren spra­chen wir mit ihm über ein Foul an Davor Suker, die Meis­ter­schaft mit Dort­mund und Kuchen bei Calli.
...
Ein Jahr später, zur Saison 1991/92, wech­selten Sie zu Bayer Lever­kusen. Sie trafen sich mit Reiner Cal­mund?
Nicht zu Beginn. Aber ich erin­nere mich noch an eine Begeg­nung mit ihm. Calli saß gegen­über von mir und meiner Freundin am Schreib­tisch, hatte sich eine große Kra­watte vor das span­nende Hemd gebunden. Die Sekre­tärin brachte ein knappes Pfund Mar­mor­ku­chen herein, wie man ihn heute noch im Super­markt bekommt. Wir hörten ihm zu, er redete und nach einer Zeit schaute ich auf den Kuchen. Nur: Da war keiner mehr, alles weg. Und wir hatten nicht ein Stück gesehen (Lacht.).
...
Wie hat das Duo den BVB vor dem Abstieg bewahrt?
Mat­thias war eher für die Trai­nings­ge­stal­tung, die Inhalte zuständig. Er war ja vorher nie Trainer, wes­halb Udo Lattek sich vor die Presse stellte und die Anspra­chen über­nahm.

Und?
Naja, alte Schule, aber man­ches Mal auch etwas psy­cho­lo­gisch. Irgend­wann hat er einen Spieler gefragt, was er tun würde, wenn ein Ein­bre­cher im Haus stünde und seine Frau bedrohen würde. Er wollte das wohl auf den Fuß­ball über­tragen, uns begreifbar machen, dass wir für­ein­ander ein­stehen müssen. Ich glaube, der­je­nige hat damals ​„Weg­laufen“ geant­wortet.
https://11freunde.de/artikel/woerns-ich ... iteninhalt
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Outtatime
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Outtatime »

Manchmal lohnt der kicker noch. Den kannte ich noch nicht :clap:

Die erschwindelte Karriere des Carlos Kaiser

Der beste Spieler, der niemals spielte

Finten ohne Ball: 26 Jahre lang gab sich Carlos Kaiser, inzwischen 60 Jahre alt, als Fußballer aus. Dabei war alles nur ein riesengroßer Schwindel.


Mit dem Namen fing alles an. Kaiser, so heißt Carlos Henrique Raposo nicht wirklich. Doch angeblich zauberte er als Nachwuchsfußballer so groß auf, dass sich manch einer an Franz Beckenbauer erinnert fühlte. Carlos' Version der Geschichte. Jugendfreund Luiz Maerovitch vertritt die Variante, dass der junge Carlos stets ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen hatte - und die Leute seinen Körperbau mit den bauchförmigen Flaschen der Biermarke "Kaiser" verglichen.

Die Dokumentation "Kaiser! The Greatest Footballer Never to Play Football" nähert sich einer Fabelgeschichte auf die wohl sinnvollste Weise an. Sie lässt sowohl den Protagonisten zu Wort kommen als auch zahlreiche Begleiter, die dessen außergewöhnlichen Weg zu zweifelhaftem Ruhm miterlebt haben.

Im Nachtleben baut Kaiser seinen Ruf auf
Renato Gaucho ist auf Carlos' Seite. Der grandiose Rechtsaußen zählt in den 1980er und 1990er Jahren zu den größten Fußballhelden Brasiliens, 1983 macht er Gremio Porto Alegre gegen den HSV beinahe auf eigene Faust zum Weltpokalsieger - sein Durchbruch. Und der Durchbruch Kaisers. Aufgrund einer gewissen optischen Ähnlichkeit gibt sich Kaiser im Nachtleben von Rio als Renato aus, was öfter funktioniert als nicht. So gelingt es dem Hochstapler erstmals, sich einen gewissen Ruf und ein wertvolles Netzwerk aufzubauen. Unter anderem mit Renato, der irgendwann Wind von der Sache bekommt und sich mit Menschenfänger Kaiser anfreundet.

Er hatte nur ein Problem: den Ball.
RICARDO ROCHA ÜBER CARLOS KAISER
Eine große Nummer im Untergrund, der Kumpel der Stars - dieses Konzept soll Kaiser ans Ziel führen. Und Ziel ist, ein berühmtes Fußballidol zu sein. Dabei kann Carlos gar nicht Fußballspielen. "Er hatte so viele Talente", erinnert sich in der Dokumentation der brasilianische Weltmeister Ricardo Rocha. "Er hatte nur ein Problem: den Ball." Die Lösung dieses Problems? Kaiser spielte einfach nie. Nicht mal im Training.

Wenn eine körperliche Einheit anstand, tauchte er auf und trainierte eindrucksvoll mit. Sobald aber der Ball ins Spiel kam, war er immer dort, wo das Spielgerät nicht war. Oder er simulierte eine Verletzung, das war sein Evergreen. Eine Zerrung beim ersten Sprint. Kaiser spezial. Ansonsten auch gerne jede andere Ausrede bis hin zur gestorbenen Großmutter, von denen er eindeutig mehr als zwei zu haben schien.

Selbst Bebeto hilft beim Schwindel mit
Wie er damit durchkam? Carlos hatte Verbündete. Das war Teil des Plans. Mitspieler, Vereinsfunktionäre und Journalisten brachte er auf die besten Parties der Stadt, verschaffte ihnen Frauen oder auf andere Weise die Zeit ihres Lebens. Bis selbst Stars wie Bebeto vor Vereinswechseln ein gutes Wort für Kaiser einlegten, die Funktionäre seinen Vertrag verlängerten und befreundete Reporter Fabeldinge über ihn schrieben, die er niemals vollbracht hat.

Renato Gaucho, Carlos Kaiser
Freunde fürs Leben: Fußballstar Renato Gaucho (li.) und Schwindler Carlos Kaiser.The Greatest Footballer Never to Play Football
Mitte der 80er verschaffte Fabio Barros, genannt Fabinho, Kaiser bei einem Auslandsintermezzo in Ajaccio auf Korsika ein Trikot des Vereins und Einblicke in das Leben vor Ort. Beides machte sich Kaiser zunutze, um selbst in bekannten TV-Shows vorzuflunkern, dass er selbst dort gespielt habe, um das Interesse an dem Spieler, der er gar nicht war, hochzuhalten. Von Ajaccio fälschte er sich auch einen ausländischen Spielerpass, sein wichtigstes Utensil - neben einer Handy-Attrappe, mit der er Telefonate mit interessierten europäischen Vereinen vorgaukelte. Wenig glaubwürdig.

Drei oder vier Klubs pro Jahr
"Er stand drei Monate hier unter Vertrag, vier Monate dort, er war bei drei oder vier Klubs pro Jahr", erzählt Paulo Angioni, ehemaliger Direktor von Vasco da Gama. Lange geht die Scharade fast nirgends gut, doch Chancen gibt es immer wieder. Dann begann der gleiche Spuk eben von neuem und Kaiser bezahlte Fans, die seinen Namen skandierten - oder Jugendspieler, die ihn im Training verletzen sollten. In einer Zeit mit relativ überschaubarem Informationsfluss haute das hin.

Am wohlsten fühlt sich Kaiser bei Bangu, wo er selbst Vereinspatron Castor de Andrade einlullt, einen der gefährlichsten Kriminellen Brasiliens. Der hat an Kaiser irgendwann so einen Narren gefressen, dass er einmal dessen Einwechslung anordnet. Kaiser bekommt es mit der Angst zu tun, hat aber einen Plan. Kurz vor der Einwechslung springt er über einen Zaun, prügelt sich mit ein paar Fans und sieht die Rote Karte. Seine Mitspieler befürchten, dass de Andrade Kaiser nun erschießen wird, der aber erfindet die Ausrede, dass die Fans den Patron als Verbrecher beleidigt hatten, was Kaiser nicht einfach so hinnehmen konnte. Er musste seine "Vaterfigur" doch verteidigen, die ihm daraufhin nicht nur verzieh, sondern sogar einen neuen Vertrag gab.

Ich war eine Legende. Nicht für die Fans, aber für die Spieler.
CARLOS KAISER
Verfehlungen anderer Spieler nahm der "König der Party" gerne mal auf sich, wenn es etwa Renato mit der Treue wieder nicht so eng genommen hatte. "Ich war eine Legende. Nicht für die Fans, aber für die Spieler", sagt Kaiser, der sich selbst als "PR-Manager" seiner Mannschaften und offen als "Anti-Fußballer" bezeichnet. Mit seinem Schwindel und sich ist er jedoch im Reinen: "Es gibt so viele Spieler, die von den Vereinen ausgenutzt werden. Ich habe den Spieß eben umgedreht."

Freund Renato bleibt ihm treu
Der Kaiser der Gegenwart, die Dokumentation erschien 2018, hat seine glorreichsten Tage hinter sich. In einem kargen Zimmer, womöglich in seiner aktuellen Wohnung, zeigt er sich verletzlich, seine Sonnenbrille nimmt er im Verlauf des Gesprächs ab. Er erzählt von einer traurigen Kindheit, vom Tod seiner Adoptivmutter, zweier Ehefrauen und eines Sohnes. Davon, dass er erblindet, und dass sein Freund Renato - der war also echt - ihm eine Augenoperation bezahlt hat. Tränen fließen.

"Er verkaufte die Geschichte, ein Fußballer zu sein", sagt Renato über Carlos, der zu dieser Zeit als Bodybuilding-Trainer seiner nächsten Ehefrau arbeitet, und hätte dabei gar nicht die Vergangenheitsform wählen müssen. Es ist eine Geschichte, die mit Vorsicht zu genießen ist. "Bei Kaiser weißt du nie, wann er die Wahrheit sagt", meint der ehemalige Botafogo-Spieler Mauricio. "Das ist alles in seinem Kopf verankert, er glaubt das wirklich", sagt Fabinho, der inzwischen verrät, dass Kaiser niemals auch nur einen Fuß nach Korsika gesetzt hat.

Der brasilianische Fußballverband aber bestätigt, dass Kaiser tatsächlich ein registrierter Spieler war. "Der beste Spieler, der niemals spielte", scherzt Renato, doch auch das ist nicht ganz richtig. Rund 30 (Kurz-)Einsätze sollen für Kaiser, angeblich Mittelstürmer, im Laufe seiner erschwindelten Karriere dann doch zusammengekommen sein. Aber kein einziges Tor.

Niklas Baumgart

Quelle:https://www.kicker.de/der-beste-spieler ... 11/artikel
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VOGT RAUS!!! WEHRLE RAUS!!! ADRION RAUS!!!
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erpie
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Was für eine Lebensgeschichte!
Für Sky-Host Gary Neville war es ​„das emo­tio­nalste, schwie­rigste und zugleich inspi­rie­rendste Gespräch, das ich je in meinem Leben geführt habe“. Der 85-malige eng­li­sche Natio­nal­spieler hatte einen gewissen Dele Alli in seine Talk­show ​„The Overlap“ geladen. Und was der 27-jäh­rige Everton-Profi (zuletzt aus­ge­liehen an Bes­iktas) wäh­rend des Gesprächs berich­tete, trieb nicht nur Neville die Tränen der Rüh­rung in die Augen. Allis per­sön­liche Geschichte han­delt von Drogen, von einer Kar­riere als Klein­kri­mi­neller, von selbst erlit­tenem Kin­des­miss­brauch, von Depres­sionen, vom Absturz, von Alkohol- und Tablet­ten­sucht. Und vom tief emp­fun­denen Wunsch nach einem Happy End.
...
Eines Mor­gens sei er auf­ge­wacht und habe rea­li­siert, dass er trai­nieren müsse, so Alli sicht­lich bewegt: ​„Ich erin­nere mich, wie ich in den Spiegel starrte und mich fragte, ob ich nicht ein­fach in den Ruhe­stand gehen könnte. Mit 24. Ein­fach das tun, was ich liebe. Inner­lich war ich defi­nitiv dabei, den Kampf zu ver­lieren, und es war Zeit für mich, das zu ändern.“

Aber wie? Alli konnte kaum noch exis­tieren, ohne sich und seine Gefühle mit Alkohol zu betäuben, wie er im Gespräch mit Neville bekannte: ​„Das sind Dinge, die viele Leute tun, aber wenn man solche Sub­stanzen miss­braucht und auf die fal­sche Art und Weise nutzt und es nicht wirk­lich aus Ver­gnügen tut, son­dern um dich vor etwas abzu­schirmen – offen­sicht­lich schadet einem das sehr.“
Im Laufe des Gesprächs packte Dele Alli auch die tie­feren Gründen für sein See­len­leid und seine Sucht­er­kran­kung auf den Tisch: ​„Ich wurde ich mit sechs Jahren von einem Freund meiner Mutter beläs­tigt, der oft bei uns zu Hause war. Meine Mutter war Alko­ho­li­kerin.“ Allis leib­li­cher Vater, ein Nige­rianer, lebte damals wieder in seinem Hei­mat­land und nahm den Sohn vor­über­ge­hend zu sich. Doch auch diese Zeit dürfte trau­ma­tisch gewesen sein, wie die Worte des Fuß­bal­lers erahnen lassen: ​„Ich wurde nach Afrika geschickt, um Dis­zi­plin zu lernen, und dann wurde ich zurück­ge­schickt.
...
Die Jugend des Aus­nah­me­fuß­bal­lers war ein ein­ziger Kon­flikt – auch mit dem Gesetz. ​„Ich hatte keine Regeln, ich bin ohne Regeln auf­ge­wachsen. Wie ich schon sagte, meine Mutter hat viel getrunken und ich gebe ihr über­haupt keine Schuld für das, was pas­siert ist.“ Mit sieben habe er ange­fangen zu rau­chen, sagt Alli, ​„mit acht fing ich an, mit Drogen zu han­deln. Eine ältere Person sagte mir, dass die Polizei ein Kind auf dem Fahrrad nicht kon­trol­lieren würde. Also fuhr ich mit meinem Fuß­ball unterm Arm herum, und dar­unter hatte ich die Drogen. Mit elf ließ mich ein Mann aus der Nach­bar­schaft von einer Brücke runter bau­meln.“
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Harry-Tony »

Wie halt viele Karrieren als Kind und Jugendlichem beginnen.
Da viel mir spontan John Lennon ein!
Wie schön ist es doch, dass niemand nicht einmal eine Sekunde lang warten muss, bevor er anfängt, die Welt zu verbessern! (Anne Frank)
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Auch ein schönes Interview aus der Serie
Der Fuß­ball, mein Leben und ich
Bernd Krauss
Und Ihre Liebe zum BVB?
Die hatte wei­terhin Bestand. 1976 spielte ich bei den Dort­mun­dern vor. Und zwar gleich vor drei Trai­nern. Beim ersten Pro­be­trai­ning ließ mich Otto Knefler 400-Meter-Läufe mit zwei Medi­zin­bällen unter dem Arm machen. Als mich meine Mutter abends sah, sagte sie: ​„Da gehst du nicht wieder hin!“ Beim nächsten Mal war Knefler bereits ent­lassen worden. Inte­rims­trainer Horst Buhtz spielte ich
auf dem durch­nässten Asche­platz neben der ​„Roten Erde“ einen Ball auf den Kopf – als ich die rote Schlacke über sein Gesicht laufen sah, dachte ich: Das war es für dich! Dann über­nahm Otto Reh­hagel. Für 700 Mark brutto pro Monat wurde ich kleine Wurst Spieler von Borussia Dort­mund. Ich machte nur ein Spiel und wech­selte 1977 nach Öster­reich. Aber wer kann schon behaupten, für den Verein gespielt zu haben, den er jah­re­lang aus der Kurve ange­feuert hat?

Im Früh­jahr 2000 kehrten Sie zurück – als Trainer. Ihre Amts­zeit dau­erte nur 67 Tage. Was lief schief?
Wenn ich ehr­lich bin: alles. Nach drei Tagen sagte ich zu meiner Frau: ​„Eigent­lich müsste ich jetzt schon wieder kün­digen.“ ​„Bist du wahn­sinnig?“, fragte sie und ich blieb.

Warum hatten Sie über­haupt in Dort­mund unter­schrieben?
Das Angebot war ein­fach zu ver­lo­ckend. Stellen Sie sich vor: Da warten Sie jah­re­lang auf die Chance, bei einem großen Verein zu arbeiten, bei dem Sie nichts auf­bauen müssen, son­dern eine fer­tige Mann­schaft über­nehmen. Und dann ist das der Klub, dem Sie seit frü­hester Kind­heit Ihr Herz geschenkt haben. Aus Ihrer Hei­mat­stadt! Ich konnte nicht Nein sagen.

...

Wer hatte die größte Macke?
Ver­mut­lich der Por­tu­giese Ricardo Sá Pinto. Als er 1997 von Natio­nal­trainer Artur Jorge nicht berück­sich­tigt wurde, fuhr er der Mann­schaft hin­terher und haute seinem Coach auf die Schnauze. Er wurde ein Jahr gesperrt und konnte nur trai­nieren. In jeder Ein­heit sprang er in die Zwei­kämpfe, als würde sein Leben davon abhängen. Dann ging ich dazwi­schen und sagte: ​„Ich kann Karate! Wenn du nicht run­ter­kommst, gibt es einen Tritt in die …“

Sie können Karate?
Ach was. Aber ich hatte nie Pro­bleme mit ihm. Jahre später las ich in der Zei­tung: ​„Manager von Sporting Lis­sabon schlägt Spieler k. o.!“ Es war Sá Pinto. (lacht)
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Er war Welt­po­kal­sie­ger­be­sieger, Poker­spieler, Bestatter, Post­bote und Küchen­hilfe. Heute hat er Geburtstag. Nico Patsch­inski über Mari­huana auf St. Pauli, ein feh­lendes Tor in Trier und sein abwechs­lungs­rei­ches Berufs­leben.

[quote]Nico Patsch­inski, Sie wurden mal als ​„George Best von Ost-Berlin“ bezeichnet. Mögen Sie den Spitz­namen?
Ich habe zwar nicht so viel Geld ver­prasst, aber eigent­lich passt es. Best hat’s mit Humor genommen. Ein guter Typ. Und sein Satz ist legendär.

„Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos aus­ge­geben, den Rest habe ich ein­fach ver­prasst.“
Auf mich würde auch eine abge­wan­delte Hol­ly­wood-Weis­heit passen. Nach meiner Fuß­ball­kar­riere habe ich bei einem befreun­deten Gas­tronom als Küchen­hilfe gear­beitet. Irgend­wann dachte ich: ​„Ist ja wie in Hol­ly­wood, nur andersrum: Vom Mil­lionär zum Tel­ler­wä­scher.“

Waren Sie Mil­lionär?
Ich habe damals nicht schlecht ver­dient, aber aus­sorgen konnte man als Zweit­li­ga­profi nicht.
[/quote]
https://11freunde.de/artikel/vom-millio ... her/598003
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Hehe sehr geil! Bitte laßt dort jemanden hinwechseln der so bekannt ist das er in den Medien erwähnt werden muss... :mrgreen:
Will­kommen in Llan­fairpwllgwyn­gyll­go­gerychwyrnd­robwlll­lan­ty­si­li­o­go­go­goch
https://11freunde.de/artikel/willkommen ... ch/9144715
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Das sind die wirklich wichtigen Erkenntnisse :drinkingdrunk: vs :smokingjoint:
...
Schon die Tri­kot­farben: Team ​„Stoned“ trug ein kräf­tiges Grün, so grün wie die iko­ni­schen sie­ben­fing­rigen Hanf­blätter – der Stoff, aus dem die Träume sind. Die Tri­kots von Team ​„Drunk“ hin­gegen waren ein­fach nur: total blau.

Es ist der ver­mut­lich anar­chischste Fuß­ball­wett­be­werb der Welt: ​„Drunk vs. Stoned“, so der offi­zi­elle Titel, wurde Anfang dieses Jahr­tau­sends in den krea­tiven Köpfen einiger der bedeu­tendsten New Yorker Gegen­warts­künstler geboren. Es ging um eine exis­ten­zi­elle Frage: Wie lässt sich eigent­lich besser kicken – unter Alkohol- oder unter Mari­huana-Ein­fluss? ​„Die ver­rin­gerten Hem­mungen und impul­siven Ent­schei­dungen von Betrun­kenen stehen in krassem Gegen­satz zur erhöhten Sen­si­bi­lität und dem metho­di­schen Mean­dern von Bekifften“, so die Ver­an­stalter in ihrem Mani­fest. Auf dem Prüf­stand stehen somit auch zwei Sub­stanzen und deren leis­tungs­stei­gernde Wir­kungen.

Zum Spiel: Team Drunk ver­ließ sich lange Zeit fast aus­schließ­lich auf seinen Tor­hüter. Pao­lo­luca Bar­bieri Marchi, ein ita­lie­nisch­stäm­miger Fil­me­ma­cher und Gründer des Art-Kol­lek­tivs ​„Alte­ra­zioni Video“, hielt, was irgendwie zu halten war. Und das, wäh­rend im Hin­ter­grund eine Gra­teful-Dead-Cover­band unab­lässig Hippie-Hymnen aus den 60er-Jahren spielte. Beim Pau­sen­pfiff führten die Bekifften knapp mit 4:3.

Doch nach dem Wie­der­an­pfiff bestä­tigte sich, was schon der große alte Werder-Coach Otto Reh­hagel im Rahmen seiner regel­mäßig aus­ge­tra­genen Trai­nings­spiele ​„Trinker gegen Nicht-Trinker“ her­aus­ge­funden hatte: Am Ende gewinnen immer die Trinker, diesmal mit 5:4. Dem geg­ne­ri­schen Team dürfte es kom­plett egal gewesen sein. ​„In der zweiten Halb­zeit bewegten sich viele Stoned-Spieler mit einer Art zufrie­dener Ziel­lo­sig­keit umher“, urteilte der Fuß­ball­kunst-Kri­tiker der New York Times: ​„Sie schienen förm­lich zu ver­welken.“
https://11freunde.de/artikel/besoffen-g ... ft/9420441
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von robika »

jeck3108 hat geschrieben: Samstag 13. Mai 2023, 09:59
Aber wie gesagt, vielleicht liegt man damit auch daneben, weil man eben nicht die Augen verdreht bei einer Worteahl oder Formulierung, weil man eben nicht so einen natürlichen Zugang zur Sprache hat.
Daran wird es liegen jeck - englische Songtexte hören sich auch meistens besser an als deutsche :angel:
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Froschi, bester Mann

Beitrag von erpie »

Kannste Dir nicht ausdenken. Klingt nach ner kultigen Komödie.
Walter Frosch, schon der Name natür­lich eine sen­sa­tio­nelle Zumu­tung. Nichts weniger dieser hagere Mann mit dem rie­sigen Bürs­ten­bart, der Schorn­stein­feger im Abwehr­zen­trum, der Geg­ners Angreifer wie den eigenen Trainer glei­cher­maßen das Fürchten lehrt.

In Kai­sers­lau­tern geht es los, 1974, und Erich Rib­beck hat die Zei­chen der Zeit schnell erkannt. ​„Der Frosch“, sagt der feine Sir, ​„der ver­saut mir die jungen Spieler“.

So und nicht anders. Mit Toppi, Melzer, Hell­ström und Co. zieht Froschi um die Lau­terer Häuser, Ehren­sache auch mal in der Nacht vor dem nächsten Spiel. Sprintet in den frühen Mor­gen­stunden noch um ein Fass Bier um die Wette, gewinnt, und steht ein paar Stünd­chen später, als wär nichts gewesen, auf dem Platz. ​„Was ist mit den roten Augen?“, fragt der Coach. ​„Bin­de­haut­ent­zün­dung!“, ent­gegnet listig der Frosch. Dann dem Gegen­spieler gleich zu Beginn ein paar auf die Socken, da brennt nix mehr an, und am Ende heißt es wieder einmal: Froschi, bester Mann!

Nicht zu glauben, aber auch nicht erfunden

Froschi, der König der 70er, er säuft wie ein Loch, qualmt wie ein Schlot und liebt das Leben, den Fuß­ball und seine Ver­eine. In Lau­tern hält es ihn den­noch nur zwei Jahre, dann muss er gehen, angeb­lich weil er ange­kün­digt hat, Rib­becks Frau dann auch mal bald flach­legen zu wollen – wieder so eine Froschi-Story, nicht zu glauben, aber des­wegen noch lange nicht erfunden. Also ab zu St. Pauli, wohin auch sonst, Frosch weiter eisen­hart, 19 Gelbe Karten gleich in der ersten Saison – beein­druckt von dieser Höchst­leis­tung führt der DFB die auto­ma­ti­sche Sperre ein. Frosch macht Geschichte.

Sein Leben, eine Schuss­fahrt an zwin­kernder Selbst­über­schät­zung. So lässt den Helden der Grät­sche auch eine Ein­la­dung in die deut­sche B‑Elf kalt. Typi­scher Spruch: ​„Ein Walter Frosch spielt nur in der A‑Nationalmannschaft oder in der Welt­aus­wahl.“ Statt­dessen schafft er es in St. Paulis Jahr­hun­dertelf. Das ist unver­gäng­li­cher Ruhm, Froschis Ding. In Ham­burg wird der Lud­wigs­ha­fener sess­haft, leitet beim SC Vic­toria die Ver­eins­kneipe, was auch sonst. Dann kommt der Krebs, doch auch den haut Froschi, dieser zähe Kno­chen, erst mal über die Bande.

Noch Jahr­zehnte nach Kar­rie­re­ende kickt er mit anderen Legenden, für den guten Zweck, die Zich­ten­schachtel im Stutzen, immer einen Spruch auf den Lippen.

Frosch ist Kult, auch weil er bis zur Selbst­zer­stö­rung loyal gewesen ist, zu sich und den seinen. Einmal wäh­rend seiner Lau­terer Zeit, berichten Mit­spieler, regt er sich in der Kneipe, wo sonst, über einen Pöbler auf und droht dem Zwei-Meter-Riesen Schläge an, wenn der auch nur ​„noch ein dummes Wort über den FCK“ sagt. Am nächsten Tag: grün und blau gehauener Frosch beim Trai­ning. Die Mann­schaft feixt, der Trainer seufzt. Froschi mal wieder bester Mann.
https://11freunde.de/artikel/froschi-bester-mann/443945
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Outtatime
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Outtatime »

Lasst euch nicht abschrecken von der Länge des Interviews, es ist nahezu durchgehend sehr interessant, was der ehemalige BVB Physio im Gespräch mit SPOX erzählt:


Der 53-Jährige erzählt auch vom Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus 2017, vom Handy-Verbot auf der Massagebank, einem aufmüpfigen Ersatztorwart und versucht sich an einer Erklärung für Dortmunds ständige Muskelverletzungen.

Herr Zetzmann, nach 16 Jahren beim BVB haben Sie den Verein im vergangenen Sommer auch aus privaten Gründen verlassen. Ihre Mutter wohnt in Berlin, ist 86 und pflegebedürftig. Wie geht es Ihnen ohne das Hamsterrad Fußball, in dem Sie sich zusammen mit Ihrer Zeit als Spieler über 30 Jahre befanden?

Thomas Zetzmann: Ich bin zunächst etwas in ein Loch gefallen und habe in den ersten drei Monaten nicht ein Spiel geguckt. Da habe ich gar nichts vermisst. Ich bin natürlich froh und dankbar, dass ich so oft es geht in Berlin sein und mehr Zeit mit meiner Mutter verbringen kann. Auch gemeinsame Unternehmungen mit Kumpels kamen jahrelang zu kurz, weil ich ja stets um acht Uhr wieder an der Massagebank stehen musste. Jetzt ist das Sabbatjahr aber vorbei und die Finger jucken wieder. Ich vermisse es mittlerweile, weil ich einfach durch und durch Fußball-Therapeut bin. Ich spüre, dass ich mit bald 53 Jahren eine Aufgabe und einen geregelten Rhythmus brauche.

Wie kurzfristig kam Ihre Entscheidung zustande - oder bahnte sie sich schon länger an?
Zetzmann: 16 Jahre am Stück für einen Arbeitgeber ist eine sehr, sehr lange Zeit, die irgendwann mal auch vorbei ist. Im Endeffekt war das so gewollt. Sebastian Kehl hat als Sportdirektor natürlich auch neue Ideen miteingebracht. Dazu hat sich im medizinischen Bereich mit der Zeit sehr viel geändert, es kamen insgesamt viele neue Leute in den Verein. Mir war schon länger sehr wichtig, dass ich mich um meine Familie und mich kümmere und da ein bisschen Ordnung hineinkriege. Denn Arbeit ist nicht alles.

Wie intensiv war Ihr Job?

Zetzmann: Im Erfolg merkt man den großen Stress nicht. Wenn der allerdings ausbleibt oder man sehr viele Verletzte hat und alle um einem herum Druck machen, sieht es anders aus. Da meldet sich der Körper durchaus. Gerade dann, wenn man von einem Auswärtsspiel im Ausland kommt, um vier Uhr morgens erst ins Bett geht und drei Stunden später wieder aufstehen muss.

Wie lange ist man denn an einem handelsüblichen Wochentag im Einsatz?

Zetzmann: Das ist sehr individuell und hängt teils auch davon ob, wie oft am Tag trainiert wird. In der Regel ist es so: Wenn morgens Training ist, findet um acht Uhr eine Medizin-Sitzung statt. Um neun Uhr kommen die Spieler und werden vom Doktor untersucht. Dann ist um halb elf Training, das ein Therapeut mit der Eisbox begleitet. Die anderen therapieren die Spieler, die nicht trainieren. Um 13 Uhr essen wir alle zusammen zu Mittag. Wenn zweimal trainiert wird, geht es um 14 Uhr mit ein paar Besprechungen weiter und um halb vier ist wieder Training. In dem Fall ist der Arbeitstag meist gegen 19 Uhr vorbei.

Wie groß ist letztlich der Anteil des reinen Handwerks an der Massagebank?

Zetzmann: Mittlerweile überwiegen leider die Medizin-Sitzungen. Nicht falsch verstehen, das muss alles sein und man muss auch mit der Zeit gehen. Für mich persönlich war das aber zu viel. Da sitzen dann 15 Leute mit ihren Laptops und es geht sehr viel um Theorie. Dennoch darf man die Basis nicht aus den Augen verlieren: die reine Sport-Physiotherapie. Im Fußball sollte man immer von Tag zu Tag und nicht in Wochen oder gar Monaten denken. Es ist ein Tagesgeschäft, in dem man relativ schnell handeln muss - und zwar vor allen Dingen mit Mut. Man muss von sich und seiner Arbeit überzeugt sein und sie auch gegenüber den Spielern und dem Trainer durchsetzen können.

Ist das gerade im Umgang mit Trainern bisweilen schwierig?

Zetzmann: Bei Jürgen Klopp - da gab es noch keine täglichen Medizin-Sitzungen - war es so: Jeden Morgen um acht Uhr musste einer der Therapeuten eine Liste abgeben, wer trainieren kann und wer nicht. Bei ihm kam es immer auf seine Tagesform an, da bekam man manchmal auch richtig Feuer. Deshalb hat sich von meinen Kollegen teils über ein Jahr lang niemand mit der Liste zu ihm getraut. Meist bin ich dorthin gelatscht, weil ich keine Angst hatte und einfach gesagt habe, was los ist. Nach dem Motto: 'Gib' uns bei dem Spieler noch zwei Tage, ich hatte seinen Muskel in der Hand und bin der Fachmann - dann kann er am Wochenende auch spielen.' Diesen Mut und auch die klare Ansage hat Jürgen meist gemocht und das dann so akzeptiert.

Sie waren früher selbst Fußballer. War das im Umgang mit den Spielern, aber auch Ihren Kollegen in der medizinischen Abteilung, von Vor- oder Nachteil?

Zetzmann: Beides. Ich hatte zu vielen Spielern einen guten Draht, weil ich eher über die Fußballsprache kam und ein Freund davon bin, Dinge klar anzusprechen. Ich hatte keinen Schiss, einen Star wie Jadon Sancho, der nicht ganz einfach war, in die Schranken zu weisen. Ist man reiner Therapeut, hat man natürlich auch viel mehr Ängste: Wie weit kann ich bei einem Spieler gehen? Der soll ja nicht zum Trainer rennen und einen verpetzen. Ich wusste aber, dass ich Michael Zorc oder die Trainer auf meiner Seite hatte, denn Disziplin ist schon ein großes Thema in unserem Bereich. Wenn man sich als Team unter den Therapeuten nicht einig ist und keine gemeinsame Linie fährt, tanzen die Spieler auf einem herum. Da gab es ehrlich gesagt schon Reibungspunkte, die sich über die Jahre wahrscheinlich auch etwas gehäuft haben.

Gibt es eigentlich Handy-Verbot, wenn die Spieler auf der Massagebank liegen?

Zetzmann: Ich erinnere mich noch gut an eine Episode mit Mohamed Zidan. Der war ja ein Liebling von Jürgen - und hat sich wohl deshalb ein paar Dinge herausgenommen. Eines Tages ist er zu mir zur Massage gekommen, hat sich drei Rollhocker vor die Bank geschoben und dort vier nagelneue Apple-Pakete hingelegt. Die wollte er dann während der Behandlung auspacken.

Wie haben Sie reagiert?

Zetzmann: Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn so nicht behandle. Er meinte mit einem Augenzwinkern: 'Dann gehe ich zum Trainer!' Das hätte er natürlich nie gemacht. Der war der liebste Kerl, den man sich vorstellen kann. Aber ich sagte dann: 'Mach! Der wird dir einen schönen Einlauf verpassen und auf meiner Seite stehen.'

Und?

Zetzmann: Mo war sauer. Das sind ja auch alles kleine Kinder. Er hat sich dann von einem Kollegen behandeln lassen, da durfte er mit seinen Sachen spielen. So etwas geht aber normalerweise natürlich nicht. Wir haben uns daher darauf geeinigt, dass die Spieler bei Auswärtsspielen und im Trainingslager die Handys benutzen durften, zu Hause im Trainingszentrum aber nicht.

Stimmt denn noch das klassische Bild vom Physiotherapeuten als Seelsorger der Spieler, bei dem sie sich ausheulen können?

Zetzmann: Nein, das ist längst vorbei. Heute vertiefen sich alle in ihr Handy. Sich für den Menschen zu interessieren, steht nicht mehr im Vordergrund. Wenn man nach der Sommerpause zurückkam und die Spieler fragte, wo sie ihren Urlaub verbracht haben, kam keine Gegenfrage. Da gibt es keinen Austausch mehr. Das ist wirklich traurig und hat mich zusehends nachdenklich gemacht. Früher ist man mit den Spielern auch mal einen Kaffee oder ein Bierchen trinken gegangen, aber das passiert nicht mehr.

Machen Sie den Spielern dafür einen Vorwurf?

Zetzmann: Irgendwie nicht, weil sie einfach so mit sich selbst und ihren Gedanken beschäftigt sind. Ich habe ja Marco Reus zwölf Jahre intensiv betreut - selbst bei ihm kam sehr wenig zurück. Das ist schlicht eine andere Generation. Ich habe das mit der Zeit beobachtet und hatte dann auch keine andere Erwartung mehr. Da wurde nicht mehr nach irgendetwas gefragt, sondern nur noch die Behandlung gemacht.

Wie kam es denn, dass Sie ausgerechnet mit Reus so engen Kontakt hatten?

Zetzmann: Marco kam nach seinem Wechsel aus Gladbach ins Trainingslager in der Schweiz eingeflogen und stieß erstmals zum Team. An dem Tag herrschte etwas Aufregung. Ein Kollege sagte beispielsweise zu mir: 'Ich bin gespannt, welchen Therapeuten er haben möchte.' An so etwas habe ich gar nicht gedacht, mir war das eigentlich relativ egal. Als er dann da war, haben sich alle sofort bei ihm vorgestellt. Ich hielt mich jedoch zurück, weil ich ihn erst einmal ankommen lassen wollte. Später lief er mir beim Gang zum Essen über den Weg. Wir haben uns vorgestellt und da sagte er dann: 'Okay, wenn du Physio bist, dann kümmerst du dich ab jetzt bitte immer um mich.' Vermutlich war ich ihm sympathisch, aber ich habe keine Ahnung, warum er das direkt so äußerte. Aber von da an war das auch so. (lacht)

Reus erlitt zahlreiche schwere Verletzungen. Sie standen stets an seiner Seite. Wann war es für ihn am schlimmsten?

Zetzmann: Als er sich im Pokalfinale 2017 das hintere Kreuzband riss, dachte man schon, dass in diesem Alter die Karriere normalerweise beendet ist. Das hintere Kreuzband ist einfach eine ordentliche Hausnummer. Danach standen acht Monate sehr intensive Arbeit an, in der bei mir auch privat viel auf der Strecke blieb, weil ich ihn ja auch in meiner Urlaubszeit immer begleitet und betreut habe.

Wissen Sie noch, wie es erstmals dazu kam, dass Sie Reus in den Urlaub folgten?

Zetzmann: Ja. Als wir in der Saison 2014/2015 auf den vorletzten Platz abgerutscht sind, zog er sich eine Bandverletzung am Sprunggelenk zu. Die Nerven lagen blank. Ich musste dann zu Michael Zorc und Jürgen gehen. Die meinten nur: 'Der Marco will in der Winterpause nach Florida fliegen - und du musst mit!' Ich hatte aber bereits eine Reise mit meiner Freundin gebucht. Michael sagte: 'Das kannst du streichen. Nimm' deine Freundin mit. Wir spielen um den Abstieg, du musst den fit machen.' (lacht) Da ging mir schon der Arsch auf Grundeis.

Wie sahen solche Aufenthalte schließlich für Sie aus?

Zetzmann: Grundsätzlich wollte Marco trotz der Reha-Phase auch seinen Urlaub genießen. In Florida hatte er noch nicht Frau und Kind, da nahm er zwei Kumpels mit und ich hatte ein günstigeres Hotel neben seinem. Ich habe ihn zweimal am Tag je eineinhalb Stunden behandelt und nach Anweisungen der Fitness-Abteilung auch auf dem Platz mit ihm gearbeitet. Man hatte zwar auch mal einen Tag frei, aber Zeit für Sightseeing war eher nicht.

Kommt es bei längerfristigen Ausfällen auch vor, dass externe Therapeuten den Verein kontaktieren und ihre Hilfe anbieten?

Zetzmann:Ja, regelmäßig sogar. Einmal kam einer mit einem selbst geschweißten Monster-Gerät an und wollte einen Spieler mit zwei Sitzungen von seinen Rückenschmerzen befreien. Die Übungen dauerten je zehn Minuten. Dafür wollte er dann einen hohen vierstelligen Betrag. Wir haben dankend abgelehnt und ihn vom Hof gejagt. (lacht) Es ist natürlich nachvollziehbar, wenn sich Spieler an den vermeintlich letzten Strohhalm klammern, nachdem die Genesung länger dauerte als erwartet. Wir waren stets offen dafür, doch oft haben sich diese sogenannten Experten erst nach Monaten gemeldet. Es dauert eben oft sehr lange, bis eine Entzündung am Nerv oder in der Sehne ganz geheilt ist. Diese Geduld bringt nur kaum einer mit. Mir ist es dann zu einfach, wenn jemand von außen kommt, die Genesung schon abgeschlossen ist und dann aber sagt: 'Ich habe es gelöst!'

Wenn man über Monate so intensiv zusammengearbeitet hat und wie Reus so häufig von schweren Verletzungen gebeutelt wurde, gab es da auch Momente, in denen er am liebsten alles hinwerfen wollte?

Zetzmann: Als er bei dem Kreuzbandriss merkte, dass er auch nach zwei oder drei Monaten noch nicht wirklich viel machen konnte, sagte er schon einige Male: 'Boah, heute habe ich gar keinen Bock!' Er lag auch schreiend und weinend auf meiner Bank, als er bei der Beugung des Beins über einen Punkt gehen musste, der sehr schmerzhaft ist. Man muss aber nach einer gewissen Zeit schlichtweg die Struktur durchbrechen, damit die Beugung so funktioniert, wie sie bei einem Hochleistungssportler funktionieren muss. Das war schon extrem für ihn, er wollte das eine oder andere Mal nicht mehr. Ich konnte ihm nur sagen, dass er mir vertrauen soll, weil ich weiß, was ich tue.

Wie tickt Reus als Mensch?

Zetzmann: Er ist sehr in sich gekehrt, man kommt sehr schwer an ihn heran. Er hat Herz und eine sehr soziale Ader, wie sich ja auch in der Corona-Zeit zeigte, als er mit der Hilfsaktion "Help your Hometown" eine halbe Million Euro spendete. Als Kapitän ist er nicht gerade ein großer Lautsprecher, doch das ist letztlich eine Typ-Frage. Sebastian Kehl ging als Häuptling voran und machte in der Kabine klare, deutliche Ansprachen. Marco spricht relativ wenig und will eigentlich gar nicht so sehr im Vordergrund stehen.

Sie sind mit Reus nicht nur nach Florida geflogen, sondern auch nach Ibiza oder Dubai. Haben Sie da auch Neid seitens der Kollegen gespürt, weil es stets Sie waren, der ihn begleiten durfte?

Zetzmann: Natürlich. Ich hatte durchaus ein wenig das Gefühl, dass ich dadurch unverschuldet in eine Schublade geriet, die mich ehrlich gesagt auch etwas genervt hat. Ich konnte ja nichts dafür, denn ich habe das nie entschieden, sondern immer der Trainer und der Spieler. Irgendwann haben wir das auch etwas aufgeteilt und uns abgewechselt, teils auch innerhalb des Urlaubs des Spielers.

An der Seite von Reus haben Sie am 11. April 2017 auch den Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus miterlebt. Zum Glück nicht im Fahrzeug selbst, sondern im Privatwagen von Reus, der zu dieser Zeit wegen eines Faserrisses pausieren musste. Wären Sie sonst mit im Bus gesessen?

Zetzmann: Wir Therapeuten haben uns untereinander immer abgesprochen, wer welches Spiel besetzt. Ich war bei dieser Partie nicht eingeteilt. Marco wohnte bei mir um die Ecke, auch das Mannschaftshotel war nicht weit entfernt. Er holte mich ab und wir fuhren zusammen ins Stadion. Auf dem Weg erhielt Marco im Auto plötzlich einen Anruf von Gonzalo Castros Frau. Sie sagte in Panik, wir sollen sofort wieder umdrehen, hier gäbe es einen Terroranschlag. Wir haben uns nur angeguckt und gedacht: Was labert die denn für einen Scheiß?

Haben Sie die Anweisung von Castros Frau befolgt?

Zetzmann: Ja. Wir waren zwar schon am Stadion, aber machten sofort kehrt. Marco hat die ganze Zeit versucht, einen Spieler zu erreichen, aber da ging natürlich keiner ran. Es herrschte große Hektik. Wir fuhren dann zum Hotel, doch da gab es keine Chance. Die Straße war abgesperrt, dort stand ein großes Polizei-Aufgebot mit Maschinengewehren. Wir mussten beide nach Hause fahren.

Wie haben Sie diesen Abend dann noch verbracht?

Zetzmann: Ich saß mit meiner Freundin zusammen und wir haben die Informationen aufgesaugt, die tröpfchenweise über das Internet und Fernsehen eintrudelten. Ich habe auch meinen Kollegen Peter Kuhnt noch erreicht, der im Bus saß und mir die Ereignisse schilderte.

Was passierte am nächsten Tag am Trainingszentrum, als Sie erstmals wieder auf die Mannschaft trafen?

Zetzmann: Es ging drunter und drüber, da es immer mehr Informationen gab - auch von der UEFA bezüglich der Frage, ob nun gespielt werden muss oder nicht. Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel sprachen nach dem Training zur Mannschaft. Im Nachgang war es unverantwortlich, das Spiel am nächsten Tag anzusetzen. Da mache ich der UEFA einen großen Vorwurf, die Menschlichkeit blieb komplett auf der Strecke. Niemand konnte ja ausschließen, dass nicht einen Tag später auch am Stadion etwas passieren würde. Es war beängstigend und für diejenigen, die im Bus saßen, logischerweise ein Trauma.

Welchen Eindruck haben die betroffenen Spieler auf Sie gemacht?

Zetzmann: Die waren mit ihren Gedanken überall, aber sicher nicht beim Fußball. Es stand die Polizei über Nacht vor ihren Häusern, viele haben Kinder - da können Sie sich vorstellen, was einem nach einem solch gravierenden Vorfall durch den Kopf geht.

Zurück in die jüngere Vergangenheit: Als die Meldung Ihres Abschieds vom BVB durchsickerte, wurde sie mit der hohen Anzahl an Muskelverletzungen in der Vorsaison verbunden. Unter anderem Marco Rose musste daraufhin öffentlich klarstellen, dass das nicht der Grund für die Trennung war. Tat es Ihnen weh, dass nach 16 Jahren Vereinszugehörigkeit ein solcher Vorwurf im Raum stand?

Zetzmann: Das war sehr schwer für mich und ist ziemlich doof gelaufen. Es grenzte auch an Rufschädigung. Der Verein und ich hatten zuvor alles fair und sachlich besprochen. Die Verletzungsproblematik ging ja über Monate und es kam natürlich immer wieder etwas heraus. Ob man da schließlich ein Bauernopfer gesucht hat, das lasse ich mal dahingestellt. Es ist aber grotesk zu glauben, dass von sechs Therapeuten und drei Ärzten ein einziger alleine für die Probleme verantwortlich ist.

Inwiefern waren Sie auch überrascht, dass die Personalie eines Physiotherapeuten plötzlich diese hohen Wellen schlug?

Zetzmann: Mein Handy hat geglüht. Sky hat die Meldung ja auch den ganzen Tag im Fernsehen laufen lassen. Viele ehemalige Trainer oder Spieler wussten davon nichts, daher kontaktierten mich einige recht geschockt nach dem Motto: 'Das gibt's doch gar nicht, dass die dich für die Verletzungen verantwortlich machen!' Ich habe den Sky-Reporter später auch zufällig in einem Café getroffen und ihm meine Meinung gegeigt. Wir mussten das bringen, sagte er. Man hätte aber etwas sensibler damit umgehen und es in einen Gesamtkontext einordnen müssen. Ich werde es Marco Rose daher im Leben nicht vergessen, dass er diese Meldung im Interview nach dem darauffolgenden Spiel als Farce bezeichnete. Welcher Trainer setzt sich schon für einen Physiotherapeuten ein? Und: Mit den Verletzungen ist es ja danach auch nicht besser geworden, sondern eher noch schlimmer.

Was ist denn Ihre Erklärung für diese Vielzahl an ähnlichen Verletzungsmustern?

Zetzmann: Ich habe eine Hypothese, die ich auch gegenüber der sportlichen Leitung geäußert habe: Im Stadion ist Hybridrasen verlegt. Das ist ein Gemisch aus Kunstrasen und normalem Rasen. im Trainingszentrum gibt es vor allem zwei große Plätze: Einer mit Hybridrasen, der damals auf Geheiß von Thomas Tuchel entstanden ist, weil er auf demselben Untergrund trainieren wollte, auf dem auch im Stadion gespielt wird. Und einer mit normalem Rasen.

Es wird also in Ihren Augen zu oft zwischen beiden Plätzen gewechselt?

Zetzmann: Ja, vor allem wetterbedingt. Es gab in meinen Augen keinen durchgängigen Rhythmus. Dazu müssen die Spieler jeweils ihr Schuhwerk wechseln. Auf beiden Plätzen hat man dann an bestimmten Strukturen in den Gelenken, Sehnen oder Faszien eine ganz andere Spannung drauf. So können Dysbalancen in den Gelenken und Muskelansätzen entstehen. Ich glaube, es würde den Spielern guttun, wenn man sich auf einen Belag einlassen würde.

Sie haben eingangs erwähnt, dass der BVB auch im medizinischen Bereich unter Kehls Ägide teils neue Wege geht. Wie müsste sich der Verein Ihrer Meinung nach idealerweise aufstellen?

Zetzmann: Ich habe ihm gesagt: Man würde gut daran tun, sich von der bisherigen flachen Hierarchie zu verabschieden und stattdessen einen leitenden Physiotherapeuten einzustellen. Dass einer die Entscheidungen trifft und nicht jeder seinen Senf dazugibt, wäre sinnvoller. Ich habe schon vor Jahren gesagt, dass die Qualität eines jeden Therapeuten richtig eingesetzt werden sollte. Jeder Therapeut hat spezielle Kenntnisse, individuelle Ausbildungen und Behandlungsmethoden: Der eine ist Spezialist für Bänder oder Muskeln, der andere für Gelenke. Ein Therapeuten-Screening, wer was wie gut kann, ist für mich heutzutage Pflicht. Gerade wenn man sechs, sieben Therapeuten hat, sollte man deren individuelle Qualität richtig einsetzen. Das hätte ich mir gewünscht, denn damit wären wohl viele Missverständnisse und Vertrauensverluste gar nicht erst aufgekommen.

Lassen Sie uns noch ein paar bunte Fragen durchgehen: Bei welchem Spieler und vor welchem Spiel war es besonders wichtig, ihn mit mehr Behandlungen als gewöhnlich noch fit zu bekommen?

Zetzmann: Bei Roman Weidenfeller vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League bei Real Madrid 2013. Er hatte drei Tage vorher Probleme gehabt. Da hatten wir schlaflose Nächte und mussten eine 24-Stunden-Therapie machen. Am Ende hat es aber funktioniert und er hat super gehalten.

Wer war aus Sicht eines Physiotherapeuten der vorbildlichste Spieler?

Zetzmann: Tamas Hajnal. Der war jeden Tag bei uns, das nervte schon beinahe. (lacht) Er wollte aber eben sehr professionell mit dem Thema umgehen, wobei ich fand, dass er fast schon zu sehr in seinen Körper hineinhörte. Auch Markus Feulner war sehr professionell und bedacht. Die beiden haben uns gut gefordert.

Gab es einen Spieler, der besonders spezielle physiotherapeutische Wünsche hatte?

Zetzmann: Mo Dahoud ist jemand, der dem Therapeuten klare Anweisungen macht, was er wie haben möchte. Wenn es ihm guttut oder das vielleicht auch ein anderer Therapeut immer bei ihm gemacht hat, ist das auch nicht verkehrt.

Wer war der verrückteste Spieler?

Zetzmann: Pierre-Emerick Aubameyang. Er hat aber geliefert. Daher konnte er auch jeden Tag mit einem neuen Ferrari um die Ecke kommen, das war dann egal.

Wer war vor allem menschlich besonders?

Zetzmann: Sebastian Rode. Ein sehr intelligenter Mensch, mit dem man tiefgehend über allerhand Themen sprechen konnte. Das gilt auch für Sebastian Kehl. Bei Neven Subotic kam das erst später, der war am Anfang noch auf einem anderen Trip. Doch das waren Spieler, bei denen deutlich mehr dahinter war als beim restlichen Großteil.

Mit welchem Trainer kamen Sie am besten zurecht?

Zetzmann: Mit Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und Marco Rose. Das waren Trainer, die auch meine - ich nenne es mal fußball-medizinische - Sprache verstanden und sehr viel Wert darauf gelegt haben. Ich ärgere mich noch heute, dass ich bei Thomas Tuchels Gartenparty nach seinem Abschied bereits im Urlaub war, denn die muss sensationell gewesen sein. Lucien Favre war auch ein sehr feiner und höflicher Mensch, ganz toll. Wie auch Peter Bosz. Es gab keinen, den ich irgendwie blöd fand. Da kann ich auch für meine Kollegen sprechen, denke ich.

Eine unumgängliche Frage: Welche ist Ihre liebste Klopp-Anekdote?

Zetzmann: Oh Gott, da gibt es so viele, die würden für ein Buch reichen.

Nehmen Sie eine, die Ihnen spontan einfällt.

Zetzmann: Es sind zwei. Einmal im Trainingslager in Marbella waren alle noch nicht so richtig wach und das Trainingsspiel lief nicht besonders gut. Der dritte Torhüter Zlatan Alomerovic knallte mit einem Spieler zusammen. Ich stand mit der Eisbox zwar ein gutes Stückchen entfernt, aber habe sofort Blut aus seiner Nase laufen sehen. Dazu muss man wissen: Bei Jürgen sollte man erst aufs Feld laufen, wenn es wirklich kritisch ist. Er wollte das Spiel nicht unnötig unterbrechen. Das war so etwas wie eine Erziehungsmaßnahme für die Spieler, er hat stets eine gesunde Härte gefordert. Da hat man sich als Physio auch mal einen zünftigen Einlauf abgeholt, wenn man vermeintlich unnötig hineingelaufen ist.

Und das haben Sie in diesem Fall getan?

Zetzmann: Ja, aber es war für mich unumgänglich. Zlatan hat ordentlich geblutet. Jürgen aber hat sich über die Unterbrechung aufgeregt und nur geschrien: 'Steh' auf!' Und Zlatan schrie zurück: 'Wie, steh' auf? Siehst du das nicht?' So etwas hat sich in den ganzen Jahren nie jemand getraut. (lacht)

Wie reagierte Klopp?

Zetzmann: Der meinte eiskalt: 'Was hast du gerade gesagt? Du stehst jetzt sofort auf und gehst in dein Tor. Oder willst du wieder in die zweite Mannschaft?' Ich habe zwar versucht zu beschwichtigen, aber Jürgen war wohl auch aufgrund des laschen Spiels auf 180 und hat dann auch mich angeschissen. Im Nachhinein hat er sich wie so oft entschuldigt und gemeint, er habe übertrieben und die Situation ganz anders eingeschätzt.

Anekdote Nummer zwei ist dann etwas fröhlicher?

Zetzmann: Ja. Nach seinem Abschied rief er mich an, ich solle mal bei ihm zu Hause vorbeikommen. Weil ich ihn auch ein-, zweimal behandelt habe, hat er dann meiner Freundin und mir einen Hotel-Gutschein für eine Woche auf Sylt geschenkt. Ich war total baff und habe gemeint, dass ich das nicht annehmen kann. Auf einmal gab er mir eine Backpfeife, die echt auch richtig wehtat, und blaffte nur: 'Du nimmst das jetzt und Ende!' Dann war die Nummer gegessen. Eine überragende Geste von ihm.

Stimmt es eigentlich, dass die Profis nach Siegen am nächsten Tag immer Schnitzel zu essen bekommen und wenn ja, wer hat das eingeführt?

Zetzmann: Das stimmt. Zu Jürgens Zeiten gab es keinen eigenen Koch. Da hat Paul, der Platzwart des gesamten Trainingsgeländes, mit seiner Frau nach Siegen immer Rührei gemacht. Als Mannschaftskoch Dennis Rother dann eingestellt wurde, hat man ihm das erzählt. Er meinte, die Spieler würden häufiger nach Schnitzel fragen. So wurde schließlich das Rührei vom Schnitzel abgelöst.

In einem Podcast auf der BVB-Homepage sagten Sie kurz nach Ihrem Ende bei der Borussia: "Ich habe für mich privat ein bisschen was vor." Was war damit gemeint?

Zetzmann: Seit 2011 habe ich nebenbei mit etwas Glück ein kleines Business aufbauen können. Anfangs war das ein Hobby, mittlerweile ist daraus ein zweites Standbein geworden. Ich baue alte Wohn- und Bestandsobjekte um und renoviere sie, um sie anschließend zu verkaufen oder zu vermieten. Zudem habe ich ein paar Ideen im Kopf, eventuell eine Stiftung zu gründen oder zumindest ein soziales Projekt auf die Beine zu stellen. Ich bin im Berliner Ortsteil Charlottenburg aufgewachsen. Es hat mich nachdenklich gemacht, dass dort am Stuttgarter Platz sehr viele Obdachlose unter den Brücken leben müssen. Ich möchte etwas zurückgeben, um Menschen zu helfen.

Wie geht es nun bei Ihnen konkret weiter, werden Sie zur kommenden Saison wieder in den Fußball zurückkehren?

Zetzmann: Komplett raus war ich ja nicht. Ich gebe ein paar ehemaligen BVB-Spielern, die sich bei Bedarf eine weitere Meinung einholen, nebenbei Tipps. Ich möchte aber wieder als Fußball-Therapeut arbeiten und bin dazu mit ein paar Vereinen im Austausch. In diesem Bereich habe ich enorme Erfahrung, die ich gerne weitergeben möchte. Momentan steht jedoch noch nichts fest. Was ich mir beispielsweise gut vorstellen kann, ist die Rolle, die Peter Kuhnt seit seiner Rückkehr zum BVB innehat: die Eins-zu-eins-Betreuung von Langzeitverletzten statt der Arbeit an der Basis.
Quelle:https://www.msn.com/de-de/sport/fussbal ... fbb0&ei=14
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Atlan
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Atlan »

Outtatime hat geschrieben: Sonntag 24. Dezember 2023, 14:37 Lasst euch nicht abschrecken von der Länge des Interviews, es ist nahezu durchgehend sehr interessant, was der ehemalige BVB Physio im Gespräch mit SPOX erzählt:
Der 53-Jährige erzählt auch vom Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus 2017, vom Handy-Verbot auf der Massagebank, einem aufmüpfigen Ersatztorwart und versucht sich an einer Erklärung für Dortmunds ständige Muskelverletzungen.

Herr Zetzmann, nach 16 Jahren beim BVB haben Sie den Verein im vergangenen Sommer auch aus privaten Gründen verlassen. Ihre Mutter wohnt in Berlin, ist 86 und pflegebedürftig. Wie geht es Ihnen ohne das Hamsterrad Fußball, in dem Sie sich zusammen mit Ihrer Zeit als Spieler über 30 Jahre befanden?

Thomas Zetzmann: Ich bin zunächst etwas in ein Loch gefallen und habe in den ersten drei Monaten nicht ein Spiel geguckt. Da habe ich gar nichts vermisst. Ich bin natürlich froh und dankbar, dass ich so oft es geht in Berlin sein und mehr Zeit mit meiner Mutter verbringen kann. Auch gemeinsame Unternehmungen mit Kumpels kamen jahrelang zu kurz, weil ich ja stets um acht Uhr wieder an der Massagebank stehen musste. Jetzt ist das Sabbatjahr aber vorbei und die Finger jucken wieder. Ich vermisse es mittlerweile, weil ich einfach durch und durch Fußball-Therapeut bin. Ich spüre, dass ich mit bald 53 Jahren eine Aufgabe und einen geregelten Rhythmus brauche.

Wie kurzfristig kam Ihre Entscheidung zustande - oder bahnte sie sich schon länger an?
Zetzmann: 16 Jahre am Stück für einen Arbeitgeber ist eine sehr, sehr lange Zeit, die irgendwann mal auch vorbei ist. Im Endeffekt war das so gewollt. Sebastian Kehl hat als Sportdirektor natürlich auch neue Ideen miteingebracht. Dazu hat sich im medizinischen Bereich mit der Zeit sehr viel geändert, es kamen insgesamt viele neue Leute in den Verein. Mir war schon länger sehr wichtig, dass ich mich um meine Familie und mich kümmere und da ein bisschen Ordnung hineinkriege. Denn Arbeit ist nicht alles.

Wie intensiv war Ihr Job?

Zetzmann: Im Erfolg merkt man den großen Stress nicht. Wenn der allerdings ausbleibt oder man sehr viele Verletzte hat und alle um einem herum Druck machen, sieht es anders aus. Da meldet sich der Körper durchaus. Gerade dann, wenn man von einem Auswärtsspiel im Ausland kommt, um vier Uhr morgens erst ins Bett geht und drei Stunden später wieder aufstehen muss.

Wie lange ist man denn an einem handelsüblichen Wochentag im Einsatz?

Zetzmann: Das ist sehr individuell und hängt teils auch davon ob, wie oft am Tag trainiert wird. In der Regel ist es so: Wenn morgens Training ist, findet um acht Uhr eine Medizin-Sitzung statt. Um neun Uhr kommen die Spieler und werden vom Doktor untersucht. Dann ist um halb elf Training, das ein Therapeut mit der Eisbox begleitet. Die anderen therapieren die Spieler, die nicht trainieren. Um 13 Uhr essen wir alle zusammen zu Mittag. Wenn zweimal trainiert wird, geht es um 14 Uhr mit ein paar Besprechungen weiter und um halb vier ist wieder Training. In dem Fall ist der Arbeitstag meist gegen 19 Uhr vorbei.

Wie groß ist letztlich der Anteil des reinen Handwerks an der Massagebank?

Zetzmann: Mittlerweile überwiegen leider die Medizin-Sitzungen. Nicht falsch verstehen, das muss alles sein und man muss auch mit der Zeit gehen. Für mich persönlich war das aber zu viel. Da sitzen dann 15 Leute mit ihren Laptops und es geht sehr viel um Theorie. Dennoch darf man die Basis nicht aus den Augen verlieren: die reine Sport-Physiotherapie. Im Fußball sollte man immer von Tag zu Tag und nicht in Wochen oder gar Monaten denken. Es ist ein Tagesgeschäft, in dem man relativ schnell handeln muss - und zwar vor allen Dingen mit Mut. Man muss von sich und seiner Arbeit überzeugt sein und sie auch gegenüber den Spielern und dem Trainer durchsetzen können.

Ist das gerade im Umgang mit Trainern bisweilen schwierig?

Zetzmann: Bei Jürgen Klopp - da gab es noch keine täglichen Medizin-Sitzungen - war es so: Jeden Morgen um acht Uhr musste einer der Therapeuten eine Liste abgeben, wer trainieren kann und wer nicht. Bei ihm kam es immer auf seine Tagesform an, da bekam man manchmal auch richtig Feuer. Deshalb hat sich von meinen Kollegen teils über ein Jahr lang niemand mit der Liste zu ihm getraut. Meist bin ich dorthin gelatscht, weil ich keine Angst hatte und einfach gesagt habe, was los ist. Nach dem Motto: 'Gib' uns bei dem Spieler noch zwei Tage, ich hatte seinen Muskel in der Hand und bin der Fachmann - dann kann er am Wochenende auch spielen.' Diesen Mut und auch die klare Ansage hat Jürgen meist gemocht und das dann so akzeptiert.

Sie waren früher selbst Fußballer. War das im Umgang mit den Spielern, aber auch Ihren Kollegen in der medizinischen Abteilung, von Vor- oder Nachteil?

Zetzmann: Beides. Ich hatte zu vielen Spielern einen guten Draht, weil ich eher über die Fußballsprache kam und ein Freund davon bin, Dinge klar anzusprechen. Ich hatte keinen Schiss, einen Star wie Jadon Sancho, der nicht ganz einfach war, in die Schranken zu weisen. Ist man reiner Therapeut, hat man natürlich auch viel mehr Ängste: Wie weit kann ich bei einem Spieler gehen? Der soll ja nicht zum Trainer rennen und einen verpetzen. Ich wusste aber, dass ich Michael Zorc oder die Trainer auf meiner Seite hatte, denn Disziplin ist schon ein großes Thema in unserem Bereich. Wenn man sich als Team unter den Therapeuten nicht einig ist und keine gemeinsame Linie fährt, tanzen die Spieler auf einem herum. Da gab es ehrlich gesagt schon Reibungspunkte, die sich über die Jahre wahrscheinlich auch etwas gehäuft haben.

Gibt es eigentlich Handy-Verbot, wenn die Spieler auf der Massagebank liegen?

Zetzmann: Ich erinnere mich noch gut an eine Episode mit Mohamed Zidan. Der war ja ein Liebling von Jürgen - und hat sich wohl deshalb ein paar Dinge herausgenommen. Eines Tages ist er zu mir zur Massage gekommen, hat sich drei Rollhocker vor die Bank geschoben und dort vier nagelneue Apple-Pakete hingelegt. Die wollte er dann während der Behandlung auspacken.

Wie haben Sie reagiert?

Zetzmann: Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn so nicht behandle. Er meinte mit einem Augenzwinkern: 'Dann gehe ich zum Trainer!' Das hätte er natürlich nie gemacht. Der war der liebste Kerl, den man sich vorstellen kann. Aber ich sagte dann: 'Mach! Der wird dir einen schönen Einlauf verpassen und auf meiner Seite stehen.'

Und?

Zetzmann: Mo war sauer. Das sind ja auch alles kleine Kinder. Er hat sich dann von einem Kollegen behandeln lassen, da durfte er mit seinen Sachen spielen. So etwas geht aber normalerweise natürlich nicht. Wir haben uns daher darauf geeinigt, dass die Spieler bei Auswärtsspielen und im Trainingslager die Handys benutzen durften, zu Hause im Trainingszentrum aber nicht.

Stimmt denn noch das klassische Bild vom Physiotherapeuten als Seelsorger der Spieler, bei dem sie sich ausheulen können?

Zetzmann: Nein, das ist längst vorbei. Heute vertiefen sich alle in ihr Handy. Sich für den Menschen zu interessieren, steht nicht mehr im Vordergrund. Wenn man nach der Sommerpause zurückkam und die Spieler fragte, wo sie ihren Urlaub verbracht haben, kam keine Gegenfrage. Da gibt es keinen Austausch mehr. Das ist wirklich traurig und hat mich zusehends nachdenklich gemacht. Früher ist man mit den Spielern auch mal einen Kaffee oder ein Bierchen trinken gegangen, aber das passiert nicht mehr.

Machen Sie den Spielern dafür einen Vorwurf?

Zetzmann: Irgendwie nicht, weil sie einfach so mit sich selbst und ihren Gedanken beschäftigt sind. Ich habe ja Marco Reus zwölf Jahre intensiv betreut - selbst bei ihm kam sehr wenig zurück. Das ist schlicht eine andere Generation. Ich habe das mit der Zeit beobachtet und hatte dann auch keine andere Erwartung mehr. Da wurde nicht mehr nach irgendetwas gefragt, sondern nur noch die Behandlung gemacht.

Wie kam es denn, dass Sie ausgerechnet mit Reus so engen Kontakt hatten?

Zetzmann: Marco kam nach seinem Wechsel aus Gladbach ins Trainingslager in der Schweiz eingeflogen und stieß erstmals zum Team. An dem Tag herrschte etwas Aufregung. Ein Kollege sagte beispielsweise zu mir: 'Ich bin gespannt, welchen Therapeuten er haben möchte.' An so etwas habe ich gar nicht gedacht, mir war das eigentlich relativ egal. Als er dann da war, haben sich alle sofort bei ihm vorgestellt. Ich hielt mich jedoch zurück, weil ich ihn erst einmal ankommen lassen wollte. Später lief er mir beim Gang zum Essen über den Weg. Wir haben uns vorgestellt und da sagte er dann: 'Okay, wenn du Physio bist, dann kümmerst du dich ab jetzt bitte immer um mich.' Vermutlich war ich ihm sympathisch, aber ich habe keine Ahnung, warum er das direkt so äußerte. Aber von da an war das auch so. (lacht)

Reus erlitt zahlreiche schwere Verletzungen. Sie standen stets an seiner Seite. Wann war es für ihn am schlimmsten?

Zetzmann: Als er sich im Pokalfinale 2017 das hintere Kreuzband riss, dachte man schon, dass in diesem Alter die Karriere normalerweise beendet ist. Das hintere Kreuzband ist einfach eine ordentliche Hausnummer. Danach standen acht Monate sehr intensive Arbeit an, in der bei mir auch privat viel auf der Strecke blieb, weil ich ihn ja auch in meiner Urlaubszeit immer begleitet und betreut habe.

Wissen Sie noch, wie es erstmals dazu kam, dass Sie Reus in den Urlaub folgten?

Zetzmann: Ja. Als wir in der Saison 2014/2015 auf den vorletzten Platz abgerutscht sind, zog er sich eine Bandverletzung am Sprunggelenk zu. Die Nerven lagen blank. Ich musste dann zu Michael Zorc und Jürgen gehen. Die meinten nur: 'Der Marco will in der Winterpause nach Florida fliegen - und du musst mit!' Ich hatte aber bereits eine Reise mit meiner Freundin gebucht. Michael sagte: 'Das kannst du streichen. Nimm' deine Freundin mit. Wir spielen um den Abstieg, du musst den fit machen.' (lacht) Da ging mir schon der Arsch auf Grundeis.

Wie sahen solche Aufenthalte schließlich für Sie aus?

Zetzmann: Grundsätzlich wollte Marco trotz der Reha-Phase auch seinen Urlaub genießen. In Florida hatte er noch nicht Frau und Kind, da nahm er zwei Kumpels mit und ich hatte ein günstigeres Hotel neben seinem. Ich habe ihn zweimal am Tag je eineinhalb Stunden behandelt und nach Anweisungen der Fitness-Abteilung auch auf dem Platz mit ihm gearbeitet. Man hatte zwar auch mal einen Tag frei, aber Zeit für Sightseeing war eher nicht.

Kommt es bei längerfristigen Ausfällen auch vor, dass externe Therapeuten den Verein kontaktieren und ihre Hilfe anbieten?

Zetzmann:Ja, regelmäßig sogar. Einmal kam einer mit einem selbst geschweißten Monster-Gerät an und wollte einen Spieler mit zwei Sitzungen von seinen Rückenschmerzen befreien. Die Übungen dauerten je zehn Minuten. Dafür wollte er dann einen hohen vierstelligen Betrag. Wir haben dankend abgelehnt und ihn vom Hof gejagt. (lacht) Es ist natürlich nachvollziehbar, wenn sich Spieler an den vermeintlich letzten Strohhalm klammern, nachdem die Genesung länger dauerte als erwartet. Wir waren stets offen dafür, doch oft haben sich diese sogenannten Experten erst nach Monaten gemeldet. Es dauert eben oft sehr lange, bis eine Entzündung am Nerv oder in der Sehne ganz geheilt ist. Diese Geduld bringt nur kaum einer mit. Mir ist es dann zu einfach, wenn jemand von außen kommt, die Genesung schon abgeschlossen ist und dann aber sagt: 'Ich habe es gelöst!'

Wenn man über Monate so intensiv zusammengearbeitet hat und wie Reus so häufig von schweren Verletzungen gebeutelt wurde, gab es da auch Momente, in denen er am liebsten alles hinwerfen wollte?

Zetzmann: Als er bei dem Kreuzbandriss merkte, dass er auch nach zwei oder drei Monaten noch nicht wirklich viel machen konnte, sagte er schon einige Male: 'Boah, heute habe ich gar keinen Bock!' Er lag auch schreiend und weinend auf meiner Bank, als er bei der Beugung des Beins über einen Punkt gehen musste, der sehr schmerzhaft ist. Man muss aber nach einer gewissen Zeit schlichtweg die Struktur durchbrechen, damit die Beugung so funktioniert, wie sie bei einem Hochleistungssportler funktionieren muss. Das war schon extrem für ihn, er wollte das eine oder andere Mal nicht mehr. Ich konnte ihm nur sagen, dass er mir vertrauen soll, weil ich weiß, was ich tue.

Wie tickt Reus als Mensch?

Zetzmann: Er ist sehr in sich gekehrt, man kommt sehr schwer an ihn heran. Er hat Herz und eine sehr soziale Ader, wie sich ja auch in der Corona-Zeit zeigte, als er mit der Hilfsaktion "Help your Hometown" eine halbe Million Euro spendete. Als Kapitän ist er nicht gerade ein großer Lautsprecher, doch das ist letztlich eine Typ-Frage. Sebastian Kehl ging als Häuptling voran und machte in der Kabine klare, deutliche Ansprachen. Marco spricht relativ wenig und will eigentlich gar nicht so sehr im Vordergrund stehen.

Sie sind mit Reus nicht nur nach Florida geflogen, sondern auch nach Ibiza oder Dubai. Haben Sie da auch Neid seitens der Kollegen gespürt, weil es stets Sie waren, der ihn begleiten durfte?

Zetzmann: Natürlich. Ich hatte durchaus ein wenig das Gefühl, dass ich dadurch unverschuldet in eine Schublade geriet, die mich ehrlich gesagt auch etwas genervt hat. Ich konnte ja nichts dafür, denn ich habe das nie entschieden, sondern immer der Trainer und der Spieler. Irgendwann haben wir das auch etwas aufgeteilt und uns abgewechselt, teils auch innerhalb des Urlaubs des Spielers.

An der Seite von Reus haben Sie am 11. April 2017 auch den Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus miterlebt. Zum Glück nicht im Fahrzeug selbst, sondern im Privatwagen von Reus, der zu dieser Zeit wegen eines Faserrisses pausieren musste. Wären Sie sonst mit im Bus gesessen?

Zetzmann: Wir Therapeuten haben uns untereinander immer abgesprochen, wer welches Spiel besetzt. Ich war bei dieser Partie nicht eingeteilt. Marco wohnte bei mir um die Ecke, auch das Mannschaftshotel war nicht weit entfernt. Er holte mich ab und wir fuhren zusammen ins Stadion. Auf dem Weg erhielt Marco im Auto plötzlich einen Anruf von Gonzalo Castros Frau. Sie sagte in Panik, wir sollen sofort wieder umdrehen, hier gäbe es einen Terroranschlag. Wir haben uns nur angeguckt und gedacht: Was labert die denn für einen Scheiß?

Haben Sie die Anweisung von Castros Frau befolgt?

Zetzmann: Ja. Wir waren zwar schon am Stadion, aber machten sofort kehrt. Marco hat die ganze Zeit versucht, einen Spieler zu erreichen, aber da ging natürlich keiner ran. Es herrschte große Hektik. Wir fuhren dann zum Hotel, doch da gab es keine Chance. Die Straße war abgesperrt, dort stand ein großes Polizei-Aufgebot mit Maschinengewehren. Wir mussten beide nach Hause fahren.

Wie haben Sie diesen Abend dann noch verbracht?

Zetzmann: Ich saß mit meiner Freundin zusammen und wir haben die Informationen aufgesaugt, die tröpfchenweise über das Internet und Fernsehen eintrudelten. Ich habe auch meinen Kollegen Peter Kuhnt noch erreicht, der im Bus saß und mir die Ereignisse schilderte.

Was passierte am nächsten Tag am Trainingszentrum, als Sie erstmals wieder auf die Mannschaft trafen?

Zetzmann: Es ging drunter und drüber, da es immer mehr Informationen gab - auch von der UEFA bezüglich der Frage, ob nun gespielt werden muss oder nicht. Hans-Joachim Watzke und Thomas Tuchel sprachen nach dem Training zur Mannschaft. Im Nachgang war es unverantwortlich, das Spiel am nächsten Tag anzusetzen. Da mache ich der UEFA einen großen Vorwurf, die Menschlichkeit blieb komplett auf der Strecke. Niemand konnte ja ausschließen, dass nicht einen Tag später auch am Stadion etwas passieren würde. Es war beängstigend und für diejenigen, die im Bus saßen, logischerweise ein Trauma.

Welchen Eindruck haben die betroffenen Spieler auf Sie gemacht?

Zetzmann: Die waren mit ihren Gedanken überall, aber sicher nicht beim Fußball. Es stand die Polizei über Nacht vor ihren Häusern, viele haben Kinder - da können Sie sich vorstellen, was einem nach einem solch gravierenden Vorfall durch den Kopf geht.

Zurück in die jüngere Vergangenheit: Als die Meldung Ihres Abschieds vom BVB durchsickerte, wurde sie mit der hohen Anzahl an Muskelverletzungen in der Vorsaison verbunden. Unter anderem Marco Rose musste daraufhin öffentlich klarstellen, dass das nicht der Grund für die Trennung war. Tat es Ihnen weh, dass nach 16 Jahren Vereinszugehörigkeit ein solcher Vorwurf im Raum stand?

Zetzmann: Das war sehr schwer für mich und ist ziemlich doof gelaufen. Es grenzte auch an Rufschädigung. Der Verein und ich hatten zuvor alles fair und sachlich besprochen. Die Verletzungsproblematik ging ja über Monate und es kam natürlich immer wieder etwas heraus. Ob man da schließlich ein Bauernopfer gesucht hat, das lasse ich mal dahingestellt. Es ist aber grotesk zu glauben, dass von sechs Therapeuten und drei Ärzten ein einziger alleine für die Probleme verantwortlich ist.

Inwiefern waren Sie auch überrascht, dass die Personalie eines Physiotherapeuten plötzlich diese hohen Wellen schlug?

Zetzmann: Mein Handy hat geglüht. Sky hat die Meldung ja auch den ganzen Tag im Fernsehen laufen lassen. Viele ehemalige Trainer oder Spieler wussten davon nichts, daher kontaktierten mich einige recht geschockt nach dem Motto: 'Das gibt's doch gar nicht, dass die dich für die Verletzungen verantwortlich machen!' Ich habe den Sky-Reporter später auch zufällig in einem Café getroffen und ihm meine Meinung gegeigt. Wir mussten das bringen, sagte er. Man hätte aber etwas sensibler damit umgehen und es in einen Gesamtkontext einordnen müssen. Ich werde es Marco Rose daher im Leben nicht vergessen, dass er diese Meldung im Interview nach dem darauffolgenden Spiel als Farce bezeichnete. Welcher Trainer setzt sich schon für einen Physiotherapeuten ein? Und: Mit den Verletzungen ist es ja danach auch nicht besser geworden, sondern eher noch schlimmer.

Was ist denn Ihre Erklärung für diese Vielzahl an ähnlichen Verletzungsmustern?

Zetzmann: Ich habe eine Hypothese, die ich auch gegenüber der sportlichen Leitung geäußert habe: Im Stadion ist Hybridrasen verlegt. Das ist ein Gemisch aus Kunstrasen und normalem Rasen. im Trainingszentrum gibt es vor allem zwei große Plätze: Einer mit Hybridrasen, der damals auf Geheiß von Thomas Tuchel entstanden ist, weil er auf demselben Untergrund trainieren wollte, auf dem auch im Stadion gespielt wird. Und einer mit normalem Rasen.

Es wird also in Ihren Augen zu oft zwischen beiden Plätzen gewechselt?

Zetzmann: Ja, vor allem wetterbedingt. Es gab in meinen Augen keinen durchgängigen Rhythmus. Dazu müssen die Spieler jeweils ihr Schuhwerk wechseln. Auf beiden Plätzen hat man dann an bestimmten Strukturen in den Gelenken, Sehnen oder Faszien eine ganz andere Spannung drauf. So können Dysbalancen in den Gelenken und Muskelansätzen entstehen. Ich glaube, es würde den Spielern guttun, wenn man sich auf einen Belag einlassen würde.

Sie haben eingangs erwähnt, dass der BVB auch im medizinischen Bereich unter Kehls Ägide teils neue Wege geht. Wie müsste sich der Verein Ihrer Meinung nach idealerweise aufstellen?

Zetzmann: Ich habe ihm gesagt: Man würde gut daran tun, sich von der bisherigen flachen Hierarchie zu verabschieden und stattdessen einen leitenden Physiotherapeuten einzustellen. Dass einer die Entscheidungen trifft und nicht jeder seinen Senf dazugibt, wäre sinnvoller. Ich habe schon vor Jahren gesagt, dass die Qualität eines jeden Therapeuten richtig eingesetzt werden sollte. Jeder Therapeut hat spezielle Kenntnisse, individuelle Ausbildungen und Behandlungsmethoden: Der eine ist Spezialist für Bänder oder Muskeln, der andere für Gelenke. Ein Therapeuten-Screening, wer was wie gut kann, ist für mich heutzutage Pflicht. Gerade wenn man sechs, sieben Therapeuten hat, sollte man deren individuelle Qualität richtig einsetzen. Das hätte ich mir gewünscht, denn damit wären wohl viele Missverständnisse und Vertrauensverluste gar nicht erst aufgekommen.

Lassen Sie uns noch ein paar bunte Fragen durchgehen: Bei welchem Spieler und vor welchem Spiel war es besonders wichtig, ihn mit mehr Behandlungen als gewöhnlich noch fit zu bekommen?

Zetzmann: Bei Roman Weidenfeller vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Champions League bei Real Madrid 2013. Er hatte drei Tage vorher Probleme gehabt. Da hatten wir schlaflose Nächte und mussten eine 24-Stunden-Therapie machen. Am Ende hat es aber funktioniert und er hat super gehalten.

Wer war aus Sicht eines Physiotherapeuten der vorbildlichste Spieler?

Zetzmann: Tamas Hajnal. Der war jeden Tag bei uns, das nervte schon beinahe. (lacht) Er wollte aber eben sehr professionell mit dem Thema umgehen, wobei ich fand, dass er fast schon zu sehr in seinen Körper hineinhörte. Auch Markus Feulner war sehr professionell und bedacht. Die beiden haben uns gut gefordert.

Gab es einen Spieler, der besonders spezielle physiotherapeutische Wünsche hatte?

Zetzmann: Mo Dahoud ist jemand, der dem Therapeuten klare Anweisungen macht, was er wie haben möchte. Wenn es ihm guttut oder das vielleicht auch ein anderer Therapeut immer bei ihm gemacht hat, ist das auch nicht verkehrt.

Wer war der verrückteste Spieler?

Zetzmann: Pierre-Emerick Aubameyang. Er hat aber geliefert. Daher konnte er auch jeden Tag mit einem neuen Ferrari um die Ecke kommen, das war dann egal.

Wer war vor allem menschlich besonders?

Zetzmann: Sebastian Rode. Ein sehr intelligenter Mensch, mit dem man tiefgehend über allerhand Themen sprechen konnte. Das gilt auch für Sebastian Kehl. Bei Neven Subotic kam das erst später, der war am Anfang noch auf einem anderen Trip. Doch das waren Spieler, bei denen deutlich mehr dahinter war als beim restlichen Großteil.

Mit welchem Trainer kamen Sie am besten zurecht?

Zetzmann: Mit Jürgen Klopp, Thomas Tuchel und Marco Rose. Das waren Trainer, die auch meine - ich nenne es mal fußball-medizinische - Sprache verstanden und sehr viel Wert darauf gelegt haben. Ich ärgere mich noch heute, dass ich bei Thomas Tuchels Gartenparty nach seinem Abschied bereits im Urlaub war, denn die muss sensationell gewesen sein. Lucien Favre war auch ein sehr feiner und höflicher Mensch, ganz toll. Wie auch Peter Bosz. Es gab keinen, den ich irgendwie blöd fand. Da kann ich auch für meine Kollegen sprechen, denke ich.

Eine unumgängliche Frage: Welche ist Ihre liebste Klopp-Anekdote?

Zetzmann: Oh Gott, da gibt es so viele, die würden für ein Buch reichen.

Nehmen Sie eine, die Ihnen spontan einfällt.

Zetzmann: Es sind zwei. Einmal im Trainingslager in Marbella waren alle noch nicht so richtig wach und das Trainingsspiel lief nicht besonders gut. Der dritte Torhüter Zlatan Alomerovic knallte mit einem Spieler zusammen. Ich stand mit der Eisbox zwar ein gutes Stückchen entfernt, aber habe sofort Blut aus seiner Nase laufen sehen. Dazu muss man wissen: Bei Jürgen sollte man erst aufs Feld laufen, wenn es wirklich kritisch ist. Er wollte das Spiel nicht unnötig unterbrechen. Das war so etwas wie eine Erziehungsmaßnahme für die Spieler, er hat stets eine gesunde Härte gefordert. Da hat man sich als Physio auch mal einen zünftigen Einlauf abgeholt, wenn man vermeintlich unnötig hineingelaufen ist.

Und das haben Sie in diesem Fall getan?

Zetzmann: Ja, aber es war für mich unumgänglich. Zlatan hat ordentlich geblutet. Jürgen aber hat sich über die Unterbrechung aufgeregt und nur geschrien: 'Steh' auf!' Und Zlatan schrie zurück: 'Wie, steh' auf? Siehst du das nicht?' So etwas hat sich in den ganzen Jahren nie jemand getraut. (lacht)

Wie reagierte Klopp?

Zetzmann: Der meinte eiskalt: 'Was hast du gerade gesagt? Du stehst jetzt sofort auf und gehst in dein Tor. Oder willst du wieder in die zweite Mannschaft?' Ich habe zwar versucht zu beschwichtigen, aber Jürgen war wohl auch aufgrund des laschen Spiels auf 180 und hat dann auch mich angeschissen. Im Nachhinein hat er sich wie so oft entschuldigt und gemeint, er habe übertrieben und die Situation ganz anders eingeschätzt.

Anekdote Nummer zwei ist dann etwas fröhlicher?

Zetzmann: Ja. Nach seinem Abschied rief er mich an, ich solle mal bei ihm zu Hause vorbeikommen. Weil ich ihn auch ein-, zweimal behandelt habe, hat er dann meiner Freundin und mir einen Hotel-Gutschein für eine Woche auf Sylt geschenkt. Ich war total baff und habe gemeint, dass ich das nicht annehmen kann. Auf einmal gab er mir eine Backpfeife, die echt auch richtig wehtat, und blaffte nur: 'Du nimmst das jetzt und Ende!' Dann war die Nummer gegessen. Eine überragende Geste von ihm.

Stimmt es eigentlich, dass die Profis nach Siegen am nächsten Tag immer Schnitzel zu essen bekommen und wenn ja, wer hat das eingeführt?

Zetzmann: Das stimmt. Zu Jürgens Zeiten gab es keinen eigenen Koch. Da hat Paul, der Platzwart des gesamten Trainingsgeländes, mit seiner Frau nach Siegen immer Rührei gemacht. Als Mannschaftskoch Dennis Rother dann eingestellt wurde, hat man ihm das erzählt. Er meinte, die Spieler würden häufiger nach Schnitzel fragen. So wurde schließlich das Rührei vom Schnitzel abgelöst.

In einem Podcast auf der BVB-Homepage sagten Sie kurz nach Ihrem Ende bei der Borussia: "Ich habe für mich privat ein bisschen was vor." Was war damit gemeint?

Zetzmann: Seit 2011 habe ich nebenbei mit etwas Glück ein kleines Business aufbauen können. Anfangs war das ein Hobby, mittlerweile ist daraus ein zweites Standbein geworden. Ich baue alte Wohn- und Bestandsobjekte um und renoviere sie, um sie anschließend zu verkaufen oder zu vermieten. Zudem habe ich ein paar Ideen im Kopf, eventuell eine Stiftung zu gründen oder zumindest ein soziales Projekt auf die Beine zu stellen. Ich bin im Berliner Ortsteil Charlottenburg aufgewachsen. Es hat mich nachdenklich gemacht, dass dort am Stuttgarter Platz sehr viele Obdachlose unter den Brücken leben müssen. Ich möchte etwas zurückgeben, um Menschen zu helfen.

Wie geht es nun bei Ihnen konkret weiter, werden Sie zur kommenden Saison wieder in den Fußball zurückkehren?

Zetzmann: Komplett raus war ich ja nicht. Ich gebe ein paar ehemaligen BVB-Spielern, die sich bei Bedarf eine weitere Meinung einholen, nebenbei Tipps. Ich möchte aber wieder als Fußball-Therapeut arbeiten und bin dazu mit ein paar Vereinen im Austausch. In diesem Bereich habe ich enorme Erfahrung, die ich gerne weitergeben möchte. Momentan steht jedoch noch nichts fest. Was ich mir beispielsweise gut vorstellen kann, ist die Rolle, die Peter Kuhnt seit seiner Rückkehr zum BVB innehat: die Eins-zu-eins-Betreuung von Langzeitverletzten statt der Arbeit an der Basis.
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Lesenswert! :thumbup:
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.
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erpie
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Spezielle Begegnung in Italien: Auch wenn dieses Foto erst kürzlich geknipst wurde, müssen wir für die Geschichte dahinter 30 Jahre zurückspringen. Gianfranco Zola, links im Bild, spielte 1994 für die AC Parma. Als er eines Abends an der Zapfsäule einer Tankstelle stand, näherte sich ein Mann in seinem Rücken. In seiner Hand eine Pistole. Fabrizio Maiello wollte Gianfranco Zola in diesem Moment entführen, ihn in ein Landhaus verschleppen und von dessen Arbeitgeber eine Lösegeldzahlung erzwingen. Doch das Vorhaben des Ganoven scheiterte. Und zwar an Gianfranco Zolas Charme. Als Maiello ihm nämlich vor die Augen trat, begann Zola, mit dem Entführer einen freundlichen Plausch zu halten. Wie es Maiello gehe, ob er ein Autogramm wolle. Zola soll ihm dann tatsächlich eine Unterschrift auf seinen Personalausweis gekritzelt haben. Fabrizio Maiello jedenfalls ließ schnell wieder von seinen Plänen ab. 30 Jahre später kam Zola einer Einladung von ihm nach: Die beiden trafen sich in Cagliari wieder, besuchten gemeinsam die Serie-A-Partie zwischen Cagliari Calcio und FC Bologna. Unter Tränen entschuldigte sich Fabrizio Maiello. Und Gianfranco Zola? Vergab ihm selbstverständlich. Schließlich hatte er von den Entführungsplänen seinerzeit gar nichts mitbekommen.
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Fußballgeschichten: Pfüati Franz!

Beitrag von Depp72 »

Mit dir, Gerd + Sepp bin ich groß und Fußball-, nicht nur FCB-Fan geworden. Damals Mitte der 70er. Ich als Kind, du auf dem Platz. Der Ein-Knopf-Kopfhörer in meinem Ohr am Mittwoch Abend. Der FCB damals auf einem absteigenden internationalen Ast. Und am Wochenende auch auf einem national abgesägten. Das Tor als Trainer an der Wand im ZDF-Sportstudio, Jahrezehnte später vom Weißbierglas aus: Grandios! Der Franz, der kann's. Auch auswärts treffen, so wie bei deiner dritten Frau. Dazu die Leichtigkeit. Die eigentlich oft harte Arbeit war. Aber als erstere durchging.

Das deutsche Sommermärchen WM 2006? Gekauft. Unabhängig davon, was du damals wissen wolltest. Aber warum sollten ausgerechnet wir Deutschen weniger korrumpierbar sein als andere? Immerhin haben wir es besser/stimmungsvoller gemacht, als viele andere. Und uns als ein deutlich anderes Land als noch 20 oder gar 60 Jahre zuvor präsentiert. Frühzeitliche deutsche Willkommenskultur? Bayern Cosmos Deutschland? In jedem Fall schön für den Fußball, für Deutschland und seine Gäste. Genauer: Unvergesslich!

Deutschland im Sommer 2006, das war für mich eine Versöhnung mit dem Land und eine große Freude. Die vielen jungen und ganz offensichtlichen Fans mit Migrationshintergrund, mit aufgemalten Deutschland-Fähnchen, deren Teams wie z.B. die Türkei nicht qualifiziert waren, und die damals ausgerechnet ''Nazi-Deutschland'' die Daumen drückten, waren beim ''Public Viewing'' in Hamburg ein Highlight meines gesamten Fussi-Guckens. Nie wieder (und vermutlich auch nie zuvor) war es zudem nach einer deutschen Fußball-Niederlage so entspannt nach Hause zu fahren, wie nach dem HF gegen Italien 2006. Auch wenn das Aus und seine späte Entscheidung damals sehr weh taten. Das gehört zum Fußbal und vor allem zum Leben. Der Deutsche hat sich damals (das erste Mal?) ausnahmsweise mal geschüttelt, nicht die Schuld außen gesucht, sondern sich ernsthaft gesagt: Lebbe geht weider! Und das für die meisten viel besser als zuvor. Merke: Der Deutsche fällt oft weich, jammert aber gern wie Prinzessin auf Erbse.

Den Wechsel zum HSV werde ich dir allerdings nicht verzeihen. :wink: So etwas macht man nicht! Amigos sollten Amigos bleiben und nicht zu Dukateneseln von norddeutschen Gnaden mutieren.

Danke für den Fisch!


PS:
@agil: Du als Ober-FCB-Fan solltest wissen, nenne nie jemand anders einen Vollpfosten, du...:
https://www.mopo.de/hamburg/ck-mobbing- ... kostenlos/

Beste Grüße nach TH
Von uns die Arbeit, von Gott den Segen.
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Outtatime
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Re: Fußballgeschichten: Pfüati Franz!

Beitrag von Outtatime »

Depp72 hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2024, 11:24 Mit dir, Gerd + Sepp bin ich groß und Fußball-, nicht nur FCB-Fan geworden. Damals Mitte der 70er. Ich als Kind, du auf dem Platz. Der Ein-Knopf-Kopfhörer in meinem Ohr am Mittwoch Abend. Der FCB damals auf einem absteigenden internationalen Ast. Und am Wochenende auch auf einem national abgesägten. Das Tor als Trainer an der Wand im ZDF-Sportstudio, Jahrezehnte später vom Weißbierglas aus: Grandios! Der Franz, der kann's. Auch auswärts treffen, so wie bei deiner dritten Frau. Dazu die Leichtigkeit. Die eigentlich oft harte Arbeit war. Aber als erstere durchging.

Das deutsche Sommermärchen WM 2006? Gekauft. Unabhängig davon, was du damals wissen wolltest. Aber warum sollten ausgerechnet wir Deutschen weniger korrumpierbar sein als andere? Immerhin haben wir es besser/stimmungsvoller gemacht, als viele andere. Und uns als ein deutlich anderes Land als noch 20 oder gar 60 Jahre zuvor präsentiert. Frühzeitliche deutsche Willkommenskultur? Bayern Cosmos Deutschland? In jedem Fall schön für den Fußball, für Deutschland und seine Gäste. Genauer: Unvergesslich!

Deutschland im Sommer 2006, das war für mich eine Versöhnung mit dem Land und eine große Freude. Die vielen jungen und ganz offensichtlichen Fans mit Migrationshintergrund, mit aufgemalten Deutschland-Fähnchen, deren Teams wie z.B. die Türkei nicht qualifiziert waren, und die damals ausgerechnet ''Nazi-Deutschland'' die Daumen drückten, waren beim ''Public Viewing'' in Hamburg ein Highlight meines gesamten Fussi-Guckens. Nie wieder (und vermutlich auch nie zuvor) war es zudem nach einer deutschen Fußball-Niederlage so entspannt nach Hause zu fahren, wie nach dem HF gegen Italien 2006. Auch wenn das Aus und seine späte Entscheidung damals sehr weh taten. Das gehört zum Fußbal und vor allem zum Leben. Der Deutsche hat sich damals (das erste Mal?) ausnahmsweise mal geschüttelt, nicht die Schuld außen gesucht, sondern sich ernsthaft gesagt: Lebbe geht weider! Und das für die meisten viel besser als zuvor. Merke: Der Deutsche fällt oft weich, jammert aber gern wie Prinzessin auf Erbse.

Den Wechsel zum HSV werde ich dir allerdings nicht verzeihen. :wink: So etwas macht man nicht! Amigos sollten Amigos bleiben und nicht zu Dukateneseln von norddeutschen Gnaden mutieren.

Danke für den Fisch!


PS:
@agil: Du als Ober-FCB-Fan solltest wissen, nenne nie jemand anders einen Vollpfosten, du...:
https://www.mopo.de/hamburg/ck-mobbing- ... kostenlos/

Beste Grüße nach TH

Das war damals allerdings auch ein sehr hoher internationaler Ast von dem die Bayern abschwangen Mitte der 70er. Der wäre für die heutige Truppe eher "ad astra". Beckenbauers Tod hat für mich einen kindlich inspirierten Aspekt von Unwirklichkeit. Als Spieler habe ich ihn nur noch sehr sporadisch mitbekommen, als Fußballmittelpunkt war er beim Weg in die Fußballabhängigkeit für mich aber eine der festen Größen innerhalb dieser Kultur. Quasi unumstößlich als Personifikation deutscher Fußball- Unbesiegbarkeit und -Identifikation. Und Helden aus der Kindheit haben immer Mehrwert.

Danke für die prima Knorr- Suppe!
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Re: Fußballgeschichten: Pfüati Franz!

Beitrag von Depp72 »

Outtatime hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2024, 16:23 Als Spieler habe ich ihn nur noch sehr sporadisch mitbekommen
Mein erstes Live-Spiel im Stadion war eine 0:5 Auswärtsniederlage noch mit ihm im richtigen Team. Ein Freitagabendspiel am 1.4.1977. Leider kein Aprilscherz. Gegen einen Verein, dessen Name mir entfallen ist. Etablierter Zweitligist.
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Re: Fußballgeschichten: Pfüati Franz!

Beitrag von Outtatime »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 15. Februar 2024, 16:21
Outtatime hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2024, 16:23 Als Spieler habe ich ihn nur noch sehr sporadisch mitbekommen
Mein erstes Live-Spiel im Stadion war eine 0:5 Auswärtsniederlage noch mit ihm im richtigen Team. Ein Freitagabendspiel am 1.4.1977. Leider kein Aprilscherz. Gegen einen Verein, dessen Name mir entfallen ist. Etablierter Zweitligist.
Der 1.4.1977? Lustig, dass du den erwähnst. An dem Tag war ich noch ein Eiweißkomplex weitab von meinen Eltern. Hab das Spiel gegen Schalke aber leider verpasst. :|
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von McGi87 »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 15. Februar 2024, 16:21
Outtatime hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2024, 16:23 Als Spieler habe ich ihn nur noch sehr sporadisch mitbekommen
Mein erstes Live-Spiel im Stadion war eine 0:5 Auswärtsniederlage noch mit ihm im richtigen Team. Ein Freitagabendspiel am 1.4.1977. Leider kein Aprilscherz. Gegen einen Verein, dessen Name mir entfallen ist. Etablierter Zweitligist.
Nach meiner Erinnerung bin ich so ungefähr im Alter von sieben Jahren mit Eintritt in die F-Jugend Fußball- und HSV-Fan geworden. Das war dann im Jahr 1982. Also wirklich als aktiven Spieler habe ich ihn nicht in Erinnerung, aber er war auf meinem HSV-Mannschaftsposter abgebildet und dann wohl auch im April 82 im Olympiastadion dabei ....auf der richtigen Seite... :smokingjoint: :smokingjoint:
1.Liga: Müller (Ulle) - GRIMALDO, Henrichs, Pacho (Diogo Leite, Finkgräfe) - Wirtz, Brandt, Sabitzer, FÜHRICH (Ngoumou) - OPENDA, Höler, UNDAV

2.Liga: Pauli- Leistner, Kleine-Bekel, Hoffmann (DIETZ)- Appelkamp, Stindl, HOLTBY, HARTEL (Schaub)- Glatzel, Terodde, KARAMAN (Ansah)

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