Fußballgeschichten

jeck3108
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2. Verein: bin ich dualfan?

Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von jeck3108 »

Depp72 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 07:57
Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 14. März 2024, 13:39 Emil Forsberg:

https://www.mopo.de/sport/fussball/fors ... eberl-aus/
Ja, der Emil und die Wertschätzung. Wasser predigen und offenbar Wein trinken.
Bild hat geschrieben:Ehe-Aus bei Ex-Leipziger Emil Forsberg (32)! Krass: Seine Frau Shanga machte die Trennung per Instagram öffentlich
[...]

Sie schreibt auf Schwedisch: „Unsere Wege werden sich trennen. Worte, von denen ich dachte, dass ich sie nach zwei Kindern und 19 gemeinsamen Jahren niemals aussprechen würde und die mir immer noch unwirklich vorkommen."

Und weiter: „Ich habe dich über alles geliebt und dich immer unterstützt. Aber auch die Liebe hat ihre Grenzen. Das größte Argument sind meine Kinder und ja, sie wollen ihren Wert genauso kennen wie ich meinen. Für selbstverständlich gehalten und vernachlässigt zu werden, ist keine Liebe.“

Sie schreibt weiter: „Ein Neuanfang in New York war offenbar ein Neuanfang für dich und dein Leben. Es war nur so, dass die Kinder und ich vorher nichts davon wussten. Aber es wurde schnell schmerzlich klar.“

„In den Zeitungen haben wir gelesen und gesehen, dass es dir gut geht und du ‚jeden Moment genießt.‘ Du hast auch Pläne für die Zukunft. Wir wussten nichts davon. Wenn die Reporter nur wüssten, dass du in den letzten Wochen mehr mit ihnen als mit deiner Familie gesprochen hast.“
Kwelle & mehr: https://m.bild.de/sport/fussball/rb-lei ... obile.html
Ja, gibt Umfelder, da trinkt man Wein und manchmal ist Wasser das Bevorzugte und Angebrachte. Ist nun ziemlich an den Haaren herbeigezogen, was Du da sehen willst.

Und auch wenn die Mopo nun sicher nicht die Krone des Journalismus ist: passt, das der private Schmutz in der Bild steht, es bleibt eben ein Organ der Niedertracht und es ist falsch, sie zu lesen.

Und es zeigt sich natürlich auch, das ich Boomer bin und diesen ganzen social-media-Quatsch nicht verstehe: wenn man sich nicht um nen Platz im schwedischen Dschungel-Camp bewerben will oder den onlyfans-account antreiben, weil der Gerichtsvollzieher schon an die Tür klopft: was muß im Schädel eigentlich falsch verdrahtet sein, solche privaten Geschichten in die Öffentlichkeit zu tragen. Und dann noch auf die Tränendrüse mit den Kindern drücken wollen und dann denen zuzumuten, den Rucksack auch noch drauf zu packen.

Da man sich ja nicht beschweren sollte, wenn man so agiert, wenn man sich dann Kommentare anhören darf, die eigentlich ne Frechheit sind: an Forsbergs Stelle hätt es für mich nicht New York sein müssen, da wäre ich sogar zu Traktor Nischninovgorod gewechselt, nur weit weg muß es sein.
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Depp72
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Depp72 »

jeck3108 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 09:45 Und auch wenn die Mopo nun sicher nicht die Krone des Journalismus ist: passt, das der private Schmutz in der Bild steht, es bleibt eben ein Organ der Niedertracht und es ist falsch, sie zu lesen.
Also so eine Story wie die Scheidungsschlacht passt nun allerbestens zum Boulevard. Ob Bild, Mopo, Bunte und was es sonst noch alles gibt. Oder ins Treppenhaus. Hamburger Ohnsorg Theater 1966: Tratsch im Treppenhaus. Mit Heidi Kabel.

jeck3108 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 09:45 Und es zeigt sich natürlich auch, das ich Boomer bin und diesen ganzen social-media-Quatsch nicht verstehe: wenn man sich nicht um nen Platz im schwedischen Dschungel-Camp bewerben will oder den onlyfans-account antreiben, weil der Gerichtsvollzieher schon an die Tür klopft: was muß im Schädel eigentlich falsch verdrahtet sein, solche privaten Geschichten in die Öffentlichkeit zu tragen.
Mit OF verdienen einige Anbieterinnen wohl richtig gutes Geld. Nix Gerichtsvollzieher.

Verstehen tue ich den Social-Media-Krams oft auch nicht, er gehört aber zu den jüngeren Generationen dazu. Von Kindesbeinen an oder spätestens ab der bekanntlich besonders prägenden Pubertät. Hat die Generation unserer Eltern/Großeltern Trampen, Bravo, Videospiele, Rockmusik oder Gewaltfilme verstanden? Antwort war eher: Ich versteh die Jugend nicht. Also dett ham wir früher auch nicht gebraucht. Jupp, früher brauchte man auch kein fließend Wasser, keine Wahlen, Telefone und Schusswaffen. Früher war halt früher. Die ewige Kritik an der jeweiligen Jugend hat einen elend langen Salafisten-Bart. Warum spielen eigentlich Westfalia Herne und Rot-Weiß Lüdenscheid nicht mehr in der 2. Liga gegeneinander? Ich versteh dat nicht. Obwohl Boomer. Hoffentlich hast du das jetzt alles verstanden. Ich könnte dich aber auch verstehen, wenn nicht.
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von jeck3108 »

Grundsätzlich hast Du Recht, ich und meine Alterskohorte dürfen das gar nicht verstehen.

Nur: die Frau ist keine 20 - auch wenn sie das vielleicht noch nicht mitbekommen hat -
Und selbst mit 30 kann die machen, was sie will, es interessiert mich nicht.
Ich bekomme es in der Regel nicht mit, wenn nicht irgendeiner, der den Klatsch-Boulevard nicht ignoriert - und das ist kein Vorwurf, sondern nur ne Geschmacksfrage, ich les Kicker, auch nix anderes -, es mir irgendwo beipuhlt und ich es dann frotzelnd zur Kenntnis nehme.

Wenn aber in so einem Rosenkrieg die Kinder instrumentalisiert werden und solchen Knaller wie mir zum Fraß vorgeworfen werden... nicht, das mich das zur Zurückhaltung bringt, aber das meine Meinung über die Dame dann nicht U12 ist, ist klar.
Und das vollkommen Generationsunabhängig, ob jetzt auf Instagram oder bei Tante Helga im Garten beim Familien-Pflaumenkuchen
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Amitaener
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Amitaener »

Depp72 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 19:36
jeck3108 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 09:45 Und auch wenn die Mopo nun sicher nicht die Krone des Journalismus ist: passt, das der private Schmutz in der Bild steht, es bleibt eben ein Organ der Niedertracht und es ist falsch, sie zu lesen.
Also so eine Story wie die Scheidungsschlacht passt nun allerbestens zum Boulevard. Ob Bild, Mopo, Bunte und was es sonst noch alles gibt.
Wird sich im Nach-Kapitalismus erledigt haben - Ende der Fahnenstange für Bild & Co. Weil das Bedürfnis, so ein Drecksblatt in die Hand zu nehmen, obsolet geworden ist. Vorwärts zum Sozialismus! Dem Morgenrot entgegen!
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von jeck3108 »

Amitaener hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 23:02
Depp72 hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 19:36

Also so eine Story wie die Scheidungsschlacht passt nun allerbestens zum Boulevard. Ob Bild, Mopo, Bunte und was es sonst noch alles gibt.
Wird sich im Nach-Kapitalismus erledigt haben - Ende der Fahnenstange für Bild & Co. Weil das Bedürfnis, so ein Drecksblatt in die Hand zu nehmen, obsolet geworden ist. Vorwärts zum Sozialismus! Dem Morgenrot entgegen!
Das erledigt schon der Kapitalismus vorher selbst, weil selbst die Rote Fahne nur noch online erscheint, da ist nix mehr mit in die Hand nehmen.
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Depp72
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Depp72 »

Amitaener hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 23:02 Wird sich im Nach-Kapitalismus erledigt haben - Ende der Fahnenstange für Bild & Co. Weil das Bedürfnis, so ein Drecksblatt in die Hand zu nehmen, obsolet geworden ist. Vorwärts zum Sozialismus! Dem Morgenrot entgegen!
Für uns beide heißt es der Abendsonne entgegen. Vorwärts zum Grab. Nach-Kapitalismus ist dann die Zeit ohne Menschen auf der Erde.
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Fußballgeschichten: Ahmet Arslan fastet im Ramadan

Beitrag von Depp72 »

Deutsche Welle hat geschrieben:Für den muslimischen Fußballprofi Ahmet Arslan von Dynamo Dresden stellt der Ramadan eine besondere Herausforderung dar. Mit der DW sprach er über sein Leben als Fußballprofi im Fastenmonat.
[...]

Für Außenstehende scheint es schwer zu begreifen, wie Ramadan und Profisport zusammenpassen können. Denn Ernährung ist mittlerweile ein entscheidender Faktor der Leistungsfähigkeit eines Profisportlers. Der FC Liverpool hat mit Mona Nemmer sogar alleine für diesen Bereich einen "Head of Nutrition", also eine Ernährungsberaterin eingestellt. Einen ganzen Monat lang tagsüber auf Essen und Trinken zu verzichten scheint für viele undenkbar.

"Die Leistung wird vermutlich etwas nachlassen", sagt Michael Bata, Mannschaftsarzt von Dynamo Dresden, gegenüber der DW. "Man weiß, dass der Muskelaufbau nicht mehr so stark stattfindet wenn einem die Nährstoffe fehlen tagsüber, dann geht es eher darum die Muskeln zu erhalten und nicht weiter aufzubauen." Ganz neu ist die Situation für Bata nicht, denn bereits letzte Saison war Arslan an Dresden ausgeliehen und nahm am Fasten teil. Dennoch stellt die Situation für ihn eine besondere Herausforderung dar, denn es mangelt an umfangreichen Erfahrungen im Umgang mit muslimischen Spielern während des Ramadan.

Kein zwangsläufiger Leistungsabfall

Die Teamärzte sind somit auch auf die Mithilfe und Ehrlichkeit des Spielers angewiesen und können viel von Arslan lernen. Sie vertrauen darauf, dass er auf sich selbst aufpassen kann, seine eigene Gesundheit überwacht und sie bei Problemen alarmiert. "Es ist nicht gesichert, dass man unbedingt gleich einen Leistungsknick haben muss. Viele Menschen auf dieser Welt führen den Ramadan durch und treiben trotzdem nebenbei Sport", sagt Bata betont aber auch: "Profisport ist natürlich was anderes." Aber nicht die ganze muslimische Welt pausiere ihren Profisport, "nur weil gerade Ramadan ist".
Kwelle & mehr: https://www.dw.com/de/ramadan-wie-fussb ... a-68669789
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Amitaener »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 28. März 2024, 14:58
Amitaener hat geschrieben: Mittwoch 27. März 2024, 23:02 Wird sich im Nach-Kapitalismus erledigt haben - Ende der Fahnenstange für Bild & Co. Weil das Bedürfnis, so ein Drecksblatt in die Hand zu nehmen, obsolet geworden ist. Vorwärts zum Sozialismus! Dem Morgenrot entgegen!
Nach-Kapitalismus ist dann die Zeit ohne Menschen auf der Erde.
Düstere Prognose. Und der Gulag in der Rückschau dann folgerichtig das kleinere, irdische Übel.
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Depp72 »

Amitaener hat geschrieben: Freitag 29. März 2024, 18:22 Düstere Prognose. Und der Gulag in der Rückschau dann folgerichtig das kleinere, irdische Übel.
Keine Prognose, eine Tatsache in der Zukunft. Nicht reversibel. So wie schon jetzt jeder Mensch irgendwann sterben muss, wird der Mensch aussterben und Planet Erde sich komplett auflösen. Ob der Mensch nun wegen der Atomwaffen geht, wegen Klima oder viel später, weil er irgendwie doch noch die Klimakurve kriegt: auch im besten Fall ist seine Zeit endlich. Wenn es die Erde nicht mehr gibt, bleibt immerhin ein schwarzes Loch, kein rotes. Tröstlich, oder? :mrgreen:
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von Amitaener »

Depp72 hat geschrieben: Freitag 29. März 2024, 19:34
Amitaener hat geschrieben: Freitag 29. März 2024, 18:22 Düstere Prognose. Und der Gulag in der Rückschau dann folgerichtig das kleinere, irdische Übel.
Keine Prognose, eine Tatsache in der Zukunft. Nicht reversibel. So wie schon jetzt jeder Mensch irgendwann sterben muss, wird der Mensch aussterben und Planet Erde sich komplett auflösen. Ob der Mensch nun wegen der Atomwaffen geht, wegen Klima oder viel später, weil er irgendwie doch noch die Klimakurve kriegt: auch im besten Fall ist seine Zeit endlich. Wenn es die Erde nicht mehr gibt, bleibt immerhin ein schwarzes Loch, kein rotes. Tröstlich, oder? :mrgreen:
Du bist vielleicht ein Schwarzseher. Einerseits. Aber auch ganz fest im Glauben. Alles vergänglich. Der Mensch. Die Menschheit. Nur der Kapitalismus nicht. Der markiert nach deppischer Lesart das Ende gesellschaftlicher Entwicklung: Urgesellschaft - abgelöst, Feudalismus - überwunden, Kapitalismus - ein Modell für die Ewigkeit. Bis auch ihn das schwarze Loch verschlingt.
Bin da eher bei dem Fortschrittsgläubigen K.M. und seiner kommunistischen Zukunftsperspektive, die selbst für das Sauerland nicht ausgeschlossen wird: "An die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen
tritt eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die freie Entwicklung aller ist" (Manifest der Kommunistischen Partei).
P.S.:
Aktuell können wir sowohl das schwarze A.-Loch aus Brilon als auch die gleichnamigen physikalischen Forschungsergebnisse vernachlässigen. Wesentlich problembeladener sind schwarze Hüte. Lasse meinen daher vorläufig auf dem Garderobenhaken.
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/p ... 3c8e&ei=13
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Fußballgeschichten: Pi mal KI = Ecki

Beitrag von Depp72 »

ORF hat geschrieben:Künstliche Intelligenz gibt Eckballtipps

Das Unternehmen Google DeepMind hat ein System entwickelt, das Fußballteams mit taktischen Vorschlägen und Vorhersagen über den Gegner zum Sieg verhelfen soll. Um das System, das auf künstlicher Intelligenz (KI) basiert, zu trainieren, holte sich das Entwicklerteam Unterstützung vom FC Liverpool.
[...]

Vorerst ist das System ausschließlich auf Eckbälle ausgerichtet – die Fachleute von Google DeepMind nutzten über 7.000 Eckballdatensätze von Liverpool aus vergangenen Premier-League-Saisonen, um es zu trainieren. Mit nur wenigen Änderungen und relativ geringem Aufwand ist es laut den Entwicklern aber auch möglich, die KI bei vergleichbaren Situationen im Fußball, etwa bei Freistößen, und auch in anderen Sportarten einzusetzen.
[...]

Dass die Vorschläge von TacticAI tatsächlich auch in einem realen Fußballmatch brauchbar sind, zeigte eine Umfrage mit Experten des FC Liverpool. Das Google-DeepMind-Team zeigte ihnen mehrere Graphen und bat sie, die beste Strategie für die darin dargestellten Eckbälle zu wählen. In 90 Prozent der Fälle bevorzugten sie jene Taktiken, die von TacticAI generiert wurden.
https://science.orf.at/stories/3224168/
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Re: Fußballgeschichten: Wie äußert sich Wertschätzung?

Beitrag von jeck3108 »

Depp72 hat geschrieben: Freitag 29. März 2024, 19:34 Wenn es die Erde nicht mehr gibt, bleibt immerhin ein schwarzes Loch, kein rotes. Tröstlich, oder? :mrgreen:
Hmmmm... war da nicht was mit roter Riese :mrgreen:
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Fußballgeschichten: Dieter Müller

Beitrag von Depp72 »

Glückwunsch zum 70.!
Die EM 76 habe ich als erstes Turnier bewusst wahrgenommen. Drei Tore vom Dieter im HF sowie den Siegtreffer Nehodas im anderen Spiel. Dazu im Finale natürlich die Elfer von Uli und Panenka.
Spoiler
Show
Kicker hat geschrieben: Sie sind gebürtiger Offenbacher, waren unter Ihrem Geburtsnamen Dieter Kaster Jugendnationalspieler und 1973 Jungprofi bei den Kickers, die damals in der Bundesliga gespielt haben. Warum haben Sie den Durchbruch nicht auf dem Bieberer Berg geschafft?

Wir hatten einen furchtbaren Trainer, Gyula Lorant. Der war unmenschlich, hat mich gedemütigt. Mein Stiefvater, dessen Namen ich dann auch angenommen habe, war relativ wohlhabend. Und da hat Lorant zu unserem Manager gesagt: Der Müller kann sich nicht quälen, der hat Geld von zu Hause. War natürlich Quatsch. Man muss sich mal vorstellen, wir mussten bei Lorant teilweise mit Spikes an den Schuhen trainieren. Unser Torwart Fred Bockholt hat sich mit den Dingern an den Schuhen sogar verletzt. Dann habe ich zu Herbert Widmayer, der mein Trainer in der Jugendnationalmannschaft war, gesagt, ich will und muss weg aus Offenbach. Und Widmayer, der so etwas wie mein väterlicher Freund war, hat mich in Köln empfohlen.

Sie kamen damals als Nobody in eine starke Kölner Mannschaft. Wie wurden Sie als 19-Jähriger von den Stars wie Overath, Flohe, Bernd Cullmann und Wolfgang Weber aufgenommen?

Was ich im Leben gelernt habe, ist, dass die großen Spieler, ob Overath, Gerd Müller oder Franz Beckenbauer, alle auch menschlich überragend waren. Overath hat gewusst, dass ich ein bisschen sensibel war. Er hat mich gleich beim Einstand zur Seite genommen und gesagt: Jung', du brauchst keine Angst zu haben, wir brauchen einen Torjäger wie dich. Das hat mir unheimlich Selbstvertrauen gegeben und mich auch geprägt. Später habe ich dann neuen, jungen Spielern wie Pierre Littbarski, oder auch Bernd Schuster geholfen.
[...]

Ihre Geschichte handelt nicht nur von Rekorden, Titeln und großen Spielen auf dem Rasen, sondern vor allem von schweren Schicksalsschlägen.

Ich wuchs ohne meinen leiblichen Vater bei meinen Großeltern auf. Wenige Tage nach meinem ersten Bundesligaspiel für Kickers Offenbach starb überraschend mein Adoptivvater, dem ich viel zu verdanken hatte. Meine Schwester starb früh. Schrecklich war der Verlust meines Sohnes, der mit erst 16 Jahren an einem Hirntumor verstorben ist. Da guckt man in die Abgründe der menschlichen Seele. Das kann man nur überstehen mit einem gewissen Glauben, und Menschen, die einem beistehen.

Sie waren selbst dem Tod sehr nahe. Am 30. September 2012 erlitten Sie einen schweren Herzinfarkt.

Ich hatte 31 Minuten lang Herzstillstand. So etwas überleben nur ganz wenige Menschen. Ich hatte das große Glück, dass meine Frau Johanna in dem Moment meines Zusammenbruchs ins Zimmer kam und die telefonischen Anweisungen vom Mann aus der Rettungsstelle befolgt hat. Unter Anleitung machte sie bis zum Eintreffen der Ärzte Herzdruckmassage, hat mir dabei sogar eine Rippe gebrochen. Wenn Johanna nur ein paar Sekunden später gekommen wäre oder nicht die Nerven behalten hätte, dann könnten wir dieses Interview jetzt nicht führen.

Sie lagen anschließend noch vier Tage im Koma …

Ja, ich habe zwar keine Nahtoderfahrung gemacht, aber ich erinnere mich, dass ich Feen und Kobolde gesehen habe. Ich hatte später noch eine schwere Herz-OP. In diesen ganz schweren Momenten haben mir der Glaube an den Schöpfer und Gebete unglaublich viel Kraft gegeben. Seitdem glaube ich aber auch, dass man vor dem Tod keine Angst haben muss.
[...]

Sie haben es als zweimaliger Bundesligatorschützenkönig und bester EM-Torschütze nur auf zwölf Länderspiele gebracht. Zu wenig für Ihre Qualitäten?

Ich hatte einen traumhaften Einstand als Einwechselspieler mit meinen drei Toren im EM-Halbfinale gegen Jugoslawien, dann habe ich noch ein Tor im Finale gegen die Tschechoslowakei erzielt. Wenn Uli Hoeneß im Elfmeterschießen den Ball nicht in den Himmel, sondern ins Tor geschossen hätte, wären wir Europameister geworden, und vielleicht wäre mein Verhältnis zum damaligen Bundestrainer Helmut Schön besser geworden. Ich war ein sehr sensibler Spieler, und das hat mit uns nicht so richtig gepasst. Aber ich bin trotzdem zufrieden. Ich habe in zwölf Länderspielen neun Tore gemacht. Ob ich jetzt 30 oder 40 Länderspiele hätte, das hätte in meinem Leben nichts geändert. Ich hatte das große Glück, mit den größten Spielern der 70er und 80er Jahre zusammenzuspielen. Ich bin mit meiner Karriere sehr, sehr zufrieden.
Kwelle & mehr: https://www.kicker.de/mueller-hoettges- ... 19/artikel
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Fußballgeschichten: Jonathan Clauss

Beitrag von Depp72 »

Sportbuzzer hat geschrieben:Mit 18 Postbote, jetzt Mbappé-Kollege: Der kuriose Karriere-Weg von Jonathan Clauss

Jonathan Clauss trifft am Samstag mit der französischen Nationalmannschaft auf Deutschland. Die Karriere des 31-Jährigen, der mit 22 noch in der deutschen Verbandsliga kickte, war von Zweifeln begleitet. Zum Positiven wendete sie sich dank Arminia Bielefeld. Ein Blick auf den ungewöhnlichen Weg des Außenverteidigers.
Kwelle & mehr: https://www.sportbuzzer.de/fussball/int ... ZUIE4.html
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(K)ein Allerweltsfoul

Beitrag von sampenza »

Da hat wohl einer rohes Fleisch gefrühstückt.

https://deref-web.de/mail/client/D2S8_u ... %2F9177884

Munterbleim Sampenza
Jede Maschine ist eine Nebelmaschine ...
man muß sie nur falsch genug bedienen
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Fußballgeschichten: Abstieg im Auto

Beitrag von Depp72 »

SWR hat geschrieben:Die Roten Teufel zwischen Hölle und Himmel - eine verrückte Woche im Mai 1996
[...]

Der 1. FC Kaiserslautern war als Gründungsmitglied der Bundesliga noch nie abgestiegen, die deutsche Eliteliga war ohne den FCK damals für die allermeisten Fußballfans nicht vorstellbar. Dementsprechend hoch war der Druck. Der Vorstand der Pfälzer setzte eigens für die Partie bei Bayer eine Siegprämie von 500.000 Mark aus.

Pavel Kuka lässt Hoffnung aufkommen

Nach einer zähen ersten Halbzeit übernahmen die Gäste, angefeuert von rund 5.000 mitgereisten Anhängern, in der zweiten Hälfte immer mehr die Regie - und wurden dafür belohnt. In der 58. Minute traf der tschechische Angreifer Pavel Kuka per Kopf zum 1:0 für den FCK. Wenig später ließ der Kaiserslauterer Topstürmer allerdings die große Chance zum 2:0 liegen - was sich rächen sollte.
Leverkusen tritt Fairplay mit den Füßen

Denn in der Schlussphase überschlugen sich die Ereignisse. Die Roten Teufel spielten den Ball ins Aus, weil Angreifer Olaf Marschall verletzt behandelt werden musste. Doch Leverkusen trat das Fairplay mit Füßen. Bayer-Star Paulo Sergio warf den Ball zum eigenen Torhüter Dirk Heinen. Der schlug den Ball weit nach vorne zu Völler. Der Angreifer zog ein Foul und holte so einen Freistoß aus fast 30 Metern raus.

Reinke patzt beim Gegentreffer

Nach diesem Freistoß schoss Mike Rietpietsch mittig aufs FCK-Tor, doch Keeper Andreas Reinke wehrte den Ball trotzdem direkt vor die Füße von Markus Münch ab, der volley abschloss und direkt unter die Latte des Kaiserslauterer Kastens traf. Der Ausgleich in der 82. Minute - er traf die Gäste bis ins Mark und war gleichzeitig der Endstand.

Trauriger Bundesliga-Rekord für den FCK

Ein Remis, das nur den Gastgebern half - und nicht den Gästen, für die es das 18. Unentschieden im 34. Saisonspiel war. Bis heute Bundesliga-Rekord und ein Grund für Platz 16.
Der spezielle Abstieg des Martin Wagner

Einer, der ganz besonders litt, war der gelbgesperrte Flügelspieler Martin Wagner. "Ich bin mit meiner Frau privat nach Leverkusen gefahren. Wir mussten noch tanken, ich habe ihr aber gesagt, dass es reicht bis Leverkusen. Hat es aber nicht. Wir sind dann an der Ausfahrt stehen geblieben, das war schon kurz vor Spielbeginn", so Wagner im exklusiven Gespräch mit SWR Sport. " Ich musste dann den ADAC anrufen, die haben uns dann fünf Liter Sprit gebracht."
Wagner: "Es war grausam"

Die Tragödie, die sich ereignete, bekam er deshalb nur aus der Ferne mit: " Bis ich dann im Stadion war, war das Spiel vorbei. Ich habe das Spiel nicht live gesehen, sondern habe mir das im Radio angehört. Und ich bin praktisch am Radio abgestiegen. Als ich dann endlich am Stadion war, kamen uns die ersten Zuschauer entgegen Die haben Rotz und Wasser geheult. Es war grausam, was ich da erlebt habe. Es ist schon bitter, wenn man im Auto absteigt."
Der Klub war am Boden – und mit ihm eine ganze Region

Der erste Abstieg des FCK war nach 33 Jahren, 1118 Spielen und 1828 erzielten Toren besiegelt. Der Klub lag am Boden - und mit ihm eine ganze Region. Dass eine Woche später noch ein ganz besonderes Spiel wartete - nämlich das DFB-Pokalfinale in Berlin gegen den Karlsruher SC - interessierte nach dem Leverkusen-Match und in den Tagen danach eigentlich niemand. Zu groß war der Schock über den Abstieg.
[...]

Martin Wagner mit dem goldenen Treffer

Einer, hinter dem zahlreiche Klubs her waren, machte vor dem Endspiel seinen Verbleib sogar vom Pokalsieg abhängig. "Wenn wir gewinnen, dann bleibe ich", sagte der damalige Flügelflitzer Martin Wagner vorab. Und ausgerechnet der sechsmalige Nationalspieler entschied die Partie mit seinem Freistoßkracher in der 42. Minute. Sein scharf geschossener Ball flutschte ausgerechnet dem heutigen FCK-Trainer Dirk Schuster in der Mauer durch die Beine. Und auch KSC-Keeper Claus Reitmaier bekam die Beine nicht rechtzeitig zusammen, um den mittig geschossenen Ball abwehren zu können.
Kwelle & mehr: https://www.swr.de/sport/fussball/1-fc- ... g-100.html
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Fußballgeschichten: Nach 40 Jahren gewinnt Athletic Bilbao wieder den Pokal

Beitrag von Depp72 »

Im Elfmeterschießen gegen RCD Mallorca. Nachdem man 5x seit 2009 das Finale um die Copa del Rey verloren hatte.

https://www.spiegel.de/sport/fussball/c ... 4873bb6b34

NZZ hat geschrieben:Bilbao, an einem Maitag 1984. Es ist eine harte Zeit im Baskenland, die alten Industrien siechen dahin, eine Überschwemmung hat die Stadt verwüstet, das Heroin verseucht die Jugend. ETA-Terror und Repression vergiften die Politik.

Doch an den Ufern des Flusses, der sich fast 20 Kilometer lang vom Meer durch die Vororte ins Stadtzentrum zieht, haben sich über eine Million Menschen eingefunden. Sie bejubeln die Mannschaft von Athletic Bilbao, die soeben das Double aus Liga und Cup gewonnen hat. Zur Feier schippert das Team auf einem blauen Lastenkahn der Hafenaufsicht den Fjord entlang, vorbei an Schloten und Hochöfen, eskortiert von unzähligen weiteren Schiffen.

Bilbao im April 2024, leichtlebig und prosperierend. Nirgends in Spanien sind der Wohlstand und die Lebensqualität so hoch wie im Baskenland. Dessen Hauptstadt hat sich derart erfolgreich vom Industrieschmutz befreit, dass international der Begriff vom «Bilbao-Effekt» geprägt wurde. Urbanisten beschreiben damit, wie Stararchitektur und der daraus entstehende Sog in Kultur und Wissenschaft einen Verfall umkehren können.
[...]

Denn seit jenem Mai 1984 hat Athletic keinen grossen Titel mehr gewonnen.*

Es ist ein fast unerträglicher Zustand für Spaniens Traditionsklub par excellence. Athletic, gegründet 1898 mit englischem Namen als Hommage an die kickenden Pioniere in den Flussauen, war einst so dominant, dass es die Fussballsprache im Königreich geprägt hat. Das Wort «alirón» etwa, das den Jubel eines frisch gekürten Champions beschreibt, kommt aus den Minen Bilbaos, in denen die Arbeiter ihren britischen Chefs einen Eisenfund mit ähnlicher Euphorie meldeten: «all iron». Bis heute heisst ein Torschützenkönig im spanischen Sport überall «Pichichi» – nach Athletics Stürmerstar der 1910er Jahre –, und der beste einheimische Torjäger bekommt die «Zarra»-Trophäe überreicht, benannt nach Athletics Goalgetter der vierziger und fünfziger Jahre.

23 Mal hat Athletic bisher den Cup gewonnen, 8 Mal die Meisterschaft. In 96 Jahren ist der Klub nie aus der Primera División abgestiegen – was nur Real Madrid und dem FC Barcelona ebenfalls gelang. All das schaffte der Klub trotz oder gerade wegen der seit 1912 praktizierten Politik, nur mit Basken anzutreten – die Meinungen gehen diesbezüglich immer wieder einmal auseinander.

An der letzten Mitgliederversammlung wurde bis tief in die Nacht hinein darüber debattiert, ob nicht auch die Kinder von Auslandbasken zugelassen werden sollten. Doch es bleibt bei der bestehenden Praxis, dass nur für Athletic spielen kann, wer selbst in den baskischen Teilen Spaniens und Frankreichs oder in der semibaskischen Region Navarra geboren beziehungsweise fussballerisch dort ausgebildet wurde.
[...]

Athletic gehört jedem – so sehen es auch die Profis. «Als Burschen träumen hier alle davon, Teil von so etwas zu sein», sagte Iñaki Williams am Abend des Final-Einzugs nach einem triumphalen 3:0 gegen Atlético Madrid: «Es ist ein grosser Stolz, die Mannschaft meiner Stadt zu repräsentieren und den Klub, den ich liebe.» Williams, Sohn ghanaischer Einwanderer, erhielt seinen sehr baskischen Vornamen einst wegen des Pfarrers Iñaki, der die Flüchtlingsfamilie unter seine Fittiche nahm und den Knirps oft mit zum Trainingsgelände von Athletic.

Heute bildet er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Nico, 21, das Star-Duo im Angriff des Fanionteams. Beide hätten längst eines der Angebote internationaler Spitzenklubs annehmen können. Doch Iñaki, 29, hält Bilbao nun schon die ganze Karriere die Treue, und Nico verlängerte seinen Vertrag soeben bis 2027. Seine Mission: «Ich möchte die ‹Gabarra› sehen.»

In der Meisterschaft kämpft Valverdes Team um den Einzug in die Champions League

Die Chancen stehen gut wie nie seit jenem Mai 1984. In der dritten Amtszeit des erfahrenen Trainers Ernesto Valverde hat Athletic ein begeisterndes Team beisammen, das in der Meisterschaft um den Champions-League-Einzug kämpft.
https://www.nzz.ch/sport/weitere-sporta ... ld.1824879


*2012 verlor man zudem das Finale der Europa League gegen Atletico Madrid.

Sport1 hat geschrieben:Sie laufen zusammen für Athletic auf und sind die Gesichter der Mannschaft: Inaki und Nico Williams. Die Williams-Brüder schreiben eine ergreifende Geschichte - geprägt von Armut, Flucht und harter Arbeit.
[...]

Im April 2021 stand das Duo mit ghanaischen Wurzeln erstmals zusammen auf dem Platz. Zuvor arbeiteten sich die Brüder aus der Jugend der Basken hoch in die erste Mannschaft. Der heute 29-jährige Inaki bestritt bereits über 300 Spiele für die Rot-Weißen.

Flucht mit ungeborenem Inaki durch die Sahara

Begonnen hat die besondere Geschichte der Williams-Brüder weit weg von Bilbao. Anfang der 90er-Jahre machten sich ihre Eltern Maria und Félix aus Accra auf den Weg nach Spanien. Im Bauch schon mit dabei: Inaki.

Das Paar durchquerte die Sahara bis zur spanischen Exklave Melilla. Teile der Reise bestritten sie barfuß, worunter Vater Félix noch heute leidet. Auf ihrem Weg quer durch Afrika waren sie lange ohne Wasser oder jegliche Nahrung - und dennoch haben sie es geschafft.

Über den Grenzzaun geklettert und in Melilla angekommen, wurden sie zunächst festgenommen. Aus der Haft half Ihnen eine kleine Lüge: Sie erzählten der Guardia Civil, sie kämen aus Liberia und konnten so politisches Asyl beantragen.

Als Kriegsflüchtlinge wurden sie dann nach Bilbao geschickt. Das Paar war zwar endlich in Spanien angekommen, stand aber vor weiteren Hürden.
[...]

Die Karriere von Inaki ist auch unter einem anderen Aspekt beeindruckend: Zwar ist der Stürmer nicht der erste Spieler afrikanischer Herkunft beim Athletic Club, er ist aber der Erste, der sich etablieren konnte.

Die besondere Vereinspolitik der Basken macht das eigentlich so gut wie unmöglich. Denn die Regel in Bilbao ist, dass nur Spieler, die im Baskenland geboren oder aufgewachsen sind, für den Verein auflaufen dürfen.

Weil der kleine Inaki zwar die Flucht seiner Eltern als Ungeborener erlebte, aber eben erst am 15. Juni 1994 in Bilbao das Licht der Welt erblickte, stand ihm die Tür zu Ahtletic offen - und er ist dort sogar jetzt schon eine Legende und Rekordhalter.

Vom 16. April bis zum 22. Januar 2023 verpasste er kein einziges Ligaspiel seines Klubs! Nach 251 Partien in Serie bremste ihn erst eine Muskelverletzung aus.
Im Klub vereint und im Land getrennt

Nicht nur auf Klub-Ebene stellen die Williams-Brüder ihr Talent unter Beweis - und so viel sie auch vereint, in Sachen Nationalmannschaft gehen sie getrennte Wege: Während sie beide die spanischen Jugendmannschaften durchliefen, spielen sie heute für unterschiedliche Nationen.

2022 wechselte Inaki zur ghanaischen Nationalmannschaft. Seine Entscheidung begründete er damals über Twitter: „Der Moment ist gekommen, um meinen verinnerlichten Ursprung in Ghana wiederzufinden. Eine neue Aufgabe wird für mich beginnen, ich werde das ghanaische Trikot verteidigen und repräsentieren. Ich werde alles geben und von nun an ein Black Star sein.“

Nico Williams wiederum gab im September 2022 sein Debüt für die Selección und darf darauf offen, auch bei der EM 2024 in Deutschland in der spanischen Auswahl zu stehen.
https://www.sport1.de/news/internationa ... geschichte

Ich war Mitte der 1990er mal in Bilbao. Der ETA-Terror und paramilitärische Anti-ETA-Kampf der sozialdemokratischen PSOE von Spaniens damaligen Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez war in einer Ruhephase, aber noch nicht zu Ende. Ob ein neuer Anschlag via Bombe oder Todeskommando im Baskenland kommen könnte, war ungewiss. Da war vom wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt noch kaum etwas zu spüren. Dafür aber einiges vom verblassenden Glanz der der der beiden baskischen Mannschaften Bilbao und San Sebastian, die Anfang bis Mitte der 1980er die Primera Division dominierten: 4 Meistertitel in Folge gingen ins Baskeland.

Mal abgesehen von Real, Barca und Atletico Madrid, gab es danach nur noch zwei weitere spanische Meister: Valencia aus Andalusien (2004 + 2006) und La Coruna aus Galizien (2000). Mit Ausnahme von 2x San Sebastian, La Coruna und dem FC Sevilla (1946) sowie Betis Sevilla (1935) machten nur 5 Mannschaften die spanische Meisterschaft seit 1929 (!) unter sich aus: Real, Barca, Valencia, Atletico Madrid + Athletic Bilbao.
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Depp72
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Fußballgeschichten: Walter Laubinger - ''Der Zauberer''

Beitrag von Depp72 »

So betitelte ihn einst Ernst Happel. Seine Geschichte stand bei mir schon in der Liste Noch-zu-Posten, da kam Erpie mit dem Beitrag zu Sinti & Roma-Sportlern um die Ecke, in dem auch Walter Laubinger erwähnt wird: viewtopic.php?f=12&t=14425
Spoiler
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Abseits.at hat geschrieben:(2022) Hamburg-Wandsbek – dort ist der 54-jährige Walter Laubinger heute zuhause. Der Nordosten der Hansestadt war und ist seine Heimat; in Billstedt begann er mit dem Kicken, ehe er beim Bramfelder SV mit Stefan Effenberg Freundschaft schloss. „Stefan war eigentlich fast jeden Tag bei uns zu Besuch. Er hat bei uns irgendwie mit dazugehört.“, erinnert sich der Ex-Spieler. Später ging „Laube“ zum HSV, wo er Liebling von Ernst Happel wurde: „Zauberer“ rief ihn der knorrige Wiener zärtlich und jeder, der sich auskennt, weiß ein größeres Kompliment vergab der Wödmasta in der Regel nicht. Während Effenberg jedoch Karriere als „aggressive leader“ bei Mönchengladbach, den Bayern und der deutschen Nationalmannschaft machte, wurde aus „Laube“ nicht einmal ein gestandener Bundesligaspieler. Für den jungen Mann mit dunklem Vokuhila und Schnauzbart war plötzlich die Partyszene der Hansestadt interessanter; er beteiligte sich an Schlägereien, verlor mehrfach seinen Führerschein und beendete seine Fußballkarriere schließlich mit 21 Jahren bevor sie noch richtig begonnen hatte.

Der Patriarch

Viele erfolgreiche Profis erzählen, dass sie nie die talentiertesten oder besten Spieler in ihren Nachwuchsmannschaften waren, sich aber mit harter Arbeit und Beharrlichkeit nach oben kämpften. Bei Walter Laubinger war es genau umgekehrt: Er konnte seine fantastischen Anlagen nicht in Spiele oder Titel ummünzen. Zu seiner Ehrenrettung muss jedoch gesagt werden, dass die Verhältnisse des Ex‑Stürmers eine ruhige Entwicklung kaum möglich machten: Laubinger wird am 9. November 1967 in eine Sinti-Familie, die mit strenger Hand des Vaters geführt wurde, hineingeboren. Martin Laubinger hat es sich in den Kopf gesetzt aus einem seiner fünf Kinder einen Fußballprofi zu machen und findet, dass die Chancen bei seinem Drittgeborenen dafür am besten stehen. Von Kindesbeinen an wird Walter geformt. Am Billstedter Hartplatz zieht ihm der Vater den rechten Schuh aus, damit der Bub nur seinen schwächeren linken Fuß trainiert. Bruder Domingo ist der Sparringspartner und das lohnt sich, denn der HSV will schon den zehnjährigen Walter in seine Jugendabteilung holen. Martin Laubinger winkt aber zunächst ab. Für seinen Sohn läuft es auch ohne ein Engagement beim einstigen Bundesliga-Dino hervorragend: Erst Hamburger Landesauswahl, dann U 15-Nationalmannschaft. „Ich habe geweint vor Glück.“, erzählt Walter. Kurze Zeit später bietet ihm Günter Netzer, damals HSV-Manager, einen Jugendvertrag und dann einen Profivertrag an. Vater Martin erledigt das Geschäftliche, Walter hat keine Ahnung, worum es geht. Das wird bis zum Ende seiner kurzen Karriere so bleiben.

Walter ist schnell, stark am Ball und (dank Vaters Spezialtraining) beidfüßig. Ernst Happel ist beeindruckt; nach dem ersten Training nimmt er den Spieler in den Arm und sagt ihm, er soll morgen wieder kommen. „Laube“ schwebt auf Wolke Sieben; mit den DFB-Junioren wird er 1986 Dritter bei der Europameisterschaft und hofft, bald seine Schuhe für die Kampfmannschaft der Rothosen zu schnüren. Doch „Aschyl“ lässt ihn nicht spielen. Walter versteht die Welt nicht mehr: „Ich habe meinen Vater angeschrien und geheult. Warum spielen die anderen, obwohl ich doch viel besser bin als sie?“ Für seinen Freund und Kollegen Ralf Jester, der sich zwanzigjährig so schwer verletzte, dass er den Fußball als Sportinvalide aufgeben musste, ist es unverständlich, dass Laubinger nicht früher die Chance gegeben wurde sich bei den Profis zu beweisen: „Ich behaupte, dass Walter das größte Fußballtalent war, das wir in jenen Jahren in Deutschland hatten.“
Kwelle & mehr: https://abseits.at/fusball-internationa ... ger-kw-28/

Blog trifft Ball hat geschrieben:(2013) Walter Laubinger ist 46 Jahre alt. Vor knapp 30 Jahren wechselte der 17-Jährige als Götze der Achtziger zum HSV. Er kam auf zehn Profi-Einsätze – den Durchbruch schaffte er nicht. Trotzdem gehört „Laube“, der mit Badelatschen und Trainingsanzug durch die Hamburger Discotheken steppte, zu den größten Fußballfiguren der Stadt. Wir sprachen mit ihm. Vor allem über damals.

Herr Laubinger, waren Sie auf der internationalen Gartenschau in Wilhelmsburg?

Ich weiß, eigentlich hätte ich mir das als Gärtner anschauen müssen. Aber ich hatte in der Familie einige Sorgen, da blieb keine Zeit für die Gartenschau. Normalerweise wäre das ein Pflichttermin gewesen.

Dann lassen wir die Gartenarbeit und kommen zum Fußball. Sie hatten ja etwas mehr Talent als andere. Oder wollen Sie über Ihr verkorkstes Fußballleben gar nicht mehr reden?

Ich habe mich ja damit abgefunden. Es war zum Anfang sehr schwierig, aber mit der Geburt meiner Söhne hat sich in meinem Leben unheimlich viel getan. Ich bin Christ geworden und der Fußball war irgendwann nicht mehr so wichtig. Und so schlecht war die Zeit nicht.

Woher hatten Sie dieses unfassbare Talent? Man erzählt sich ja, sie haben Freistöße aus 25 Metern, egal mit welchem Fuß, fast blind in die Torwinkel gedroschen.

Unsere Familie war fußballbesessen. Mein Vater war ein guter Kicker, auch beidfüßig sehr stark. Mein Bruder war Jugend-Nationalspieler, vielleicht war der sogar noch besser als ich. Wir waren alle süchtig nach Fußball, wollten immer auf dem Platz stehen und die Dinger ins Netz hauen.

Leider kannte Ihr Ehrgeiz Grenzen. Zumindest sagen Ihnen Weggefährten das nach.

Ich hatte auch Pech.

Na klar. Und wie lief es wirklich?

Als ich mit 17, 18 zum HSV wechselte, war dort eine Team mit Weltklasse-Format. Da musste ich mich weit hinten anstellen und erstmal warten. Da waren Miroslaw Okonski, Felix Magath, Thomas von Heesen – die waren eingespielt. Das war nicht so wie heute, wo 19-Jährige sofort ihre Einsätze bekommen. Wenn ich heute beim HSV wäre, würde ich da durchmarschieren. Aber Happel wollte mich langsam aufbauen. Das Problem war nur: Ich war ja besser als die Alten. Ich hab‘ die Stars im Training ja weggeputzt.

Aber Sie hatten keine Geduld.

Ich war das nicht gewohnt. Ich war immer im Mittelpunkt, aber nicht auf der Bank. Damit bin ich nicht klargekommen. Und dann denkt man aber trotzdem, weil man ja beim HSV einen Profivertrag hat, man ist wer und kann sich mal einen schönen Abend leisten.
[...]

Was war Ihr größter Fehler?

Ich hätte Hamburg verlassen müssen – einfach raus aus dem bekannten Umfeld. So wie Effenberg. Das ist so im Nachhinein mein Problem gewesen.

Hatten Sie jemals andere Angebote?

Leverkusen wollte mich. Bremen und Bayern München auch. Das waren Granaten-Angebote.

Was haben die Bayern damals für Sie geboten?

Das weiß ich nicht. Das hat Papa alles gemacht.

Was haben Sie beim HSV verdient?

Müsste ich nachdenken.

Denken Sie nach …

… ja, der erste Vertrag war überragend. Ich war 17, bekam einen 6-Jahresvertrag und habe 6000 Mark im Monat verdient.
Kwelle & mehr: http://www.blog-trifft-ball.de/blog/201 ... rschieren/

Sein jüngerer Bruder Karl Laubinger hat es später in Hamburg zu noch mehr medialer Berühmtheit gebracht: Von der Presse als ''Ausbrecher-König'' (entkam 4x aus der Sicherungsverwahrung) und als ''Berufskrimineller'' tituliert. Inzwischen kommt er auf mehr als 30 Jahre Knast. https://www.24hamburg.de/hamburg/flucht ... 11781.html


Die Laubingers, gibt es so natürlich nicht, aber er ist häufiger ein Familienname von Sintis & Romas.
taz hat geschrieben:Die Sinteza und Aktivistin Kelly Laubinger sah als Kind, wie die Polizei ihre Puppen durchsuchte. Ein Gespräch über das Leben unter Generalverdacht.
[...]

Ist Ihr Familienname, Laubinger, ein typischer Sinti-Name?

Ich höre oft: Oh, Laubinger, das klingt ja ganz deutsch. Diese Formulierung ist ein Schlag ins Gesicht, denn wir sind ja Deutsche. Vielen Leuten scheint nicht klar zu sein, dass man einer anderen ethnischen Gruppe angehören, aber trotzdem deutsch sein kann. Und ja, es ist ein Name, der in der Minderheit verbreitet ist. Man findet ihn auf vielen Mahnmalen für die Opfer der NS-Zeit.
Sie sind wegen Ihres Namens nicht in einem örtlichen Fitnessstudio aufgenommen worden. Was war da los?

Ich wollte mich anmelden, bin mit Gehaltsnachweis und – es war 2021 – mit Corona-Impfpass hingegangen und wurde abgelehnt, angeblich wegen einer aktuellen Landesverordnung. Doch die gab es gar nicht, zudem warb das Studio um Neumitglieder, und Freundinnen aus der Mehrheitsgesellschaft durften sich anmelden.

Sie haben dann erfahren, dass bereits Mitglieder Ihrer Familie vom selben Studio abgelehnt worden sind – war das vorher nie Gesprächsthema, schluckte man solche Dinge herunter?

Es waren nicht nur Familienmitglieder, sondern auch andere Angehörige der Minderheit. Aber ja, es war nicht üblich, über Rassismus zu sprechen. Tatsächlich mussten wir erst lernen, Rassismus zu erkennen und zu benennen. Wir wussten, dass wir schlechter behandelt wurden, aber das Wort Rassismus haben wir dafür nicht benutzt.

Sie haben das Fitnessstudio wegen Diskriminierung verklagt und gewonnen. War dieser Prozess ein Auslöser für Ihr heutiges Engagement – und war es schwierig, dass Sie sich als Sinti-Frau in die Öffentlichkeit begeben? Denn die Frauen der Minderheit sind oft noch unsichtbarer als die Männer.

Es war nicht nur für mich, sondern für die ganze Minderheit ein Meilenstein. Vor meiner Klage wusste ich nicht, was eine Antidiskriminierungsstelle tut, heute berate ich sie. Dass ich eine Frau bin, spielte für meine Familie keine Rolle, aber die Idee, sich in die Öffentlichkeit zu begeben, fanden meine Angehörigen nicht gut, damit wir uns nicht noch mehr exponieren. Und es stimmt ja: Durch die öffentliche Arbeit erleben wir noch mehr Rassismus, sei es online oder in Gesprächen.
Kwelle & mehr: https://taz.de/Kelly-Laubinger-ueber-Di ... /!5972181/

Web.de hat geschrieben:Sinti und Roma werden in Deutschland häufig diskriminiert. Ein Historiker erklärt, wo es zu Benachteiligungen und Stigmatisierung kommt und wie vor allem die politische Rechte Antiziganismus in der Migrationsdebatte einsetzt.

Kelly Laubinger konnte gar nicht glauben, was sie da in einer E-Mail zu lesen bekam. Laubinger hatte ausdrücklich im Namen der Sinti Union Schleswig-Holstein für eine Literaturveranstaltung ein Hotelzimmer für einen Gast gebucht. Erst wurde Laubinger ein Zimmer in Aussicht gestellt, doch dann kam die Absage. "Weil man schlechte Erfahrungen mit der Familie Laubinger gemacht habe", so die Begründung. Sie selbst sei noch nie in diesem Hotel gewesen, sagt Laubinger, und der Nachname sei ein sehr weit verbreiteter Sinti-Name. Dementsprechend seien auch nicht alle Menschen mit dem Namen Laubinger miteinander verwandt. Der Hotelbesitzer sagt, er habe nicht diskriminieren wollen, wie er gegenüber SAT1 erklärte.
[...]

In der Öffentlichkeit scheint es eine zweischneidige Entwicklung zu geben im Umgang mit Rassismus gegen Sinti und Roma. So sieht es der Antiziganismus-Forscher Frank Reuter von der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. "Es gibt eine Fülle von lokalen und regionalen Erinnerungszeichen und Gedenkstätten, aber dieses gewachsene Wissen führte nicht zu verminderten antiziganistischen Einstellungen." Auf der politischen Ebene gebe es vielfache symbolische Anerkennung. Auch die Bundesregierung hat mit Mehmet Daimagüler einen eigenen Antiziganismus-Beauftragten.

Auf der anderen Seite finde derzeit ein gesellschaftlicher Rechtsruck statt, sagt Reuter. Die Vorurteile gegenüber Sinti und Roma hätten sich über die Zeit verändert, sagt Reuter. Historisch habe es ein stark exotisierendes Motiv gegeben. Dies sei verbunden mit dem Vorurteil von Magie, mit Wahrsagefiguren oder Naturverbundenheit. In der heutigen Gesellschaft sei indes das "Motiv der Verachtung" stärker geworden. Hier gehe es um den Vorwurf von fehlender Arbeitsdisziplin und mangelnder Zugehörigkeit. Es gehe konkret um die Zuschreibung von Kriminalität und von Asozialität, so Reuter.

Der Fokus auf die Armutsmigration führt nach Ansicht von Frank Reuter auch dazu, dass die Vielfältigkeit der Sinti- und Roma-Communitys in der öffentlichen Wahrnehmung verloren gehe. Einwanderung von Roma habe es seit dem späten 19. Jahrhundert gegeben, andere seien als Gastarbeiter, als Kriegsflüchtlinge aus Jugoslawien oder erst in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen. "Sie alle bringen unterschiedliche Erfahrungen und Selbstverständnisse mit, sagt Reuter. Insbesondere die Alteingesessenen seien ohnehin eher wertkonservativ und betonten ihre vielhundertjährige Geschichte in Deutschland.

Forscher: Antiziganismus auch in der politischen Mitte salonfähig

Auch für die Mehrheitsgesellschaft habe diese Diskriminierung eine bestimmte Funktion, sagt Reuter. Sie solle Binnenkonflikte einhegen und Leitvorstellungen stärken, etwa "eine rigide bürgerliche Sexualmoral oder Arbeitsdisziplin". Dafür brauche man Gegenfiguren, denn dann bräuchten in der Gesellschaft kaum noch soziale Konflikte und grundlegende Fragen sozialer Ungleichheit thematisiert werden. Es sei erkennbar, dass dies gerade von der politischen Rechten in der Migrationsdebatte eingesetzt werde, "denn der Antiziganismus ist auch in der politischen Mitte salonfähig und lässt sich so als Waffe einsetzen", sagt Reuter.

Der Antiziganismus solle ja gerade den Eindruck vermitteln, dass Sinti und Roma alle gleich und unterschiedlich zur Mehrheitsgesellschaft seien, erklärt Frank Reuter. Ausdrücklich warnt der Historiker vor generalisierenden Aussagen. Spezifische Integrationshemmnisse, bezogen auf die ethnische Zugehörigkeit als solche, gebe es erst recht nicht. Hier spielten vielmehr soziale Faktoren eine Rolle, erklärt der Forscher: "Man nimmt Sinti und Roma nicht als Individuen wahr, sondern nur durch ein Raster von Vorurteilen."
Kwelle & mehr: https://web.de/magazine/panorama/antizi ... r-39462754
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Gehört ja irgendwie auch zum Fußball.
Er habe so gut wie alles missachtet, wovor ihn seine Dozenten an der Foto-Akademie gewarnt hatten, sagt Sebastiaan Franco. Er dürfe sich mit seinem Fotomotiv nicht gemein machen. Immer schön Abstand bewahren. „Niemals verweilen!“, haben sie gewarnt. Wie ein rebellisches Kind tut Franco exakt das Gegenteil von dem, was die Erwachsenen ihm vorschreiben. Für sein Abschlussprojekt nähert er sich 2015 der „Antwerp Casual Crew“ an. Die Anhänger des Royal Antwerpen FC sind die berüchtigtsten Hooligans Belgiens. Schnell gewinnt er Vertrauen, sie gewähren ihm Zutritt in den innersten Zirkel. Ein ganzes Jahr lang reist Sebastiaan Franco mit dem belgischen Schlägertrupp durchs Land, begleitet sie auf abgelegene Wald- und Feldgebiete, er sitzt nach den Schlägereien mit ihnen im Great Old, ihrer Stammkneipe, trinkt Bier, geht mit ihnen feiern, manchmal bis 6 Uhr morgens. „Ich wurde ein Teil der Gruppe – ohne dass ich mich als einer von ihnen identifiziert habe“, sagt er heute.
...
Doch woher kommt dieses Gewaltpotenzial in Antwerpen? Die in Flandern gelegene Stadt besitzt den zweitgrößten Hafen Europas. Viele Mitglieder der „Antwerp Casual Crew“ arbeiten an den Docks. Andere wiederum gehen Berufen nach, die so gar nicht zum Prügelbruder-Image passen. Der Anführer der Crew ist seit vielen Jahren ein stadtbekannter Architekt, einige Mitglieder arbeiten im Europäischen Parlament, andere als ITler, ein Bäcker ist dabei. „Das sind Leute wie du und ich“, sagt Fotograf Sebastiaan Franco, der Mitte der Zehnerjahre Freundschaften schließt. Die wild zusammengeworfene Schicksalsgemeinschaft eint zwei Dinge: Die Adrenalinsucht einerseits. Der Heimatstolz andererseits. Nirgends in Belgien herrscht ein solch ausgeprägter Patriotismus. Antwerpen ist eine Stadt, der Rest von Belgien ist ihr Parkplatz: So geht ein Scherz, der mit dem Stereotyp spielt, die Menschen in Antwerpen hätten ein übersteigertes Selbstbewusstsein.

Und den Royal Antwerp Football Club halten sie sowieso für die Nummer eins des Landes. Und das ist er offiziell sogar: Fußballvereine in Belgien haben Matrikelnummern, die nach der Dauer der Verbandszugehörigkeit vergeben worden sind. Royal Antwerpen ist der älteste eingetragene Verein Belgiens. Im Klubwappen ist die Eins vermerkt. Sie wird mit Stolz zur Schau gestellt. „Diesen Status gilt es zu beschützen“, sagt Sebastiaan Franco.
...
Der gigantische Hafen ist längst nicht mehr nur ein wichtiges Drehkreuz für die Weltwirtschaft, sondern auch für den Drogenhandel. Organisierte Kriminelle und Hooligans vermischen sich mehr und mehr. Eine neue Generation hat Einzug gehalten, mittlerweile tritt die Szene auch nicht mehr als „Antwerp Casual Crew“ auf, sondern als „Youth Firm Antwerp“. Sie war schon immer extrem, heute sei sie noch extremer, sagt einer, der es wissen muss. Seinen Namen verrät er nicht. Der 48-Jährige ist Aussteiger. 2022 sprach er anonym mit einer belgischen Tageszeitung. Um Politik sei es schon den Hools der ersten Stunde nicht gegangen. Doch heute gehe es ihnen auch kaum noch um Fußball. Der Drogenkonsum sei deutlich höher als früher. Dadurch ist die neue Schlägergarde „noch ungebremster, teilweise gar nicht ansprechbar.“ Früher habe es einen Ehrenkodex gegeben, an den sich auch die erbittertsten Feinde hielten. „Heute treten sie weiter, wenn jemand am Boden liegt.“ Viele gehen ins Fitnessstudio oder in den Kickboxklub, sagt der Ex-Hooligan. „Sie arbeiten auf einen Kampf hin wie Spitzensportler auf eine -Weltmeisterschaft.“
https://www.11freunde.de/international/ ... 51059a8ab6
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Re: Fußballgeschichten: Nach 40 Jahren gewinnt Athletic Bilbao wieder den Pokal

Beitrag von erpie »

Depp72 hat geschrieben: Sonntag 7. April 2024, 11:21 Im Elfmeterschießen gegen RCD Mallorca. Nachdem man 5x seit 2009 das Finale um die Copa del Rey verloren hatte.

https://www.spiegel.de/sport/fussball/c ... 4873bb6b34

NZZ hat geschrieben:Bilbao, an einem Maitag 1984. Es ist eine harte Zeit im Baskenland, die alten Industrien siechen dahin, eine Überschwemmung hat die Stadt verwüstet, das Heroin verseucht die Jugend. ETA-Terror und Repression vergiften die Politik.

Doch an den Ufern des Flusses, der sich fast 20 Kilometer lang vom Meer durch die Vororte ins Stadtzentrum zieht, haben sich über eine Million Menschen eingefunden. Sie bejubeln die Mannschaft von Athletic Bilbao, die soeben das Double aus Liga und Cup gewonnen hat. Zur Feier schippert das Team auf einem blauen Lastenkahn der Hafenaufsicht den Fjord entlang, vorbei an Schloten und Hochöfen, eskortiert von unzähligen weiteren Schiffen.

Bilbao im April 2024, leichtlebig und prosperierend. Nirgends in Spanien sind der Wohlstand und die Lebensqualität so hoch wie im Baskenland. Dessen Hauptstadt hat sich derart erfolgreich vom Industrieschmutz befreit, dass international der Begriff vom «Bilbao-Effekt» geprägt wurde. Urbanisten beschreiben damit, wie Stararchitektur und der daraus entstehende Sog in Kultur und Wissenschaft einen Verfall umkehren können.
[...]

Denn seit jenem Mai 1984 hat Athletic keinen grossen Titel mehr gewonnen.*

Es ist ein fast unerträglicher Zustand für Spaniens Traditionsklub par excellence. Athletic, gegründet 1898 mit englischem Namen als Hommage an die kickenden Pioniere in den Flussauen, war einst so dominant, dass es die Fussballsprache im Königreich geprägt hat. Das Wort «alirón» etwa, das den Jubel eines frisch gekürten Champions beschreibt, kommt aus den Minen Bilbaos, in denen die Arbeiter ihren britischen Chefs einen Eisenfund mit ähnlicher Euphorie meldeten: «all iron». Bis heute heisst ein Torschützenkönig im spanischen Sport überall «Pichichi» – nach Athletics Stürmerstar der 1910er Jahre –, und der beste einheimische Torjäger bekommt die «Zarra»-Trophäe überreicht, benannt nach Athletics Goalgetter der vierziger und fünfziger Jahre.

23 Mal hat Athletic bisher den Cup gewonnen, 8 Mal die Meisterschaft. In 96 Jahren ist der Klub nie aus der Primera División abgestiegen – was nur Real Madrid und dem FC Barcelona ebenfalls gelang. All das schaffte der Klub trotz oder gerade wegen der seit 1912 praktizierten Politik, nur mit Basken anzutreten – die Meinungen gehen diesbezüglich immer wieder einmal auseinander.

An der letzten Mitgliederversammlung wurde bis tief in die Nacht hinein darüber debattiert, ob nicht auch die Kinder von Auslandbasken zugelassen werden sollten. Doch es bleibt bei der bestehenden Praxis, dass nur für Athletic spielen kann, wer selbst in den baskischen Teilen Spaniens und Frankreichs oder in der semibaskischen Region Navarra geboren beziehungsweise fussballerisch dort ausgebildet wurde.
[...]

Athletic gehört jedem – so sehen es auch die Profis. «Als Burschen träumen hier alle davon, Teil von so etwas zu sein», sagte Iñaki Williams am Abend des Final-Einzugs nach einem triumphalen 3:0 gegen Atlético Madrid: «Es ist ein grosser Stolz, die Mannschaft meiner Stadt zu repräsentieren und den Klub, den ich liebe.» Williams, Sohn ghanaischer Einwanderer, erhielt seinen sehr baskischen Vornamen einst wegen des Pfarrers Iñaki, der die Flüchtlingsfamilie unter seine Fittiche nahm und den Knirps oft mit zum Trainingsgelände von Athletic.

Heute bildet er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Nico, 21, das Star-Duo im Angriff des Fanionteams. Beide hätten längst eines der Angebote internationaler Spitzenklubs annehmen können. Doch Iñaki, 29, hält Bilbao nun schon die ganze Karriere die Treue, und Nico verlängerte seinen Vertrag soeben bis 2027. Seine Mission: «Ich möchte die ‹Gabarra› sehen.»

In der Meisterschaft kämpft Valverdes Team um den Einzug in die Champions League

Die Chancen stehen gut wie nie seit jenem Mai 1984. In der dritten Amtszeit des erfahrenen Trainers Ernesto Valverde hat Athletic ein begeisterndes Team beisammen, das in der Meisterschaft um den Champions-League-Einzug kämpft.
https://www.nzz.ch/sport/weitere-sporta ... ld.1824879


*2012 verlor man zudem das Finale der Europa League gegen Atletico Madrid.

Sport1 hat geschrieben:Sie laufen zusammen für Athletic auf und sind die Gesichter der Mannschaft: Inaki und Nico Williams. Die Williams-Brüder schreiben eine ergreifende Geschichte - geprägt von Armut, Flucht und harter Arbeit.
[...]

Im April 2021 stand das Duo mit ghanaischen Wurzeln erstmals zusammen auf dem Platz. Zuvor arbeiteten sich die Brüder aus der Jugend der Basken hoch in die erste Mannschaft. Der heute 29-jährige Inaki bestritt bereits über 300 Spiele für die Rot-Weißen.

Flucht mit ungeborenem Inaki durch die Sahara

Begonnen hat die besondere Geschichte der Williams-Brüder weit weg von Bilbao. Anfang der 90er-Jahre machten sich ihre Eltern Maria und Félix aus Accra auf den Weg nach Spanien. Im Bauch schon mit dabei: Inaki.

Das Paar durchquerte die Sahara bis zur spanischen Exklave Melilla. Teile der Reise bestritten sie barfuß, worunter Vater Félix noch heute leidet. Auf ihrem Weg quer durch Afrika waren sie lange ohne Wasser oder jegliche Nahrung - und dennoch haben sie es geschafft.

Über den Grenzzaun geklettert und in Melilla angekommen, wurden sie zunächst festgenommen. Aus der Haft half Ihnen eine kleine Lüge: Sie erzählten der Guardia Civil, sie kämen aus Liberia und konnten so politisches Asyl beantragen.

Als Kriegsflüchtlinge wurden sie dann nach Bilbao geschickt. Das Paar war zwar endlich in Spanien angekommen, stand aber vor weiteren Hürden.
[...]

Die Karriere von Inaki ist auch unter einem anderen Aspekt beeindruckend: Zwar ist der Stürmer nicht der erste Spieler afrikanischer Herkunft beim Athletic Club, er ist aber der Erste, der sich etablieren konnte.

Die besondere Vereinspolitik der Basken macht das eigentlich so gut wie unmöglich. Denn die Regel in Bilbao ist, dass nur Spieler, die im Baskenland geboren oder aufgewachsen sind, für den Verein auflaufen dürfen.

Weil der kleine Inaki zwar die Flucht seiner Eltern als Ungeborener erlebte, aber eben erst am 15. Juni 1994 in Bilbao das Licht der Welt erblickte, stand ihm die Tür zu Ahtletic offen - und er ist dort sogar jetzt schon eine Legende und Rekordhalter.

Vom 16. April bis zum 22. Januar 2023 verpasste er kein einziges Ligaspiel seines Klubs! Nach 251 Partien in Serie bremste ihn erst eine Muskelverletzung aus.
Im Klub vereint und im Land getrennt

Nicht nur auf Klub-Ebene stellen die Williams-Brüder ihr Talent unter Beweis - und so viel sie auch vereint, in Sachen Nationalmannschaft gehen sie getrennte Wege: Während sie beide die spanischen Jugendmannschaften durchliefen, spielen sie heute für unterschiedliche Nationen.

2022 wechselte Inaki zur ghanaischen Nationalmannschaft. Seine Entscheidung begründete er damals über Twitter: „Der Moment ist gekommen, um meinen verinnerlichten Ursprung in Ghana wiederzufinden. Eine neue Aufgabe wird für mich beginnen, ich werde das ghanaische Trikot verteidigen und repräsentieren. Ich werde alles geben und von nun an ein Black Star sein.“

Nico Williams wiederum gab im September 2022 sein Debüt für die Selección und darf darauf offen, auch bei der EM 2024 in Deutschland in der spanischen Auswahl zu stehen.
https://www.sport1.de/news/internationa ... geschichte

Ich war Mitte der 1990er mal in Bilbao. Der ETA-Terror und paramilitärische Anti-ETA-Kampf der sozialdemokratischen PSOE von Spaniens damaligen Ministerpräsidenten Felipe Gonzalez war in einer Ruhephase, aber noch nicht zu Ende. Ob ein neuer Anschlag via Bombe oder Todeskommando im Baskenland kommen könnte, war ungewiss. Da war vom wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt noch kaum etwas zu spüren. Dafür aber einiges vom verblassenden Glanz der der der beiden baskischen Mannschaften Bilbao und San Sebastian, die Anfang bis Mitte der 1980er die Primera Division dominierten: 4 Meistertitel in Folge gingen ins Baskeland.

Mal abgesehen von Real, Barca und Atletico Madrid, gab es danach nur noch zwei weitere spanische Meister: Valencia aus Andalusien (2004 + 2006) und La Coruna aus Galizien (2000). Mit Ausnahme von 2x San Sebastian, La Coruna und dem FC Sevilla (1946) sowie Betis Sevilla (1935) machten nur 5 Mannschaften die spanische Meisterschaft seit 1929 (!) unter sich aus: Real, Barca, Valencia, Atletico Madrid + Athletic Bilbao.
Bilbao, 11. April 2024, 16:30 Uhr. Die Geschäfte sind dicht, die Büros verwaist, Schulen und Kindergärten leer. Auf dem Autobahnring könnte man unbehelligt den Mittelstreifen bepflanzen. Rund eine Million Menschen säumen die Ufer des Flusses Nervión. „Der Tag, an dem Athletic über das Wasser lief“, titelt kurz darauf eine Tageszeitung.
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Le Cock Sportif

Beitrag von erpie »

Mit 26 Jahren beendet der belgische Zweitligaprofi Jonathan de Falco abrupt seine Fußballkarriere. Wenige Monate später taucht er wieder auf: als Pornostar Stany Falcone. Dies ist seine Geschichte.
...
Diesem Jonathan de Falco ging es damals nicht gut, und als der Kumpel ihm später vom begeisterten Degryse erzählte, stockte ihm der Atem. Was hatte er da gesagt: ein Kumpel, ein Freund, mein Freund? Die ganze Sache war viel zu riskant geworden. Jeder Blick, jede Berührung, jeder Satz auf der Tribüne – alles konnte missverstanden werden, alles konnte ihn verraten. Nur: Was war denn überhaupt sein Geheimnis? De Falco wusste ja selbst nicht mal, wer er war und was er wollte.

Eine Zeit lang lebte er mit einer Frau zusammen, er mochte sie, doch in seinen Träumen schlief er mit Männern. Es fühlte sich falsch an, denn Schwule, so dachte er, das waren Typen, über die seine Mitspieler mit verstellten Stimmen Witze machten, und die aussahen wie Boy George oder sprachen wie Albin in „Ein Käfig voller Narren“. Das war er nicht, so viel wusste er, und so herrschte in De Falcos Kopf in jenen Jahren ein heilloses Durcheinander.

Von der Terrasse schweift der Blick über die Dächer Brüssels, im Sommer könnte man ewig hier sitzen. De Falco hat in dieser Gegend lange über sein Coming-out nachgedacht. Er kannte die tragische Geschichte des schwulen Fußballers Justin Fashanu, den man im Mai 1998, acht Jahre nach seinem Coming-out, erhängt in einer Garage im Londoner East End fand. Er hatte viele Wochen und Monate überlegt, was passieren würde, wenn die Medien erführen, dass ein ehemaliger Fußballprofi nun Pornos drehte, Schwulenpornos. Würde es nicht all die homophoben Hetzer bestätigen? Typen, die glauben, dass jeder Homosexuelle sich die Hose runterreißt, sobald er vor einem gut gebauten Mann steht? Die ihn behandeln würden wie einen Kranken? Andererseits: Er mag nun mal Sex. So einfach ist das. „Das ist doch nicht unnormal, oder?“

Natürlich nicht. Und trotzdem muss die Frage erlaubt sein, ob es normal ist, dass aus einem schüchternen Zweitligafußballer ein international bekannter Pornostar wurde.
...
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Einmal über den Zebrastreifen

Beitrag von erpie »

Die Bilder erinnern frappierend an das legendäre „Abbey Road"-Plattencover von den Beatles: Vor jedem Heimspiel müssen die Spieler des norwegischen Erstliga-Neulings KFUM Kameratene auf ihrem Weg von der Umkleidekabine in den Stadion-Innenraum einen Zebrastreifen überqueren. Und auch sonst ist bei diesem Verein aus dem Osloer Stadtteil Ekeberg alles ein bisschen anders als anderswo.
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Depp72
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Fußballgeschichten: Neuer Torlos-Rekord

Beitrag von Depp72 »

Mopo hat geschrieben:Kevin Vogt von Union Berlin hat einen neuen Flauten-Rekord in der Fußball-Bundesliga aufgestellt.

Weil der Abwehrchef der Eisernen beim 0:2 in Augsburg kein Tor erzielte, ist Vogt in nun 267 Bundesligaspielen in Serie ohne Torerfolg geblieben. Laut Datenanbieter „Opta“ hat er damit den Torlos-Rekord von Dietmar Schwager übertroffen, der von 1964 bis 1973 in 266 Spielen ohne Torerfolg geblieben war. Für Ex-HSV-Profi Dennis Diekmeier stehen „nur“ 203 torlose Spiele in den Büchern. Der inzwischen für den Drittliga-Klub SV Sandhausen spielende Diekmeier behält aber den Rekord mit den meisten Spielen ohne jemals ein Bundesliga-Tor geschossen zu haben.

Vogt hat hingegen schon bewiesen, dass er Tore machen kann: Letztmals erzielte der 32-Jährige im Oktober 2014 für den 1. FC Köln einen Treffer, es war sein dritter in der Bundesliga. Die ersten beiden Tore gelangen Vogt übrigens für den FC Augsburg – im April 2013 und im August 2013 gegen Dortmund und Nürnberg.
https://www.mopo.de/sport/fussball/das- ... ekord-auf/
Von uns die Arbeit, von Gott den Segen.
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Jiri Nemec ist müde

Beitrag von erpie »

Super Typ...
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Wir sind hier mit Jiri Nemec verabredet, und das ist ein kleines Wunder, denn der Mann hat in seiner gesamten Karriere nie mit Journalisten gesprochen. Auf Schalke nannten sie ihn den Schweiger, in Tschechien nennen sie ihn tichy, still. Aber gestern hat er zu uns gesagt, okay, morgen um zehn vor den Umkleidekabinen, dann machen wir ein Interview. Selten war ich so nervös vor einem Termin mit einem Fußballer. Wie sollte ich das Interview beginnen? Direkt reingehen, EM 1996, als Nemec die tschechische Nationalelf ins Finale führte? Danach 1997, Schalkes Uefa-Cup-Sieg? Später noch der aktuelle Absturz des FC Schalke 04? Und zum Auflockern zwischendurch was zu seinem (angeblichen) Hobby Kreuzworträtsel lösen?
...
Um kurz nach zehn öffnet sich die Kabinentür. Jiri Nemec tritt nicht heraus, er schlurft heraus. Er ist immer noch Arbeiter, Malocher der Herzen, und so einer darf natürlich niemals den Boden unter den Füßen verlieren. Unter seinem geöffneten Wintermantel kommt eine Schalke-Trainingsjacke aus den Neunzigern zum Vorschein. Das S04-Wappen auf der Brust ist verblichen, trotzdem sieht es andächtig aus, würdevoll. Als würde Boris Becker immer noch die Puma-Schuhe von 1985 tragen. „Komm mal mit", sagt Nemec, und als seine Männer-Clique im Hintergrund lacht, sagt er zu ihnen: „Was macht ihr hier? Ihr solltet lieber irgendwo ein paar Spieler scouten." Auf seinen Lippen liegt dabei dieses leicht ironische Lächeln, das er schon in den Neunzigern hatte und im Grunde seine Antwort auf alle Fragen ist: zu einem Tor, zu einer Auswechslung, zu Siegen und Niederlagen, zur Lage der Nation und der Welt. Also, Herr Nemec, wo wollen wir uns hinsetzen?

In der Popkultur findet man zahlreiche Künstler, die sich den Medien und dem Showzirkus verweigern. Interviews mit Mark Hollis von Talk Talk waren ultrarar. J Mascis von Dinosaur Jr. wirkt in Interviews, als würde er mit offenen Augen schlafen. Einer der bekanntesten Unbekannten war der Schriftsteller J.D. Salinger, der mit "The Catcher in the Rye" einen Jahrhundertroman schrieb – und danach für immer verschwand. Im Fußball ist es ein bisschen anders. Natürlich gibt es auch hier Akteure, die ungern mit Journalisten sprechen. Pep Guardiola gab zu seiner Bayern-Zeit keine Einzelinterviews, Xabi Alonso hält es in Leverkusen genauso. Trotzdem sind sie präsent in den Medien. Sie sprechen auf Pressekonferenzen oder in Fieldinterviews. Und Spieler versuchen heute eh alles, um sich zu vergrößern. Selbst wenn sie mikrofonscheu sind, inszenieren sie sich in den Sozialen Medien wie Models oder Popstars. Sie sind Marken.Wir wollten trotzdem noch mal versuchen, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Denn Nemec ist einer der größten tschechischen Fußballer aller Zeiten. Pavel Nedved sagte mal, er könne nur von einem Spieler noch etwas lernen: von Jiri Nemec. Alle ehemaligen Weggefährten, die wir für diese Geschichte gesprochen haben, sagen unisono: „Ohne Nemec hätte Schalke niemals den Uefa-Cup gewonnen." Auf dem Platz war er die Doppelsechs in Personalunion, denn dort schlurfte er nicht, er rannte, er arbeitete, er eurofightete. Aber was wissen wir sonst? Automechaniker soll er gelernt haben, er hat eine Tochter und einen Sohn. Ein anderer Spitzname zu Schalker Zeiten war „Meister", weil er aussah wie Guildo Horn, angeblich. Heute lebt er in Prag. In seiner Wikipedia-Vita findet man nicht mal seinen aktuellen Trainerjob in Brozany, obwohl er da seit über zwölf Jahren tätig ist.
...
Einige Wochen vor unserem Besuch schicke ich dem Pressesprecher von Sokol Brozany eine Interviewanfrage per Mail. Eine Antwort erhalte ich nicht. Auch auf meine Anrufe reagiert er nicht. Ein Redakteur der tschechischen Tageszeitung „Deník" sagt: „Es ist ein Mysterium. Auch mit uns spricht Jiri nicht." Immerhin, unser tschechischer Fotograf hat irgendwann Glück. Ja, wir können kommen und Fotos machen, sagt der Pressesprecher. Aber ein Interview sei zu 99 Prozent aussichtslos. Na gut, denke ich, eine Einprozentchance. Vielleicht muss man sich ihm nur angemessen nähern.
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An dieser Stelle muss ich mich allerdings leicht korrigieren, denn es stimmt nicht, dass Nemec nie mit der Presse gesprochen hat. Dreimal, jedenfalls nach unserer Recherche, machte er eine Ausnahme. 1998 traf er sich mit dem mittlerweile verstorbenen Journalisten Frantisek Steiner für eine Biografie mit dem Titel "Delník a umelec" ("Arbeiter und Künstler"). Steiner vermittelte ein paar Jahre später auch ein Interview mit dem "Tagesspiegel"-Redakteur Markus Hesselmann, der zur WM 2006 ein Buch über Deutschlands Rivalen schrieb. Nemec spricht darin über das EM-Finale von ’96 und die lästige Medienarbeit: "Ich akzeptiere, dass Fußball auch Unterhaltung ist. Aber ich mache das nicht mit." Und dann war da noch dieses "Kicker"-Interview anlässlich des 20. Eurofighter-Jubiläums. Geführt hat es Jean-Julien Beer. „Den Kontakt hat Olaf Thon hergestellt. Wir kannten uns gut, weil ich seine Kolumnen schrieb", sagt er. Das Interview fand in der Arena statt, Nemec sei gut gelaunt gewesen. „Er kam rein, freudestrahlend, sah blendend aus. Acht Minuten und vierzehn Sekunden hat das Interview gedauert, die Aufnahme werde ich nie löschen."Vor der Kabine treffen wir Verteidiger Jachym Bechyne, der früher mal in der Jugend von Dynamo Dresden gespielt hat. Heute studiert er und spielt nebenher für Sokol. Er sagt: „Ich hatte noch nie einen Trainer wie Jiri. Er ist so speziell. Vor allem sein Humor, ich find’s spitze. Aber unsere Neuen sind oft irritiert." Warum? „Er kann sarkastisch sein. Er fragt uns: 'Wisst ihr, warum ihr morgen spielt? Weil ich nicht mehr Spieler habe.'" Plötzlich steht Nemec wieder neben uns. Die Mütze hat er so tief ins Gesicht gezogen, als wollte er darin verschwinden. Dann sagt er wirklich diesen Satz: „Morgen um 10 Uhr, zehn Minuten. Muss reichen für deine zwei Fragen."

Am Abend telefoniere ich noch mit Gerd Voss, der in den Neunzigern Pressesprecher von Schalke war. Nemec sei sein Lieblingsspieler gewesen, ein Typ mit leisem Humor in einer lauten Branche. Er habe damals eine Abmachung mit Assauer gehabt: keine Medientermine. Und für Voss war das okay. Einmal aber habe sich Nemec doch zu einer Pressekonferenz überreden lassen, im September 1998. „Wir spielten bei Slavia Prag, und da haben wir gesagt: Jetzt muss er reden", sagt Voss. „Ich kann mich kaum noch erinnern, aber ich glaube, es war eine kurze PK." Laut der „Süddeutschen Zeitung" war sie sehr kurz, denn „den Journalisten fielen vor Schreck gar keine Fragen ein".

Das wird mir nicht passieren. Hoffe ich jedenfalls, als Nemec am nächsten Morgen um kurz nach zehn aus der Kabine schlurft. Gleich wird Sokol Brozany hier ein Testspiel gegen ein Team aus einem Nachbardorf bestreiten. Vierzig Zuschauer werden kommen. Auch der Präsident ist da, „Ahoj, Ahoj." Und Jiri spricht. Er sagt, dass Sokol ein bisschen sei wie Schalke. Dass er am Anfang nur kurz bleiben wollte, aber immer wieder mit Kühn verlängerte. So wie damals mit Assauer. In zwei Jahren, mit 60, werde er sich zur Ruhe setzen. Dann aber, ganz plötzlich, unterbricht er sich selbst: „Ich habe noch mal drüber geschlafen", sagt er. „Ein richtiges Interview kann ich dir natürlich nicht geben. Alle würden hierherkommen. Das will ich nicht. Und das musst du verstehen." Dann schlurft er zur Trainerbank, gleich ist Anpfiff.
https://www.11freunde.de/international/ ... 955674b59a
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Das Leben, ein Zweikampf

Beitrag von erpie »

Heute vor 100 Jahren kam Werner Kohlmeyer zur Welt. Er war einer der Helden von Bern. Doch mit dem Leben nach dem Schlusspfiff kam „Kohli“ nicht zurecht. Er soff, er spielte, er lebte auf der Straße, er verlor alles.
...
Aber der Reihe nach. An jenem 4. Juli 1954 war die Welt noch in Ordnung. Elf durchnässte und erschöpfte deutsche Nationalspieler reihten sich auf dem Rasen des Berner Wankdorf-Stadions auf, um die weltmeisterlichen Ehrungen entgegen zu nehmen. Kohlmeyer war einer von ihnen. Ein bulliger Athlet, früher mal Regionalmeister im Fünfkampf, jetzt Abwehrspieler. Schnell, zweikampfstark und talentiert. Mit 30 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Pechschwarzes Haar, dunkle Augen, auf der Nase eine kleine Narbe. Ewige Erinnerung an den Fronteinsatz zehn Jahre zuvor. Die Gewehrkugel eines sowjetischen Soldaten hatte ihm nur leicht gestriffen. Da meinte es das Leben noch gut mit ihm. Vom Nazi-Soldaten zum Weltmeister, vom Schlachtfeld auf den Rasen, der an jenem 4. Juli 1954 die Welt bedeutete. Ob Deutschland wieder wer war, weil die Nationalmannschaft Ungarn besiegt hatte? Bestimmt nicht. Aber der „Kohli“ und seine Mitspieler, die waren nun wer.

Kohlmeyer kehrte zurück ins normale Leben. Zu seiner Frau Carola und seinen drei Kindern in Morlautern. In sein 10.000 DM teures Einfamilienhaus. In seinen Job als Lohnbuchhalter in der Spinnerei Kammgarn. In den Alltag. Da war er schon vor der Weltmeisterschaft eine Berühmtheit gewesen, spätestens seit er 1951 und 1953 mit dem 1. FC Kaiserslautern Deutscher Meister geworden war. Jetzt war ein Held. Wer einmal Held ist, muss es sein Leben lang bleiben. Sonst bekommt er irgendwann einen Tritt in den Rücken. Die Menschen lieben gefallene Helden. Die Menschheit hat sich eben noch nie heldenhaft verhalten.
...
Abseits des Fußballplatzes war Kohlmeyer kein Held. Sondern ein normaler Durchschnittsbürger mit einem leichten Hang zur Exzentrik, dem die neue Popularität bald zu Kopf stieg. Für sein hübsches Eigenheim kaufte sich Kohlmeyer gleich zwei Klaviere. Eines für das Erdgeschoss, eines für den ersten Stock. Als ihn Fritz Walter darauf ansprach, antwortet „Kohli“ nur: „Ja, glaubst du denn, ich schleppe das Ding immer hoch und runter, je nachdem, wo die Party ist?“ Und als er, der Buchhalter, von seinem Chef mit einer Tüte voller Geld zur Bank geschickt wurde, machte er kurz Halt und bolzte mit Schulkindern. Die Tüte mit dem Geld benutzte er als Torpfosten. Kohlmeyer hatte seinen eigenen Kopf und weil er jetzt Weltmeister war, wollte er mit seinem Dickschädel auch durch Wände, die dafür nicht gemacht waren. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen.
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Das schleichende Karriereende und der Übergang in ein Leben danach ist für jeden Sportler eine Herausforderung. Werner Kohlmeyer scheiterte daran.
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Wie tief kann ein Mensch fallen, wenn das Leben keine doppelten Böden mehr zur Verfügung stellt? Ein Jahrzehnt nach dem Triumph von Bern hatte Werner Kohlmeyer alles verloren. Als Sepp Herberger 1967 zu seinem 70. Geburtstag lud, tauchten alle Weltmeister zur Party auf. Nur nicht Werner Kohlmeyer. Er hatte keine Einladung erhalten. „Aber nur, weil niemand wusste, wo er steckte“, beteuerte Fritz Walter. Es hieß, der „Kohli“ ziehe als Obdachloser durch die Pfalz, stets bereit, sich das letzte bisschen Leben aus dem Leib zu saufen.
...
Als sich Deutschland 20 Jahre nach dem „Wunder von Bern“ auf die erste Weltmeisterschaft im eigenen Land vorbereitete, schrieb Werner Kohlmeyer einen Brief. Für das letzte Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft vor dem WM-Start bat Kohlmeyer den DFB um Ehrenkarten. Deutschland gegen Schottland im Frankfurter Waldstadion. 60.000 Plätze. Da dürften ein paar Ehrenkarten für einen Weltmeister eine Selbstverständlichkeit sein. Der DFB antwortete. „Wir bitten Sie höflich, den Gesamtbetrag von DM 341,- in den nächsten Tagen auf eines unserer o.a. Konten zu überweisen.“

Kohlmeyer war nicht traurig, war nicht wütend. Kohlmeyer brach es das Herz. Am 26. März 1974, um vier Uhr morgens, hörte das Herz des Weltmeisters auf zu schlagen. Als ihn seine Mutter fand, war er bereits schon tot. Einen Tag später gewann Deutschland durch Tore von Paul Breitner und Jürgen Grabowski mit 2:1 gegen Schottland.

Am 28. März 1974 zog sich Geburtstagskind Sepp Herberger einen schwarzen Anzug an. Zur Feier des Tages. Auf dem Mainzer Hauptfriedhof nahm er Abschied. Von dem Mann, der 20 Jahre zuvor den Ball von der Linie gekratzt hatte. Keiner wankte im Wankdorf-Stadion zu Bern. Schon gar nicht Werner Kohlmeyer. Nur das Leben, das hatte ihn schließlich zu Fall gebracht.

„Alles, was nach der Weltmeisterschaft kam“, soll Kohlmeyer mal gesagt haben, „war wie ein einziges verlorenes Wochenende.“ Heute vor 100 Jahren kam Werner Kohlmeyer zur Welt. Am 26. März 1974 starb er im Alter von 49 Jahren.
https://www.11freunde.de/wm/werner-kohl ... 0000472393
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