Fußballgeschichten

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Depp72
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Fußballgeschichten: Marcelinho hört auf

Beitrag von Depp72 »

Welt hat geschrieben:Nun also, gefühlt nach einer halben Ewigkeit eines Fußballerlebens. Marcelinho dankt ab. 14 Jahre nach seiner Hochzeit bei Hertha BSC, zwölf Jahre nach seinem Bundesliga-Abschied nach einer Station beim VfL Wolfsburg. Mit 44, fast 45 Jahren beendet dieser einst hochbegabte Spielmacher, Paradiesvogel und Lebemann seine Karriere. Der Brasilianer lief für den unterklassigen Verein Desportiva Perilima in der regionalen Meisterschaft des brasilianischen Bundeslandes Paraiba gegen CSP Joao Pessoa ein letztes Mal auf.

Damit endet ein schillerndes, eskaden- und skandalreiches, oft amüsantes, manchmal tragisches, meist aber ziemlich unterhaltsames Kapitel deutsch-brasilianischer Fußballgeschichte.

[...]

Früher leistete er sich vergoldete Schnürsenkel für 4500 Euro oder stellte seine Kumpel bei zehn Grad minus nackt auf den Balkon. Er selbst stand drinnen und wedelte mit einem Schein, den derjenige erhielt, der es am längsten aushielt. Heute ist ihm von seinen Immobilien noch ein Appartement geblieben, das Geld reicht für Sprit, Strom, Essen und den Kirchenobolus - Marcelinho ist strenggläubig. „Gott hat alles so gewollt. Ich habe gelebt. Andere sterben und haben ihr Konto voller Geld. Das Einzige, was ich bereue, ist das Leid, das ich meiner Frau und meinen Kindern zugefügt habe“, sagte er dem „Spiegel“.

Sechsmal lief er für die Nationalmannschaft Brasiliens auf, für einen mit seinem Können eine fast lächerliche Zahl. Doch damals, als er dafür infrage kam, war Scolari Nationaltrainer. Ein Disziplinfanatiker. Marcelinhos Pech war, dass sich seine Exzesse in Deutschland bis nach Brasilien herumgesprochen hatten.

https://www.welt.de/sport/fussball/arti ... -Geld.html
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Depp72
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Fußballgeschichten: Nachtrag Marcelinho

Beitrag von Depp72 »

Noch ein aktuelles Interview mit ihm aus 11 Freunde: ''Party haben wir nur soontags gemacht''

https://11freunde.de/artikel/party-habe ... ttansicht=
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Txomin_Gurrutxaga
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Re: Fußballgeschichten: Nachtrag Marcelinho

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

Das hat ein biss­chen geschwankt. Aber in der Regel waren es zwi­schen acht und zwölf Men­schen.

Vor allem im Winter war es schwierig. Da denkt man sich: nur noch einen Tag Sonne. Und dann noch einen. Und dann noch einen. Und dann ist man schon wieder mitten drin im Schla­massel.

der Erste, der mich ansprach, war der Bel­gier Bart Goor: ob ich in Zukunft unbe­dingt für sein Land spielen wolle? Da wurde ich langsam panisch. Aber ich musste zum Glück nie nach Bel­gien.
:grin:
Sie wech­selten in die Türkei, waren ein halbes Jahr später aber schon wieder zurück in der Liga beim VfL Wolfs­burg. Dort hat mich Felix Magath noch mal richtig moti­viert. Aller­dings war es für ihn auch ein­fa­cher als für meine Trainer in Berlin. In Nord­steimke (Stadt­teil von Wolfs­burg, d. Red.) war so wenig los, dass ich gar nicht feiern gehen konnte

Vor Magath war der Brasi noch der berühmte Schluck Wasser für den sahelzonigen Augenthalerfußball. Dafür noch ein spätes aber explizites "Dankeschön" an Marcelinho!

:welcomewave:

PS: Die beiden als Trainer & wohnhaft in Nordsteimke - tja, ist nicht immer nur alles Pommes & Disco :mrgreen:
Ніхто не зламає націю, чий дух був викований у століттях боїв.

Prší a venku se setmělo, tato noc nebude krátká!

Wir sind Verteidiger des wahren Blödsinns, Krieger in schwarz-rosa-gold.
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Fußballgeschichten: Spielerberater

Beitrag von Depp72 »

11Freunde hat geschrieben:Auf der Suche nach dem großen Wurf

Denny Jeske ist einer von tau­senden Spie­ler­be­ra­tern in Deutsch­land. Er betreut rund 30 Spieler, vor allem aus der 5. und 6. Liga. Leben kann er davon nicht. Warum macht er weiter?

https://11freunde.de/artikel/immer-auf- ... ttansicht=
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Depp72
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Fußballgeschichten: Von Sevilla nach Wuhan

Beitrag von Depp72 »

Welt hat geschrieben:Ein spanischer Fußballprofi wechselte zu einem chinesischen Klub aus der Brutstätte des Corona-Virus. Die Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt schon isoliert. Nun könnte sich genau dies als richtiger Schritt erweisen.


https://www.welt.de/sport/fussball/arti ... ndert.html
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Fußballgeschichten: Kicken im Township

Beitrag von Depp72 »

Fußball.de hat geschrieben:Als Leon Wohlfarth kurz davor ist einzuschlafen, geht plötzlich das Licht in der Rundhütte an. Alle müssen aufstehen, ordnet der Mannschaftskapitän von Real Tembisa an. Wohlfarth schaut fragend seinen Mitspieler Rhee an. Was soll das? Klar, das hatte Rhee vergessen zu sagen: Das Team muss vor dem Spiel beim "June-16-tournament" im Dorf Prudhoe das spirituelle Ritual namens "Umuthi" durchführen.

Ein paar Monate später steht der 20-Jährige wieder auf dem Sportplatz des FC Frohlinde im Ruhrgebiet und erzählt die Geschichte seines Auslandsjahres im Südosten Südafrikas, das er nach dem Abitur eingelegt hatte. Und wie er plötzlich in der vierten Liga des Landes zum Einsatz kam und vor ein paar Hundert Zuschauern auf einem Rasenplatz gekickt hat, der nicht überall als Rasenplatz durchgehen würde.
[...]
Unvergleichlich ist der einheimische Spielstil "Kasi Flava" - zu Deutsch: der Geschmack des Townships. "Es geht zwar um Punkte und Siege, aber vor allem darum, den Zuschauern im Stadion mit spektakulären Tricks eine Show zu bieten", erklärt Wohlfarth. "Wenn die Leute fünf Tage auf einer Baustelle schuften, wollen sie samstags beim Fußball unterhalten werden." In Deutschland würden derartige Aktionen, bei denen der Gegner teils vorgeführt wird, wohl als Unsportlichkeit gewertet werden. Im Township gehört das dazu. "Ich habe dort Leute gesehen, die unfassbare Dinge mit dem Ball veranstaltet haben", so Wohlfarth. Auf dem Weg zum Spiel wird getanzt und gesungen. "In den Townships wird Fußball gelebt", sagt der Student.
[...]

Kwelle & mehr: http://www.fussball.de/newsdetail/sueda ... /213152#!/
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Der weiße Brasilianer "Schnix"

Beitrag von bolz_platz_kind »

Bernd Schneider wird "weißer Brasilianer" genannt. Das ist für einen deutschen Fußballspieler eine Auszeichnung wie die Ernennung eines schöpferischen Geistes zum Ehrendoktor der Universität in Harvard. Emerson hatte einst den Leverkusener Neuling zum Landsmann erklärt, tief beeindruckt von dessen Geschmeidigkeit, Raffinesse und Rhythmus, von seiner Kunst, mit dem Ball Samba zu tanzen.

Das Etikett wird seitdem gern übernommen. Von Trainern und Kritikern. So schrieb die „FAZ“ nach dem 8:0 der deutschen Nationalmannschaft zum WM-Auftakt gegen Saudi-Arabien: „Wenn die Araber tatsächlich die ,Brasilianer’ des Orients sein sollen, dann müsste Schneider Ehrenbürger von Rio de Janeiro sein.“ Nun sollen sich die Brasilianer im Finale die Augen reiben und staunen: Dieser Deutsche kann ja zaubern wie wir.

Nun stand die Wiege dieses Ballvirtuosen nicht an der Copacabana, sondern an der Saale. Der Ball wurde nicht bei Flamengo, sondern bei Aufbau Jena sein beliebtestes Spielzeug. Das Ballgefühl bekam der kleine Bernd nicht barfuß beim täglichen Strandkick, sondern in der strengen Kinder- und Jugendsportschule (KJS). Die DDR-Nachwuchsförderung hatte bald seine außergewöhnliche Begabung entdeckt und das Talent zum FC Carl Zeiss Jena delegiert. Nicht der Spaß war sein Lehrmeister, sondern das harte Training an der KJS: Sieben Trainingseinheiten und ein Spiel waren wöchentliches Pflichtprogramm für den Steppke. „Dabei wurde großen Wert auf Technik gelegt“, erinnert sich der heute 28-jährige Nationalspieler.

Von Kindesbeinen an hat er gelernt, den Ball mit beiden Füßen zu liebkosen. Ob mit rechts oder mit links, der Ball spürt keinen Unterschied bei den Streicheleinheiten. Keiner konnte so schnicksen und tricksen wie Bernd Schneider schon im zarten Alter von zwölf Jahren, weswegen ihn die Kameraden voller Bewunderung „Schnix“ tauften. Den Spitzn hat er behalten.

Emerson aber ging das Wort nur schwer von der Zunge. Also nannte der Weltklassespieler den Trickser aus Thüringen „Brasilero". Schnix“ auf Portugiesisch eben. Sein brasilianisches Ballgefühl konnte Bernd Schneider vor allem beim 8:0 gegen Saudi-Arabien voll ausleben und dann die Resultate aufzählen: „Zehntes Länderspiel, erstes Länderspieltor bei der ersten Weltmeisterschaft. Was will man mehr?“ Den Freistoß als Sahnehäubchen zum 8:0 hätte auch Rivaldo nicht kunstvoller in den Winkel zirkeln können. Bei allen WM-Spielen stand Bernd Schneider in der Startaufstelllung, spielte mal mehr, mal weniger auffällig und effizient.

Bernd Schneider findet bei Klaus Toppmöller in Leverkusen und bei Rudi Völler in der Nationalmannschaft höchste Wertschätzung. Schneider kann „ ein Spiel ausgezeichnet lesen“, schwärmt Toppmöller. Seine besondere Stärke ist sein natürlicher Hang zum Risiko. Das macht ihn unberechenbar. „Auch wenn ich dreimal den Ball verloren habe, versuche ich beim vierten Mal den Risikopass. Ich bin halt keiner für den Querpass über fünf Meter. Ein Schuss Risiko muss sein. Das macht mich stark. Und jetzt traue ich mir auch die Überdinger zu.“

Nach dem Finale der Champions League in Glasgow war Real-Trainer Vicente del Bosque vor allem von Bernd Schneider angetan. Die besondere Erwähnung dieses Namens verband del Bosque mit dem gezielten Hinweis: „Wir suchen immer gute Spieler.“ Doch Schneider hat vorzeitig seinen Vertrag in Leverkusen bis zum Jahr 2005 verlängert.
https://www.tagesspiegel.de/sport/der-d ... 25426.html



Spitznamen und Anekdoten

Schnix

Diesen Beinamen trage ich schon seit meinen Jenaer Fußballtagen und er macht mich bis heute stolz. Das Wort hat seinen Ursprung in dem Verb „schnixeln“, was so viel heißt wie dribbeln, austricksen, anschnibbeln.



Weißer Brasilianer

Dieses schöne Attribut wird mir seit dem Finale der WM 2002 immer wieder zugeschrieben, das wir leider 0:2 gegen die brasilianische Nationalelf verloren haben. „Erfunden“ hat es allerdings schon vorher Emerson, mein damaliger brasilianischer Mitspieler in der Bayer-04-Elf. Für ihn war das Wörtchen „Schnix“ ein Zungenbrecher, so dass er sich mit diesem Ausdruck half.



Urlaubskick

Dabei handelt es sich um eine in den Medien gerne verwendete Episode, um die allerdings nach meiner Meinung zuviel Aufhebens gemacht wird. Bei einem Urlaub 2005 auf Sardinien passierte nicht mehr und nicht weniger als dass ich höflich bei einigen englischen Gästen, die sich einen Fußball besorgt hatten, anfragte, ob man mich ein bisschen mitkicken ließ. Nun gut, die dachten wohl, sie hätten das Fußballspielen erfunden, und kamen dann etwas ins Staunen, dass auch deutsche Jungs was mit dem Bällchen anzufangen wissen. Das war’s. Übrigens habe ich vier Jahre vorher in meiner Freizeit schon mal der Kölner Pressemannschaft geholfen. Hat Spaß gemacht.



Der Abenteurer

Profifußball bedeutet ein fast hundertprozentig organisiertes und reglementiertes Arbeitsleben. Da bleibt nicht viel Zeit für individuelle Vorlieben. Selbst im Urlaubsgepäck befinden sich meistens noch Trainings- und Ernährungspläne. Bernd, der nicht gerade der Typ des Pauschalreisenden ist, möchte die sich nun ergebenden Freiräume bald nutzen, um sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen: „Es entspricht eher meinem Naturell, ohne große Ausrüstung in die Natur zu gehen. Ich habe eine Skatrunde mit Freunden in Jena, da haben wir beschlossen, bald eine Abenteuerreise zu unternehmen. In Norwegen oder Schweden eine Hütte mieten und paddeln.“



Fan der Nationalelf

Ich bin bis heute ein Fan der deutschen Fußball-Nationalelf. Das war immer so, seit ich am Ball war. Ich erinnere mich einer etwas abenteuerlichen Reise im Tross der DFB-Auswahl nach England. Das war bei der EM 1996. Ein Kumpel und ich haben damals beschlossen, beim Halbfinalspiel gegen die Gastgeber dabei zu sein. Um drei Uhr am frühen Morgen ging’s in Jena los. Wir waren weit über 24 Stunden unterwegs und haben in Wembley die Atmosphäre aufgesogen und mitgefiebert. Dass unsere Leute im Elfmeterschießen die Sache für sich entschieden und das Endspiel erreicht hatten, war natürlich das Sahnehäubchen auf dem Trip.



Ein Held namens Schnix

Käme die gute Fee und würde ihm die Erfüllung von ein paar Wünschen gewähren, einen hätte Bernd ganz sicher auf der Stelle zur Hand: „Ein Kinderbuch mit dem Helden Schnix, der mit dem Ball sogar die Brasilianer zu verzaubern vermag. Das wäre mir zumindest nicht unangenehm.“



Jenaer Regel

Bernds Heimatstadt hat in der Geschichte des hiesigen Fußballs eine auf lange Sicht nicht unwesentliche Rolle gespielt. Das lässt sich der so genannten „Jenaer Regel“ entnehmen, in der 1896 festgelegt wurde, dass beim Fußball in Deutschland die Spielfläche frei von Bäumen und Sträuchern sein muss. Erst diese Vorschrift machte die Bahn frei für die Ballkünstler und Spielgestalter.



Fahrlehrer

Trainer Klaus Schlappner, der wegen seiner Bundesliga-Vergangenheit natürlich auch in Jena einen bekannten Namen trug, war natürlich von Hause aus eine Respektsperson, als er beim Zweitligisten Carl Zeiss das Kommando übernahm. Wir verstanden zwar nicht jedes Wort, wenn er schon mal ins Hessische, seinen Heimatdialekt, verfiel, aber das tat seiner Kompetenz und Autorität keinen Abbruch. Er hat meine sportliche Entwicklung ebenso beeinflusst wie meine Fahrkünste. Im Vorfeld der Führerscheinprüfung hat er mich mehrfach ans Steuer gelassen und so zu meiner Sicherheit beigetragen.


MfG
b_p_k
E = mc² und zwei mal drei macht vier
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Depp72
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Fußballgeschichten: Ultra-Krieg in Indonesien

Beitrag von Depp72 »

Großartige Reportage von 2018:

11Freunde hat geschrieben:Seit 1995 starben über 70 Fans im indo­ne­si­schen Fuß­ball. Jede Aus­wärts­fahrt könnte des­halb für die Ultras von Per­sija Jakarta die letzte sein. Ein Road­trip durchs Kriegs­ge­biet.

Bei Kilo­meter 243 sind sie da. Kurz nach Mit­ter­nacht, auf dem end­losen Asian Highway 2, huschen sie über die Felder. In der Dun­kel­heit erkennt man ihre Sil­hou­etten. Wie sie ihre Muni­tion zusam­men­su­chen. Wie sie sich in den Gräben hinter der Leit­planke ver­schanzen. Kleine Krieger, wilde Kerle, die meisten kaum älter als 15, 16 Jahre. Sie sind Fans des indo­ne­si­schen Erst­li­gisten Persib Ban­dung, und diese Gegend, West-Java, ist ihr Revier.

Der Fahrer des Per­sija-Busses beschleu­nigt, aber es ist zu spät. Ein Stein fliegt und dann noch einer. Treffer. Scherben auf den Sitz­kissen, Blut auf den Wangen eines Jungen. ​„Anhalten!“, ruft einer, und der Wagen kommt mitten auf der Straße zum Stehen. In der Hitze der Nacht rasen die Autos vorbei, grelle Licht­hupen über dem Asphalt, irri­tierte Blicke hinter den Fens­tern, wäh­rend sich die Anhänger von Per­sija Jakarta auf die Gegen­of­fen­sive vor­be­reiten. Keine Gnade, keine Furcht, aber hati-hati, immer auf der Hut! Sie stürmen aus dem Bus. Bewaffnen sich mit her­um­lie­genden Stö­cken. Schwingen Bam­bus­rohre wie Samu­rai­schwerter. Schießen Leucht­ra­keten in den java­ni­schen Himmel, um die Peri­pherie zu erhellen. ​„Da hinten! Das sind sie!“ In der Ferne sieht man noch die Umrisse der Persib-Fans, uner­schro­ckene Gesichter, tri­um­phie­rendes Lachen. Sie sind schon viel zu weit weg. ​„Feige Hunde!“

[...]

Eine unglaub­liche Nation

Diese Geschichte han­delt von einer weiten Reise und einer innigen Liebe – aber sie hat kein Happy End. Sie erzählt von Treue, Ehre, Stolz und dem ganzen pathe­ti­schen Rat­ten­schwanz. Es geht um junge Men­schen, die für die Farben ihres Ver­eins alles tun würden, sogar sterben. Und das ist keine Floskel, son­dern bit­tere Rea­lität, denn seit 1995 sind bei Fuß­ball­spielen in Indo­ne­sien 65 Fans gestorben. Aber es geht auch um kor­rupte Funk­tio­näre und irre Klub­be­sitzer. Um einen Fuß­ball, der seit Jahren auf der Inten­siv­sta­tion liegt und eigent­lich nur noch künst­lich am Leben gehalten wird. Sie spielt in einem Land, das die Schrift­stel­lerin Eliza­beth Pisani mal eine ​„unglaub­liche“ Nation genannt hat, und ver­mut­lich gibt es kein Adjektiv, das Indo­ne­sien besser beschreibt.

Am Anfang stehen immer diese Super­la­tive: 17 504 Inseln, 360 Eth­nien, 719 Spra­chen. Nir­gendwo auf der Welt leben mehr Mus­lime in einem Land als hier. Die Nation liegt auf dem vierten Platz der bevöl­ke­rungs­reichsten Staaten, Groß-Jakarta ist mit 30 Mil­lionen Ein­woh­nern nach Tokio die zweit­größte Agglo­me­ra­tion der Welt. Dann noch all diese Bilder aus der blu­tigen Ver­gan­gen­heit, die fast jeder hier in sich trägt. Die drei Jahr­zehnte wäh­rende Dik­tatur Suhartos, die Mas­saker der sech­ziger Jahre, die Erobe­rung Ost-Timors in den Sieb­zi­gern. Am Ende immer die Frage: Was ist Indo­ne­sien heute?

[...]

Wenn in den ver­gan­genen Jahren im Westen über indo­ne­si­schen Fuß­ball gespro­chen wurde, ging es meist um Themen wie Spiel­ma­ni­pu­la­tionen, Kor­rup­tion oder den Fifa-Aus­schluss 2015, nachdem sich die Politik in den Fuß­ball ein­ge­mischt hatte. Zuletzt sorgte der Transfer des ehe­ma­ligen Chelsea-Spie­lers Michael Essien zu Persib Ban­dung für Auf­sehen. Aber sonst? Spielen die Indo­ne­sier nicht lieber Bad­minton? In Wahr­heit leben in Indo­ne­sien die fuß­ball­ver­rück­testen Men­schen Asiens. Selbst China, wo angeb­lich gerade ein Fuß­ball­wun­der­land ent­steht, wirkt im Ver­hältnis dazu blass. Der Fuß­ball­boom in Indo­ne­sien begann mit Über­tra­gungen der Serie A in den Neun­zi­gern, danach eroberten die eng­li­schen und spa­ni­schen Ver­eine das Land. Klubs wie Real Madrid und Juventus Turin haben mitt­ler­weile Web­sites in der Lan­des­sprache Bahasa Indo­nesia, der indo­ne­si­sche Fan­klub von Man­chester United zählt über 31 000 Mit­glieder und hat 114 Chapter im Land.

Und dann sind da noch die ein­hei­mi­schen Ligen, inter­na­tional kaum beachtet, qua­li­tativ auf deut­schem Dritt­li­ga­ni­veau, aber im Land selbst, trotz aller Skan­dale, mit einer unge­bro­chenen Strahl­kraft. Noch ein paar Super­la­tive: 1985 strömten 150 000 Zuschauer zum Finale der natio­nalen Ama­teur­liga ins Gelora-Bung-Karno-Sta­dion. Heute kommen selbst zu Spielen eines Zweit­li­gisten wie PSS Sleman regel­mäßig über 30 000 Fans. Und der Erst­li­gist Persib Ban­dung ist mit knapp zehn Mil­lionen Face­book-Fol­lo­wern der belieb­teste Fuß­ball­verein in ganz Asien.

[...]

Das Spiel kom­pri­miert den indo­ne­si­schen Fuß­ball­wahn­sinn noch einmal auf 90 Minuten: Stress auf den Rängen, ein Platz­ver­weis, ein Wem­bleytor, Rudel­bil­dungen – und am Ende stirbt bei­nahe jemand.

Aber zunächst, mitten in die Fan­ge­sänge hinein, öffnet sich der Himmel. Ein mon­sun­ar­tiger Regen pras­selt auf Sura­karta nieder, und die Fans sehen aus, als wären sie nicht durch West-Java ange­reist, son­dern durch den Indi­schen Ozean geschwommen. Aber der Schieds­richter lässt wei­ter­laufen, wäh­rend sich hinter der Tri­büne ein Scha­mane daran macht, den Regen zu besänf­tigen, und Persib ein ast­reines Tor schießt. Selbst aus hun­dert Metern Ent­fer­nung erkennt man, wie der Ball die Linie über­quert, das Netz berührt und zurück ins Feld springt. Ent­setzen im Block, dann Durch­atmen: Der Schieds­richter gibt das Tor nicht, er hat den Ball an der Latte gesehen.

Immerhin der Scha­mane scheint Profi zu sein, zur zweiten Halb­zeit klart es tat­säch­lich auf.

[...]

Kwelle & mehr: https://11freunde.de/artikel/this-is-ja ... ttansicht=


Guardian-Bericht über Jakartas Hooligans:
https://www.theguardian.com/cities/2016 ... tball-fans
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Fußballgeschichten: Knochenbrecher

Beitrag von Depp72 »

11Freunde hat geschrieben:„Heute bist du dran“

Gegen diese Männer zu spielen, war kein Spaß. Uli Borowka, Helmut Rahner und Michael Schulz über gol­dene Zeiten für Treter, fiese Tricks und ihren legi­timen Nach­folger in der Gegen­wart.
Spoiler
Show
[...]
Sie drei standen im Ruf, Gegen­spieler der unan­ge­nehmen Sorte zu sein. Was war Ihr fie­sester Trick?

Borowka: Meinen habe ich in der Glad­ba­cher Schule gelernt. Wenn du im Straf­raum stehst, schauen, wo der große Zeh des Gegen­spie­lers ist – und dann mit einem 16er-Stollen einmal kurz drauf­treten. Oder man tut so, als wolle man einem Spieler wieder hoch­helfen und dreht ihm dabei das Ohr um.
[...]
Helmut Rahner, Sie waren als ​„Rambo“ ver­schrien.

Rahner: Ich habe das immer als Kom­pli­ment auf­ge­fasst. Wenn mein Gegen­spieler zur Halb­zeit aus­ge­wech­selt wurde, na herz­li­chen Dank! Aber viel­leicht war ich eh nicht ganz normal. Bernd Hol­ler­bach und ich waren auch die Ein­zigen, die unter Felix Magath trai­nierten und sagten: ​„Geil, wir trai­nieren bei Magath!“ Hat sonst keiner gemacht.
[...]
Hatten Sie einen Lieb­lings­ge­gen­spieler?

Rahner: Der, der schnell aus­ge­wech­selt wurde. Je größer der Name, desto inter­es­santer das Duell.

Borowka: Mit einigen Stür­mern konnte man mit offenem Visier kämpfen, das war sen­sa­tio­nell. Andere sind lieber abge­hauen. Wenn ich zu Jürgen Klins­mann gesagt habe, ​„Heute bist du dran“, dann war er nicht mehr zu sehen. Wenn ich das zu Andreas Möller gesagt habe, hat er anschlie­ßend Dop­pel­li­bero gespielt. Einer, der aber immer wieder kam, war Ulf Kirsten. Auf den konn­test du ein­treten und zwei Minuten später hat­test du selbst einen drin. Einmal hat er mir gleich beim ersten Zwei­kampf einen ver­passt. Hab ich ihn gefragt, was das sollte. Meinte er: ​„Das war noch vom letzten Mal.“

Schulz: Ulf Kirsten kam immer wieder, das stimmt. Doch der größte Sack, was das Aus­teilen anging, war Gio­vane Elber. Der war hin­ter­listig: in die Eier greifen, auf die Füße treten. Und nachher hat er immer sein unschul­diges Gesicht gemacht.
[...]



https://11freunde.de/artikel/heute-bist-du-dran/1646828
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Linden
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Lieblingsverein: Hannover 96
2. Verein: Kaizer Chiefs

Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Linden »

Bernd Hol­ler­bach und ich waren auch die Ein­zigen, die unter Felix Magath trai­nierten und sagten: ​„Geil, wir trai­nieren bei Magath!“ Hat sonst keiner gemacht.
:lol:
Machen wir uns nix vor, die Menschheit ist grundsätzlich einfach krass bescheuert.

Ceterum censeo ruborem taurum esse delendam.

Tod und Hass dem Putinregime
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Fußballgeschichten: Fabio Quagliarella

Beitrag von Depp72 »

Sport1 hat geschrieben:Nach seiner Berufung in die italienische Nationalmannschaft wurde der SSC Neapel aufmerksam. Napoli zahlte im Jahr 2009 satte 18 Millionen Euro Ablöse für den Stürmer. Trotz elf Saisontoren – Glück hatte Quagliarella keines in Neapel. Fluchtartig verließ er die Süditaliener bereits ein Jahr später wieder - ausgerechnet zum Erzrivalen Juventus Turin.

Erst Jahre später kam ans Licht, weshalb er gehen musste. Ein Polizist beschuldigte ihn damals des Kokain-Konsums, der Machenschaften bei der Mafia und pädophiler Neigungen. Letztlich stellte sich heraus, dass der Beamte es auf ihn und seine Familie abgesehen hatte, weshalb er zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.

Quagliarellas Traum platzt

Für den Stürmer war die Flucht aus Neapel ein harter Schlag. Neapel war so etwas wie sein Heimatverein, für den er immer spielen wollte. Kein Wunder: Neapel und Castellamare di Stabia trennen nur rund 30 Kilometer.

"Ich habe mir immer vorgestellt, Kapitän von Napoli zu sein. Etwas mit dem Team zu gewinnen", sagte er vor zwei Jahren. "Ich bin mir sicher, wenn das nicht passiert wäre, würde ich dort noch immer spielen." Doch dann gingt er zu Juve - und die Napoli-Fans begannen, in Unkenntnis der Tatsachen, ihn zu hassen.

Wohl auch geprägt durch die schwierigen Umstände, lernte Quagliarella im Laufe der Jahre, dass es wichtigeres im Leben gibt, als gut Fußball zu spielen und Tore zu schießen. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb er immer besser wurde und befreit aufspielen kann.

Nach seinem Rekordtor gegen Udinese sagte er: "Ich spiele nur noch aus Spaß und genieße es, auch wenn ich mal kein Tor schieße. Dann versuche ich eben, meinen Teamkameraden ein Tor aufzulegen."

Kwelle & mehr: https://www.sport1.de/internationaler-f ... n-schatten


Am Ende der letzten Saison war Quagliarella mit 26 Treffen (9 Elfmeter) italienischer Torschützenkönig. In dieser Saison liegt der inzwischen 37-jährige nach 26 Spielen bei ''nur'' 9 Toren. Letztes Jahr war Sampdoria am Ende mit 53 Punkten im gesicherten Mittelfeldniemandsland. Diese Saison hat man nur 26 Punkte und damit lediglich einen Punkt Vorsprung auf die Abstiegsränge.
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Fußballgeschichten: Ein Foto und seine Geschichte

Beitrag von Depp72 »

11Freunde hat geschrieben:Vor fast einem Vier­tel­jahr­hun­dert foto­gra­fierte Stuart Roy Clarke Fans des AFC Sun­der­land. Ein berühmtes Bild voller Freude, Span­nung, Pas­sion. Wir wollten wissen: Wie denken diese Men­schen heute über den Fuß­ball und ihren Klub?
[...]
Das Ende des Sta­dions, in dem der Klub fast 100 Jahre lang gespielt hatte, war zugleich das Ende der Steh­plätze in Sun­der­land. Und natür­lich nicht nur dort. Mit Tri­bünen wie dem Ful­well End ver­schwand auch ein guter Teil der klas­si­schen bri­ti­schen Fan­kultur, so wie die Welt sie gekannt und bewun­dert hatte. Clarkes Foto könnte heute so nicht mehr gemacht werden, zumin­dest nicht in Groß­bri­tan­nien. Und zwar nicht etwa, weil die Fans auf dem Bild alle stehen, son­dern weil so viele von ihnen so jung sind. Melmoe war damals 13, der Junge ganz links außen erst zehn, und auf einem Pan­ora­ma­foto, das Clarke an jenem Tag auf­nahm, ent­deckt man sogar noch jün­gere Zuschauer auf dem Ful­well End. Sie konnten sich die vier Pfund teuren Ein­tritts­karten von ihrem Taschen­geld kaufen und mussten nicht darauf hoffen, von einem Erwach­senen mit­ge­nommen zu werden. So ist die augen­schein­lich älteste Person auf dem Foto – der Mann mit der Mütze – nicht etwa der Vater oder Onkel eines der umste­henden Kinder, son­dern ein Fan, der stets allein kam und dessen Namen nie­mand zu kennen scheint.
Spoiler
Show
„Mein erstes Spiel im Roker Park habe ich 1985 gesehen, mit acht, und ich war sofort ver­liebt“, sagt David Robertson. ​„Es war so ein phan­tas­ti­scher Ort, um Fuß­ball zu schauen.“ Auf dem Foto steht er direkt hinter Hen­derson, trotzdem kannten sich die beiden nicht, bis sie ins National Glass Centre kamen, um den Foto­grafen zu treffen, der sie ver­ewigt hat.

[...]

Seit dem Pokal­sieg 1973 hat der Verein keinen Titel mehr gewonnen, wenn die Lage auch selten so depri­mie­rend war wie zuletzt. Im April 2018 ist der Klub zum erst zweiten Mal in seiner 140-jäh­rigen Geschichte in die Dritt­klas­sig­keit abge­stiegen.

46.000 Zuschauer in der dritten Liga

Und doch strömen an dem Wochen­ende, als Clarke Sun­der­land besucht, fast 38.000 Men­schen zum Spiel gegen Luton Town. Am Boxing Day kamen sogar 46.000 Fans ins Sta­dium of Light; es war die höchste Zuschau­er­zahl in Eng­lands dritter Liga seit vierzig Jahren. Diese uner­schüt­ter­liche Treue der Anhänger unter­streicht, dass Men­schen aus Sun­der­land eine beson­dere Bezie­hung zu ihrem Klub haben. Sie spricht auch schon aus Clarkes altem Foto. Denn das funk­tio­niert aus einem bestimmten Grund auch auf einer rein opti­schen Ebene.

„Fast jeder auf diesem Bild“, sagt Clarke und tippt mit dem Zei­ge­finger von links nach rechts über das Foto, ​„trägt ein Sun­der­land-Trikot. Das war in der dama­ligen Zeit nicht normal und macht das Ganze sehr wir­kungs­voll, weil die roten Streifen sich in den roten Zaun­stangen fort­setzen.“ In der Tat kauften sich fast alle Fans, die man hier sieht, wie selbst­ver­ständ­lich zu jeder neuen Saison das Heim- und das Aus­wärts­trikot. Selbst der junge Mann, der so her­aus­sticht, weil er statt Trikot ein graues Jackett trägt, wäre wohl an jedem anderen Tag eben­falls in den Ver­eins­farben erschienen. Doch der 21. Sep­tember 1996 war sein 18. Geburtstag.

Diese enge Ver­bun­den­heit zwi­schen Verein und Stadt sieht man auch an einem wei­teren Detail in Clarkes Foto – der für die Zeit unge­wöhn­lich großen Zahl weib­li­cher Fans auf den Stehrängen. ​„Als wir ins Sta­dium of Light umzogen, wurden zum ersten Mal Daten über das Publikum erhoben“, sagt Lisa Laing, die auf dem Foto 23 Jahre alt ist und noch heute jedes Heim­spiel besucht. ​„Es stellte sich heraus, dass in Sun­der­land mehr Frauen Dau­er­karten hatten als bei allen anderen Ver­einen der oberen Ligen. Das war hier schon immer so, und ich glaube, es liegt daran, dass Fuß­ball die Stadt defi­niert. Früher hatten wir Werften, Zechen und Fuß­ball. Dann nur noch Fuß­ball.“

Einst gab es unglaub­liche 76 Werften in dieser nicht beson­ders großen Hafen­stadt, die letzte von ihnen machte 1988 dicht. Wenig später endete auch die Geschichte des Berg­baus in der Gegend: Ende 1993 schloss die Zeche Wear­mouth, einst die größte der ganzen Region. An ihrer Stelle steht heute das Sta­dium of Light, dessen Name an die Gru­ben­lampen der Berg­ar­beiter erin­nern soll.

Für Sun­der­land waren die wirt­schaft­li­chen Folgen dra­ma­tisch. Der Nord­osten gilt heute als ärmste Region Eng­lands. Wäh­rend im Rest des Landes die Immo­bi­li­en­preise in den letzten zehn Jahren um ein Viertel stiegen, sind sie hier sogar gesunken.

Kwelle & mehr: https://11freunde.de/artikel/sunderland ... ttansicht=



Als Ergänzung: https://11freunde.de/artikel/dieser-klu ... um/1760784
11Freunde hat geschrieben:„Sun­der­land ​’til I Die“ ist ein Meis­ter­werk. Die Serie zeigt die Größe des eng­li­schen Fuß­balls – und was grund­falsch ist.
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Depp72
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Fußballgeschichten: Pierre Littbarski

Beitrag von Depp72 »

''In Japan wurde ich neugeboren''
11Freunde hat geschrieben:Wann fassten Sie den Ent­schluss, in Japan zu bleiben?

Schon nach wenigen Tagen. Es war exakt so, wie es Oku­dera mir pro­phe­zeit hatte. Dafür ging meine erste Ehe in die Brüche. Meine Frau flog zurück nach Deutsch­land und blieb mit meinen Kin­dern dort. Es war eine harte Ent­schei­dung, aber ich blieb in Japan. Wenige Wochen später lernte ich meine heu­tige Frau kennen. Sie zeigte mir ihr Land und machte mir die Ein­ge­wöh­nung sehr leicht. Den Preis, den ich für dieses neue Leben zahlen musste, war hoch: Heute habe ich nur noch Kon­takt zu einer meiner Töchter aus erster Ehe.

Sie wurden mit einer unglaub­li­chen Begeis­te­rung emp­fangen. Welche Blüten trieb dieser Hype um Ihr Person?

Unser Haupt­sponsor, die japa­ni­sche Eisen­bahn-Gesell­schaft, ernannte mich für einen Tag zum Ehren­schaffner, ich durfte den Bahnhof durch den Ein­gang der kai­ser­li­chen Familie betreten und An- und Abfahrten leiten. Aus deut­scher Sicht klingt das kurios, in Japan ist das eine sehr große Ehre. Bald schon konnte ich nicht mehr ohne Tar­nung aus dem Haus gehen, mehr­fach musste die Polizei ein­greifen, um die Men­schen­massen auf­zu­lösen, wenn ich irgendwo einen Kaffee trinken wollte oder ein Fuß­ball­spiel besuchte.

Kwelle & mehr: https://11freunde.de/artikel/in-japan-w ... ttansicht=
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curnon
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von curnon »

Watt du so allet lesen tust, abba schoene Geschichten, sach ich ma. Gerne mehr davon.
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Depp72
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Depp72 »

curnon hat geschrieben: Mittwoch 15. April 2020, 07:38 Watt du so allet lesen tust, abba schoene Geschichten, sach ich ma

Als Depp muss man halt etwas mehr als andere lesen, damit am Ende wenigstens etwas hängen bleibt.
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La Ola für Micha mit den roten Schuhen

Beitrag von bolz_platz_kind »

La Ola für Micha mit den roten Schuhen

© Birge Laudi

"Ich werde einmal ein berühmter Fußballer."

Micha ruderte um Gleichgewicht bemüht mit seinen viel zu kurzen Armen und dann kickte er seinen alten Teddybär quer durch das Zimmer.

"Siehst du. Das war exakt mit dem Innenrist geschlenzt. Darf ich jetzt mit in deinen Fußballclub, Thomas? Du hast es mir doch versprochen."

Michas Bruder war nicht sonderlich beeindruckt von der Leistung des Achtjährigen.

"Du und Fußball. Das geht doch nicht."

"Warum denn nicht. Ich habe genauso wie du zwei Beine zum Rennen und zwei Füße zum Kicken."

"Aber du hast nur zwei ganz kurze Arme."

"Na und? Dann komm ich wenigstens nicht in Versuchung, Handspiel zu machen."

"Und was ist, wenn du einen Einwurf machen musst?"

"Das krieg ich hin."

Micha war überzeugt davon und Micha würde es hinkriegen. Thomas resignierte vor soviel Glauben seines Bruders an die eigene Kraft.

"Na gut. Wenn du meinst. Also pack deine Sachen ein und dann komm."

Der fünfjährige Micha stopfte ein wenig ungeschickt mit seinen kurzfingrigen Händen an den viel zu kurzen Armen seinen heißgeliebten Sportdress mit den drei weißen Längsstreifen, den er vor wenigen Tagen zum Geburtstag bekommen hatte, in die Sporttasche. Obenauf kamen die neuen, roten Fußballschuhe. Dann rannte er seinem großen Bruder hinterher.

"He Sportskanone", lachte Thomas. "Pass auf, sonst fällst du noch über deine eigenen schnellen Füße."

Seit Micha mit den missgebildeten Armen zur Welt gekommen war und die Ehe der Eltern unter der psychischen Belastung, ein behindertes Kind zu haben, zerbrochen war, kümmerte sich der zehn Jahre ältere Thomas aufopfernd um seinen kleinen Bruder. Thomas spielte in der Jugend-Fußballmannschaft am Rande der Großstadt und er war ein begnadeter Torwart. Unübertroffen waren seine Hechtsprünge in die richtige Richtung. Er schlüpfte in Gedanken in das runde Leder, begleitete den Ball im Flug auf das Tor zu und erahnte, in welche Ecke seines Tores er fliegen würde. Diese seine außerordentlichen Fähigkeiten auf dem grünen Rasen machten ihn zu einem geachteten Mann unter seinen Kameraden.

Heute aber würde es sich zeigen, wie viele aus seiner Mannschaft hinter ihm standen, wenn er versuchte ihnen klar zu machen, dass nun sein kleiner Bruder mitspielen würde. Zaghaft und mit weit weniger Elan als gewohnt betrat Thomas die Umkleidekabine im Sportheim, wo er lautstark begrüßt wurde.

"Oh, hast du dein Baby mitgebracht?"

Gelächter scholl den beiden von allen Seiten entgegen.

"Was will der denn der Knirps bei uns? Wir sind doch kein Kindergarten. Und außerdem ..." Der begonnene Satz blieb in der Luft hängen, als Thomas scharf die Luft einsog. Er merkte, nun wurde es eng für Micha.

"Natürlich nur zum Training", sagte er vorsichtig und vermied den Blick seines Bruders. Es war klar, dass sein Ansinnen, Micha als ständigen Spieler aufzustellen, auf keinerlei Gegenliebe stoßen würde.

"Spinnst du? Der ist doch behindert. Was hat der denn in einer Fußballmannschaft zu suchen?"

Nun war es heraus und ein paar der Jungen nickten bestätigend.

"Stimmt, selbst beim Training stört der doch", pflichtete ein anderer bei. "Gar nicht zu reden von einem Spiel, und sei es nur ein Freundschaftsspiel."

Sie waren empört über die Zumutung mit einem behinderten kleinen Jungen Fußball spielen zu müssen.

"Noch nicht einmal bei einem Freundschaftsspiel darf ich dabei sein?" Riesige Enttäuschung breitete sich auf dem Gesicht des kleinen Micha aus und er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht in Tränen auszubrechen.

"Schau mal, Micha", lenkte Alfi, einer der weniger ruppigen Burschen ein, "du magst ja laufen können, aber halt deine Arme .... Wie willst du das denn machen, wenn du einen Einwurf machen musst? Dafür sind deine Arme einfach zu kurz. Auch beim Laufen wirst du Schwierigkeiten haben. Das Gleichgewicht, und so ..."

Stürmer Alfi brach seine begütigende Rede ab, ließ das Ende offen. Es wurde still in der Kabine.

"Ich bin sehr schnell. Das hat Thomas oft gesagt. Gell Thomas?"

Micha tastete nach der Hand seines Bruders und wagte kaum zu atmen, aus Angst weinen zu müssen. Auch Thomas schwieg und drückte nur fest die eiskalte Hand seines kleinen Bruders.

"Ich bin ein Krüppel", flüsterte Micha verzweifelt. "Da kann man nichts machen."

Er machte sich von seinem Bruder los und schlich mit gesenktem Kopf zur Tür.

"He, halt mal, Micha!", rief ihm da Alfi nach, der den Anblick des tief enttäuschten und traurigen Kindes nicht ertragen konnte. "Wie wäre es, wenn du uns jetzt vor dem Training und zusammen mit mir deine Ballarbeit zeigen würdest."

Ein Strahlen breitete sich auf dem Gesicht des kleinen Fußballnarren aus.

"Meinst du das ernst?"

"Aber ja. Die anderen können sich einstweilen warmlaufen und wir beide machen Ballarbeit. Dann können wir alle beurteilen, wie gut du bist. Unser Trainer kommt heut sowieso ein bisschen später."

Widerwillig nickte der Rest der Mannschaft. Nur einer murrte noch: "Bist du überhaupt Mitglied in unserem Fußballclub, du Zwerg? Du darfst erst aufs Feld, wenn du auch einen Spielerpass hast."

Micha nickte eifrig. "Na klar hab ich den. Schon seit meinem Geburtstag."

Trotz seines Handikaps war Micha im Nu ausgezogen und in sein Trikot geschlüpft.

"Hast du denn auch richtige Fußballschuhe?" Der Rechtsaußen lächelte ein wenig spöttisch. "Die gibt es doch für so kleine Füße gar nicht."

Mit vor Glück und Stolz strahlendem Lächeln zeigte der Micha seine roten Sportschuhe mit den aufgeschraubten Stollen.

"Die hat mir mein Papa geschenkt, damit ich ein großer Fußballer werde."

"Na, du bist ja ein richtiger Papst."

"Wieso?"

Micha verstand nicht, was der Papst mit seinen Fußballschuhen zu tun hatte. Spielte der auch Fußball? Das unbeschreibliche Glück des Kindes aber brach dem Spott die Spitze ab, als es seinen roten Fußballschuhen einen Kuss aufdrückte.

"Na, ich hab nur gemeint, weil der Papst immer rote Schuhe trägt", sagte der Spötter ein wenig kleinlaut. "Bist halt ab jetzt unser kleiner Papst."

Erstaunt sah ihn Micha an.

"Ich will doch nicht der Papst sein. Der Elber aber und auch der Schweini, die haben doch auch rote Schuhe und ich will einmal so berühmt werden wie die."

Dagegen ließ sich nichts mehr sagen. Höchstens, dass jetzt viele Spieler mit farbigen Schuhen aufliefen, sich aber inzwischen jungfräuliches Weiß an den Füßen bedeutender Fußballer durchzusetzen begann.

"Na dann mach mal. Soll ich dir die Schuhe zuschnüren?"

"Das kann ich schon selber."

Alle Augen waren auf den kleinen Kerl und auf seine viel zu kurzen Arme gerichtet. Jeder wollte sehen, wie er da zurechtkam. Micha strengte sich sehr an. Er hatte zuhause lange geübt, sodass er es jetzt souverän, wenn auch mit etwas Mühe, schaffte.

"Okay, auf geht's!", rief Alfi. Er war der Kapitän und hatte das Sagen. Die ganze Horde der Fünfzehnjährigen stürmte hinaus aufs Spielfeld.

Alfi stellte ein paar Hütchen mitten auf dem Platz auf und ließ sie Micha mit dem Ball umkurven wie Slalomläufer auf dem Skihang. Micha war voll Begeisterung bei der Sache und er verlor beim Dribbeln nicht ein einziges Mal den Kontakt zum Ball. Er schien ein ähnlich gutes Gespür für das runde Leder zu haben wie sein großer Bruder. Schließlich begann Alfi mit der Kopfarbeit und zu seinem großen Erstaunen bereitete es dem kleingewachsenen Kerl keine Schwierigkeit, den Ball zielsicher ins Tor zu köpfen.

Es war still geworden auf dem Platz. Als Micha und Alfi nach einem raschen Lauf mit dem Ball über das ganze Spielfeld eine Verschnaufpause einlegten, sahen sie voller Erstaunen wie alle Spieler aufgereiht zusammen mit dem Trainer am Feldrand standen und eine La-Ola-Welle vom ersten zum letzten laufen ließen.

Nun war es um Michas Fassung geschehen. Er lief zu Thomas und warf sich aufschluchzend vor Glück in seine Arme.

Von diesem Tag an durfte der kleine Micha mit den roten Schuhen aufgrund seines außergewöhnlichen Ballgefühls in der Mannschaft der Fünfzehnjährigen mitspielen. Sie wussten nun, er war ein begnadeter Fußballer und sie nannten ihn liebevoll den kleinen Papst. Das war nicht mehr spöttisch gemeint, sondern war Ausdruck ihrer Hochachtung vor dem überragenden Können und der ungeheueren Willensstärke des Jungen. Er wurde zum Maskottchen der Mannschaft und war er für ein Spiel aufgestellt, so konnte man sicher sein, dass die Zuschauerränge voll waren. Aller Augen hingen dann an den dahinwirbelnden kleinen roten Füßen und manchmal schaute auch die Mutter und ein andermal der Vater von Thomas und Micha voller Stolz vom Spielfeldrand aus zu. Führte die überlegene Spielstärke des Buben mit dem Handikap zum Sieg der Mannschaft, da belohnten es die Zuschauer lautstark mit einer La-Ola-Welle.

http://www.kurzgeschichten-verlag.de/fu ... l-043.html


MfG
b_p_k
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Atlan »

Einfach eine schöne Geschichte.
Danke! :thumbup:
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Re: La Ola für Micha mit den roten Schuhen

Beitrag von *Dropkick* »

bolz_platz_kind hat geschrieben: Mittwoch 15. April 2020, 19:12 La Ola für Micha mit den roten Schuhen
Danke, nur für Dich, schluchz... :cat:

https://www.youtube.com/watch?v=SnRNVuOzbws
"Was denkst Du Dir? Geh weg, tschüss, verpiss Dich..! " :mrgreen:
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Fußballgeschichten: Vereine im Exil

Beitrag von Depp72 »

Cavanis Friseur hat geschrieben:Was haben Schachtjor Donetsk, Zoria Lugansk, FC Gagra, FC Tskhinvali, Anorthosis Famagusta, Ethnikos Achna, Nea Salamis Famagusta und Qarabag Agdam gemeinsam?

Sie alle spielten schon im UEFA Pokal, der Europea League oder der Champions League und sie alle hatten mindestens seit 2014, meist aber schon viel länger, kein Heimspiel mehr. In einer Serie schauen wir uns die Clubs im Exil genauer an. Heute: Aserbaidschan – Champions League ohne Heimat

https://cavanisfriseur.de/immer-auswaer ... baidschan/


Cavanis Friseur hat geschrieben:Heute: Georgien – Staatsvereine als Kopie alter Traditionsclubs
https://cavanisfriseur.de/immer-auswaerts-georgien/
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Fußballgeschichten: Berufswunsch Trainerin

Beitrag von Depp72 »

Imke Wübbenhorst ist Trainerin beim Regionalligisten Lotte geworden. Die ehemalige HSV-Spielerin hat für ihren Traumjob im bezahlten Fußball viel aufgegeben hat und ist privat ins Risiko gegangen ist:
Welt hat geschrieben:Für Imke Wübbenhorst erfüllt sich damit ein Traum. Sie ist eine Motivatorin, sehr emotional und impulsiv. Ihre Stärken wird sie erst richtig ausspielen können, wenn sie ihre Mannschaft nicht nur in Videokonferenzen beisammen hat. Doch schon jetzt spürt sie, dass sie dort angekommen ist, wo sie immer hinwollte. Um endlich das in der Praxis anzuwenden, was ihr in der Theorie bislang mit Bravour geglückt ist. An der Schwelle zwischen Amateursport und Profifußball zwar, aber doch im leistungsorientierten Bereich, wo der Trainer nicht zwei Stunden in der Soccerhalle aus eigenem Portemonnaie bezahlen muss. Geld hätte sie dafür momentan ohnehin nicht.

Sie hat eine bemerkenswerte Opferbereitschaft gezeigt. Um den einjährigen und 15.000 Euro teuren Lehrgang zum Fußballlehrer zu besuchen und ihr Leben dennoch ohne Job finanzieren zu können, ließ sich die Gymnasiallehrerin – Bio und Sport – beurlauben, kündigte ihre Mietwohnung in Cloppenburg, verkaufte ihre Möbel, löste Bausparverträge und Riester-Rente ab und trat angesichts fehlender Beihilfe vom Land aus der privaten Krankenversicherung aus. Binnen weniger Wochen trennte sich Wübbenhorst ziemlich genau vor einem Jahr von ihrem alten Leben.

Private Gegenstände und Kleidungsstücke brachte sie zu ihren Eltern nach Aurich. Ebenso ihren Hund, Dalmatiner Bailar. Die vergangenen zwölf Monate verbrachte sie in Gäste- und Kinderzimmern bei verschiedenen Freunden, schlief auf Sofas, Liegen und in Hochbetten. Manchmal wachte sie nachts auf und hatte keine Orientierung, wo genau sie sich gerade befand.

„Es war ja immer mein Traum, im Fußballbereich als Profi arbeiten zu können, ohne noch nebenbei Lehrerin sein zu müssen. Dafür würde ich alles aufgeben. Und das habe ich ja auch gemacht“, sagte sie im Gespräch mit WELT AM SONNTAG vor einigen Wochen: „Aber dann siehst du halt, dass dir alles fehlt, was dich glücklich gemacht hat. Ich hatte meinen Hund nicht mehr bei mir. Ich hatte keinen Job und keine Mannschaft mehr. Seit ich fünf Jahre alt bin, war ich immer in einer Mannschaft. Ich hatte keinen Partner und ich hatte kein Zuhause mehr, keinen Wohnsitz, habe nur noch aus Taschen bei Freunden gelebt. Ich hatte nichts mehr. Nichts! Ich war nur noch allein mit meinen Klamotten.“

Kwelle & mehr: https://www.welt.de/sport/article207334 ... gross.html


Dann mal viel Erfolg, wenn es wieder mit Fußball weitergeht.


PS:
Und Humor hat sie auch. Aus Bridgets Sprüchethread:
Spoiler
Show
Imke Wübbenhorst wird Trainerin bei Regionalligist SF Lotte.

OK, fassen wir mal zusammen:
Frau mit Männernamen im Nachnamen geht zu Männerverein mit Frauennamen im Ortsnamen, um als Frau Männer zu trainieren.




Natürlich nicht.
Ich bin Profi.
Ich stelle nach Schwanzlänge auf.


Imke Wübbenhorst, Trainerin von Oberligist BV Cloppenburg via Welt, auf die Frage, ob sie eine Sirene auf dem Kopf tragen werde, damit die Männer eine Hose anziehen könnten, bevor sie in die Kabine komme
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Txomin_Gurrutxaga
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Als Mats' Mudda WOB-Livespiele im DSF zog

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

https://www.sportbuzzer.de/artikel/lich ... rsprechen/
Die Sache mit dem Licht hatte auch mit dem DSF zu tun. Der Sportsender (heute Sport1) hatte 1993 damit angefangen, Spiele der 2. Liga am Montagabend live zu übertragen. „Wir würden gern auch mal nach Wolfsburg kommen“, sagte die damalige DSF-Fußballchefin Ulla Holthoff. „Aber dazu braucht das Stadion Flutlicht.“ Die Perspektive auf Live-Übertragungen im TV und entsprechende Vermarktungschancen sorgten in Wolfsburg für zusätzlichen Dampf.
Nicht zuletzt, weil das Stadion nun ein bisschen mehr wie ein richtiges Stadion aussah, entstand Aufbruchstimmung. „In dem Stadion zu spielen hat sich dann ganz anders angefühlt“, so Präger. „Für uns war das großartig.“ Und die Mama von Mats Hummels - eine ehemalige Wasserballerin und die erste Frau, die im deutschen Fernsehen ein Fußballspiel kommentierte hatte - versprach: „Jetzt planen wir ein Livespiel aus Wolfsburg!“
Alles nahm ein gutes Ende. Das DSF kam tatsächlich, übertrug gut vier Wochen nach dem Mannheim-Spiel erstmals eine Zweitliga-Partie aus Wolfsburg live, der VfL trotzte dem damals bärenstarken Aufstiegskandidaten Arminia Bielefeld ein 1:1 ab. Abgesehen von dem Spiel bei Fortuna Köln gab es in der Rückrunde keine einzige Wolfsburger Niederlage mehr, egal ob bei Tages- oder Flutlicht.

Ein 1:0 in Zwickau sicherte am vorletzten Spieltag den Klassenerhalt, nach der Rückkehr krochen die Spieler als Jubel-Raupe durchs „Alt Berlin“ in der Wolfsburger Kneipenmeile „Kaufhof“. „Uns taten die Knie weh“, erinnert sich Präger lachend, „aber wir waren als Mannschaft zusammengewachsen, das war enorm wichtig.“ Ein Jahr später stieg der kaum veränderte VfL-Kader in die Bundesliga auf. „Die Rückrunde 1996“, so Präger, „war der Grundstein dafür“.
Ніхто не зламає націю, чий дух був викований у століттях боїв.

Prší a venku se setmělo, tato noc nebude krátká!

Wir sind Verteidiger des wahren Blödsinns, Krieger in schwarz-rosa-gold.
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Depp72
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Fußballgeschichten: Michael Sternkopf

Beitrag von Depp72 »

SWR hat geschrieben:Eine Karriere mit Ängsten und Depressionen

Michael Sternkopf, ehemaliger Profi des Karlsruher SC und des FC Bayern München, litt fast während seiner gesamten Karriere an Depressionen und Ängsten. Heute spricht er schonungslos offen über seine Krankheit und die Fußball-Branche.
[...]
16 Jahre zieht er durch als Fußballprofi - immer wieder geplagt von Versagensängsten und den körperlichen Reaktionen. "Wie oft saß ich im Flieger, wenn wir dann wieder nach dem Spiel zurück sind, ich hatte Magenkrämpfe und habe gekotzt, obwohl eh nichts drin war. Aber das sieht ja niemand, und da spricht niemand darüber. Das gab’s früher bei mir und auch bei anderen, und das wird es auch heute geben."


Kwelle & mehr: https://www.swr.de/sport/hintergrund/mi ... n-100.html
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erpie
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von erpie »

Passt nicht mehr in den Heute Thread deswegen jetzt hier :crazy: :grin:

Die Leiden des jungen Werner Diese Bücher müssen die deut­schen Profis lesen

Heute ist Welttag des Buches. Und des Urher­ber­rechts. Aber wer inter­es­siert sich schon dafür, das hier ist schließ­lich Online-Jour­na­lismus. Wes­halb hier 17 Lek­tü­re­tipps für Fuß­ball­profis kommen. Und für solche, die es werden wollen.

https://11freunde.de/artikel/die-leiden ... ner/331241
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Linden
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Re: Fußballgeschichten

Beitrag von Linden »

:clap:
Machen wir uns nix vor, die Menschheit ist grundsätzlich einfach krass bescheuert.

Ceterum censeo ruborem taurum esse delendam.

Tod und Hass dem Putinregime
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Depp72
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Fußballgeschichten: Arsenal London

Beitrag von Depp72 »

11Freunde hat geschrieben:Im Sta­dion der Stille

Bei den Spielen des FC Arsenal herrscht im Lon­doner Sta­dion mit­unter eine Stim­mung wie auf einer Tagung von Ver­wal­tungs­be­amten. Das ändert sich aber schlag­artig, wenn die ​„Gun­ners“ aus­wärts antreten – so wie beim 2:0‑Sieg in Mai­land.

Das Ritual ist bekannt und immer gleich. Vor dem Spiel treffen sich die Fans des FC Arsenal in einer x‑beliebigen Kneipe am Sta­dion und trinken sich warm. Dann geht’s hinein in die Arena. Doch wäh­rend überall auf der Welt Fuß­ball ein Gemein­schafts­er­lebnis unter Freunden ist, muss jeder Arsenal-Fan nun allein seinen Platz auf­su­chen. Jeder hat seine ange­stammte Sitz­schale irgendwo im weiten Rund, und mit hoher Wahr­schein­lich­keit sitzt nebenan der­selbe Typ, der auch im letzten Heim­spiel dort saß. Die Freunde und Mit­glieder des eigenen Fan­klubs aber nehmen ganz woan­ders Platz. Wenn das Spiel dann vorbei ist, trifft man sich wieder in der Kneipe. Wie soll da Stim­mung auf­kommen? ​„Das ist das Pro­blem“, findet auch Trevor Wilson, seit knapp 30 Jahren Arsenal-Fan.

Der FC Arsenal hat Fans aus aller Welt. 109 Fan­gruppen sind als offi­zi­elle Fan­klubs beim Verein regis­triert, dar­unter Gruppen von den Färöer Inseln, aus Vietnam oder aus Sambia. Pro­bleme, sein Sta­dion voll zu kriegen, kennt der Verein nicht. Des­halb halten die Ver­ant­wort­li­chen es nicht für nötig, den Kon­takt mit den Fans zu pflegen, geschweige denn auf irgend­welche For­de­rungen der Fans ein­zu­gehen. Haupt­sache die Karten werden ver­kauft. Fuß­ball in der neuen, 60 432 Men­schen fas­senden Arena des FC Arsenal soll ein mög­lichst stress­freies Frei­zeit­er­lebnis sein. Um das zu gewähr­leisten, gibt es Ver­bote, Vor­schriften und obskure Ideen. Die Fans – das ist aller­dings überall in Eng­land der Fall – dürfen keine Fahnen mit ins Sta­dion nehmen, Cho­reo­gra­fien gibt es nicht. Das Sta­dion – egal, ob früher das Arsenal-Sta­dium oder jetzt die neue Arena – ist immer aus­ver­kauft und es ist oft schwierig, an Tickets zu kommen, ohne einem Sup­porter-Club anzu­ge­hören. Das erklärt die hohe Anzahl und den eigent­li­chen Nutzen der Fan­ver­ei­ni­gungen. Die Dau­er­kar­ten­plätze werden vom Verein wahllos fest­ge­legt, wes­halb ein­zelne Fan­grup­pie­rungen nicht zusammen sitzen können. Die Folge: Selbst bei Cham­pions-League-Spielen herrscht bedäch­tige Stille auf den Tri­bünen.

[...]

Optisch ist das gefüllte Sta­dion des FC Arsenal ein Genuss, die Stim­mung ent­spricht dem jedoch meist nicht. Manchmal sehnt sich Wilson dann nach alten Zeiten zurück. Dann geht er zu seinem Hei­mat­verein, dem FC Chelms­ford City, der mitt­ler­weile in der 7. Liga kickt und trotzdem bis zu tau­send Besu­cher pro Spiel anzieht. ​„Da gibt es mehr Fan­kultur als bei Arsenal“, sagt er.
Kwelle & mehr: https://11freunde.de/artikel/im-stadion ... lle/364710


Ein Artikel aus dem Jahr 2008! Ob sich daran etwas zum Besseren geändert hat? Kann ich mir nicht vorstellen.
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