Interview mit Xabi Alonso

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erpie
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Interview mit Xabi Alonso

Beitrag von erpie »

Guter Typ!
Der Spanier Xabi Alonso spricht über seinen Weg vom Bayern-Profi ins Traineramt in Leverkusen, Gemeinsamkeiten von Florian Wirtz und Lionel Messi - und erklärt, was das Spiel wirklich mit Mathematik verbindet.
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Sie wurden von Carlo Ancelotti, José Mourinho, Pep Guardiola, Vicente del Bosque und gewissermaßen auch von Ihrem Vater gecoacht - um einige herausragende Trainer zu nennen. Wer war für Sie die prägendste Figur?

Mein Vater. Nicht in dem Sinne, dass ich ihn studiert hätte, ich habe viel in die Wiege gelegt bekommen. Ich habe von ihm gelernt, dass die Priorität auf der Teamarbeit und der Großzügigkeit liegt - was auch Dinge sind, die bei meinem Heimatclub Real Sociedad vermittelt wurden. Ich war Mittelfeldspieler, ein Sechser, und mir ging es darum, großzügig zu sein - nicht um den persönlichen Glanz. Das Ziel war schon als Spieler, möglichst bessere Spieler um mich herum zu haben und ihnen dabei zu helfen, noch besser auszusehen. Denn wenn ich in einem Spiel der Beste war, bedeutete das notwendigerweise, dass der Spielmacher, der offensive Mittelfeldspieler oder die Flügelspieler nicht so gut waren. Meine Aufgabe sah ich immer darin, sie mit guten Bällen zu versorgen, damit sie in Tornähe tun konnten, wozu ich mit meinen Fähigkeiten nicht imstande war. Jetzt, als Trainer, geht es mir immer noch darum, Spieler besser zu machen und ihnen genau das zu vermitteln - nur von der anderen Seite aus.
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Wir erinnern auch deshalb an diese Marke, weil in Katar mit Spanien und Deutschland die beiden Mannschaften früh ausschieden, deren Spiel stark auf Ballbesitz basierte. Vor allem in Spanien wurde das K.-o. nach einem Spiel gegen Marokko mit mehr als tausend Pässen als Indiz dafür genommen, dass der Ballbesitzfußball aus der Zeit gefallen ist. Ihre Meinung?

Wie hätte Spanien mit dem Kader sonst spielen sollen? Spanien konnte nicht aufs Umschaltspiel oder ein direkteres Spiel aus sein.

Aber es hat halt nicht geklappt. Noch mal: Ist der Ballbesitzfußball aus der Mode gekommen?

Ganz grundsätzlich, ganz losgelöst von Spanien: Das Problem ist nicht Ballbesitz, sondern der Mangel an Tempowechsel und Tiefe. Wenn man zu viele Spieler hinterm Ball hat, dann wird es schwierig. Denn es geht darum, Räume zu schaffen und zu attackieren. Räume schafft man meiner Ansicht nach durch das, was man "Opferläufe" nennt. Indem man den Gegner durch Ballbesitz aus der Reserve lockt und selbst gut positioniert ist, um bei Ballverlust zu verteidigen und nach der Rückeroberung des Balles wieder angreifen zu können ... Dass es schwerer geworden ist, sich so durchzusetzen? Mag sein. Die Gegner sind besser eingestellt, sind körperlich besser vorbereitet. Aber Ballbesitz ist nicht überholt.
https://www.sueddeutsche.de/sport/xabi- ... ditorial=2
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie