TeBe vs. NOFV

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erpie
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TeBe vs. NOFV

Beitrag von erpie »

Was ein Sch*** Verband! :wuerg:
Verbotene Hilfeleistung
Von Louis Richter
9-11 Minuten

Die weißen Trikots mussten im Schrank liegen bleiben, Tennis Borussia spontan umplanen. Am vergangenen Dienstagabend wollte TeBe am zweiten Spieltag der Regionalliga Nordost im Mommsenstadion gegen den FSV Union Fürstenwalde mit besonderen Trikots auflaufen. Der Klub sucht derzeit noch nach einem Brustsponsor für die neue Saison und bis der gefunden ist, wollte TeBe für den Opferfonds CURA von der Amadeu Antonio Stiftung werben, der sich für Betroffene von rechter Gewalt einsetzt. Doch der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) unterband das Vorhaben noch vor Saisonbeginn mit Verweis auf die eigene Spielordnung, die unter Punkt acht des Paragraphen 25 folgendes besagt: „Werbung für politische Gruppierungen und mit politischen Aussagen wird nicht genehmigt.“

Auf einen Sonderantrag von Tennis Borussia, zumindest für ein Spiel mit dem Logo von CURA auf dem Trikot auflaufen zu dürfen, reagierte der NOFV in einem Gespräch zunächst – zuversichtlich, der Klub solle einen formalen Dreizeiler als Antrag einreichen. Das tat TeBe. „Am Montagabend“, sagt Tobias Schulze, Pressesprecher des Vereins, „wurden wir vom Verband per SMS vorgewarnt: Wir sollten die Trikots lieber doch noch nicht beflocken lassen. Am Dienstagmittag kam dann die telefonische Absage.“. Die weißen, bereits produzierten Trikots blieben in der Kabine, gegen Fürstenwalde und auch am Samstag beim Berliner AK musste Tennis Borussia in einem Ausweichtrikot auflaufen. In der schriftlichen Begründung, die unserer Redaktion und dem Verein selbst seit dem Wochenende vorliegt, verweist der NOFV erneut auf Punkt acht des Paragraphen 25, geht aber noch ein paar Schritte weiter. Und untermauert die Entscheidung mit fragwürdigen Argumenten.

„Eine bestimmte Gruppe“

Der Verband schreibt: „Die Amadeu Antonio Stiftung ist eine Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet und ferner Hilfsangebote für Aussteiger aus der Neonazi-Szene schafft. Sie setzt sich mit ihrer Werbung und dem Fonds nur für gruppenbezogene Menschenfreundlichkeiten ein und symbolisiert und solidarisiert sich nicht mit den Opfern aller anderen - auch politisch motivierten - Gewalttaten.“ Denn es gäbe, so schreibt es der Verband weiter, in unserer Gesellschaft „leider viele Formen politisierter Gewalt“. Zudem habe der NOFV die Sorge, „dass sich eine bestimmte Gruppe von Personen durch die Werbung provoziert fühlen könnte.“

Bei Tennis Borussia sorgt das Statement des Verbands für Verwunderung. „Bezüglich der Gruppe, die sich von dieser Aktion provoziert fühlen könnte, fallen mir spontan nur Rechtsextreme ein“, sagt Tobias Schulze, der Pressesprecher von TeBe auf Nachfrage. „Dass der NOFV eine Entscheidung danach ausrichtet, was Rechtsextreme gut oder schlecht finden, kann und will ich mir aber nicht vorstellen.“ Auf Nachfrage von 11FREUNDE, welche Gruppe denn genau gemeint sei, heißt es vom Verband: „Es geht um Menschen, die eine andere politische Orientierung verfolgen, welche auch immer, und die diese Äußerungen und den Fonds für Opfer rechter Gewalt nicht unterstützen, weil dabei zu keiner Zeit auf die Hilfe für Opfer von anderen extremistischen Gewalttaten hingewiesen wird.“

„Steigbügelhalter rechter Ideologie"

Außerdem schreibt der NOFV, dass die Diskussion, welche Werbung im Sport erlaubt sein sollte und welche zu verbieten sei, immer wieder von neuem geführt werde: „In ethischer Hinsicht scheint dabei kein Konsens in Sicht zu sein.“ Der Verband schreibt sogar, dass er sich dafür einsetze, „dass in den 90 Minuten Spielzeit die gesellschaftspolitischen Probleme nicht thematisiert werden, ohne diese jedoch aus den Augen zu verlieren.“ Eine Aussage, die das gesellschaftliche Engagement, das Klubs wie beispielsweise Tennis Borussia, der SV Babelsberg oder der Berliner AK an den Tag legen, stark kontrastiert. "Diese Begründung liest sich wie ein Schlag ins Gesicht für Menschen, die im Kontext von Fußball(spielen), sei es als Spieler*innen, Schiedsrichter*innen, Trainer*innen oder Fans von menschenfeindlichen rechten Ideologien wie Rassismus, Antisemitismus und LGBTIQ*-Feindlichkeit betroffen sind“, schreibt die aktive Fanszene von Tennis Borussia in einem Statement. Der NOFV würde sich hinter einem vermeintlichen politischen Neutralitätsgebot verstecken und mache sich so „zum Steigbügelhalter rechter, rechtspopulistischer und rechtsextremer Ideologie.“

„Natürlich soll das Engagement der Vereine hervorgehoben und gezeigt werden, dass der Fußball für jeden und jede offen ist“, heißt es vom NOFV auf Nachfrage. „Es ist aber so, dass wir uns als Verband, so wie andere Verbände auch, während der 90 Minuten ganz auf das Sportliche konzentrieren wollen und es dementsprechend nicht so gerne sehen, wenn währenddessen auch ein Stück weit Politik betrieben wird.“

Unterschiedliche Ansichten bereits bei Black Lives Matter

Es ist nicht das erste Mal, dass Tennis Borussia und der NOFV unterschiedlicher Auffassung sind. Im November letzten Jahres druckte der Klub den Schriftzug „Black Lives Matter“ auf den hinteren Kragen der Trikots, auch diese Aktion wertete der Verband als politische Aussage. „Eine Aussage wie 'Black Lives Matter' sollte in unseren Augen Konsens sein“, sagte Tobias Schulze damals im Gespräch mit 11FREUNDE. Im Zuge des Werbens für CURA sagt Schulze, dass man sich bei solchen Aktionen immer entscheiden müsse: Bäte man um Spenden für Flutopfer, seien Waldbrandopfer außen vor. Werbe man für die Tafel, mache man das in dem Moment nicht für die Kinderkrebshilfe. „Trotzdem würde in diesen Fällen hoffentlich kein Verband sagen: Das geht nicht, weil es unausgewogen und damit politisch ist. Warum soll es ausgerechnet bei Betroffenen rechter Gewalt anders sein?“. Zumal, so heißt es von TeBe, die Umsetzung einer solchen Aktion in einem anderen Rahmen möglich wäre: „In der Bundesliga sind solche Aktionen selbstverständlich möglich. In den Wettbewerben des Berliner Fußballverbands sind sie kein Problem. Warum soll es dann ausgerechnet in der Regionalliga Nordost nicht gehen?“

In den vergangenen Jahren wurde der Verband bereits mehrfach für seinen Umgang mit rechten Parolen im Stadion kritisiert. Während 2017 gegen den SV Babelsberg ermittelt wurde, da ein Fan den Anhängern aus Cottbus „Nazi-Schweine raus!“ zugerufen hatte, ermittelte der NOFV bezüglich der Hitlergrüße und rechten Parolen, die im Gästeblock zu vernehmen waren, erst nachdem die öffentliche Kritik größer und größer geworden war. Nach einem Stadtderby zwischen Lok und Chemie Leipzig verdonnerte der NOFV beide Klubs wegen des Abbrennens von Pyrotechnik zu Geldstrafen. Von den „Türken, Zigeuner und Juden - Ultras Chemie“-Rufen einiger Lok-Ultras wolle der Verband aber zunächst nichts mitbekommen haben - obwohl sie sogar im Fernsehen klar zu vernehmen waren. Erst verspätet wurden dazu Vorermittelungen gestartet.

TeBe lies sich das Gedenken nicht gänzlich nehmen

Der Paragraph, der das Werben für politische Gruppierungen oder mit politischen Aussagen verbietet, ist für Tobias Schulze von Tennis Borussia nicht das zentrale Problem, sondern dessen Auslegung von Seiten des Verbands. Sollte der Spielausschuss seine Interpretation nicht überdenken, sei eine Präzisierung der Spielordnung aber wünschenswert, sagt Schulze: „Man könnte zum Beispiel zivilgesellschaftliches Engagement gegen Diskriminierung explizit erlauben.“ Der NOFV unterstreicht, dass derzeit grundsätzlich keine Genehmigungen für Trikot-Sonderaktionen in Zusammenhang mit politischen Aussagen erteilt werden würden. Aber der Verband wolle die „Thematik und den Sachverhalt mit unseren Antidiskriminierungsbeauftragten auswerten..

Beim Heimspiel gegen Fürstenwalde ließ es sich Tennis Borussia dennoch nicht nehmen, beim Aufwärmen an die Opfer rechter Gewalt zu gedenken. Das Team trug T-Shirts, auf denen die Namen der 14 Berliner Todesopfer von rechter Gewalt seit 1990 abgedruckt waren.
https://11freunde.de/p/club/aktuelles/v ... 41612.html
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
Udo841
Vizemeister
Beiträge: 677
Registriert: Freitag 26. April 2019, 20:39
Wohnort: Böhlen
Lieblingsverein: Dynamo Dresden

Re: TeBe vs. NOFV

Beitrag von Udo841 »

... und in der BL wird für die Impfkampagne geworben.