Instytut Pileckiego vs. deutsche Bildungslücken

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Txomin_Gurrutxaga
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Instytut Pileckiego vs. deutsche Bildungslücken

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

Pani Radziejowska hat geschrieben:Wir wollen keinen Wettbewerb aufmachen: Wer hatte die meisten Opfer? Wer hatte die größten Helden? Es geht darum, die Erinnerung anzureichern – dass zu Anne Frank in Amsterdam auch die Erfahrung der Juden in irgendeinem östlichen Schtetl in Polen kommt. In Deutschland ist die Kategorie der Nation verdächtig, man redet lieber von jüdischen Opfern, Homosexuellen, Roma und Sinti, also von religiösen Gruppen etwa. Und das ist gut so.

Aus polnischer Sicht aber möchten wir einen Aspekt hinzufügen: Unsere Opfer hatten eine Nationalität, eben die polnische – und sie wurden deswegen umgebracht, zum Beispiel polnische Priester oder Intellektuelle. Die gezielte Vernichtung der polnischen Eliten war eines der Hauptziele der Nazis.
Das Pilecki-Institut möchte keinen Wettbewerb aufmachen. Wichtig sei nicht, wer die meisten Opfer hatte und wer die größten Helden.

Wichtig stattdessen, dass Polen die meisten Opfer hatte. Und die größten Helden sowieso :wink:
Pani Radziejowska hat geschrieben:Das Gesetz zur Gründung des Pilecki-Instituts haben alle Parteien im Parlament unterstützt. Man tut in Deutschland immer so, als sei Geschichtspolitik irgendwie ekelig. Aber die Deutschen haben das auch. Unter Kanzler Helmut Kohl wurden etwa in den Vereinigten Staaten oder in Warschau deutsche historische Institute aufgebaut – eben um ein ausgewogeneres Geschichtsbild zu etablieren. Das ist keine Erfindung von PiS.
Pani Radziejowska hat geschrieben:Es geht dabei um Identität im individuell psychologischen Sinne. Die Ahnungslosigkeit verursacht bei manchen Polen ein Gefühl der Entwertung: Die Deutschen wissen fast nichts über uns, also können wir ja nicht besonders wichtig sein für euch. Das kann sich ändern, je mehr Wissen durchdringt. Und genauso wie zwischen einzelnen Personen funktioniert es auch zwischen Gesellschaften. Deshalb glaube ich, dass Wissen über Geschichte und Erinnerungskultur wichtige Aspekte eines demokratischen Bewusstseins sind.
https://www.spiegel.de/geschichte/pilec ... obal-de-DE

Unterm Strich eine Mischung aus komplexbehafteter Glättung und Wahrheit.

Die Kenntnisse der Deutschen in Bezug auf die polnische Geschichte würde ich ebenfalls als eher lausig einschätzen. Ist den Deutschen halt ähnlich wichtig wie dem Jerzynormalpolen das Dessauer Bauhaus.

Die Absätze zum "Gefühl der Entwertung" mMn ganz gut nachvollziehbar.

Zur Vernichtung der polnischen Elite müsste man allerdings anfügen, dass die eben genauso verfolgt wurde wie die gesellschaftliche Elite anderswo, nicht zuletzt im Kernreich selbst oder in den Teilen des "polnischen" Ostens, in denen die Intelligenzija (auch Geistliche) überhaupt keine polnischen Wurzeln hatte. mE war eher das Widerstandspotenzial entscheidend und nicht deren Polentum. Ein stark ausgeprägtes Spaghettimonstertum hätte wohl ähnliche Auswirkungen gehabt, wenn die Protagonisten ihr Nudelsieb nur entschlossen genug gegen die NS-Besatzer verteidigt hätten.

Eine besonders lupenreine Demokratie war das Zwischenkriegspolen von und mit Józef Piłsudski dann auch eher weniger. Die Beziehungen zu Goebbels, Göring, Rosenberg & Co. würde ich nicht als per se schlecht einschätzen. Generell waren Demokratien damals... ähm, nicht so en vogue in Europa. Die Tschechoslowakei war z.B. so eine. Lupenrein sogar (die Zweite Polnische Republik war keine). Die Gebiets-Brosamen, die nach dem teilweisen Reichsanschluss 1938 im mährisch-schlesischen Grenzbereich abfielen, haben die Polen zumindest nicht von ihrer Bettkante geschubst.

Das Ausspielen von Juden, Roma etc. gegen polnische Staatsbürger ist dann business as usual, freilich ohne dass man etwas anderes erwarten würde vom klerofaschistischen PiS-Gesocks.
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