Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

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erpie
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Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von erpie »

Interessanter Artikel, der die Kontinuität dieser Leute, und Ihrer "Bewegung" aufzeigt.
Der harte Kern könnte dann noch weitaus stärker zur Sekte verkommen, und von denen sei Einsicht nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Schon die Mahnwachler waren sicher: Nur weil sie so zahlreich auf die Straße gegangen sind, wurde ein Krieg des Westens gegen Russland verhindert. Und die befürchtete Merkel-Diktatur samt Zwangsverchippung aller Bürger wird am Ende bloß ausgeblieben sein, weil die „Querdenker“ so massiv protestiert haben.
da hinter der Bezahlschranke:
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Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser
Sebastian Leber
16-20 Minuten

An einem sonnigen Tag im Juli sitzt Ken Jebsen auf der Bühne vor dem Brandenburger Tor, vor ihm mehrere hundert Demonstranten. Der ehemalige RBB-Moderator erklärt, die derzeitige Staatsform werde hoffentlich bald verschwinden, die Regierung sowieso. Dann spricht er von „Gehirnwäsche“ durch die Herrschenden, die Presse sei „okkupiert“ und die Bevölkerung solle „verheizt“ werden.

Das Wort Corona fällt in dieser Rede noch nicht. Denn es ist nicht 2020, sondern Sommer 2014. Europa, warnt Ken Jebsen, solle aktuell in einen Krieg gegen Russland getrieben werden. Der Radiomoderator behauptet: „Wir bewegen uns mit Riesenschritten auf die Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs zu!“

Wie viele andere, die derzeit Verschwörungsmythen über das Coronavirus verbreiten oder gleich dessen Existenz leugnen, hat sich Ken Jebsen sechs Jahre zuvor in der „Mahnwachenbewegung“ engagiert.

Immer montags fanden damals in zahlreichen deutschen Städten Verschwörungsgläubige, Reichsbürger, Israelhasser und Esoteriker zusammen, um gemeinsam gegen die angeblichen teuflischen Pläne der Mächtigen und der Massenmedien zu protestieren.

Es war der Versuch, unter dem Etikett einer „neuen Friedensbewegung“ diverse Verschwörungsmythen in die Öffentlichkeit zu tragen. Und es war das erste Mal, dass sich der braune Verschwörungssumpf aus den Tiefen des Internets auf Deutschlands Straßen materialisierte.

Im Rückblick ist offensichtlich, mit welchen Angstszenarien die damaligen Wortführer hantierten und wie arg sich deren Anhänger fehlleiten ließen. Es sagt aber auch einiges über die Szene der Verschwörungsgläubigen heute aus. Über Realitätsverweigerung, die Sehnsucht nach Sündenböcken und antisemitische Denkmuster.
Gegen Barack Obama und die Rothschilds

Als im März 2014 die ersten „Montagsmahnwachen“ ins Leben gerufen werden, gibt es noch keine Diskussionen um „Fake News“. Die AfD wird in jenem Jahr ihre ersten Wahlerfolge feiern, Donald Trump ist noch nicht US-Präsident.

Verschwörungsideologen werden von Kritikern noch mehrheitlich als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet. Die Erkenntnis, dass dieser Begriff ungünstig ist, weil er die Benannten fälschlicherweise in die Nähe evidenzbasierter Wissenschaft rückt, setzt sich erst Jahre später durch.

Offiziell nur um Weltfrieden bemüht, wird auf den Montagsmahnwachen gegen die US-Regierung unter Präsident Barack Obama, die US-amerikanische Zentralbank und jüdische Bankiersfamilien wie die Rothschilds gehetzt. Die Aggressoren dieser Welt, heißt es, sitzen im Westen. Russlands Präsident Wladimir Putin reagiere bloß. Einige sehen die Annexion der Krim als Notwehr.

Zu den bekanntesten Köpfen der Berliner Mahnwachenbewegung zählt 2014 Ken Jebsen, der drei Jahre zuvor vom Rundfunksender Berlin-Brandenburg (RBB) entlassene Moderator, nun Betreiber der Internetseite „KenFM“.

Seine eigenen kruden Ansichten verheimlicht er nicht: Er behauptet öffentlich, die Mächtigen der USA würden von Menschen mit jüdischen Wurzeln gesteuert, deren Ziel die „Schaffung eines israelischen Großreichs“ sei. Er behauptet auch, Zionisten kontrollierten die Vereinten Nationen, den Internationalen Währungsfonds und die UN-Atomenergiebehörde. US-Präsidenten müssten ihre wichtigsten Reden vorab von Juden genehmigen lassen. Laut Jebsen begehe Israel seit 40 Jahren Völkermord. Das Ziel sei nichts weniger als die „Endlösung“, nämlich das Ausrotten aller Palästinenser in Palästina.

Innerhalb der Mahnwachenbewegung gibt es keinerlei Versuche, sich von Ken Jebsen zu distanzieren. Im Gegenteil: Für seine Auftritte erhält er stets lauten Applaus, teilweise Standing Ovations. Zuspruch bekommen auch Redner wie der Gründer des rechtsextremen Compact-Magazins, Jürgen Elsässer.

Bei den Mahnwachen handelt es sich – genau wie sechs Jahre später bei den Coronaleugnern – von Beginn an um eine rechtsoffene Bewegung. Rechtspopulisten und auch -extreme werden willkommen geheißen. NPD-Kader sind bei den Berliner Mahnwachen vor Ort, ohne dass sich jemand daran stört.

Zwar verliert die Mahnwachenbewegung rasch an Schwung. Kommen auf ihrem Höhepunkt im Herbst 2014 noch Demonstrationen mit mehreren tausend Zuschauern zustande, fallen die Versammlungen im Folgejahr schon deutlich kleiner aus.

Bald werden Mahnwachen mit wenigen Dutzend Teilnehmern als Erfolg verkauft. Womöglich trägt auch die zunehmend kritische Berichterstattung in den etablierten Medien dazu bei, dass der erhoffte Zulauf ausbleibt und immer weniger Menschen auf den Etikettenschwindel der angeblichen Friedensbewegung hereinfallen.

Viele derjenigen, die sich auf den Mahnwachen politisiert haben, suchen eine neue Rolle. Die einen wechseln zu Pegida und schließlich in die AfD, andere landen im Umfeld der rechtsextremen „Merkel muss weg“-Demos oder bei „Endgame“, den neurechten „ENgagierten Demokraten Gegen die AMErikanisierung Europas“. Viele sind in mehreren Gruppen gleichzeitig aktiv, so entstehen enge Vernetzungen.

Das eine Angstszenario wird durchs nächste ersetzt: Nun ist Widerstand gegen „das System“ nicht mehr notwendig, um einen „Dritten Weltkrieg“ zu verhindern, sondern eine angebliche „Überfremdung“ im Zuge der Flüchtlingsbewegungen ab 2015. Plötzlich drohen ein „großer Austausch“ beziehungsweise der „Volkstod“ der Deutschen.

Schuld daran sollen erneut die Herrschenden haben, die im Hintergrund angeblich ihren finsteren Plänen auf Kosten der Bevölkerung nachgehen. Manche Aktivisten behaupten offen, dass es sich bei diesen Herrschenden um Juden handele. Andere benutzen Codewörter wie „Ostküstenkapital“. Was von 2014 geblieben ist, sind simple, zutiefst antisemitische und rassistische Erklärungsmuster. Und klar benennbare Sündenböcke für alles, was schiefläuft in einer vermeintlich überkomplexen Welt.

Im Sommer 2017 versucht Malte Klingauf, der langjährige Moderator der Berliner Montagsmahnwachen, den einstigen Schwung der „neuen Friedensbewegung“ zur Etablierung eines mehrtägigen Festivals zu nutzen: Das „Pax Terra Musica“ soll auf einem stillgelegten Flughafen im brandenburgischen Niedergörsdorf stattfinden und nicht weniger sein als das größte Vernetzungstreffen der deutschen Friedensbewegung. Ken Jebsens KenFM soll als Aussteller präsent sein.

Wer sich durch die Internetseiten der übrigen eingeplanten Aussteller klickt, erfährt scheinbar Unglaubliches: etwa dass Regierungen das Wetter manipulieren können, um damit feindliche Länder zu überschwemmen. Oder dass der deutsche Staat den Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz inszeniert habe, um die Bevölkerung für höhere Militärausgaben und Auslandseinsätze der Bundeswehr zu begeistern. Oder dass die meisten Kriege in der Welt auf einen perfiden, streng geheimen Plan der jüdischen Familie Rothschild zurückgehen.
Das „Pax Terra Musica“ wird ein Verlustgeschäft

Die Veranstalter hoffen auf 5000 Teilnehmende. Die tatsächlichen Besucherzahlen bleiben weit dahinter zurück, etliche der eingeplanten Musiker sagen ihre Teilnahme im Vorfeld ab, weil sie erfahren haben, um was genau es sich bei dem „Friedensfest“ handelt. Das „Pax Terra Musica“ wird ein Verlustgeschäft.

2018 sieht man erneut bekannte Gesichter der Mahnwachenbewegung auf den Straßen: bei den rechtsoffenen Protesten gegen den UN-Migrationspakt. Sollte der verabschiedet werden, heißt es, sei der Untergang Deutschlands nicht mehr abzuwenden. Der Pakt wird verabschiedet, die Katastrophe bleibt aus.

Nun also Corona. Viele Akteure von damals sind auf Telegram in Gruppen von Coronaleugnern aktiv, beteiligen sich an Aufmärschen, wünschen, unter anderen Vorzeichen, weiterhin den Sturz „des Systems“ herbei.

Der Berliner Aktivist Andreas M. zum Beispiel. Im Sommer 2014 beginnt sein Engagement bei den Montagsmahnwachen. Ein Jahr später verbreitet er bereits Inhalte des Compact-Magazins und der rechtsextremen Identitären Bewegung, warnt vor der „Diktatur-Zentrum-BRD-GmbH“ und postet dazu eine Zeichnung des Bundestags, auf dem die israelische Flagge weht. Im Sommer 2020 ist er im „Querdenken“-Camp angekommen, dem Zeltlager der Coronaleugner im Berliner Tiergarten.

Oder Compact-Gründer Jürgen Elsässer. Im Sommer 2014 warnt er auf der Berliner Montagsmahnwache vor einem Dritten Weltkrieg, prophezeit: „Die Welt steht am Abgrund.“ Von 2015 an hetzt sein Magazin dann gegen „Merkels Invasoren“, „orientalische[n] Gangband-Rudel[n]“, die „Landnahme ausländischer Mächte“ und ein „Umvolkungsprogramm“. 2020 mischt sich Elsässer auf Demonstrationen unter Coronaleugner und lobt, bei der „Querdenken“-Bewegung gebe es keinerlei „Abgrenzung nach rechts“.

Der rechtsextreme Publizist behauptet, es werde „eine weltweite Hygienediktatur vorbereitet“, geplant sei „die Deindustrialisierung der gesamten Menschheit“. Jürgen Elsässers düsteren Prophezeiungen ist gemein, dass sie niemals eintreten. Aber sie halten die Leser zahlungs- und aktionsbereit.

Oder der Truth-Rapper „Kilez More“, bürgerlich Kevin Mohr. 2014 tritt er bei den Mahnwachen in Leipzig und Berlin auf, 2017 beim „Pax Terra Musica“. Im August 2020 steht er bei der zweiten großen „Querdenken“-Versammlung im Berliner Tiergarten auf der Bühne und jubelt dem Publikum zu: „Ihr seid die geilste friedliche Masse, die ich in meinem Leben gesehen habe.“

Es ist der Tag, an dem wiederholt Polizeiketten überrannt und Reichskriegsflaggen geschwenkt werden und Aktivisten schließlich versuchen, den Reichstag zu stürmen. Einen Tag später verkündet der „Querdenken“-Sprecher, das Grundgesetz sollte abgeschafft werden, es sei schließlich nur „Besatzungsrecht“.

Malte Klingauf, der Ex-Moderator der Montagsmahnwachen, beteiligt sich Anfang August an Protesten der Corona-Verharmloser in Berlin. Im November kommt es dann zur Gerichtsverhandlung: Sein Festival „Pax Terra Musica“ hat den Tagesspiegel wegen dessen Berichterstattung verklagt - unter anderem soll der Tagesspiegel nicht mehr berichten dürfen, dass sich unter den Teilnehmern des „Pax Terra Musica“ auch Israel-Hasser und esoterische Hetzer finden.

In der Verhandlung wird deutlich, dass das Gericht sämtliche Klagepunkte abweisen wird. Bevor es zum Urteilsspruch kommt, beantragt Klingaufs Anwalt eine Pause, um sich mit seinem Mandanten besprechen zu können. Anschließend erklärt er, man wähle die "kostengünstige Variante" und ziehe die Klage komplett zurück.

Ken Jebsen, der Ex-Moderator, lässt sich auf einer Stuttgarter „Querdenken“-Demo feiern. Zuerst gibt es eine herzliche Begrüßung durch „Querdenken“-Gründer Michael Ballweg, beide posieren Arm in Arm, dann spricht Jebsen.

Die Bandbreite der von ihm beschworenen Feindbilder ist um Bill Gates und die WHO angewachsen, aber ansonsten bleibt es die altbekannte Leier: Schuld an allem sind die Bundesregierung, der Staat an sich, die Nato, die Massenmedien. Jebsen behauptet zum x-ten Mal, die Herrschenden verfolgten eine geheime Agenda. Es klingt alles sehr vertraut.
Was 2014 und 2020 unterscheidet

Eine Recherchegruppe, die die Akteure der Mahnwachen und deren Weiterentwicklungen seit Beginn verfolgt, ist die Plattform Friedensdemo-Watch. Ein Mitglied der Gruppe sagt, die Kontinuitätslinien seien nicht zu übersehen. Ehemalige Mahnwachler seien von Beginn an bei den Berliner Coronaprotesten dabei gewesen – was auch daran liege, dass mit Ken Jebsen ein zentrales Gesicht der Mahnwachen von Anfang an hierzu mobilisierte: „Der hat hier seinen Stempel gesetzt und auch die weitere Entwicklung der ›Querdenker‹ mit seinem Vokabular beeinflusst.“

Jebsen sei einer der Ersten gewesen, die Ärzte im heutigen Gesundheitssystem mit Josef Mengele, dem nationalsozialistischen Kriegsverbrecher und Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz, verglichen und aus Krankenhäusern „Lager“ machten. „Auch dass eine neue Machtergreifung stattfände, die in eine Coronadiktatur münden würde, stammt von ihm.“

Das Mitglied von Friedensdemo-Watch spricht auch von Unterschieden zwischen 2014 und 2020: „Wenn damals über die Mahnwachen aufgeklärt wurde, kam es bei ihnen immer wieder zu Lippenbekenntnissen, man würde sich von rechts abgrenzen.“ Um der Öffentlichkeit dies weiszumachen, habe es schließlich auch personelle Ausschlüsse gegeben.

In deren Folge hatten sich die Mahnwachen auch gespalten. Derartige Abgrenzungsversuche gebe es inzwischen nicht mehr. Bei den Coronaleugnern würden Neonazis und andere Rechte schlicht hingenommen. Zugenommen habe auch die eigene Gleichsetzung mit Opfern des Nationalsozialismus.

Wie 2014 bei den Mahnwachen gibt es auch 2020 Aktivisten, die sich selbst bislang im linken Spektrum verortet haben – oder darauf pochen, Unterscheidungen in links und rechts seien ohnehin überkommen. Zwar lehnt das Gros der Linken sowohl Mahnwachen als auch Coronaleugner entschieden ab, die Proteste gegen beide Bewegungen werden im Wesentlichen durch linke Initiativen organisiert.

Dennoch nutzen Anhänger der von der Wissenschaft längst verworfenen „Hufeisentheorie“ oder „Extremismusdoktrin“ die Gunst der Stunde, beide politischen Lager gleichzusetzen. Das Futter liefern ihnen Protagonisten wie der Linken-Bundestagsabgeordnete Diether Dehm.

2014 tritt er bei der Berliner Mahnwache auf und verbreitet eine Stellungnahme mit dem Titel „Gegen die Dämonisierung der Montagsmahnwachen“. Sechs Jahre später veröffentlicht er einen Coronasong, in dem er singt: „Ein junger Virus plus uralte Mächte, ja, dieser Mix macht geil auf unsre Rechte“.

Beobachter wie Friedensdemo-Watch gehen davon aus, dass die Bewegung der Coronaleugner stark an Bedeutung verlieren wird. Spätestens dann, wenn die Mehrheit der Deutschen geimpft ist und die pandemiebedingten Einschränkungen mit dem Rückgang der Fallzahlen aufgehoben werden können.

Der harte Kern könnte dann noch weitaus stärker zur Sekte verkommen, und von denen sei Einsicht nicht zu erwarten. Im Gegenteil. Schon die Mahnwachler waren sicher: Nur weil sie so zahlreich auf die Straße gegangen sind, wurde ein Krieg des Westens gegen Russland verhindert. Und die befürchtete Merkel-Diktatur samt Zwangsverchippung aller Bürger wird am Ende bloß ausgeblieben sein, weil die „Querdenker“ so massiv protestiert haben.

Wahrscheinlich ist auch, dass bald ein neues Verschwörungsnarrativ auftauchen wird. Nach der Angst vor einem Dritten Weltkrieg, dann vor „Überfremdung“ und nun vor „Freiheitsberaubung“ wird sich eine neue Angst finden – und eine neue Begründung, weshalb die Bundesrepublik, das Grundgesetz und die Institutionen der Demokratie endlich beseitigt gehören. Die Angst vor der Klimakrise und deren Konsequenzen sowie vor den sich abzeichnenden politischen Maßnahmen würde sich prima anbieten.

Dieser Text ist ein Vorabdruck aus dem Buch „Fehlender Mindestabstand“ (Herder Verlag), herausgegeben von Heike Kleffner und Matthias Meisner, das auch Texte der Tagesspiegel-Autoren Julius Betschka, Andrea Dernbach, Julius Geiler und Jost Müller-Neuhof enthält. Das Buch erscheint am 7. April. Eine digitale Premierenfeier findet am 27. April um 19 Uhr in der Volksbühne statt. Mehr Infos gibt es hier.
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von jeck3108 »

Im Grunde könnte man sich doch über diese Verstrahlten kaputt lachen und den Rest der Exekutive überlassen, its a dirty job, aber Augen auf bei der Berufswahl.

Was mir aber etwas Bauchgrummeln bereitet: mit jedem neuen Anlaß, den die gerne adaptieren, wird bei einer teils wirklich hanebüchenen Handhabung dieser Probleme durch die Administration die Anschlußfähigkeit in Milieus, die zumindest mal diesem rechtsradikalen Unsinn grundsätzlich nix am Hut haben, weiter zunehmen, auch über das Ende des jeweils aktuellen Anlasses hinaus.
Und wenn man dann da so ein immer breitere Unterstützerszene hat... das war schon mal ein Problem beim Umgang mit einer militanten Terrorgruppe.
Und das sich aus diesen Sektiererkreisen so etwas herausbilden kann, dafür braucht es nicht viel Phantasie. Und wenn man dann noch den Zustand der Exekutivorgane sieht, bei denen bewiesenermaßen nicht jeder diesem Gedankengut ablehnend gegenüber steht, ganz im Gegnsatz zu den 70ern und dem Terror der RAF.

Man muß nicht nur rabenschwarz-pessimistische Phantasien haben, um die Gefahr zu sehen, das sich das in eine ganz miese Richtung entwickeln kann.
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von Acker1966 »

Soviel text für den Heini. Ich befrag mal den Danger Dan :lol:
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Heinz B.
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von Heinz B. »

jeck3108 hat geschrieben: Sonntag 4. April 2021, 21:22 Man muß nicht nur rabenschwarz-pessimistische Phantasien haben, um die Gefahr zu sehen, das sich das in eine ganz miese Richtung entwickeln kann.
Kann, wird es aber nicht. Einfach, weil die Anzahl der Verblendeten, die so einen Schwachsinn glauben, zum Glück doch sehr klein ist. Was aber helfen könnte, wären mehr Transparenz in der Politik und, vor allem, weniger Platz in den Medien für solche Spinner. Einfach mehr ignorieren und nicht durch Auflagen-haschende Berichterstattung diesen Idioten eine Bühne bieten.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von jeck3108 »

Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 13:22
jeck3108 hat geschrieben: Sonntag 4. April 2021, 21:22 Man muß nicht nur rabenschwarz-pessimistische Phantasien haben, um die Gefahr zu sehen, das sich das in eine ganz miese Richtung entwickeln kann.
Kann, wird es aber nicht. Einfach, weil die Anzahl der Verblendeten, die so einen Schwachsinn glauben, zum Glück doch sehr klein ist. Was aber helfen könnte, wären mehr Transparenz in der Politik und, vor allem, weniger Platz in den Medien für solche Spinner. Einfach mehr ignorieren und nicht durch Auflagen-haschende Berichterstattung diesen Idioten eine Bühne bieten.
Ich glaube, Du hast da die Richtung mißverstanden, die ich meinte.
Das wird jetzt nicht der große Umsturz, von dem die da träumen.

Aber ne BAF ist allemal drin, wenn man nicht aufpasst.
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erpie
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von erpie »

Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 13:22
jeck3108 hat geschrieben: Sonntag 4. April 2021, 21:22 Man muß nicht nur rabenschwarz-pessimistische Phantasien haben, um die Gefahr zu sehen, das sich das in eine ganz miese Richtung entwickeln kann.
Kann, wird es aber nicht. Einfach, weil die Anzahl der Verblendeten, die so einen Schwachsinn glauben, zum Glück doch sehr klein ist. Was aber helfen könnte, wären mehr Transparenz in der Politik und, vor allem, weniger Platz in den Medien für solche Spinner. Einfach mehr ignorieren und nicht durch Auflagen-haschende Berichterstattung diesen Idioten eine Bühne bieten.
Verstehe ich Dich richtig?
"weniger Aufmerksamkeit, mehr ignorieren"?

Klar ist das eine Minderheit von Spinnern! Die sich allerdings seit 2014 ein Stückweit gefestigt hat, es gibt einen harten Kern, wie es in dem Artikel beschrieben ist. Ich finde das alles nicht so vernachlässigbar (klar sonst hätte ich es auch nicht gepostet).
hier ein Bericht von diversen "Querdenker"-Demos: Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
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Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
Julius Geiler
8-9 Minuten

Der Demonstrations-Sonnabend beginnt für Heinrich Fiechtner damit, sich den baldigen Umsturz der Regierung herbeizuwünschen. In einem YouTube-Livestream des umstrittenen Journalisten Martin Lejeune sagt er vormittags auf dem Weg zur Auftaktkundgebung der “Querdenken”-Bewegung am Stuttgarter Marienplatz: “Gemeinsam können wir es schaffen dieses Regime zum Einsturz zu bringen und das ist dringend nötig.”

Martin Lejeune ist ein Star in der alternativen Medienszene der Relativierer und Leugner der Pandemie, auch weil er wenig kritisch, meist sehr wohlwollend über die Demonstranten berichtet. Am Sonnabend begleitet er Heinrich Fiechtner, der 2016 für die AfD in den Baden-Württemberger Landtag einzog.

Seitdem machte Fiechtner vor allem von sich reden, weil Polizisten ihn im vergangenen Jahr gleich zweimal aus dem Plenum tragen mussten, nachdem die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) den 60-jährigen nach provokativen Zwischenrufen von der Sitzung ausgeschlossen hatte.

Fiechtner hat sich während der Corona-Pandemie zu einer der reichweitenstärksten rechtsextremen Verschwörungsideologen der Bundesrepublik entwickelt. Auf Telegram teilt er Beiträge der antisemitischen “QAnon”-Verschwörungsideologie, in seinen Reden vergleicht er die aktuellen Corona-Maßnahmen mit der Zeit des Nationalsozialismus. “Wer (…) die Impfung leichtfertig propagiert (…) macht sich letztlich zu einem Jünger Josef Mengeles”, sagte er Anfang Januar bei einer Rede im Landtag. Die AfD hat der ultrarechte Fiechtner mittlerweile verlassen, den Einzug in den neuen Stuttgarter Landtag verpasste er.

Am vergangenen Sonnabend trifft Fiechtner einige Stunden nach seinem geäußerten Wunsch, das Regime stürzen zu wollen, auf eine Polizeiabsperrung vor dem Stuttgarter Landtag. Auch diese Szene wird von Lejeune gefilmt. Fiechtner möchte mit einem Mitarbeiter in das Innere des Landtags, die Polizei verwehrt offenbar den Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen den Zutritt. Daraufhin bezeichnet Fiechtner den Direktor des Landtags Berthold Frieß (Grüne) im Gespräch mit zwei Polizisten als “antidemokratische Ratte”. Diese widersprechen nicht, reden mit Fiechtner in lockerer Gesprächsatmosphäre über seine weiteren Tagespläne und wünschen am Ende Frohe Ostern.

Diese und weitere Szenen aus Stuttgart sorgen für viel Gesprächsstoff in den sozialen Netzwerken. Etliche User fragen, wieso der Polizist minutenlang in fast freundschaftlicher Atmosphäre einen Plausch mit dem Ultrarechten Fiechtner hält, der sonst dafür bekannt ist, dass “Regime” stürzen zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass vermeintliche Nähe zwischen Verschwörungsideologen, “Querdenkern” und der Polizei nach Demonstrationen der Bewegung für Gesprächsstoff sorgt und an dem geltenden Neutralitätsgebot der Polizei zweifeln lässt.

Stuttgart, 03. April 2021

Neben der Szene mit Fiechtner bekommen zwei weitere Aufnahmen vom Wochenende große Aufmerksamkeit. In beiden ist mutmaßlich derselbe Polizist des sogenannten “Anti-Konflikt”-Teams der Stuttgarter Polizei zu sehen. Im ersten Video sieht man den Beamten im Gespräch mit Michael Schele, einen der führenden “Querdenker” Nordrhein-Westfalens, der bei der Demonstration in Kassel vor zwei Wochen Gegendemonstranten angriff und daraufhin festgenommen wurde.

In Stuttgart läuft Schele ganz vorne im Demoaufzug mit einem Megafon mit und fungiert offenbar als Ansprechpartner für die Polizei. Nach dem Gespräch sieht man wie Schele und der Polizist sich die Hand schütteln. Die Stuttgarter Polizei erklärt später auf Twitter dazu, dass der “Versammlungsteilnehmer” die Hand des Beamten ergriff und sie in die “Höhe streckte”.

In einer weiteren Szene ist mutmaßlich derselbe Beamte zu sehen, wie er an einem Polizeiauto vorbeiläuft, an dem ein Plakat von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) in Häftlingskleidung angebracht wurde. Im Video des Vorfalls sieht es so aus, als würde der Polizist das Plakat wahrnehmen. Dennoch läuft er am Auto vorbei. Die Polizei Stuttgart äußerte sich bisher nicht zu dieser Szene.

Kassel, 20. März 2021

Im Nachgang der eskalierten “Querdenken”-Demonstration von Kassel wird ein Foto tausendfach in den sozialen Netzwerken geteilt. Es zeigt eine Polizistin, die ihre Hand zu einem Herz formt und damit vermutlich den vorbeiziehenden Aufzug um Relativierer und Leugner der Pandemie grüßt. Gleichzeitig wird sie von einer Demonstrantin in einer umarmenden Geste am Rücken, direkt über dem Pistolenholster berührt. Laut dem hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) werden dienstrechtliche Konsequenzen bezüglich des Verhaltens der Beamtin überprüft.
Düsseldorf, 13. März 2021

Bei einer “Querdenken”-Demonstration in Düsseldorf werden Auflagen missachtet und Polizeiketten überrannt. In einem Video des antifaschistischen Bündnisses “Aachen stellt sich quer” ist zu sehen, wie Demonstranten an einem Polizeiwagen vorbeiziehen und den Polizisten im Inneren winken. Die Polizistin auf dem Beifahrersitzt winkt zurück und formt an einer Stelle ihre Hände zu einer Herz-Geste. Die Düsseldorfer Polizei äußerte sich bisher nicht zu dem Vorfall.

Leipzig, 07. November 2020

Als sich ein Polizei-Lautsprecherwagen seinen Weg über den von “Querdenkern” überfüllten Leipziger Ring bahnt, sieht man wie der Polizist auf der Beifahrerseite in die Richtung der Demonstranten plötzlich den Daumen nach oben streckt. Die Szene ist einem Twitter-Video festgehalten. Laut der Polizei Sachsen wurde die Situation mit dem Vorgesetzen des betreffenden Beamten “kritisch ausgewertet”. Am selben Tag eskaliert eine “Querdenken”-Demo in der Messestadt, als es zu schweren Ausschreitungen vor dem Leipziger Hauptbahnhof kommt. Demonstranten greifen Polizei und Presse an.

Auch in Zeiten vor der Pandemie war die vermeintliche Nähe zwischen Demonstranten und Polizeikräften schon Thema. So wurden im Jahr 2016 zwei Thüringer Beamte versetzt und mit Disziplinarverfahren konfrontiert, nachdem sie in der Windschutzscheibe ihres Polizeiautos eine Ausgabe des extrem rechten “Compact”-Magazins im Rahmen einer AfD-Demonstration in Erfurt platziert hatten. Auf dem Cover der Zeitschrift, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, war die damalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry zu sehen.

Einen Ausnahmefall spiegelt eine Solidaritäts-Geste dreier Polizisten im Rahmen einer Demonstration in Köln wider. Während eines “Black Lives Matter”-Protests im Juni 2020 hatten sich drei Polizisten der Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen hingekniet, um ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeiwillkür zu setzen. Eine Sprecherin der Polizei Köln sagte damals dem Nachrichtenportal “ t-online“, dass die Reaktion der Beamten zwar “sehr spontan und menschlich” gewesen wäre, für die Polizei aber trotzdem die “Neutralitätspflicht” gelten würde. Die drei Beamten wurden zum Gespräch einbestellt.
https://plus.tagesspiegel.de/politik/ei ... 25483.html
Meiner Ansicht nach muss da mehr hingeschaut werden und nicht weniger.
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Depp72
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Der Aufstand des Mittelstands

Beitrag von Depp72 »

Statt eines eigenen Freds mal hier eingestellt.

''Der Aufstand des Mittelstands
Vor einem Jahr begannen in Deutschland die Querdenker-Proteste. Doch es gibt in vielen Ländern ähnliche Bewegungen. Was kennzeichnet ihr Denken? Eine Grundsatzbetrachtung''
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Zeit hat geschrieben:Dieser Text ist erstmals in der "Boston Review" in englischer Sprache erschienen. Die hier vorliegende Fassung ist demgegenüber leicht gekürzt.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich weltweit spontaner Widerstand gebildet gegen staatliche Bemühungen, das Coronavirus durch Lockdowns, Social-Distancing-Vorgaben, Maskenpflicht und Impfungen unter Kontrolle zu bekommen. Diese Bewegungen, die von wütenden Freiberuflern und Selbstständigen angeführt werden, sind eher ein "Aufstand des Mittelstands" denn ein "Aufstand der Massen" à la José Ortega y Gasset. Im Unterschied zum Populismus, der noch 2017 die Debatten beherrschte, sind diese Bewegungen nun weniger an medienwirksame Wortführer und Parteien gebunden; sie sind im traditionellen politischen Spektrum schwerer zu verorten und nicht so sehr auf die Übernahme politischer Macht fixiert.

In Anlehnung an die deutsche Bewegung der Querdenker bezeichnen wir die Strategie hinter den diversen Gruppierungen als "Querdenken" und das allgemeinere Phänomen, für das sie stehen, als "Querdenkertum". Dabei geht die Idee des Aufstiegs eines Querdenkertums über den deutschen Kontext seiner Namensgebung hinaus. Die Querdenker sind nicht zuletzt ein Produkt neuer Technologien und veränderter Kommunikationsverhältnisse. Sie stellen die herkömmliche Links-rechts-Unterscheidung gern infrage (wobei sie im Allgemeinen politisch extrem rechten Überzeugungen zuneigen), geben sich doppeldeutig bis zynisch gegenüber parlamentarisch organisierter Politik und verbinden ganzheitliche und spirituelle Überzeugungen mit einem beharrlichen Sprechen über individuelle Freiheiten.

In ihren extremen Auswüchsen teilen Querdenker-Bewegungen die Überzeugung, dass Macht per se verschwörerisch ist. Staatliche Macht kann gar nicht legitim sein, glauben viele Querdenker, weil der Prozess der Auswahl des Regierungspersonals angeblich von den Mächtigen selbst kontrolliert werde und de facto illegitim sei. Diese Überzeugung ist oft mit dem Eintreten für eine disruptive Dezentralisierung verbunden, dem Wunsch nach verteiltem Wissen und damit verteilter Macht sowie der Anfälligkeit für rechte Radikalisierung. Querdenker-Bewegungen handeln sowohl mit altvertrauten als auch mit neuartigen Fantasien über eine Herrschaft der Eliten. Sie wenden sich gegen angeblich totalitäre Autoritäten wie den Staat, Big Tech und Big Pharma, die großen Banken, die Klimaforschung, die Mainstream-Medien und die politische Korrektheit. In vielerlei Hinsicht sind sie die Nachkommen der außerparlamentarischen sozialen Bewegungen der Siebzigerjahre. Doch deren damaliger Idealismus und ihr Verlangen nach kollektivem Handeln und einer Entkommerzialisierung ist bei den Querdenkern auf das Minimalprogramm einer Verteidigung des Raums autonomer Entscheidungsgewalt geschrumpft.
[...]

Die Querdenker sind keine Unterschichtenbewegung

Die erste wissenschaftliche Untersuchung der Bewegungen von Corona-Skeptikern in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellt diese vorläufigen Etiketten infrage. Soziologen und Soziologinnen der Universität Basel um Oliver Nachtwey haben herausgefunden, dass die Bewegung zumindest in Deutschland nicht von klassischen Rechten dominiert wird. Bei den vergangenen Bundestagswahlen hat der größte Prozentsatz der heute aktiv an Querdenker-Protesten Beteiligten für die Grünen gestimmt (23 Prozent), der zweitgrößte für die Linke (18 Prozent), gefolgt von 15 Prozent für die AfD. Eine Mehrheit unter diesen Querdenkern zeigt keine spezielle Antipathie gegen Zugewanderte oder Muslime und ist auch nicht der Meinung, dass Frauen wieder zu traditionellen Rollen zurückkehren sollten. Die meisten erkennen die wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel an und die Tatsache, dass der Holocaust stattgefunden hat. Die eine Leugnung (Corona) bedingt nicht unbedingt auch andere Leugnungen.

Die Befragten glauben allerdings an die Existenz einer stark abgeschotteten Elite, die die Medien, den Staatsapparat, die Großunternehmen und die Finanzindustrie beherrsche. Sie sind der Meinung, dass Medien und Staat angeblich maßlose Angst in der Bevölkerung verbreiten, die Wahrheit unter den Teppich kehren und das Volk täuschen wollen. Fast zwei Drittel glauben, die Bill and Melinda Gates Foundation befürworte eine weltweite Zwangsimpfung.

Was die soziale Herkunft betrifft, sind die Querdenker keineswegs eine Unterschichtenbewegung. Die von den Basler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Befragten rechnen sich selbst überwiegend der Mittelschicht zu und sind überproportional häufig Selbstständige (25 Prozent; der Anteil der Selbstständigen an der Gesamtmenge der Erwerbstätigen in Deutschland beträgt lediglich 9,6 Prozent). Weltweit werden Proteste gegen staatliche Corona-Maßnahmen häufig von Inhabern kleiner Unternehmen und Selbstständigen angeführt, denen üblicherweise die soziale Bindung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft fehlt und deren Beschäftigungssicherheit geringer ist als die von Beamten oder Angestellten großer Unternehmen, die im Homeoffice in "Angestellten-Quarantäne" arbeiten können.
[...]
Für Schlagzeilen sorgte schließlich vor allem ein Ergebnis der erwähnten Basler Studie: Zwar haben viele Querdenker wie eingangs erwähnt angegeben, bei den vorangegangenen Bundestagswahlen grüne oder linke Parteien gewählt zu haben; eine überwältigende Mehrheit von ihnen aber sagte, bei der anstehenden Bundestagswahl für eine rechtsextreme oder eine neue Querdenker-Partei zu stimmen.

Eine dritte Entwicklung könnte demnach darin bestehen, dass die Querdenker eine weitere Runde von "Start-up-Parteien" gründen, wie der Soziologie Paolo Gerbaudo sie nennt. Nach dem Vorbild von Technologieunternehmen angelegt und "durch rasches Wachstum und eine hohe Skalierbarkeit, aber auch eine hohe Sterblichkeit charakterisiert", haben sich derartige Parteien seit der Finanzkrise in der politischen Landschaft Europas ausgebreitet. Die Idee wäre, den Erfolg der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien zu wiederholen, die aus dem Nichts kam und dreieinhalb Jahre später die meisten Abgeordnetensitze eroberte. Oder den Erfolg der AfD, die vier Jahre nach ihrer Gründung gleichsam zur offiziellen Opposition in Deutschland geworden ist. Oder den Erfolg der Brexit Party, die nur vier Monate nach ihrer Gründung bei den Wahlen zum EU-Parlament im Mai 2019 im Vereinigten Königreich die meisten Stimmen erhielt, dann aber bald in der Bedeutungslosigkeit versank. In dem Bestreben, aus der Pandemie Kapital zu schlagen, hat Nigel Farage die Brexit-Partei bereits in "Reform UK" umbenannt und zu einer Anti-Lockdown-Partei erklärt.

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Heinz B.
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von Heinz B. »

erpie hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 17:24
Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 13:22
jeck3108 hat geschrieben: Sonntag 4. April 2021, 21:22 Man muß nicht nur rabenschwarz-pessimistische Phantasien haben, um die Gefahr zu sehen, das sich das in eine ganz miese Richtung entwickeln kann.
Kann, wird es aber nicht. Einfach, weil die Anzahl der Verblendeten, die so einen Schwachsinn glauben, zum Glück doch sehr klein ist. Was aber helfen könnte, wären mehr Transparenz in der Politik und, vor allem, weniger Platz in den Medien für solche Spinner. Einfach mehr ignorieren und nicht durch Auflagen-haschende Berichterstattung diesen Idioten eine Bühne bieten.
Verstehe ich Dich richtig?
"weniger Aufmerksamkeit, mehr ignorieren"?

Klar ist das eine Minderheit von Spinnern! Die sich allerdings seit 2014 ein Stückweit gefestigt hat, es gibt einen harten Kern, wie es in dem Artikel beschrieben ist. Ich finde das alles nicht so vernachlässigbar (klar sonst hätte ich es auch nicht gepostet).
hier ein Bericht von diversen "Querdenker"-Demos: Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
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Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
Julius Geiler
8-9 Minuten

Der Demonstrations-Sonnabend beginnt für Heinrich Fiechtner damit, sich den baldigen Umsturz der Regierung herbeizuwünschen. In einem YouTube-Livestream des umstrittenen Journalisten Martin Lejeune sagt er vormittags auf dem Weg zur Auftaktkundgebung der “Querdenken”-Bewegung am Stuttgarter Marienplatz: “Gemeinsam können wir es schaffen dieses Regime zum Einsturz zu bringen und das ist dringend nötig.”

Martin Lejeune ist ein Star in der alternativen Medienszene der Relativierer und Leugner der Pandemie, auch weil er wenig kritisch, meist sehr wohlwollend über die Demonstranten berichtet. Am Sonnabend begleitet er Heinrich Fiechtner, der 2016 für die AfD in den Baden-Württemberger Landtag einzog.

Seitdem machte Fiechtner vor allem von sich reden, weil Polizisten ihn im vergangenen Jahr gleich zweimal aus dem Plenum tragen mussten, nachdem die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) den 60-jährigen nach provokativen Zwischenrufen von der Sitzung ausgeschlossen hatte.

Fiechtner hat sich während der Corona-Pandemie zu einer der reichweitenstärksten rechtsextremen Verschwörungsideologen der Bundesrepublik entwickelt. Auf Telegram teilt er Beiträge der antisemitischen “QAnon”-Verschwörungsideologie, in seinen Reden vergleicht er die aktuellen Corona-Maßnahmen mit der Zeit des Nationalsozialismus. “Wer (…) die Impfung leichtfertig propagiert (…) macht sich letztlich zu einem Jünger Josef Mengeles”, sagte er Anfang Januar bei einer Rede im Landtag. Die AfD hat der ultrarechte Fiechtner mittlerweile verlassen, den Einzug in den neuen Stuttgarter Landtag verpasste er.

Am vergangenen Sonnabend trifft Fiechtner einige Stunden nach seinem geäußerten Wunsch, das Regime stürzen zu wollen, auf eine Polizeiabsperrung vor dem Stuttgarter Landtag. Auch diese Szene wird von Lejeune gefilmt. Fiechtner möchte mit einem Mitarbeiter in das Innere des Landtags, die Polizei verwehrt offenbar den Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen den Zutritt. Daraufhin bezeichnet Fiechtner den Direktor des Landtags Berthold Frieß (Grüne) im Gespräch mit zwei Polizisten als “antidemokratische Ratte”. Diese widersprechen nicht, reden mit Fiechtner in lockerer Gesprächsatmosphäre über seine weiteren Tagespläne und wünschen am Ende Frohe Ostern.

Diese und weitere Szenen aus Stuttgart sorgen für viel Gesprächsstoff in den sozialen Netzwerken. Etliche User fragen, wieso der Polizist minutenlang in fast freundschaftlicher Atmosphäre einen Plausch mit dem Ultrarechten Fiechtner hält, der sonst dafür bekannt ist, dass “Regime” stürzen zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass vermeintliche Nähe zwischen Verschwörungsideologen, “Querdenkern” und der Polizei nach Demonstrationen der Bewegung für Gesprächsstoff sorgt und an dem geltenden Neutralitätsgebot der Polizei zweifeln lässt.

Stuttgart, 03. April 2021

Neben der Szene mit Fiechtner bekommen zwei weitere Aufnahmen vom Wochenende große Aufmerksamkeit. In beiden ist mutmaßlich derselbe Polizist des sogenannten “Anti-Konflikt”-Teams der Stuttgarter Polizei zu sehen. Im ersten Video sieht man den Beamten im Gespräch mit Michael Schele, einen der führenden “Querdenker” Nordrhein-Westfalens, der bei der Demonstration in Kassel vor zwei Wochen Gegendemonstranten angriff und daraufhin festgenommen wurde.

In Stuttgart läuft Schele ganz vorne im Demoaufzug mit einem Megafon mit und fungiert offenbar als Ansprechpartner für die Polizei. Nach dem Gespräch sieht man wie Schele und der Polizist sich die Hand schütteln. Die Stuttgarter Polizei erklärt später auf Twitter dazu, dass der “Versammlungsteilnehmer” die Hand des Beamten ergriff und sie in die “Höhe streckte”.

In einer weiteren Szene ist mutmaßlich derselbe Beamte zu sehen, wie er an einem Polizeiauto vorbeiläuft, an dem ein Plakat von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) in Häftlingskleidung angebracht wurde. Im Video des Vorfalls sieht es so aus, als würde der Polizist das Plakat wahrnehmen. Dennoch läuft er am Auto vorbei. Die Polizei Stuttgart äußerte sich bisher nicht zu dieser Szene.

Kassel, 20. März 2021

Im Nachgang der eskalierten “Querdenken”-Demonstration von Kassel wird ein Foto tausendfach in den sozialen Netzwerken geteilt. Es zeigt eine Polizistin, die ihre Hand zu einem Herz formt und damit vermutlich den vorbeiziehenden Aufzug um Relativierer und Leugner der Pandemie grüßt. Gleichzeitig wird sie von einer Demonstrantin in einer umarmenden Geste am Rücken, direkt über dem Pistolenholster berührt. Laut dem hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) werden dienstrechtliche Konsequenzen bezüglich des Verhaltens der Beamtin überprüft.
Düsseldorf, 13. März 2021

Bei einer “Querdenken”-Demonstration in Düsseldorf werden Auflagen missachtet und Polizeiketten überrannt. In einem Video des antifaschistischen Bündnisses “Aachen stellt sich quer” ist zu sehen, wie Demonstranten an einem Polizeiwagen vorbeiziehen und den Polizisten im Inneren winken. Die Polizistin auf dem Beifahrersitzt winkt zurück und formt an einer Stelle ihre Hände zu einer Herz-Geste. Die Düsseldorfer Polizei äußerte sich bisher nicht zu dem Vorfall.

Leipzig, 07. November 2020

Als sich ein Polizei-Lautsprecherwagen seinen Weg über den von “Querdenkern” überfüllten Leipziger Ring bahnt, sieht man wie der Polizist auf der Beifahrerseite in die Richtung der Demonstranten plötzlich den Daumen nach oben streckt. Die Szene ist einem Twitter-Video festgehalten. Laut der Polizei Sachsen wurde die Situation mit dem Vorgesetzen des betreffenden Beamten “kritisch ausgewertet”. Am selben Tag eskaliert eine “Querdenken”-Demo in der Messestadt, als es zu schweren Ausschreitungen vor dem Leipziger Hauptbahnhof kommt. Demonstranten greifen Polizei und Presse an.

Auch in Zeiten vor der Pandemie war die vermeintliche Nähe zwischen Demonstranten und Polizeikräften schon Thema. So wurden im Jahr 2016 zwei Thüringer Beamte versetzt und mit Disziplinarverfahren konfrontiert, nachdem sie in der Windschutzscheibe ihres Polizeiautos eine Ausgabe des extrem rechten “Compact”-Magazins im Rahmen einer AfD-Demonstration in Erfurt platziert hatten. Auf dem Cover der Zeitschrift, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, war die damalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry zu sehen.

Einen Ausnahmefall spiegelt eine Solidaritäts-Geste dreier Polizisten im Rahmen einer Demonstration in Köln wider. Während eines “Black Lives Matter”-Protests im Juni 2020 hatten sich drei Polizisten der Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen hingekniet, um ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeiwillkür zu setzen. Eine Sprecherin der Polizei Köln sagte damals dem Nachrichtenportal “ t-online“, dass die Reaktion der Beamten zwar “sehr spontan und menschlich” gewesen wäre, für die Polizei aber trotzdem die “Neutralitätspflicht” gelten würde. Die drei Beamten wurden zum Gespräch einbestellt.
https://plus.tagesspiegel.de/politik/ei ... 25483.html
Meiner Ansicht nach muss da mehr hingeschaut werden und nicht weniger.
Versteh mich bitte nicht falsch. Natürlich muss man diese Leute weiterhin beobachten, man sollte ihnen lediglich keine Möglichkeit geben, ihre kruden Gedanken über die Medien öffentlich zu machen.

Was die Polizei betrifft. Deren Mitglieder sind auch immer ein Querschnitt der Gesellschaft. Somit auch Symphatisanten der Querdenker-Szene. Nicht schön, aber auch nichts Besonderes. Ob das jetzt diziplinarische Folgen nach sich zieht, weiß ich nicht, ich würde es aber begrüßen.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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Heinz B.
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Re: Der Aufstand des Mittelstands

Beitrag von Heinz B. »

Depp72 hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 17:37 Statt eines eigenen Freds mal hier eingestellt.

''Der Aufstand des Mittelstands
Vor einem Jahr begannen in Deutschland die Querdenker-Proteste. Doch es gibt in vielen Ländern ähnliche Bewegungen. Was kennzeichnet ihr Denken? Eine Grundsatzbetrachtung''
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Zeit hat geschrieben:Dieser Text ist erstmals in der "Boston Review" in englischer Sprache erschienen. Die hier vorliegende Fassung ist demgegenüber leicht gekürzt.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat sich weltweit spontaner Widerstand gebildet gegen staatliche Bemühungen, das Coronavirus durch Lockdowns, Social-Distancing-Vorgaben, Maskenpflicht und Impfungen unter Kontrolle zu bekommen. Diese Bewegungen, die von wütenden Freiberuflern und Selbstständigen angeführt werden, sind eher ein "Aufstand des Mittelstands" denn ein "Aufstand der Massen" à la José Ortega y Gasset. Im Unterschied zum Populismus, der noch 2017 die Debatten beherrschte, sind diese Bewegungen nun weniger an medienwirksame Wortführer und Parteien gebunden; sie sind im traditionellen politischen Spektrum schwerer zu verorten und nicht so sehr auf die Übernahme politischer Macht fixiert.

In Anlehnung an die deutsche Bewegung der Querdenker bezeichnen wir die Strategie hinter den diversen Gruppierungen als "Querdenken" und das allgemeinere Phänomen, für das sie stehen, als "Querdenkertum". Dabei geht die Idee des Aufstiegs eines Querdenkertums über den deutschen Kontext seiner Namensgebung hinaus. Die Querdenker sind nicht zuletzt ein Produkt neuer Technologien und veränderter Kommunikationsverhältnisse. Sie stellen die herkömmliche Links-rechts-Unterscheidung gern infrage (wobei sie im Allgemeinen politisch extrem rechten Überzeugungen zuneigen), geben sich doppeldeutig bis zynisch gegenüber parlamentarisch organisierter Politik und verbinden ganzheitliche und spirituelle Überzeugungen mit einem beharrlichen Sprechen über individuelle Freiheiten.

In ihren extremen Auswüchsen teilen Querdenker-Bewegungen die Überzeugung, dass Macht per se verschwörerisch ist. Staatliche Macht kann gar nicht legitim sein, glauben viele Querdenker, weil der Prozess der Auswahl des Regierungspersonals angeblich von den Mächtigen selbst kontrolliert werde und de facto illegitim sei. Diese Überzeugung ist oft mit dem Eintreten für eine disruptive Dezentralisierung verbunden, dem Wunsch nach verteiltem Wissen und damit verteilter Macht sowie der Anfälligkeit für rechte Radikalisierung. Querdenker-Bewegungen handeln sowohl mit altvertrauten als auch mit neuartigen Fantasien über eine Herrschaft der Eliten. Sie wenden sich gegen angeblich totalitäre Autoritäten wie den Staat, Big Tech und Big Pharma, die großen Banken, die Klimaforschung, die Mainstream-Medien und die politische Korrektheit. In vielerlei Hinsicht sind sie die Nachkommen der außerparlamentarischen sozialen Bewegungen der Siebzigerjahre. Doch deren damaliger Idealismus und ihr Verlangen nach kollektivem Handeln und einer Entkommerzialisierung ist bei den Querdenkern auf das Minimalprogramm einer Verteidigung des Raums autonomer Entscheidungsgewalt geschrumpft.
[...]

Die Querdenker sind keine Unterschichtenbewegung

Die erste wissenschaftliche Untersuchung der Bewegungen von Corona-Skeptikern in Deutschland, Österreich und der Schweiz stellt diese vorläufigen Etiketten infrage. Soziologen und Soziologinnen der Universität Basel um Oliver Nachtwey haben herausgefunden, dass die Bewegung zumindest in Deutschland nicht von klassischen Rechten dominiert wird. Bei den vergangenen Bundestagswahlen hat der größte Prozentsatz der heute aktiv an Querdenker-Protesten Beteiligten für die Grünen gestimmt (23 Prozent), der zweitgrößte für die Linke (18 Prozent), gefolgt von 15 Prozent für die AfD. Eine Mehrheit unter diesen Querdenkern zeigt keine spezielle Antipathie gegen Zugewanderte oder Muslime und ist auch nicht der Meinung, dass Frauen wieder zu traditionellen Rollen zurückkehren sollten. Die meisten erkennen die wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel an und die Tatsache, dass der Holocaust stattgefunden hat. Die eine Leugnung (Corona) bedingt nicht unbedingt auch andere Leugnungen.

Die Befragten glauben allerdings an die Existenz einer stark abgeschotteten Elite, die die Medien, den Staatsapparat, die Großunternehmen und die Finanzindustrie beherrsche. Sie sind der Meinung, dass Medien und Staat angeblich maßlose Angst in der Bevölkerung verbreiten, die Wahrheit unter den Teppich kehren und das Volk täuschen wollen. Fast zwei Drittel glauben, die Bill and Melinda Gates Foundation befürworte eine weltweite Zwangsimpfung.

Was die soziale Herkunft betrifft, sind die Querdenker keineswegs eine Unterschichtenbewegung. Die von den Basler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Befragten rechnen sich selbst überwiegend der Mittelschicht zu und sind überproportional häufig Selbstständige (25 Prozent; der Anteil der Selbstständigen an der Gesamtmenge der Erwerbstätigen in Deutschland beträgt lediglich 9,6 Prozent). Weltweit werden Proteste gegen staatliche Corona-Maßnahmen häufig von Inhabern kleiner Unternehmen und Selbstständigen angeführt, denen üblicherweise die soziale Bindung einer Gewerkschaftsmitgliedschaft fehlt und deren Beschäftigungssicherheit geringer ist als die von Beamten oder Angestellten großer Unternehmen, die im Homeoffice in "Angestellten-Quarantäne" arbeiten können.
[...]
Für Schlagzeilen sorgte schließlich vor allem ein Ergebnis der erwähnten Basler Studie: Zwar haben viele Querdenker wie eingangs erwähnt angegeben, bei den vorangegangenen Bundestagswahlen grüne oder linke Parteien gewählt zu haben; eine überwältigende Mehrheit von ihnen aber sagte, bei der anstehenden Bundestagswahl für eine rechtsextreme oder eine neue Querdenker-Partei zu stimmen.

Eine dritte Entwicklung könnte demnach darin bestehen, dass die Querdenker eine weitere Runde von "Start-up-Parteien" gründen, wie der Soziologie Paolo Gerbaudo sie nennt. Nach dem Vorbild von Technologieunternehmen angelegt und "durch rasches Wachstum und eine hohe Skalierbarkeit, aber auch eine hohe Sterblichkeit charakterisiert", haben sich derartige Parteien seit der Finanzkrise in der politischen Landschaft Europas ausgebreitet. Die Idee wäre, den Erfolg der Fünf-Sterne-Bewegung in Italien zu wiederholen, die aus dem Nichts kam und dreieinhalb Jahre später die meisten Abgeordnetensitze eroberte. Oder den Erfolg der AfD, die vier Jahre nach ihrer Gründung gleichsam zur offiziellen Opposition in Deutschland geworden ist. Oder den Erfolg der Brexit Party, die nur vier Monate nach ihrer Gründung bei den Wahlen zum EU-Parlament im Mai 2019 im Vereinigten Königreich die meisten Stimmen erhielt, dann aber bald in der Bedeutungslosigkeit versank. In dem Bestreben, aus der Pandemie Kapital zu schlagen, hat Nigel Farage die Brexit-Partei bereits in "Reform UK" umbenannt und zu einer Anti-Lockdown-Partei erklärt.

Kwelle & mehr: https://www.zeit.de/kultur/2021-04/quer ... ettansicht
Ok, aber mir ist nicht ganz klar, was du damit sagen willst. Gerade im Hinblick darauf, keinen eigenen Fred deswegen zu eröffnen.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von erpie »

Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 19:14
erpie hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 17:24
Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 13:22
Kann, wird es aber nicht. Einfach, weil die Anzahl der Verblendeten, die so einen Schwachsinn glauben, zum Glück doch sehr klein ist. Was aber helfen könnte, wären mehr Transparenz in der Politik und, vor allem, weniger Platz in den Medien für solche Spinner. Einfach mehr ignorieren und nicht durch Auflagen-haschende Berichterstattung diesen Idioten eine Bühne bieten.
Verstehe ich Dich richtig?
"weniger Aufmerksamkeit, mehr ignorieren"?

Klar ist das eine Minderheit von Spinnern! Die sich allerdings seit 2014 ein Stückweit gefestigt hat, es gibt einen harten Kern, wie es in dem Artikel beschrieben ist. Ich finde das alles nicht so vernachlässigbar (klar sonst hätte ich es auch nicht gepostet).
hier ein Bericht von diversen "Querdenker"-Demos: Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
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Ein Herz für „Querdenker“ : Polizisten und ihre unheimliche Sympathie für die Corona-Skeptiker - eine Chronologie
Julius Geiler
8-9 Minuten

Der Demonstrations-Sonnabend beginnt für Heinrich Fiechtner damit, sich den baldigen Umsturz der Regierung herbeizuwünschen. In einem YouTube-Livestream des umstrittenen Journalisten Martin Lejeune sagt er vormittags auf dem Weg zur Auftaktkundgebung der “Querdenken”-Bewegung am Stuttgarter Marienplatz: “Gemeinsam können wir es schaffen dieses Regime zum Einsturz zu bringen und das ist dringend nötig.”

Martin Lejeune ist ein Star in der alternativen Medienszene der Relativierer und Leugner der Pandemie, auch weil er wenig kritisch, meist sehr wohlwollend über die Demonstranten berichtet. Am Sonnabend begleitet er Heinrich Fiechtner, der 2016 für die AfD in den Baden-Württemberger Landtag einzog.

Seitdem machte Fiechtner vor allem von sich reden, weil Polizisten ihn im vergangenen Jahr gleich zweimal aus dem Plenum tragen mussten, nachdem die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) den 60-jährigen nach provokativen Zwischenrufen von der Sitzung ausgeschlossen hatte.

Fiechtner hat sich während der Corona-Pandemie zu einer der reichweitenstärksten rechtsextremen Verschwörungsideologen der Bundesrepublik entwickelt. Auf Telegram teilt er Beiträge der antisemitischen “QAnon”-Verschwörungsideologie, in seinen Reden vergleicht er die aktuellen Corona-Maßnahmen mit der Zeit des Nationalsozialismus. “Wer (…) die Impfung leichtfertig propagiert (…) macht sich letztlich zu einem Jünger Josef Mengeles”, sagte er Anfang Januar bei einer Rede im Landtag. Die AfD hat der ultrarechte Fiechtner mittlerweile verlassen, den Einzug in den neuen Stuttgarter Landtag verpasste er.

Am vergangenen Sonnabend trifft Fiechtner einige Stunden nach seinem geäußerten Wunsch, das Regime stürzen zu wollen, auf eine Polizeiabsperrung vor dem Stuttgarter Landtag. Auch diese Szene wird von Lejeune gefilmt. Fiechtner möchte mit einem Mitarbeiter in das Innere des Landtags, die Polizei verwehrt offenbar den Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen den Zutritt. Daraufhin bezeichnet Fiechtner den Direktor des Landtags Berthold Frieß (Grüne) im Gespräch mit zwei Polizisten als “antidemokratische Ratte”. Diese widersprechen nicht, reden mit Fiechtner in lockerer Gesprächsatmosphäre über seine weiteren Tagespläne und wünschen am Ende Frohe Ostern.

Diese und weitere Szenen aus Stuttgart sorgen für viel Gesprächsstoff in den sozialen Netzwerken. Etliche User fragen, wieso der Polizist minutenlang in fast freundschaftlicher Atmosphäre einen Plausch mit dem Ultrarechten Fiechtner hält, der sonst dafür bekannt ist, dass “Regime” stürzen zu wollen. Es ist nicht das erste Mal, dass vermeintliche Nähe zwischen Verschwörungsideologen, “Querdenkern” und der Polizei nach Demonstrationen der Bewegung für Gesprächsstoff sorgt und an dem geltenden Neutralitätsgebot der Polizei zweifeln lässt.

Stuttgart, 03. April 2021

Neben der Szene mit Fiechtner bekommen zwei weitere Aufnahmen vom Wochenende große Aufmerksamkeit. In beiden ist mutmaßlich derselbe Polizist des sogenannten “Anti-Konflikt”-Teams der Stuttgarter Polizei zu sehen. Im ersten Video sieht man den Beamten im Gespräch mit Michael Schele, einen der führenden “Querdenker” Nordrhein-Westfalens, der bei der Demonstration in Kassel vor zwei Wochen Gegendemonstranten angriff und daraufhin festgenommen wurde.

In Stuttgart läuft Schele ganz vorne im Demoaufzug mit einem Megafon mit und fungiert offenbar als Ansprechpartner für die Polizei. Nach dem Gespräch sieht man wie Schele und der Polizist sich die Hand schütteln. Die Stuttgarter Polizei erklärt später auf Twitter dazu, dass der “Versammlungsteilnehmer” die Hand des Beamten ergriff und sie in die “Höhe streckte”.

In einer weiteren Szene ist mutmaßlich derselbe Beamte zu sehen, wie er an einem Polizeiauto vorbeiläuft, an dem ein Plakat von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) in Häftlingskleidung angebracht wurde. Im Video des Vorfalls sieht es so aus, als würde der Polizist das Plakat wahrnehmen. Dennoch läuft er am Auto vorbei. Die Polizei Stuttgart äußerte sich bisher nicht zu dieser Szene.

Kassel, 20. März 2021

Im Nachgang der eskalierten “Querdenken”-Demonstration von Kassel wird ein Foto tausendfach in den sozialen Netzwerken geteilt. Es zeigt eine Polizistin, die ihre Hand zu einem Herz formt und damit vermutlich den vorbeiziehenden Aufzug um Relativierer und Leugner der Pandemie grüßt. Gleichzeitig wird sie von einer Demonstrantin in einer umarmenden Geste am Rücken, direkt über dem Pistolenholster berührt. Laut dem hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) werden dienstrechtliche Konsequenzen bezüglich des Verhaltens der Beamtin überprüft.
Düsseldorf, 13. März 2021

Bei einer “Querdenken”-Demonstration in Düsseldorf werden Auflagen missachtet und Polizeiketten überrannt. In einem Video des antifaschistischen Bündnisses “Aachen stellt sich quer” ist zu sehen, wie Demonstranten an einem Polizeiwagen vorbeiziehen und den Polizisten im Inneren winken. Die Polizistin auf dem Beifahrersitzt winkt zurück und formt an einer Stelle ihre Hände zu einer Herz-Geste. Die Düsseldorfer Polizei äußerte sich bisher nicht zu dem Vorfall.

Leipzig, 07. November 2020

Als sich ein Polizei-Lautsprecherwagen seinen Weg über den von “Querdenkern” überfüllten Leipziger Ring bahnt, sieht man wie der Polizist auf der Beifahrerseite in die Richtung der Demonstranten plötzlich den Daumen nach oben streckt. Die Szene ist einem Twitter-Video festgehalten. Laut der Polizei Sachsen wurde die Situation mit dem Vorgesetzen des betreffenden Beamten “kritisch ausgewertet”. Am selben Tag eskaliert eine “Querdenken”-Demo in der Messestadt, als es zu schweren Ausschreitungen vor dem Leipziger Hauptbahnhof kommt. Demonstranten greifen Polizei und Presse an.

Auch in Zeiten vor der Pandemie war die vermeintliche Nähe zwischen Demonstranten und Polizeikräften schon Thema. So wurden im Jahr 2016 zwei Thüringer Beamte versetzt und mit Disziplinarverfahren konfrontiert, nachdem sie in der Windschutzscheibe ihres Polizeiautos eine Ausgabe des extrem rechten “Compact”-Magazins im Rahmen einer AfD-Demonstration in Erfurt platziert hatten. Auf dem Cover der Zeitschrift, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, war die damalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry zu sehen.

Einen Ausnahmefall spiegelt eine Solidaritäts-Geste dreier Polizisten im Rahmen einer Demonstration in Köln wider. Während eines “Black Lives Matter”-Protests im Juni 2020 hatten sich drei Polizisten der Bereitschaftspolizei Nordrhein-Westfalen hingekniet, um ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeiwillkür zu setzen. Eine Sprecherin der Polizei Köln sagte damals dem Nachrichtenportal “ t-online“, dass die Reaktion der Beamten zwar “sehr spontan und menschlich” gewesen wäre, für die Polizei aber trotzdem die “Neutralitätspflicht” gelten würde. Die drei Beamten wurden zum Gespräch einbestellt.
https://plus.tagesspiegel.de/politik/ei ... 25483.html
Meiner Ansicht nach muss da mehr hingeschaut werden und nicht weniger.
Versteh mich bitte nicht falsch. Natürlich muss man diese Leute weiterhin beobachten, man sollte ihnen lediglich keine Möglichkeit geben, ihre kruden Gedanken über die Medien öffentlich zu machen.

Was die Polizei betrifft. Deren Mitglieder sind auch immer ein Querschnitt der Gesellschaft. Somit auch Symphatisanten der Querdenker-Szene. Nicht schön, aber auch nichts Besonderes. Ob das jetzt diziplinarische Folgen nach sich zieht, weiß ich nicht, ich würde es aber begrüßen.
Ok.
Naja die Öffentlichkeit schaffen Sie sich ja selbst. Es wird über die Verstöße gegen die behördlichen Auflagen berichtet.

Ich weiß nicht ob das bei der Polizei gesellschaftlicher Querschnitt ist. Selbst wenn Sympathien bestehen dürfen Sie diese in Uniform, im Dienst, nicht zeigen. Das muß eigentlich disziplinarische Konsequenzen haben.
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von Atlan »

Heinz B. hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 19:14
erpie hat geschrieben: Montag 5. April 2021, 17:24 Meiner Ansicht nach muss da mehr hingeschaut werden und nicht weniger.
Versteh mich bitte nicht falsch. Natürlich muss man diese Leute weiterhin beobachten, man sollte ihnen lediglich keine Möglichkeit geben, ihre kruden Gedanken über die Medien öffentlich zu machen.

Was die Polizei betrifft. Deren Mitglieder sind auch immer ein Querschnitt der Gesellschaft. Somit auch Symphatisanten der Querdenker-Szene. Nicht schön, aber auch nichts Besonderes. Ob das jetzt diziplinarische Folgen nach sich zieht, weiß ich nicht, ich würde es aber begrüßen.
Das Problem bei den Querdenkern und Vergleichbaren - auch bei Rechtsextremen (AfD) (anderes Thema) - ist doch, dass diese sofort die Presse- und Meinungsfreiheit als in Deutschland nicht vorhanden thematisieren. Wenn nicht in ihren Sinne berichtet wird.
Und das, obwohl "sie" auf Demos selber Presseleute verbal und körperlich attackieren.
Was wir brauchen ist eine noch stärkere mediale Offenlegung der tatsächlichen Gedanken und Verhaltensweisen dieser Leute.
Ist wohl schwierig umzusetzen. Und natürlich gibt es inzwischen sehr viele mediale Möglichkeiten, in denen sich diese z.B. Querdenker als die Guten darstellen. Es kommt darauf an, dieses als Lüge zu entlarven.

Zur Polizei: Ich erwarte von jedem Polizisten oder jeder Polizistin, dass er oder sie sich im Dienst entsprechend dem Diensteid verhält. Anderenfalls erwarte ich, dass entsprechende Konsequenzen gezogen werden.
Was diese nach Dienstschluss privat machen, ist ein anderes Thema.
Grün/Weiße Grüße :wave:
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Re: Erst „Friedensaktivist“, jetzt Corona-Verharmloser

Beitrag von mains »

In diesem Sinne heute aus dem Corona-Ticker auf faz.net:
8:02 NATALIA WENZEL-WARKENTIN

Corona-Patienten haben häufiger neurologische oder psychische Probleme als Menschen mit anderen Atemwegserkrankungen. Eine britische Studie im Fachjournal „The Lancet Psychiatry“ fand ein um 44 Prozent höheres Risiko für Angsterkrankungen oder Stimmungsschwankungen als nach einer Grippe. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hirnerkrankungen und psychiatrische Störungen nach Covid-19 häufiger auftreten als nach der Grippe oder anderen Atemwegsinfektionen“, teilte Mitautor Max Taquet von der Universität Oxford mit. Die genauen Gründe dafür seien noch unklar.

Insgesamt litt etwa ein Drittel der erfassten Patienten innerhalb von sechs Monaten nach ihrer Covid-19-Diagnose an einer neurologischen oder psychischen Erkrankung. Die britischen Forscher analysierten digitale Daten von mehr als 236 000 Patienten, die überwiegend in den Vereinigten Staaten behandelt wurden.

Die häufigsten Diagnosen waren Angststörungen bei 17 Prozent und Stimmungsstörungen bei 14 Prozent aller analysierten Menschen. Sie litten zudem an Schlaflosigkeit (5 Prozent), Schlaganfall durch ein Blutgerinnsel (2,1) und Hirnblutungen (0,6). Die beteiligten Wissenschaftler weisen auf die Notwendigkeit weiterer Forschung hin, um die genauen Ursachen herauszufinden und Folgeschäden zu verhindern oder zu behandeln.

Bereits in der Vergangenheit hatte es Studien gegeben, die einen Zusammenhang zwischen neurologischen Erkrankungen und einer Infektion gesehen haben. Aber auch durch Folgen der Isolation infolge von Lockdowns und Quarantänen sind mancherorts die Krankschreibungen wegen psychischer Leiden gestiegen. In Bayern hatte die Auswertung von Versichertendaten ergeben, dass 2020 deutlich häufiger Menschen mit Depressionen und Ängsten bei der Arbeit ausgefallen waren als zuvor.
Vielleicht sind unsere Covidioten also tatsächlich CoV-Idioten... :ironie: