Der Rechtsstaat schlägt zu

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Txomin_Gurrutxaga
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Re: Der Rechtsstaat schlägt zu

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 12:25 Danach hast Du es hier mit jemandem zu tun, der sich in eine Idee verrannt hat. Und zwar in eine abstruse, in die sich ein Putin ganz prima integrieren lässt.
Eine von zwei Erklärungen. Irgendwann landest du bei den Sandrinisten in Köpenick und das wars dann. Endstation Gehirnschmelze.

Oder doch der bezahlte Troll aus Valys' Schattenreich :silent::

https://www.buechertreff.de/forum/threa ... roll-trol/

(das Buch ist ungeachtet des kassandrischen Sujets leider ziemlich unausgegoren)
Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 12:25 Apropos - Faktencheck zu den Vorkommnissen in Lettland schon erledigt?
Vaņka, laidies,
ka vaļinki vien zib.
Jo mana roka nadzīgā,
pie bārdas ķert tev grib.
Ніхто не зламає націю, чий дух був викований у століттях боїв.

Prší a venku se setmělo, tato noc nebude krátká!

Wir sind Verteidiger des wahren Blödsinns, Krieger in schwarz-rosa-gold.
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GaviaoDF
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Re: Weltbund zum Schutz des Lebens

Beitrag von GaviaoDF »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 09:27
Txomin_Gurrutxaga hat geschrieben: Montag 8. Februar 2021, 19:44
Acker1966 hat geschrieben: Montag 8. Februar 2021, 18:21 Warum leugnet man Tatsachen?
Er leugnet ja nix. Er geht nur nicht drauf ein :lol!:
Fällt doch nicht weiter ins Gewicht, wenn ein einzelner Fan an der Eckfahne sich z.B. zur Pressefreiheit in Putinland nicht äußert.
Bemerkenswerter ist da schon, dass die gesamte deutsche Presse mit keinem Wort auf die Vorgänge in Lettland eingeht. Nicht: einer schert aus. Sondern: die Reihen fest geschlossen. In dem EU-Land sollen letzten Freitag russische Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht und Computer beschlagnahmt worden sein. Kein Mucks dazu an der Freiheitskämpferfront. Warum wundert mich das nicht...?
Ist das jetzt wieder klassischer sowjetischer Whataboutism?
"Klar. Ich hätte das selber machen können (in die Politik zu gehen), aber dazu fehlte mir bisweilen im Leben der Mut, die Egomanie, die Zeit u. auch Vitamin B."

Quelle: Wer wohl?
Acker1966

Re: Der Rechtsstaat schlägt zu

Beitrag von Acker1966 »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 12:25
Acker1966 hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 09:50
Eckfahnenfan hat geschrieben: Montag 8. Februar 2021, 19:39
Wie geht denn das, bitteschön - etwas unterschlagen, das im ersten Satz steht. Mit russischer Begründung.
Und wo zelebriere ich? Ich stelle Fragen. "Wer nicht fragt bleibt dumm" lehrt uns doch schon eine Kindersendungserkennungsmelodie...

Wie jetzt? Waren die Ausgewiesenen etwa gar keine "Botschafter"? Verstehe nicht, wo Du jetzt hin willst. Provokateure?

Okay. Ersetze "Unterhosenvergifterstaat" durch "Giftgastöterstaat" oder "Ostukrainedestabilisierungsstaat". "Halbinselokkupationsstaat" geht bestimmt auch.

Im Augenblick bist Du doch der Kartenmischer...

Doch - ist augenscheinlich Dein Problem. Kannst einfach nicht akzeptieren, dass es auch nur einen (EINEN!) gibt, der nicht im gleichen Konzert mitspielen will, in dem Pauker Maas, die Trompeter der "Welt", die übrigen Flöten im Blätterwald sowie der erste Geiger der grünlackierten FDP den Ton angeben.
Das hat doch nix mit Maas zu tun. Hat nur was mit dir zu tun.

Mir persönlich ist das völlig egal, nur das warum hätte mich interessiert. Für mich ist das aber realitätsverweigerung.
Der Küchenpsychologe mit dem unaussprechlichen Namen hat doch eine Erklärung geliefert.
Danach hast Du es hier mit jemandem zu tun, der sich in eine Idee verrannt hat. Und zwar in eine abstruse, in die sich ein Putin ganz prima integrieren lässt.
Acker1966 hat geschrieben: Montag 8. Februar 2021, 18:21 Und da werden Diskussionen schwierig, weil man nicht von den gleichen Fakten ausgeht.
...
Sieht wohl so aus. Die "Methode Maas et al." scheint ja kein Fakt zu sein.
Apropos - Faktencheck zu den Vorkommnissen in Lettland schon erledigt?
Lettland? Weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, was du meinst.
Aber Baltikum steht auf meiner Agenda. Vielleicht ja auch auf der von Putin. Aber meine ist Reiseagenda.
Eckfahnenfan

Re: Weltbund zum Schutz des Lebens

Beitrag von Eckfahnenfan »

GaviaoDF hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 15:43
Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 09:27
Txomin_Gurrutxaga hat geschrieben: Montag 8. Februar 2021, 19:44

Er leugnet ja nix. Er geht nur nicht drauf ein :lol!:
Fällt doch nicht weiter ins Gewicht, wenn ein einzelner Fan an der Eckfahne sich z.B. zur Pressefreiheit in Putinland nicht äußert.
Bemerkenswerter ist da schon, dass die gesamte deutsche Presse mit keinem Wort auf die Vorgänge in Lettland eingeht. Nicht: einer schert aus. Sondern: die Reihen fest geschlossen. In dem EU-Land sollen letzten Freitag russische Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht und Computer beschlagnahmt worden sein. Kein Mucks dazu an der Freiheitskämpferfront. Warum wundert mich das nicht...?
Ist das jetzt wieder klassischer sowjetischer Whataboutism?
Zu "sowjetischer" Zeit hast Du noch gar nicht gewusst, dass es "Whataboutism" gibt.
Also - denk nach, bevor Du mit Neusprech-Kampfbegriffen um Dich wirfst.
Pressefreiheit ist teilbar - Gruß Maas
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Re: Der Rechtsstaat schlägt zu

Beitrag von Eckfahnenfan »

Txomin_Gurrutxaga hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 13:36
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Re: Weltbund zum Schutz des Lebens

Beitrag von GaviaoDF »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 16:35
GaviaoDF hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 15:43
Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 09:27

Fällt doch nicht weiter ins Gewicht, wenn ein einzelner Fan an der Eckfahne sich z.B. zur Pressefreiheit in Putinland nicht äußert.
Bemerkenswerter ist da schon, dass die gesamte deutsche Presse mit keinem Wort auf die Vorgänge in Lettland eingeht. Nicht: einer schert aus. Sondern: die Reihen fest geschlossen. In dem EU-Land sollen letzten Freitag russische Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht und Computer beschlagnahmt worden sein. Kein Mucks dazu an der Freiheitskämpferfront. Warum wundert mich das nicht...?
Ist das jetzt wieder klassischer sowjetischer Whataboutism?

Pressefreiheit ist teilbar - Gruß Maas
Anscheinend zählt für Dich nur die sowjetische.
In diesem Sinne.
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Re: Der Rechtsstaat schlägt zu

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 16:44 Bild
:thumbup: :grin:
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Re: Weltbund zum Schutz des Lebens

Beitrag von konopka77 »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 16:35
GaviaoDF hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 15:43
Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 09:27

Fällt doch nicht weiter ins Gewicht, wenn ein einzelner Fan an der Eckfahne sich z.B. zur Pressefreiheit in Putinland nicht äußert.
Bemerkenswerter ist da schon, dass die gesamte deutsche Presse mit keinem Wort auf die Vorgänge in Lettland eingeht. Nicht: einer schert aus. Sondern: die Reihen fest geschlossen. In dem EU-Land sollen letzten Freitag russische Journalisten verhaftet, ihre Wohnungen durchsucht und Computer beschlagnahmt worden sein. Kein Mucks dazu an der Freiheitskämpferfront. Warum wundert mich das nicht...?
Ist das jetzt wieder klassischer sowjetischer Whataboutism?
Zu "sowjetischer" Zeit hast Du noch gar nicht gewusst, dass es "Whataboutism" gibt.
Also - denk nach, bevor Du mit Neusprech-Kampfbegriffen um Dich wirfst.
Pressefreiheit ist teilbar - Gruß Maas
@Ecki

Ich weiß zwar nicht genau warum, aber in diesem (Betonung auf 'diesem') diesme Thread habe ich an allen(!) Deinen Beiträgen fast nichts zu bekritteln.
Das macht mir Sorgen. Kann es sein, dass Du doch nicht so 'eingefahren' bist, wie ich immer dachte?

Ich kann Deinen Gedanken hier sehr gut folgen, u. unterstütze sie sogar. Wow. Wunder geschehen immer wieder.

P.S.: Lass ' Dich nicht entmutigen, auch, wenn Du im Walde nur noch pfeifen kannst ;-)
Владимир Ильич Ульянов und der :goat: sagen: ''Доверяй, но проверяй''
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Re: Weltbund zum Schutz des Lebens

Beitrag von Eckfahnenfan »

konopka77 hat geschrieben: Mittwoch 10. Februar 2021, 10:51
Eckfahnenfan hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 16:35
GaviaoDF hat geschrieben: Dienstag 9. Februar 2021, 15:43

Ist das jetzt wieder klassischer sowjetischer Whataboutism?
Zu "sowjetischer" Zeit hast Du noch gar nicht gewusst, dass es "Whataboutism" gibt.
Also - denk nach, bevor Du mit Neusprech-Kampfbegriffen um Dich wirfst.
Pressefreiheit ist teilbar - Gruß Maas
@Ecki

Ich weiß zwar nicht genau warum, aber in diesem (Betonung auf 'diesem') diesme Thread habe ich an allen(!) Deinen Beiträgen fast nichts zu bekritteln.
Das macht mir Sorgen. Kann es sein, dass Du doch nicht so 'eingefahren' bist, wie ich immer dachte?
...
Musst Dir keine Sorgen machen - habe nicht vor, die Spur zu verlassen.
Apropos: die Loipe in Merz-Land wartet auf mich. Pulverschnee und Sonnenschein. Paradiesische Bedingungen für jeden Frischluftfanatiker.
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erpie
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Der Rechtsstaat wird nervös?!

Beitrag von erpie »

Da Bezahlschranke hier der Artikel:

Knast, Verfolgung, Gewalt : Der Preis, den Nawalnys Getreue zahlen
Oliver Bilger


Nun haben sie Alexej Gresko doch erwischt. Am Montagabend stehen plötzlich Polizisten in Jekaterinburg vor dem Büro, sie führen Gresko ab, fliegen ihn aus dem Ural nach Moskau, wo ihm am nächsten Tag der Prozess gemacht wird. Er soll sich ungehorsam verhalten haben gegenüber der Polizei, Anklage nach Artikel 19, 3 des Verwaltungsgesetzbuchs. Alexej Gresko, ein 46-Jähriger mit kahlem Kopf und wachen Augen, widerspricht: „Das sind falsche Angaben“, schreibt er am Dienstagmorgen wenige Minuten vor der Verhandlung per Messenger. Gleich nach dem Urteil muss er für 15 Tage in Arrest, die Höchststrafe für das Vergehen, dass ihm der Staat vorwirft.
Spoiler
Show
An der nächsten Protestaktion kann er deswegen nicht teilnehmen. Greskos Mitstreiter, Aktivisten um den Kremlkritiker Alexej Nawalny, haben die Menschen in den großen Städten dazu aufgerufen, am Sonntagabend um 20 Uhr vor ihre Wohnblocks zu treten. Sie sollen das Taschenlampenlicht ihrer Mobiltelefone gen Himmel richten. Sie sollen Kerzen anzünden, sich in Herzformation in die Höfe stellen, es ist Valentinstag. Bewohner aus den oberen Stockwerken sind aufgefordert, Fotos zu machen und auf Instagram posten. Wer sich fürchte, allein im Hof zu stehen, werde rasch merken, dass sich auch Nachbarn darum sorgen, was im Land geschieht. „Liebe ist stärker als Angst“, lautet das Motto.

In Russland überwinden in diesen Tagen viele ihre Angst. An den letzten beiden Wochenenden im Januar gingen in etwa 100 Städten Zehntausende auf die Straße, viele nahmen erstmals an einem Protest teil. Selbst in abgelegenen Regionen erlebten die Demonstrationen Zulauf. Längst nicht jeder, der protestiert, ist ein Anhänger Nawalnys, aber viele erkennen seinen Mut an, nach seiner Vergiftung nach Russland zurückzukehren.

Seit Alexej Nawalny nach seiner Vergiftung nach Russland zurückgekehrt ist, wirkt sein Mut dort als Katalysator für die Proteste.

Er ist der Katalysator ihrer Unzufriedenheit: über manipulierte Wahlen, die stagnierende Wirtschaft, sinkende Einkommen und sinkenden Wohlstand. Sie haben genug von der Recht- und Skrupellosigkeit, die in ihren Augen auch die Festnahme und Verurteilung Nawalnys gezeigt habe. Sie sind die Korruption leid, die ihnen Nawalny vor Augen führt. Seine Enthüllungsdokumentation über „Putins Palast“, der 1,1 Milliarden Euro gekostet haben soll, wurde im Internet mehr als 100 Millionen Mal aufgerufen.

Immer wieder hat Nawalny dem rechtsstaatlich kaum erklärbaren Luxus aus Putins engsten Zirkel auf den Grund zu gehen versucht. Immer wieder im Blick des Nawalny-Teams: Villen oder Apartments, die sich kein Staatsbediensteter von seinen offiziellen Bezügen leisten kann.

Putins Palast nennt Alexej Nawalny das Anwesen in seiner Doku und .zeichnet anhand von Dokumenten die verschleierten Besitzverhältnisse nach. Der Kreml bezeichnet die Recherchen Nawalnys als „Unsinn“.

Unzufriedenheit vor allem im jüngeren Teil der Gesellschaft gab es auch schon früher. In der Vergangenheit ist es dem Kreml gelungen, die Mehrheit hinter Putin zu konsolidieren, Unzufriedenheiten in den Hintergrund treten zu lassen. Zum Beispiel im Jahr 2014, als die – auch durch Propaganda herbeigeführte – Euphorie über den Anschluss der Krim-Halbinsel Sorgen im Land überdeckte. Ein solches vereinendes Element gibt es schon länger nicht mehr.

Nawalny auszuschalten, das kann das naheliegende Kalkül im Kreml gewesen sein, sollte seiner Bewegung die Kraft nehmen und die Ruhe im Land wahren. Dass dies nicht gelingt, liegt an Leuten wie Alexej Gresko.

Er ist noch nicht lange in der Opposition aktiv. Vor einem knappen Jahr hat er den Job des Koordinators des Jekaterinburger Nawalny-Regionalstabes übernommen. Zuvor hat er dort zwei Cafés betrieben. Dort hatte er zum ersten Mal Kontakt mit Nawalny: als der 2012 nach Jekaterinburg kam und einen Ort suchte für eine Pressekonferenz.

Gresko hatte damals noch nie von ihm gehört, Freunde, erinnert er sich, warnten ihn vor möglichen Problemen. Russische Behörden finden leicht einen Weg, um ein Lokal zu schließen. Gresko vermietete den Raum trotzdem, er habe vor allem ans Geschäftliche gedacht. Damals hätte er auch für Putin geöffnet, sagt er am Telefon. Als Nawalny 2017 dann das Regionalbüro im Ural eröffnete, kam er wieder in Greskos Café. Damals sei er ein Sympathisant gewesen, sagt Gresko. Als der Stab schließlich einen Koordinator suchte, gab er die Cafés auf, um sich für ein neues Russland einzusetzen.

Ihm missfalle, wie sich seine Heimat in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Und er will ein Vorbild sein für seine drei Kinder, vor allem für die beiden noch minderjährigen Söhne, elf und 15 Jahre alt. „Ich kann den Kindern sagen, du musst deine Meinung verteidigen“, findet er, „aber wenn man selbst Angst hat, ist man kein gutes Beispiel.“ Dafür riskiert er Zusammenstöße mit der Staatsmacht. Zu denen kommt es immer wieder.

Es ist ihm aber auch schon gelungen, sie zu vermeiden. Am Freitag, dem 22. Januar, einen Tag vor dem ersten großen Massenprotest. Gresko hatte einen Sohn zur Schule gebracht und wollte anschließend schwimmen gehen. Im Fitnessstudio sah er durch die Fenster der Lobby Männer auf der Straße warten, womöglich Polizisten in Zivil. Zuvor hatte die Polizei Greskos Kollegen aus dem Stab von zu Hause abgeholt, einen nach dem anderen. Gresko bat die Angestellten des Fitnessclubs, die Hintertür für ihn zu öffnen, die Nacht verbrachte er bei Freunden.

Am Samstag strömten die Bürger ins Jekaterinburger Zentrum, das Thermometer zeigte minus 30 Grad, es kamen mehrere Tausend. Manche forderten auf ihren Plakaten „ehrliche Wahlen“. Auf anderen stand: „Gesetzlosigkeit provoziert Volksunruhen“. Die Menge rief: „Freiheit für Nawalny!“ Gresko war dabei.

Erst gegen Ende des Protests, als viele bereits unterwegs nach Hause waren, bauten sich die Männer der Sonderpolizei Omon in grauem Flecktarn, mit Helm, Schlagstock und Schilden vor den Menschen auf, versperrten Auswege und nahmen Teilnehmer fest. Unter die Demonstranten hätten sich Provokateure gemischt, berichtet Gresko, die Nebelgranaten auf die Polizisten warfen, um Festnahmen zu provozieren.

Die Sonderpolizei Omon marschierte in Jekaterinburgs Zentrum auf.

Gresko schaffte es zurück nach Hause, wo am Abend Mitglieder der Hauptabteilung Extremismusbekämpfung des russischen Innenministeriums, als „Zentrum E“ bekannt, vor der Tür standen. „Abteilung für politische Verfolgung“, nennt sie Gresko. Auch diesmal stand er gleich am nächsten Tag vor dem Richter. Für zehn Tage kam er in eine Arrestzelle, weil er zu der Demonstration aufgerufen hatte. Ende Januar verpasste er deswegen eine weitere Protestkation. „Sicher Zehntausend“ seien es in Jekaterinburg gewesen, sagt Gresko. Mehr als 11.000 Menschen wurden seit Beginn der Protestwelle nach Angaben der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info festgenommen.

Vor allem aus Moskau und Sankt Petersburg verbreiteten sich Bilder von Polizisten, die Festgenommene mit dem Gesicht in den Schneematsch drücken. Sicherheitskräfte, die mit Gummiknüppeln auf eine Gruppe junger Demonstranten einschlagen – nachdem diese die Hände in Luft gereckt und skandiert hatten: „Wir sind unbewaffnet.“ Uniformierte, die Demonstranten mit Elektroschockern traktieren. Das Ausmaß der Brutalität ist neu.

In Moskau ging die Polizei mit ungewöhnlicher Härte gegen Demonstranten vor.

In Jekaterinburg sei die Polizei „weniger grausam“ vorgegangen, sagt Gresko. In vielen kleineren Städte, dazu zählt er auch Jekaterinburg mit 1,5 Millionen Einwohnern, würden die Leute einander eher kennen. Demonstranten und Polizisten könnten Nachbarn sein, deswegen die Zurückhaltung. Dabei gab es auch hier Dutzende Festnahmen, dazu Berichte und Videos von Schlägen und rabiaten Festnahmen.

Mitte Januar hatten ihn Polizisten schon einmal abgeführt, am Moskauer Flughafen Wnukowo. Gresko hatte mit Kollegen aus Nawalnys Team auf dessen Rückkehr aus Deutschland gewartet. Auf einem Video ist die Szene festgehalten: Gresko und andere Aktivisten sitzen in einem Café im Ankunftsbereich, sie trinken Cola und Kaffee, als ein knappes Dutzend Uniformierter auftaucht. Zwei Polizisten packen ihn unter den Armen, drücken ihn nach draußen. Ungläubig verzieht er das Gesicht. Vier Stunden sitzt er im Polizeitransporter, bevor man ihn gehen lässt.

Im Laufe der Zeit seien die Einschüchterungen „Alltag“ geworden. Das sei eben so, erklärt Gresko. Und die neue Unterstützung der Menschen macht ihm Mut. „Das gibt mir ein besonderes Gefühl – weil wir etwas erreichen.“ Sie alle müssten „jetzt zusammenhalten, um das System zu brechen“.

Die Sonderpolizei setzte landesweit tausende Demonstranten fest.

Für die Opposition sei Nawalnys Vergiftung vergangenen Sommer auch ein Test gewesen, erklärt er – als seine Anhänger nicht wussten, ob Russlands prominentester Regimegegner überlebt, ob er jemals wieder so sein würde wie früher. „Der Stab hat weiter funktioniert“, sagt Gresko. „Wir haben gezeigt, dass wir eine Kraft bleiben.“

Die Regionalbüros gibt es, seitdem Nawalny angekündigt hatte, an der Präsidentschaftswahl 2018 teilnehmen zu wollen. 37 an der Zahl, finanziert aus Spendengeldern von Russen im In- und Ausland. Das Netzwerk reicht von Kaliningrad, der Exklave an der Ostsee, bis nach Wladiwostok, der Hafenstadt am Pazifik. Im Jekaterinburger Stab arbeiten neben dem Koordinator noch ein Social-Media-Manager, ein Filmemacher und ein Jurist, hinzu kommen freiwillige Helfer.

Die Aufgaben dieser Stäbe sind vielfältig. Sie setzen Projekte in den Regionen um, die das Nawalny-Team in Moskau entwirft, wie jüngst die finanzielle Hilfe für Ärzte in der Pandemie. Lokale Probleme bekommen mit Moskauer Unterstützung landesweite Aufmerksamkeit. In Jekaterinburg war das so bei gewaltsamen Protesten gegen den Bau eines orthodoxen Gotteshauses in einem Stadtpark vor bald zwei Jahren. Der Streit zwischen Bürgern, Stadtverwaltung und Kirche schaukelte sich hoch, am Ende griff Putin persönlich ein. Das Vorhaben wurde gestoppt.

Die Stäbe recherchieren Korruptionsfälle, zuletzt ging es um fragwürdige Geschäfte beim Outsourcing von Krankenwagenflotten in der Region, bei der eine Staatsholding aus der russischen Hauptstadt durch überhöhte Gebühren verdienen soll. „Wir zeigen, wie das Geld aus dem regionalen Budget abgesaugt wird“, sagt Gresko.

Im September, wenn die Russen aufgerufen sind, ein neues Parlament zu wählen und Jekaterinburg regionale Abgeordnete bestimmt, wollen Gresko und seine Mitstreiter die Abstimmung beeinflussen.

„Kluges Wählen“ heißt eine Strategie, die Nawalnys Team schon bei vorherigen Regionalwahlen angewandt hat: Per App und im Internet können Wähler sehen, welcher Gegenkandidat zur Regierungspartei „Einiges Russland“ die besten Siegeschancen hat. In einigen Fällen haben etablierte System-Kandidaten so ihr Amt verloren. Ziel ist es, das Machtmonopol von „Einiges Russland“ zu brechen.

Und Gresko will sich aufstellen lassen zur Regionalwahl. Dazu muss er als unabhängiger Kandidat Unterschriften von Wahlberechtigten im Bezirk sammeln, um zugelassen zu werden. Die erklären Behörden oft für ungültig; indem sie sie für gefälscht halten, Namen nicht lesen können oder die Formulare monieren, auf denen die Unterschriften gesammelt werden. Gresko sagt: „Ich muss es wenigstens versuchen.“

Die jüngsten Proteste läuten nicht das Ende des Systems ein. Bei nur 17 Prozent aller Russen, die das Enthüllungsvideo über „Putins Palast“ gesehen oder von ihm gehört haben, hat sich die Haltung gegenüber dem Präsidenten verschlechtert, wie eine Umfrage des unabhängigen Instituts Lewada-Zentrum aus dieser Woche zeigt. Die Zustimmung zu Putin liegt nahezu unverändert bei 64 Prozent. Gresko weiß, dass seine Arbeit dauern kann. Doch er hofft. „Das System ist müde.“

Das Urteil, bei dem es um die Festnahme am Flughafen Wnukowo ging, schreibt Gresko nach der Verkündung vergangenen Dienstag, werte er als Strafe dafür, dass die Proteste in Jekaterinburg so viele Menschen angelockt haben. Für Gresko ist das natürlich auch eine Art „Anerkennung“ für den Erfolg seiner Arbeit. Danach kommen keine Nachrichten mehr, sein Telefon ist aus.
https://plus.tagesspiegel.de/gesellscha ... 01555.html
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Re: Der Rechtsstaat wird nervös?!

Beitrag von Txomin_Gurrutxaga »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 11. Februar 2021, 19:54
Sie sollen das Taschenlampenlicht ihrer Mobiltelefone gen Himmel richten. Sie sollen Kerzen anzünden
Besser Kerzen. Hab vor paar Monaten mal gelesen, in Teheran hätte die dortige OMON Demonstranten einfach NACH der Demo abgegriffen und eingesackt. Handynummern geortet und dann frei parken :twisted:
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Re: Der Rechtsstaat wird nervös?!

Beitrag von erpie »

Txomin_Gurrutxaga hat geschrieben: Donnerstag 11. Februar 2021, 20:10
erpie hat geschrieben: Donnerstag 11. Februar 2021, 19:54
Sie sollen das Taschenlampenlicht ihrer Mobiltelefone gen Himmel richten. Sie sollen Kerzen anzünden
Besser Kerzen. Hab vor paar Monaten mal gelesen, in Teheran hätte die dortige OMON Demonstranten einfach NACH der Demo abgegriffen und eingesackt. Handynummern geortet und dann frei parken :twisted:
Auf jeden Fall! Was mit der Ortung passiert sieht man an dem schönen Beispiel:
https://netzpolitik.org/2020/mit-99-sma ... ogle-maps/

Ist natürlich mehr als bedrohlich wenn es ums "leben" geht.
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