Brandbriefing aus Sydney

konopka77
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Brandbriefing aus Sydney

Beitrag von konopka77 »

Habe heute Post/Email bekommen von einem guten Freund aus
Australien. Ursprünglich kommt er aus Wuppertal. Er lebt mit seiner Familie seit ca. 20 Jahren in Sydney.

Ich weiß nicht so genau, wie es um die Berichterstattung dieser Katastrophe in D'land steht. In Kenya bekommt man fast keine Info.
Weder in den Printmedien, noch im TV.

Daher kopiere ich mal seinen 'Augenzeugenbericht' hier hinein (leider ohne Photos). Sehr interessant und bedenklich, wie ich finde:

''.....
Liebe FN-Schlachtenbummler,

angesichts der nicht aufhören wollenden Waldbrände in Sydney dachte ich, ich gebe Euch einmal ein kurzes Briefing. Danke auch für die verschiedenen Nachfragen von Euch.

Die Waldbrände sind inzwischen mehr als eine Katastrophe für die, die wie wir in Sydney wohnen, sondern reihen sich exemplarisch in die bislang bekannten extremen Auswirkungen des Klimawandels ein, wie zum Beispiel die nie dagewesenen Waldbrände in der Arktis, das Brennen von Regenwäldern Anfang des Jahres in Tasmanien und jetzt in Queensland (die ja eigentlich gar nicht brennen dürften) oder auch das Sterben des Korallenriffs.

Seit über vier Wochen sind wir Augenzeugen und vor allem Lungenzeugen des Desasters. Damals wurde erstmalig die Lage als „catastrophic“ hochgestuft und der Notstand in NSW ausgerufen. Seitdem ist Sydney an vielen Tagen von Rauschschwaden eingehüllt, die giftig sind. Gestern überstieg der Level zum Teil das 11-fache der höchsten Kategorie „hazardous“, wie ihr der beiliegenden Tabelle entnehmen könnte. Im CBD (Cook and Philip Park) war es „nur“ das 5-fache.

Die Luftverschmutzung ist oft mindestens doppelt so hoch wie in Delhi und angeblich über 20 Zigaretten stark. In den Gebäuden (!) sind 150 Rauchmelder angegangen und viele Schulen unterrichten keinen Sport mehr. An einem Tag waren über 600 Schulen wegen Brandgefahr geschlossen. Ich füge zwei Fotos mit dem Blick aus unserem Büro bei; eines vom Dienstag.

Zu Hause halten wir die Fenster geschlossen, denn draußen ist es so, als ob man neben einem Lagerfeuer sitzt. Experten gehen davon aus, dass dieser Zustand bis Ende Januar anhalten könnte, da oft wenig Regen in dieser Zeit fällt. Man sieht derzeit keine Möglichkeit, viele der Feuer zu löschen. Ich füge ein selbst aufgenommenes Foto über den Blue Mountains aus, auf dem ihr erkennt, warum: Es ist eine sehr große Feuerfront, die sich durch die öligen und leicht entflammbaren Eukalyptuswälder brennt.

Zählt man alle Fronten zusammen, ergibt sich eine Feuerfront von etwa 6.000 km. Das ist wie von Berlin nach New York, wie Katrin Meissner in einem Interview mit dem Deutschlandfunk und auch in einem Report der Süddeutschen Zeitung feststellt. Katrin ist eine sehr nette Freundin von uns, die das Climate change Resort der UNSW leitet. Sie macht besonders darauf aufmerksam, dass auch tropische und sogar gemäßigte Regenwälder brennen. Insgesamt mutet das Szenario apokalyptisch an.

Die Feuerwehr beruht in Australien im wesentlichen auf der Freiwilligen Feuerwehr. Es gibt nur sehr wenige Berufsfeuerwehrleute. Daher ist die Feuerbekämpfung im wesentlichen auch Gemeinden oder Länderangelegenheit. Die Stimmen werden aber lauter, dass sich auch der Bund endlich einschalten muss.

Bislang sind über 2.2 Millionen Hektar zerstört. Das ist eine Fläche, die größer ist als Slowenien oder Israel.

Richtigerweise macht Katrin auch darauf aufmerksam, dass die australische Regierung kurioserweise versucht, das alles kleinzureden und zu ignorieren. Wie sich viele von Euch erinnern, beruht Australien auf dem Businessmodell, Rohstoffe auszubeuten und ins Ausland zu verkaufen. Fossile Brennstoffe stehen dabei mit Kohle und Gas ganz oben auf der Liste. Australien hat es leider seit Jahrzehnten verschlafen, sein Businessmodel zu diversifizieren. Australien ist eines der am wenigsten diversifizierten Länder der Welt und steht in einer Reihe mit Iran, Mali und Turkmenistan. Stattdessen kam der PM Morrison noch 2017 mit einem Kohleklumpen ins Parlament, wie ihr Euch sicher erinnert. Ich hatte dem Finanzminister einmal vorgeschlagen, eine Kohlekommission nach dem deutschen Modell aufzusetzen. Das hielt dieser aber nicht für erforderlich, „da die Auftragsbücher ja voll seien.“

Der Klimawandel wird in Australien zum Politikum gemacht und von verschiedenen Politikern auch immer noch komplett verleugnet. Eine Verbindung der Waldbrände mit dem Klimawandel bezeichnete der Deputy PM Michael McCormack zu Mitte November als „inner-city raving lunatics“. Insgesamt verschärfen sich die Auseinandersetzungen und die Regierung erlässt eine ganze Reihe von „anti-protest laws“. So ist der Tasmanische Tarkine Forest, einer der weltweit wenigen noch existierenden gemäßigten Ur-Regenwälder von der Rodung bedroht. Ein neuer Gesetzesentwurf sieht eine Inhaftierung von bis zu 21 Jahren bei Besetzung des Waldes vor.


Auf der UN Climate Change Conference in Madrid versucht sich Australien gerade durchzumogeln, in dem es auf Vor-Kyoto Zahlen zurückgreift und wird dabei von allen anderen Ländern kritisiert. Das alles ist angesichts der Waldbrände sehr bitter und ich frage mich, was es eigentlich noch braucht für dieses Land, seiner nationalen und internationalen Verantwortung gerecht zu werden. Das gilt insbesondere, wo doch Australien eines der Hauptprofiteure des Montrealer Abkommens von 1987 zur Bekämpfung des Ozonlochs war.

Immerhin gibt es auch andere Tendenzen: unter anderem hat der ehemalige Verfassungsrichter Hayne, der auch Vorsitzender der Royal Commission on Banking unmissverständlich mitgeteilt, dass alle großen Unternehmen eine Climate Change Policy verabschieden sollten und dass Vorstände persönlich haftbar sein werden.

Was könnt ihr Kampferprobte also tun? Zwei Dinge halte ich für wichtig: Zum einen sollte Australien als Klimasünder entlarvt werden. Zum anderen ermutige ich Euch, Euch für Maßnahmen zum Klimawandel in Deutschland einzusetzen. Wir haben hier nun am eigenen Leibe erfahren müssen, was die Auswirkungen des Klimawandels bedeuten und leider ist dieses erst der Anfang.

In der Bundesrepublik würden im vorliegenden Fall einer solchen Naturkatastrophe übrigens nach Art 35 II GG auch die Streitkräfte – Bundeswehr – zur Amtshilfe herangezogen werden.

Ganz herzliche Grüße und schon jetzt trotz diese besorgniserregenden Anlasses: FROHE WEIHNACHTEN!

W.

...''
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Re: Brandbriefing aus Sydney

Beitrag von magical »

https://www.sueddeutsche.de/panorama/au ... -1.4689379



Das sind Bilder von Sydney eingehüllt nicht in Nebel sondern wie beschrieben in Rauch:

Bild

Bild


Bilder der Waldbrände kann ja auch jeder googeln. Unterscheiden sich aber ja auch nicht von anderen. Mal abgesehen von der einzigartigen Tierwelt die da mit zu Grunde geht. Aber das ist ja auch am Amazonas der Fall.

Das Ding ist halt, dass wir immer noch vergleichsweise wenig davon mitbekommen. Bin gespannt wie sich das die Jahre entwickelt. Weil all das was jetzt versucht wird sind ja nur Tropfen auf dem heissen Stein und wird mE von der völlig falschen Seite begonnen.

Aber hauptsache Politiker beleidigen immer weiter ein 16-jähriges Mädchen deren Frevel darin besteht auf die Probleme aufmerksam zu machen. :roll:
Wir haben 2 Leben, das zweite beginnt dann, wenn wir realisieren, dass wir nur das eine haben.

Spätestens wenn auf Deinen Hoden eine Mücke sitzt, wird Dir klar, dass sich nicht alle Probleme mit Gewalt lösen lassen.