Deppenwelt

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Depp72
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Deppenwelt: Hamburg hoch 2

Beitrag von Depp72 »

1) Udo ist jetzt Hamburger Ehrenbürger und die AfD kotzt im Strahl. :thumbup:
https://www.mopo.de/hamburg/cooler-ehre ... tschafter/


2) Respekt für zwei Schrifstellerinnen:
Mopo hat geschrieben:Der nächste große Schlag für das Harbour-Front-Festival – eins der größten Literaturfestivals des Landes, das am Donnerstag in Hamburg startet: Nach der aufsehenerregenden Absage des Nachwuchs-Schriftstellers Sven Pfizenmaier hat auch die Autorin Franziska Gänsler ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt.

Vor einer Woche hatte der Berliner Autor Sven Pfizenmaier bekannt gegeben, aufgrund der Nazi-Vergangenheit der Familie Kühne nicht mehr am Festival teilzunehmen und auch den Preis nicht zu wollen. Dieser wird von einer Jury für das beste literarische Debüt des Jahres vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. „Da sich Klaus-Michael Kühne aktiv dagegen wehrt, die NS-Historie seines Unternehmens aufzuarbeiten, möchte ich meinen Text nicht in einen Wettbewerb um sein Geld und eine Auszeichnung mit seinem Namen stellen“, schrieb er in einem offenen Brief.

Diese Entscheidung und die darauf folgenden Reaktionen haben Gänsler, die ihren Debüt-Roman „Ewig Sommer“ einem breiten Publikum vorgestellt hätte, bewegt. „Ich denke, es hätte einen öffentlichen Diskurs gebraucht, der ein Ernstnehmen seiner Kritik erkennbar macht und zeigt, dass es das Anliegen der Stiftung ist, genau das zu fördern – kritische literarische Stimmen“, sagt sie. „Leider zeigt die Reaktion für mich, dass dies nicht gegeben scheint.“ Die Kühne-Stiftung hatte lediglich davon gesprochen, Pfizenmaiers Nominierungs-Rückzieher zur Kenntnis genommen zu haben.

„Unter diesen Umständen weiter auf die Auszeichnung zu hoffen erscheint mir, unabhängig von der finanziellen Komponente, wie ein Wegsehen, das ich nicht gut mit mir und meinem Schreiben vereinbaren kann“, fasst die Nachwuchs-Autorin ihre Entscheidung zusammen. Sie ziehe ihre Nominierung ebenfalls zurück.

Klaus Michael-Kühne gehört zu den reichsten Menschen der Welt mit einem geschätzten Privatvermögen von 14,2 Milliarden US-Dollar. Seine Kühne-Stiftung fördert unter anderem das Harbour-Front-Festival.

Kwelle & mehr: https://www.mopo.de/hamburg/nach-eklat- ... rfestival/
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Depp72
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Deppenwelt: Das Ende des Kapitalismus

Beitrag von Depp72 »

Neues Buch von Ulrike Hermann.
KiWi-Verlag hat geschrieben: Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden

Demokratie und Wohlstand, ein längeres Leben, mehr Gleichberechtigung und Bildung: Der Kapitalismus hat viel Positives bewirkt. Zugleich ruiniert er jedoch Klima und Umwelt, sodass die Menschheit nun existenziell gefährdet ist. »Grünes Wachstum« soll die Rettung sein, aber Wirtschaftsexpertin und Bestseller-Autorin Ulrike Herrmann hält dagegen: Verständlich und messerscharf erklärt sie in ihrem neuen Buch, warum wir stattdessen »grünes Schrumpfen« brauchen.

Die Klimakrise verschärft sich täglich, aber konkret ändert sich fast nichts. Die Treibhausgase nehmen ungebremst und dramatisch zu. Dieses Scheitern ist kein Zufall, denn die Klimakrise zielt ins Herz des Kapitalismus. Wohlstand und Wachstum sind nur möglich, wenn man Technik einsetzt und Energie verbrennt. Leider wird die Ökoenergie aus Sonne und Wind aber niemals reichen, um weltweites Wachstum zu befeuern. Die Industrieländer müssen sich also vom Kapitalismus verabschieden und eine Kreislaufwirtschaft anstreben, in der nur noch verbraucht wird, was sich recyceln lässt.

Aber wie soll man sich dieses grüne Schrumpfen vorstellen. Das beste Modell ist ausgerechnet die britische Kriegswirtschaft ab 1940.
https://www.kiwi-verlag.de/buch/ulrike- ... 3462002553


Watson hat geschrieben:Die Welt der Zukunft ist voller Verzicht

Und diese Zeit haben wir nicht mehr, wenn es nach "taz"-Politikexpertin Ulrike Herrmann geht. Ihr Buch "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden" beschreibt ein Zukunftsszenario, wie wir bis 2045 null Emissionen erreichen können.

Wichtigster Punkt: Weil die erneuerbaren Energien nicht reichen werden, müsse man 50 Prozent der Wirtschaftsleistung herunterfahren, sagten Studien. Damit lande man nicht in der Steinzeit, beruhigt die Journalistin, sondern nur im Jahr 1978. Allerdings ohne Auto, auch ohne elektrische. "Die Energie wird nicht reichen für private Autos." An Flüge sei auch nicht zu denken, denn Biokerosin ist zu energieintensiv in der Herstellung. Herrmann erörtert: "Das bedeutet, dass man die ganze Wirtschaft umbauen muss. Das ist nicht trivial."

Weitere Veränderungen: Weniger Fleisch und man dürfe auch nichts mehr bauen, sondern müsse man mit den bisherigen Fläche auskommen, weil man nicht noch mehr Böden versiegeln dürfe. Rechnerisch blieben dann für jeden 40 Quadratmeter.

Lanz fragt die Grünen-Politikerin Lemke, was sie von diesen Ideen hält. Und sie positioniert sich überraschend ablehnend. "Ich kann mit einem Buch dieser Art in diesen Zeiten relativ wenig anfangen.“ Sie findet: "Wir werden grünes Wachstum brauchen." Herrmanns Szenario erinnere sie an Helmut Kohls "Blühende Landschaften in andersherum". Und Vorschriften zu machen, finde sie unfair: "Es ist ein Luxus, dass die Generation, die es verbockt hat, nun zu den jungen Leuten sagt: Das geht nicht mehr."

Sie glaubt: "Wir werden für viele Bereiche Lösungen brauchen, die wir heute noch nicht kennen." Aber Verzicht gehöre natürlich auch dazu.

https://www.watson.de/unterhaltung/tv/8 ... n-peinlich
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Re: Deppenwelt: Das Ende des Kapitalismus

Beitrag von Eckfahnenfan »

Depp72 hat geschrieben: Freitag 9. September 2022, 11:34 Neues Buch von Ulrike Hermann.
Watson hat geschrieben:Die Welt der Zukunft ist voller Verzicht

Lanz fragt die Grünen-Politikerin Lemke, was sie von diesen Ideen hält.
...
Sie glaubt: "Wir werden für viele Bereiche Lösungen brauchen, die wir heute noch nicht kennen." Aber Verzicht gehöre natürlich auch dazu.
You - vor allem der Verzicht auf Sozialismus. Stattdessen gibt es grün gewickelten Kapitalismus.
Meine Fresse, was hamse nicht schon alle an ihm rumgedoktert. Dabei ist doch offenkundig, dass seine Gebrechen irreparabel sind.
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Deppenwelt: Nur mit Karte!

Beitrag von Depp72 »

SZ hat geschrieben:Man muss zweimal lesen, um sicherzugehen, ob man das Schild an der Kasse richtig verstanden hat. Aber tatsächlich, es steht da wirklich: "No cash payment", keine Barzahlung also. In der Filiale der Gastronomie-Kette Dean & David am Münchner Hauptbahnhof kann die Kundschaft ihre Salate nur noch bargeldlos bezahlen. Das sei hygienischer, vermeide lange Schlangen und schütze die Filiale vor Überfällen, argumentiert das Unternehmen.

Noch ist das eine eher ungewöhnliche Strategie. Wenn ein Händler oder Gastronom hierzulande eine Bezahlweise nicht akzeptiert, dann handelt es sich dabei weiterhin meist um die Kartenzahlung.
[...]
In skandinavischen Ländern zeichnet sich diese Entwicklung schon lange ab. In Kopenhagen, Stockholm oder Oslo akzeptieren viele Cafés und Bars kein Bargeld mehr. Für die meisten Menschen dort ist es selbstverständlich, selbst das Obst auf dem Markt oder die Spende in der Kirche bargeldlos zu bezahlen.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ ... -1.5646807


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Atlan
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Atlan »

Aus dem von Depp72 verlinkten Artikel:
In skandinavischen Ländern zeichnet sich diese Entwicklung schon lange ab. In Kopenhagen, Stockholm oder Oslo akzeptieren viele Cafés und Bars kein Bargeld mehr.
:think:
Wird dann auch kein Trinkgeld in Bargeld mehr akzeptiert?
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Linden
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Linden »

In Dänemark zahlst du selbst auf dem Flohmarkt digital.
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Depp72 »

Atlan hat geschrieben: Samstag 10. September 2022, 14:53 Wird dann auch kein Trinkgeld in Bargeld mehr akzeptiert?
Vermutlich wird man es eher als obskur ansehen. Man muss ja diese wenigen ''anachronistischen'' Zahlungen wieder ins System einspeisen, damit die damit eigentlich bedachten Menschen etwas davon haben. Das kostet Zeit und Geld. War allerdings schon lange nicht mehr in Dänemark oder Skandinavien. Zu kalt und zu teuer. Italien und Spanien bieten da mehr.

Schon vor 10 Jahren war es in Amsterdam so, dass Automaten mit Bargeldakzeptanz für Bus- und Bahnfahrkarten in der Minderheit waren. Ein Cafe bei mir in Hamburg umme Ecke hatte schon vor drei Jahren den Hinweis: ''Kein Bargeld. Gern auch Trinkgeld per Karte''. Und China ist da noch einmal eine ganz andere Hausnummer. Spenden an Bettler? Ja, aber am besten per QR-Code auf deren Smartphone. The times they are changing. Außer im Sozialismus: da ist immer und always alles gut. Am deutschen Marxschen Wesen, soll die Welt genesen.

NZZ hat geschrieben:Liberale Ökonomen im Westen singen gern ein Hohelied auf das Bargeld. In China gilt es dagegen als Relikt aus vergangenen Tagen. Rechtsbrecher werden nun dazu verdonnert, statt das Smartphone Scheine und Münzen zu nutzen.

Chinas Justiz findet immer neue Wege, um Rechtsbrecher zu bestrafen. Die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua hat diese Woche über die Verurteilung von mehr als 2400 Kriminellen in der südchinesischen Provinz Guangdong berichtet, die die Codes von Debit- sowie SIM-Karten geknackt und anschliessend auf dem Schwarzmarkt verkauft hatten. Die Übeltäter müssen jedoch weder eine Busse zahlen, noch wandern sie hinter Gittern. Das Gericht in Guangdong war gewitzt und dürfte mit dem Strafmass die Rechtsbrecher im Mark getroffen haben: Ihnen ist es in den kommenden fünf Jahren untersagt, mit dem Smartphone oder einer Debitkarte zu zahlen. Ihr einziges Zahlungsmittel ist Bargeld. Auf dem chinesischen Twitter-Pendant Weibo war zu lesen, das Urteil sei zu grausam. «Es ist der soziale Tod.»

Der Netizen trifft mit der Aussage einen wunden Punkt. Selbst in den entlegensten Teilen Chinas werden fast nur noch die beiden mobilen Bezahlsysteme Alipay des Fintech-Unternehmens Ant Group sowie WeChat Pay des Internetkonzerns Tencent genutzt. Auch etliche Strassenmusikanten und Bettler haben sich dem Zeitgeist angepasst. Ihnen baumelt ein Foto mit einem QR-Code, wobei «QR» für «Quick Response» steht, um den Hals. Der Wohltäter scannt diesen ein und überweist die Almosen. Die Entwicklung ist so weit vorangeschritten, dass Chinas Notenbank, die People’s Bank of China, vor zwei Jahren Detailhändler ermahnt hat, es sei illegal, Bargeld abzulehnen. Zahlungen mit Scheinen oder Münzen scheitern oft daran, dass das Gegenüber kein Wechselgeld hat. Auf die Verurteilten in der Provinz Guangdong kommen harte Jahre zu.
https://www.nzz.ch/wirtschaft/barzahlen ... ld.1586836

Brandeins hat geschrieben:Als China zu einer Wirtschaftsmacht aufstieg, galt das Land als Fabrikhalle der Welt und Meister des Plagiats. Inzwischen kommen die globalen Handels-Trends von dort.

Den verdutzten Gesichtsausdruck der Bedienung kann ich trotz ihrer Maske deutlich ausmachen. Ihre Augen mustern meinen Geldschein mit dem roten Mao-Konterfei, als hätte ich soeben einen Revolver gezogen. „Bargeld nehmen wir hier nicht mehr an“, sagt die junge Chinesin mit der blauen Schürze und winkt abwehrend mit den Händen.

Im Hintergrund zischt eine Espressomaschine laut auf, die Schlange an ungeduldigen Büroangestellten in der Mittagspause wächst. Schließlich reicht die Frau ein Plastikschild, auf dem ein schwarz-weißer QR-Code prangt, über die Theke. Denn wer in Peking oder anderen Städten bei Luckin Coffee, Chinas Antwort auf Starbucks, einen Kaffee kaufen möchte, muss dies mit seiner Smartphone-App tun. Scannen, Pin eingeben und online zahlen – das gehört für den Großteil der 1,4 Milliarden Chinesen zum Alltag.

Auch Hotelbuchungen, Zug-Ticketkäufe oder Essenslieferungen lassen sich nur noch mit mobilen Zahldienstleistern tätigen. Online-Bezahlsysteme wie Wechat Pay sind unabdingbar, das Bargeld im Portemonnaie hingegen ist höchstens eine Reserve für den Fall, dass das Smartphone-Akku den Geist aufgibt. Selbst der Bettler in meiner Nachbarschaft hält Passanten seinen QR-Code unter die Nase.

[...]

Beim sogenannten Livestream-Shopping ist China ebenfalls führend. Das Konzept ähnelt konventionellem Teleshopping, wie es in Deutschland in den Neunzigerjahren durch Sender wie QVC verbreitet war. Nur ist die Online-Version deutlich aufgepeppt, wesentlich schriller und interaktiver: Junge Frauen und Männer präsentieren vor ihrer Handy-Kamera euphorisch die neueste Mode, sie probieren Kosmetikprodukte aus oder kosten Delikatessen. Meist benötigen die Influencer, deren Accounts von bis zu mehreren Millionen Nutzern gleichzeitig gesehen werden, dafür nichts als ein Smartphone, ein Stativ und Ringlicht. In Echtzeit preisen sie Produkte an, die vom Zuschauer am Handy umgehend gekauft werden können.

Einer der Stars der Szene, die chinesische Streamerin Viya, die hauptsächlich Mode verkauft, aber auch Kosmetikprodukte (Make-up-Sets und Cremes) und Lebensmittel (von Obstpaketen über Tütensuppen bis zu Meeresfrüchten), hat im Jahr 2019 für Schlagzeilen gesorgt, weil sie an einem Tag fast 350 Millionen Euro umsetzte.

Laut den jüngsten Daten der Regierung nutzen – Stand Juni 2020 – mehr als 309 Millionen Chinesen Livestreaming-Dienste für den Einkauf. Es ist die am schnellsten wachsende Internetanwendung der Volksrepublik: Mehr als 400 000 Händler verkaufen ihre Produkte per Livestreaming, im ersten Halbjahr 2020 haben sie damit 50 Milliarden Zuschauer erreicht.

https://www.brandeins.de/magazine/brand ... ht-mehr-an
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Atlan
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Atlan »

Digitale Zeiten, ist ja sonst auch okay.
Nochmal aus dem von Depp72 verlinkten Artikel:
Das sei hygienischer, vermeide lange Schlangen und schütze die Filiale vor Überfällen, argumentiert das Unternehmen.

Soll mein Abschluss sein, ich bezahle ja auch meist mit der Karte. Auch mal Beträge unter 5,00 €. Allerdings bisher ungern im Restaurant mit Karte.
Hygienischer kann sein, lange Warteschlangen vermeiden eher nicht. Es wird dann niemand mehr das Portemonnaie nach den passenden kleinen Münzen durchsuchen. Da habe ich mir jetzt angewöhnt, ab und zu am Geldautomaten das Kleingeld bei meiner Bank einzuzahlen. Das geht auch gut, aber man muss so einen Automaten in erreichbarer Nähe haben.
Wie läuft das Bezahlen mit Karte an der Supermarktkasse ab? Karte herausholen oder bereits vorher bereithalten. Scannen lassen, PIN eingeben oder (früher?) unterschreiben. Karte wieder einstecken. Geht das wirklich schneller wie einen passenden Schein etc. herausholen?
Und wenn die PIN nicht stimmt: Zu Hause anrufen: Schatz, die PIN stimmt nicht, es war doch...? Ach die, dann probiere ich die mal... Geht auch nicht... Mit Smartphone und QR-Code geht das vielleicht besser, vielleicht. Nutze ich noch nicht.
Ich habe auch schon vor dem Einkauf getankt und mit der Karte bezahlt, im Supermarkt wurde die Karte dann nicht akzeptiert. Bisher habe ich aber immer noch genügend Bargeld bei mir.
Bleibt der Schutz vor Überfällen.
Womit bezahlt man, wenn die Karte geklaut wurde oder verloren wurde? Dann lässt man die Karte ja sperren und eine neue kommt vielleicht 2 Wochen später. Hat meine Frau so (geklaut) erlebt, sie konnte dann auch kein Bargeld mehr abheben.
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Linden
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Linden »

Pin musst du seltenst eingeben, unterschreiben noch seltener.
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Atlan »

Linden hat geschrieben: Sonntag 11. September 2022, 09:12 Pin musst du seltenst eingeben, unterschreiben noch seltener.
Nach der PIN werde ich immer noch sehr häufig gefragt. Finde ich auch sinnvoll, sonst kann mit meiner Karte ja "jeder" einkaufen oder was bezahlen.
Andere Überlegung: Ohne Energie (Strom) läuft das alles nicht. Der Akku des Smartphones muss aufgeladen werden, das Lesegerät am Stromnetz angeschlossen, usw.
Und da heißt es, wir sollen Energie sparen.
Okay, es ist wohl alles dazu geschrieben. Wenn es dazu kommt, können wir - die meisten Bürger Deutschlands - uns noch daran gewöhnen, es lernen. Die Senioren, mit denen ich es beruflich zu tun habe - werden es aber schwer haben. Aktuell läuft es aber ja parallel, wenn wir 20 Jahre weiter sind, sieht das sicher anders aus.
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Deppenwelt: Großbritannien vor dem Winter des Aufruhrs?

Beitrag von Depp72 »

Blätter hat geschrieben:Der für einen kurzen Moment möglich scheinende Selbstreinigungsprozess der Partei ist damit längst verspielt. Und das in einer Situation, in der die Insel im Herbst in eine Wirtschaftskrise schlittern wird, neben der die deutschen Ängste vor höheren Energiepreisen wie müde Luxusprobleme wirken. Eine Krise, die ganz wesentlich auf das Konto der seit zwölf Jahren regierenden Tory-Partei geht und die Liz Truss sogar noch auf die Spitze treiben dürfte, wenn sie bei ihren jetzigen Ankündigungen bleibt, die vor allem weitere Steuererleichterungen für Besserverdienende versprechen. Viele auf der Insel fragen sich bereits jetzt, ob und wie lange Truss, wenn sie denn am 5. September zur Premierministerin gekürt wird, diesen drohenden „Winter of Discontent“ politisch überhaupt überleben kann. Das einzige, was damit einigermaßen sicher erscheint in diesen letzten Sommerwochen des Jahres 2022, ist die ungute Gewissheit, dass Großbritannien auch weiterhin nicht zur Ruhe kommen wird.

Es kracht und knirscht, wohin man auch schaut. Fast scheint es so, als habe Johnson die Bühne noch gerade rechtzeitig verlassen, bevor das ganze Theater zusammenbricht. Die Inflation hat bereits jetzt die seit 40 Jahren nicht mehr erreichte Hürde von 10 Prozent genommen, die Bank of England prognostiziert eine weitere Steigerung auf 13,3 Prozent bis zum Ende des Jahres, die Citi Bank gar 18 Prozent. Gleichzeitig dürften sich die Energiekosten mehr als verdoppeln. Während ein vierköpfiger Haushalt bislang etwa 1200 bis 1600 Pfund pro Jahr für Strom ausgab, könnten das im kommenden April an die 5000 Pfund werden – eine Preissteigerung von fast 300 Prozent. Die Gründe dafür sind vielfältig, wesentlich dazu beigetragen hat die kaum regulierte britische Stromindustrie.[1]

Es droht eine humanitäre Krise

Diese dramatische Verteuerung trifft auf eine schon jetzt zu großen Teilen massiv verarmte Bevölkerung. Die unteren 10 Prozent verlieren durch Inflation und Preissteigerung ab Herbst um die 17 Prozent ihres Netto-Einkommens und da die Briten generell weniger sparen als beispielsweise die Deutschen, dürfte es sich nur um Monate handeln, bis dieser Teil der Bevölkerung in nackte Armut abstürzt. Es trifft aber auch die Mittelschicht: Die University of York geht in einer großangelegten Studie davon aus, dass insgesamt 45 Millionen Briten, also zwei Drittel der Bevölkerung, in diesem Winter ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können und sich verschulden müssen, wenn sie es dennoch tun wollen.[2] Hinzu kommt ein kollabierendes Gesundheits- und Pflegesystem, das schon vor der nächsten, für den Herbst erwarteten Covid-Welle nicht mehr zuverlässig funktioniert. Zwölfstündige Wartezeiten auf einen Rettungswagen sind schon lange keine Ausnahme mehr. Wer diese Hürde als Notfallpatient genommen hat, wartet dann oft noch einmal viele Stunden in der Ambulanz vor dem Krankenhaus, weil dort kein Bett mehr frei ist.[3] Einer der Gründe: Im ganzen Land fehlen 160 000 Pfleger, allein in England zusätzlich über 100 000 Ärzte und Krankenschwestern. Gordon Brown, der ehemalige Labour-Premier warnte unlängst vor einer humanitären Krise, die auf das Land zurolle wie ein Tsunami, sollte die Regierung nicht umgehend nach Lösungen suchen.

Kwelle & mehr: https://www.blaetter.de/ausgabe/2022/se ... s-aufruhrs
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Re: Deppenwelt

Beitrag von erpie »

Die CDU ist dann doch weiter...
Ein anderes Queen-Motto verführte die CDU bereits zu Beginn der Versammlung zu programmatischer Ehrlichkeit: „An honest tale speeds best, being plainly told“, zitierte einst William Shakespeare in „King Richard III“ ihre Majestät Elizabeth I., und so teilte die Partei dann auch schnörkellos mit: „Traditionell starten wir unseren Parteitag mit einer ökonomischen Andacht und der Ehrung der Verstorbenen.“ Es kommentiert ganz ökumenisch der überparteilich anerkannte Prediger Jesus Christus: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ (Matthäus 6,24).
https://checkpoint.tagesspiegel.de/lang ... en-andacht
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Deppenwelt: Die weltweit 10 größten Unternehmen

Beitrag von Depp72 »

https://app.handelsblatt.com/politik/ra ... 52302.html

''Das US-Magazin „Forbes“ vergleicht diese Konzernriesen nach Umsatz, Gewinn sowie den Vermögens- und Marktwerten. Jährlich resultiert daraus ein Ranking der größten Unternehmen der Welt – „The Global 2000“.''

1) Berkshire Hathaway
2) Industrial and Commercial Bank of China
3) Saudi Arabian Oil Company
4) JPMorgan Chase
5) China Constuction Bank
6) Amazon
7) Apple
8) Agricultural Bank of China
9) Bank of America
10) Toyota


Bin etwas überrascht, dass Alphabet nicht dabei ist. Nur Platz 11. Größtes deutsches Unternehmen auf Platz 25: VW. Unter den Top 30 machen Unternehmen aus den USA und China 75 % aus. Wobei die Amerikaner 15 Firmen stellen, die Chinesen ''nur'' 9. Der Rest: Je 1x Saudi-Arabien, Japan, Südkorea, Großbritannien, Deutschland + Frankreich. Ganze Liste: https://www.forbes.com/lists/global2000/
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Deppenwelt: Rechte Ökologien

Beitrag von Depp72 »

Geschichte der Gegenwart hat geschrieben:Ökologien müssen nicht links sein. In den letzten Jahren ist der Biologe Jakob von Uexküll zum heimlichen Star eines rechten ökologischen Nachdenkens über den Menschen in der Natur aufgestiegen. Seine Nähe zum Nationalsozialismus wurde bisher ignoriert.

Ökologie hat heute das Image, links und liberal zu sein. Aber das ist nicht immer so gewesen – und wenn es nach der ‚Neuen Rechten‘ geht, soll es auch nicht mehr lange so bleiben. Die Tradition einer ‚konservativen Ökologie‘ wird derzeit in rechten Organen wie Sezession, Die Kehre oder der eingestellten Zeitschrift Umwelt & Aktiv wiederbelebt. Das Motto: Ein Volk kann nicht von seinem Lebens- und Kulturraum getrennt werden, ohne seine Überlebensgrundlage zu verlieren. Dieser reaktionäre Natur- und ‚Volksschutz‘ ist an Teile der Ökobewegung anschlussfähig – auch wenn diese sich nicht als rechts begreift.

Wenn mithin der Begriff der Umwelt in diesem Sinne von rechten Vordenkern wie Michael Beleites oder Alain de Benoist verwendet wird, um einem Volk einen genuinen Lebensraum zuzusprechen, aus dem alle anderen ausgeschlossen werden, greift man nicht nur auf die bereits im 19. Jahrhundert entstehende ‚Blut und Boden‘-Ideologie zurück, sondern reaktiviert vor allem eine Bedeutungslinie des Umweltbegriffs, der 1909 vom baltischen Biologen Jakob von Uexküll (1864-1944) geprägt wurde.



Kwelle & mehr: https://geschichtedergegenwart.ch/recht ... naissance/
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Linden »

Rechte Ökologie ist doch ein alter Hut, Stichwort Anastasia-Bewegung.
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Deppenwelt: Mit Fake-Fotos gegen Fake News

Beitrag von Depp72 »

Der Standard hat geschrieben:Mit einer gefälschten Fotoserie über die mazedonische Stadt Veles gewann der norwegische Fotograf Jonas Bendiksen beim World Press Photo Award

Hillary Clinton steckt unter einer Decke mit Kinderschändern, und der Papst empfiehlt, Donald Trump zu wählen. Mit Fake-News-Geschichten wie diesen verdienten sich 2016 im US-Wahlkampf Schüler und Studentinnen von Veles eine goldene Nase – und beeinflussten das Rennen um das US-Präsidentenamt. Millionenfach geklickt, spülten solche Falschmeldungen dank Werbung tausende Euro in die Kassen der Schreiberinnen und Schreiber. Donald Trump gewann die Wahl, und Veles war das Epizentrum von Lügen und Desinformation. Eine kleine Stadt mit großer Wirkung, zwischen Faszination und Verachtung.

Was Veles von gezielter Propaganda und Manipulation, wie sie etwa von russischen Trollfabriken ausgeht, unterscheidet, ist, dass es nicht um Ideologie, sondern um Geld ging. "Diesen Leuten war es egal, wer Präsident wird, die wollten nur etwas verdienen", sagt Jonas Bendiksen. Der norwegische Fotograf war so fasziniert von den mazedonischen Fake-News-Schleudern, dass er selbst Fälschungen produzierte. Und damit beim World Press Photo Award reüssierte.

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Deppenwelt: Woran erkennt man den Deutschen im Ausland?

Beitrag von Depp72 »

Er fragt in Italien nach Cevapcici. Verlangt in Thailand Stäbchen. Bestellt die Vorspeise als Hauptgericht. Und um die auf die Cent-Summe strikt getrennt zu zahlende Rechnung entbrennt eine stundenlange Diskussion mit anschließender gründlicher interner Revision innerhalb der Gruppe. Vorteil: Er ist anspruchslos in Bezug auf die Essensqualität. Aber bitte goldene Lüster und devote Bückhaltung. Chili und Knoblauch repräsentieren für ihn 2* Sterne-Küche sowie kulinarischen Wagemut. Ethanol aufs Haus gilt als Gastfreundschaft.

An sich isser aber ganz nett, der Deutsche. Und's schmeckt durchaus: Ob nun Grützwurst, Pinkel, Maultäschle Weißwurst oder Handkäs. Er will auch nur esse, der deutsche Schwanzlutscher. Hauptsach' gut g'ess, sagt die Saarländer. Und wer so nah mit den Franzosen ist, der kann nicht falsch liegen. Wobei: Sind die Saarländer jetzt Deutsche im Ausland oder Ausländer in Deutschland?
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Deppenwelt: Mittagspause vor 90 Jahren

Beitrag von Depp72 »

Deutschlandfunk hat geschrieben:Vor 90 Jahren fotografiert
„Lunch atop a Skyscraper“ – eine Ikone der Fotografie-Geschichte

Jeder kennt das Foto: Elf Männer lachend auf einem Stahlträger, 250 Meter hoch über New York zur Zeit der Großen Depression. Vermutlich war es der Fotograf Charles Ebbetts, der hier eine Aufbruchsstimmung festhalten wollte – und doch von Verzweiflung erzählt.
Spoiler
Show
Bild

https://www.deutschlandfunk.de/foto-lun ... r-100.html
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Eckfahnenfan

Re: Deppenwelt: Mittagspause vor 90 Jahren

Beitrag von Eckfahnenfan »

Depp72 hat geschrieben: Mittwoch 28. September 2022, 09:29
Deutschlandfunk hat geschrieben:Vor 90 Jahren fotografiert
„Lunch atop a Skyscraper“ – eine Ikone der Fotografie-Geschichte

Jeder kennt das Foto: Elf Männer lachend auf einem Stahlträger, 250 Meter hoch über New York zur Zeit der Großen Depression. Vermutlich war es der Fotograf Charles Ebbetts, der hier eine Aufbruchsstimmung festhalten wollte – und doch von Verzweiflung erzählt.
Spoiler
Show
Bild

https://www.deutschlandfunk.de/foto-lun ... r-100.html
Faszinierendes Bild.
Gibt Interessantes aber auch aus deiner Nähe. Dokumentiert in dem Bildband "Eine Stadt wird bunt". Zur Graffiti-Geschichte Hamburgs.
Sehr schöne Dokumentation über eine Subkultur, in der das Spießertum nichts als Sachbeschädigung und Schmiererei sehen kann.
Vorstellung hier:
https://taz.de/Graffiti-Buch-Eine-Stadt ... /!5870185/
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Re: Deppenwelt: Mittagspause vor 90 Jahren

Beitrag von Depp72 »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Mittwoch 28. September 2022, 10:48 Gibt Interessantes aber auch aus deiner Nähe. Dokumentiert in dem Bildband "Eine Stadt wird bunt". Zur Graffiti-Geschichte Hamburgs.
Sehr schöne Dokumentation über eine Subkultur, in der das Spießertum nichts als Sachbeschädigung und Schmiererei sehen kann.
Vorstellung hier:
https://taz.de/Graffiti-Buch-Eine-Stadt ... /!5870185/
Du liest die Kinder-FAZ?

Es ist in größeren Teilen sogar nur Schmiererei und Sachbeschädigung. Und es in Teilen auch Kunst. Bei mir umme Ecke konnten Graffiti-Künstler eine größere Hausdurchfahrt gestalten. Sehr geil und kreativ. Auch an vielen Stellen wo das Graffiti nicht bestellt wurde, gibt es tolle Kunst. Aber es ist recht ungeil in einer S-Bahn zu fahren, deren Scheiben von außen fast komplett zugesprayt worden sind. Viele Tags sind einfach nur menschliche Hundepissmarken: ich war hier. Und da er im taz-Artikel erwähnt wurde: Der verstorbene Hamburger Sprayer Oz, kein Jugendlicher, sondern ein Typ im reiferen Alter mit Verhaltensauffälligkeiten, hinterließ immer nur das sein Zeichen: Oz. Tausendfach. Wie kreativ. Was ist daran toll. Manche aus der linken Szene haben ihn dann noch als Freigeist gefeiert. Auweia. Deren Gesichter möchte ich sehen, wenn ich an ihre Haustür CDU spraye.

Danke für den Hinweis.

Gibt übrigens eine App Street Art Cities mit der man entsprechende Kunstwerke in seiner Umgebung erkunden kann. Wie groß der Fundus ist, weiß ich nicht. iOS und Android. Kostenlos, gibt allerdings in App-Käufe. Dafür hat sie keine lästigen Tracker und braucht wenige Berechtigungen auf dem Smartphone. Guggst Du: https://play.google.com/store/apps/deta ... l=de&gl=US
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Depp72
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Deppenwelt: Verantwortungseigentum

Beitrag von Depp72 »

Zeit hat geschrieben:"Patagonia ist jetzt Pionier einer neuen Form des Kapitalismus"

Der Outdoorhersteller verschenkt nicht bloß sein Vermögen. Die Marke soll Profit machen – nur für einen höheren Zweck. Ein Vordenker für das Modell erklärt, wie es geht.

Wie können Unternehmen sinnorientiert arbeiten? Zum Beispiel, indem man ihnen eine neue Rechtsform zur Verfügung stellt, sagt Armin Steuernagel. Eine, in der sich ein solches Unternehmensverständnis einfacher und langfristig umsetzen lässt. Der Mitbegründer des internationalen Netzwerks Purpose und Vorstand der deutschen Stiftung Verantwortungseigentum hat auch in den USA Vorarbeit für Patagonias Entscheidung geleistet.

ZEIT ONLINE: Herr Steuernagel, der Gründer der Outdoormarke Patagonia hat sein Unternehmen gemeinnützig verschenkt. Die Gewinne erhält die Umweltorganisation Holdfast Collective, die Kontrolle liegt bei einem Purpose Trust. Ist Patagonia jetzt eine wohltätige Organisation? Oder ist es am Ende ein genialer Steuertrick?

Armin Steuernagel: Genau das wird jetzt in den USA diskutiert: Ist es vielleicht ein super effizientes Steuersparmodell, bei dem die Familie Chouinard am Schluss doch noch die Kontrolle behält? Aber ein Steuersparmodell würde bedeuten, dass ich mein Vermögen erhalte. Der Patagonia-Gründer hat dagegen ein Modell gewählt, in dem er sein komplettes Vermögen los wird und keinen Zugriff mehr darauf hat. Er hat es von den Kontrollrechten abgespalten. Die Steuerbehörden werden penibel darauf achten, dass er sich nicht doch verdeckte Gewinnausschüttungen in Form von Gehältern, Dienstwagen etc. zukommen lässt. Also nein, ein Steuersparmodell ist es definitiv nicht.

Nur die Frage, in welchem Ausmaß die Familie noch Kontrolle behält, ist nicht komplett beantwortet. Die Satzung des Trusts, der die Stimmrechte hält, ist nicht öffentlich. Was Patagonia kommuniziert: Familienmitglieder sitzen weiter im Trust. Aber nicht, ob die Position des Trustees, also des Treuhänders, vererbbar ist.

ZEIT ONLINE: Und ist es damit das Gegenteil – eine Spendensammelmaschine für Umweltorganisationen?

Steuernagel: Nein. Es ist einfach falsch zu sagen, der Gründer habe sein Unternehmen an NGOs gespendet. Patagonia bleibt ein for-profit business, das steht auch eindeutig auf der Website. Der Unterschied zu anderen Unternehmen ist erstens, dass die Gewinne gespendet werden. Also das Geld, das nach allen nötigen Investitionen übrig bleibt. Und zweitens macht man nicht Gewinne auf Teufel komm raus. Chouinard hat explizit gesagt, dass er eine Unternehmensform will, die dafür sorgt, dass das Unternehmen "on purpose" bleiben kann. Es soll einem übergeordneten Zweck dienen. Dafür muss es investieren und die Werte des Unternehmens bewahren können.

ZEIT ONLINE: Er hätte das Unternehmen aber auch verkaufen und das Geld einfach direkt spenden können. Immerhin wird der Wert von Patagonia auf drei Milliarden Euro geschätzt. Kann ein profitables Unternehmen mehr für den Klimaschutz erreichen?

Steuernagel: Klar, er hätte auch den Verkaufserlös oder einen Teil der Aktien einer Stiftung schenken können, wie Thyssenkrupp es getan hat, oder Bill Gates. Das hat Chouinard natürlich analysiert. Er sagt aber: Ich will nicht der größte Philanthrop werden, sondern: Mir ist die Form des Unternehmens so wichtig, dass ich es nicht verkaufen will. Dann würde er Patagonia in die Hände von Investoren geben und könnte nicht mehr sicherstellen, dass die Werte des Unternehmens bewahrt bleiben.
[...]

ZEIT ONLINE: Was zeichnet diese neue Form des Kapitalismus aus?

Steuernagel: Diese neuen Kapitalisten, also diejenigen, die die Stimmrechte im Unternehmen halten und strategische Entscheidungen treffen, sind Menschen, die sich mit dem Unternehmen innerlich verbinden – so verstehe ich Chouinard. Sie arbeiten nicht dafür, den Shareholder Value, also den Börsenwert eines Unternehmens, immer weiter zu vergrößern. Einfacher gesagt: Diese Kapitalisten denken nicht mehr vor allem an ihr eigenes monetäres Wohl – denn sie profitieren auch gar nicht unmittelbar von den Gewinnen des Unternehmens.
[...]

Als ich Purpose US mit aufgebaut habe, merkte ich, wie sehr man dort gegen Windmühlen kämpft. Auch in Deutschland wurden wir anfangs als Kommunisten und alles mögliche beschimpft. Aber in den USA sitzt das Menschenbild, das auf Eigennutz fokussiert ist, den Leuten noch viel tiefer in den Knochen.

ZEIT ONLINE: Dieses Menschenbild gibt ja nicht ohne Grund. Immerhin führte die Vorstellung, dass die Menschen sich fürs Gemeinwohl mindestens genauso anstrengen, zu Hungersnöten. Die gewinnorientierte Marktwirtschaft hat sich besser geschlagen als der Kommunismus.

Steuernagel: Schon Denker wie Aristoteles haben es auf den Punkt gebracht: Die Idee von privatem Eigentum ist der von Staatseigentum deshalb überlegen, weil wir Menschen haben, die ihm verbunden sind, sich identifizieren und vor Ort an vielen Stellen Lösungen suchen. Nicht Menschen, die anonym und distanziert von irgendwelchen Planungszentralen aus sagen, wie es läuft. Aber heute bekommt man oft den Eindruck, dass wir gar nicht mehr in einer Welt leben, in der bei großen Unternehmen echte Eigentümer dahinter stehen. An vielen Stellen hat sich die Wirtschaft anonymisiert.

ZEIT ONLINE: Zu diesem Eindruck haben auch Erlebnisse in Ihrer eigenen Familie beigetragen, richtig?

Steuernagel: Mein Vater war ärztlicher Direktor an einer Klinik, die mehrfach verkauft wurde. Als sie an einen Konzern ging, der stark von Quartalsrhythmen getrieben war, wurde aus einem Ort, zu dem die Menschen gerne hingehen, ein fahler Ort. Mit unglücklichen Patienten und Mitarbeitenden, die keine wichtigen Entscheidungen mehr treffen können. Alles wurde in die Konzernzentrale delegiert. Mein Vater musste die Hälfte des Personals entlassen, obwohl die Klinik hochprofitabel war. Und der Konzern? Hat selbst auch keine echten Eigentümer, sondern Aktionäre, die in Nanosekunden von großen Computern gesteuert ein- und aussteigen. Das sind eher absentee owners.
[...]

ZEIT ONLINE: Um Unternehmen zu ermöglichen, am Gemeinwohl orientiert zu wirtschaften, haben Sie 2015 die Purpose Stiftung mitgegründet. Was ist so schwierig daran?

Steuernagel: Das Gesellschaftsrecht und die Unternehmensformen wie AG oder GmbH stammen aus der späten Kaiserzeit. Es sieht die Möglichkeit gar nicht vor, dass man als Eigentümer unternehmerisch tätig ist, ohne die Gewinne und das Vermögen für sich in Anspruch zu nehmen. Auch nicht, dass man sagt: Die Anteile sollen weder vererbt noch frei verkäuflich sein. Deshalb müssen wir sehr umständlich rechtliche Krücken schaffen, um überhaupt so etwas wie Verantwortungseigentum umzusetzen. Das ist komplex und viele Start-ups und mittelständische Unternehmen können oder wollen sich keine Stiftung leisten. Bei Purpose bieten wir deshalb eine Zwischenlösung: Wir teilen uns eine Stiftung mit ganz vielen Unternehmen. Es ist ein wirklich komplizierter und nerviger Akt.
[...]

Steuernagel: In Dänemark gibt es diesen rechtlichen Rahmen. Dort sieht man, wie groß das Potenzial ist: Etwa 1.000 Unternehmen befinden sich in Verantwortungseigentum, das ist die Mehrzahl der großen dänischen Unternehmen, und sie entsprechen 70 Prozent des Wertes des dänischen Börsenindexes. Darunter befinden sich Carlsberg, Novo Nordisk und Maersk.

ZEIT ONLINE: Moment, Börsenindex? Wie geht das denn zusammen mit der Idee, dass der Shareholder Value für die Unternehmensführung keine Rolle spielt?

Steuernagel: Manche wie das Pharmaunternehmen Novo Nordisk notieren Anteile ohne Stimmrechte an der Börse, um sich zu finanzieren. Die Stimmrechte sind nicht erblich oder verkäuflich. Selbst wenn alle Aktionäre sich zusammentun würden, hätten sie unternehmerisch nichts zu sagen. Sie können das Unternehmen also auch nicht vor sich hertreiben. Novo Nordisk wurde von Anfang an von Ärzten in Europa gegründet. Sie haben das Patent für die Produktion von Insulin von dem kanadischen Erfinder unter der Voraussetzung bekommen, dass die Gewinne in eine Stiftung fließen. Sie spenden sie unter anderem für die Forschung, die Insulin überflüssig machen soll – also eigentlich gegen das eigene Geschäftsmodell.
[...]

ZEIT ONLINE: Wachstumskritikerinnen sehen den Zwang zu wachsen, den ökonomische Modelle für unseren Wohlstand zugrunde legen, als unvereinbar mit den planetaren Grenzen. Wie wirkt sich Verantwortungseigentum darauf aus?

Steuernagel: Es schafft ihn ab. Wachstumszwang habe ich entweder, weil Aktionäre investiert haben und noch mehr aus ihrer Anlage rausholen wollen. Oder bei Familienunternehmen, weil die Familie wächst und versorgt werden will. Unternehmen in Verantwortungseigentum leben im Durchschnitt länger, sie haben den Antrieb, sich zu wandeln. In Dänemark melden sie auch eine doppelt so hohe Zahl an Patenten an.

Kwelle & mehr: https://www.zeit.de/green/2022-09/patag ... ettansicht


Spannende Idee, aber sicherlich auch kein Allheilmittel. Das hatten ja schon der Karl und die Rosa.
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Re: Deppenwelt: Verantwortungseigentum

Beitrag von Eckfahnenfan »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 29. September 2022, 20:06
Zeit hat geschrieben:"Patagonia ist jetzt Pionier einer neuen Form des Kapitalismus"


Steuernagel: ... Wachstumszwang habe ich entweder, weil Aktionäre investiert haben und noch mehr aus ihrer Anlage rausholen wollen. Oder bei Familienunternehmen, weil die Familie wächst und versorgt werden will.


Kwelle & mehr: https://www.zeit.de/green/2022-09/patag ... ettansicht
Hammerharte Kapitalismus-Erklärung von Steuernagel. "Wachstumszwang" weil zu viel gevögelt. :lol:
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Depp72
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Deppenwelt: 10 % Inflation? Lächerlich!

Beitrag von Depp72 »

Die Türkei liegt offiziell bei 80 %.
FAZ hat geschrieben:Panik brachte ihn zum Reden, und sobald er redete, verschlimmerte sich die Situation weiter: In der Türkei verlieren die Menschen den Glauben an Erdoğans immer wirrere Erklärungen für die Lage, die er verursacht hat.

Im November sind Erdoğan und seine AKP 20 Jahre an der Macht. Nie zuvor haben eine Partei oder ein Staatschef die Türkei so lange ununterbrochen regiert. Fraglos ist es nicht einfach – mit populistischen, opportunistischen oder machiavellistischen Methoden –, so viele Wahlen zu gewinnen und das politische System des Landes per Volksabstimmung zu ändern.

Diese außerordentlich lange Regierungsdauer liegt allerdings – leider – nicht im Wohlergehen der Bevölkerung oder der Erweiterung von Grundrechten und Freiheiten begründet. Der Punkt, an dem die Türkei am Ende dieser 20 Jahre steht, ist das Ende nahezu sämtlicher globaler Indexe. Von Menschenrechten bis Bildungsniveau sind wir in zahllosen Bereichen auf Grund gelaufen. Dem Demokratieranking der Universität Göteborg zufolge stehen wir auf Platz 147 von 179 Ländern. Selbst Ruanda und Bangladesch liegen vor uns. Das Schanghai-Ranking für akademischen Erfolg weist unter den besten 400 Universitäten der Welt keine einzige türkische Hochschule mehr aus. Und auf der Liste des Internationalen Gewerkschaftsbunds sind wir eines der zehn schlechtesten Länder für Arbeitnehmer auf der Welt.

Keiner dieser Negativrekorde hat die 20-jährige Regierung Erdoğans bedroht. Die Erschütterungen in der Wirtschaft aber könnten dazu führen, dass er sich nach den Wahlen im Juni 2023 aus dem Palast verabschieden muss.
[...]
2018 war Erdoğan mit 52,59 Prozent gewählt worden, innerhalb der letzten zwölf Monate war der Stimmenschwund dramatisch. Während die ganze Welt Inflation mit Zinserhöhungen bekämpft, schwor Erdoğan auf seine These, die Inflation sei die Folge hoher Zinsen, und senkte die Zinsen. Erdoğans Krieg gegen die Wirtschaftswissenschaften trieb die Inflation so weit in die Höhe, dass wir auch in dieser Disziplin den Weltrekord gebrochen haben. Mit der offiziell verkündeten Inflationsrate von 80,21 Prozent haben wir selbst Argentinien überholt und sind nun Weltmeister. Gäbe man die tatsächliche Rate bekannt, würden wir nicht nur den Rekord auf der Erde brechen, sondern in der gesamten Galaxie.
[...]
Was Erdoğan binnen Jahresfrist einen von drei Wählern gekostet hat, war seine panische Reaktion, mit der er die Märkte durcheinandergewirbelt hat. Panik brachte ihn zum Reden, und sobald er redete, verschlimmerte sich die Situation weiter. Als er am 17. November 2021 mit der fixen Idee vom Wachstum verkündete: „Zinsen sind die Ursache, die Folge ist Inflation“, betrug die Inflationsrate 21 Prozent. Einen Monat nach seiner Ankündigung, sie würde „schnell sinken“, stieg sie über 36 Prozent. Und unmittelbar nachdem er gesagt hatte: „Die Inflation sinkt jetzt, das ist sicher“, bezifferte die vom Palast gelenkte Statistikbehörde sie auf 48 Prozent. Dann sagte er: „Nach dem Monat Mai wird sie zurückgehen“, heute ist sie mit 80,21 Prozent Nummer eins in der Welt. Unter den Entwicklungsländern sind wir das Land, dessen Währung am schnellsten an Wert verliert. In den ersten acht Monaten dieses Jahres ist die türkische Lira im Verhältnis zu Fremdwährungen um mehr als 25 Prozent abgestürzt. Alles ist extrem teuer geworden. Für den Betrag, den wir vor sieben Jahren für einen VW Golf mit Kilometerstand null hingeblättert haben, bekommen wir heute kaum das neue iPhone.

Und es geht nicht allein um Importprodukte. Alle Preise gehen durch die Decke. Mieten und Kaufpreise für Wohnungen sind innerhalb eines Jahres in Istanbul, wo ich wohne, um 200 Prozent gestiegen. Verstehen Sie auch das nicht als kritische Meinung. Vielmehr referiere ich den Immobilienindex der Zentralbank, dessen Chef von Erdoğan in den letzten vier Jahren vier Mal ausgewechselt wurde. Die Steigerung der Wohnkosten zersetzt das demografische Gleichgewicht in den Städten. Angestellte im öffentlichen Dienst, deren Gehälter im Inflationsklima abschmelzen, kommen in den Großstädten aufgrund der hohen Mieten kaum noch über die Runden. Laut Daten der Beamtengewerkschaft haben sich die Anträge von Angestellten im öffentlichen Dienst auf Versetzung in günstigere Städte um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Die Beamten können es sich nicht leisten hierzubleiben, Studenten, die hier einen Studienplatz bekommen, nicht herzukommen. Einen Studienplatz an einer der Universitäten in den Metropolen zu ergattern ist nicht leicht. Doch 106.000 junge Leute haben sich trotz bestandener Zulassungsprüfung nicht innerhalb der Anfang dieses Monats abgelaufenen Frist immatrikuliert. Aus einem so simplen wie traurigen Grund: Ihre Familien sind außerstande, die Kosten für die Unterkunft in den Großstädten aufzubringen.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... ageIndex_2


PS:
„Die Inflation sinkt jetzt, das ist sicher“, das erinnert stark an Nobby Blüm. :mrgreen:
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Deppenwelt: Mit Gott auf unserer Seite

Beitrag von Depp72 »

Republik hat geschrieben:Sie kämpfen für einen Gottes­staat USA

Christlicher Faschismus, weisse Vorherrschaft und Verbindungen zu Milizen: Am Vorabend der Zwischen­wahlen geben bei den Republikanern Radikale den Ton an.
[...]

Wer sich fragt, wie der amerikanische Faschismus im Jahr 2022 aussieht, sollte den Blick nach Pennsylvania richten. Der dortige republikanische Kandidat für den Gouverneurs­posten heisst Doug Mastriano und verkörpert einen der gefährlichsten und immer rascher um sich greifenden Trends in der Republikanischen Partei – und im weiteren Sinne der amerikanischen Rechten.

Mastrianos Welt ist geprägt von der Idee einer christlichen Vorherrschaft, von Gewalt, offenem Faschismus und weissem christlichem Nationalismus. Hinter Letzterem verbirgt sich die Vorstellung, dass das Land von weissen Christen für weisse Christen gegründet worden sei und diese Bevölkerungs­gruppe deshalb auch über die politischen und kulturellen Geschicke der Nation zu entscheiden habe.

Mastriano pflegt ausserdem Kontakt zu theologischen Strömungen, die zwar schon vor Jahren in der amerikanischen politischen Rechten aktiv waren – aber damals noch verborgen hinter den Kulissen. Mainstream-Rechte wie Rick Perry, der spätere Energie­minister unter Donald Trump, versuchten vor einem Jahrzehnt in der Regel noch, ihre Verbindungen zu entsprechenden Gruppen bedeckt zu halten. Doch diese Zeit relativer Zurück­haltung in der Öffentlichkeit ist definitiv vorbei, und Mastriano ist ein leuchtendes Beispiel für den Aufstieg des amerikanischen christlichen Faschismus im 21. Jahrhundert.

[...]
QAnon-Kandidaten sind zum Standard bei republikanischen Vorwahlen geworden. Sie gewinnen vielleicht nicht, aber ihre Ideen sickern mehr und mehr in den Mainstream ein.

Hierbei handelt es sich um eine über Jahrzehnte erfolgreich verfolgte Strategie der extremen Rechten: Sie stellt Kandidatinnen auf, die durch ihre extremen Positionen polarisieren und zwar die Wahl verlieren, aber durch ihre Debatten mit dem Partei-Establishment radikales Gedanken­gut in den Mainstream bringen. Das lässt sich auch bei Mastriano beobachten, der gemäss aktuellen Umfragen nur rund zehn Prozent­punkte hinter seinem demokratischen Gegner liegt – bemerkenswert, wenn man die Radikalität seiner politischen Überzeugungen betrachtet. Mastriano hat noch bis zum 8. November Zeit, die Lücke zu schliessen – dann finden die Zwischen­wahlen für den Kongress und die Gouverneurs­wahl in Pennsylvania statt.
[...]

Mastriano ist durch und durch ein weisser christlicher Nationalist – auch wenn er selbst den Begriff noch nicht verwendet hat, um sich zu beschreiben. Aber er benutzt das Vokabular des weissen christlichen Nationalismus und wirbt für dessen Ideen – wie die Christian Supremacy: In einem Interview mit einem konservativen Radio­sender im Jahr 2018 behauptete Mastriano, der Islam sei nicht mit der amerikanischen Verfassung vereinbar: «Die Verfassung basiert auf jüdisch-christlichen Werten und ist nur mit dieser Welt­anschauung vereinbar», sagte er. «Weisst du was? Nicht alle Religionen sind gleich geschaffen.»
[...]

Mastriano und seine Mitunterzeichnerinnen wollen die Trennung von Kirche und Staat aufheben. Seine Unterstützer kommen aus den Reihen radikaler theologischer Strömungen: Eine Gruppe namens Pennsylvania for Christ, die «das Reich Gottes in Pennsylvania wieder­herstellen» möchte, hat sich für Mastriano ausgesprochen, um genau das zu tun – Pennsylvania wieder für Gott «zurück­zugewinnen». Mastriano trat auf einer ihrer Veranstaltungen auf.

Das ist der zentrale Kern von Mastrianos Welt­anschauung: Er glaubt daran, die Vorstellung von Amerika als christlicher Nation in Gesetzes­form zu giessen – ein Amerika mit christlichen Gesetzen. Diese Überzeugung ist das Herzstück des weissen christlichen Nationalismus: dass das Land von und für weisse christliche Männer gegründet wurde und diese in Freiheit leben sollten. Dazu gehört auch die Freiheit, ihre Gesetze anderen aufzuzwingen, notfalls durch göttlich sanktionierte Gewalt – was die Soziologen Samuel Perry und Phil Gorski die «Heilige Dreifaltigkeit des weissen christlichen Nationalismus» nennen.
Kwelle & mehr: https://www.republik.ch/2022/09/21/sie- ... sstaat-usa
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Deppenwelt: Sind Nationalstaaten überflüssig?

Beitrag von Depp72 »

FR hat geschrieben:Braucht die Welt eigentlich noch Nationalstaaten?

Die Antwort von Philosoph Daniel Loick lautet: Nein. Anlässlich des Symposiums „Kosmopolitismus von unten“ in der Frankfurter Paulskirche, erklärt Loick, warum es ein grundsätzliches Umdenken braucht, um die Krise von Flucht und Migration zu beenden

Herr Loick, brauchen wir Nationalstaaten?

Die kurze Antwort lautet: nein. Mir ist schon klar, dass sich das erstmal utopisch anhört, weil der Nationalstaat in unserem Leben so eine große Rolle spielt. Der Pass verleiht uns Rechte und viele Freiheiten, wir fühlen uns einer nationalen Kultur zugehörig, manche Menschen definieren ihre ganze Identität darüber, in welchem Land sie geboren sind. Aber der Nationalstaat bringt auch unendlich viele Probleme mit sich: Nationalismus und Chauvinismus, Abschottung nach außen, Kriege. Wenn wir die Welt so organisieren wollen, dass sie weniger auf Gewalt basiert, müssen wir dringend über Alternativen nachdenken. Auch dafür gibt es im Alltag unzählige Beispiele. Wenn man sich zum Beispiel im Frankfurter Bahnhofsviertel bewegt, leben dort so viele unterschiedliche Menschen zusammen, dass die Vorstellung einer homogenen Kultur sowieso vollkommen absurd erscheint. Der Soziologe Paul Gilroy nennt das Konvivialität, ein Zusammenleben, das immer schon multikulturell gedacht ist. Das ist keine Utopie, sondern bereits jetzt Lebenswirklichkeit.

Also geht es darum, ein anderes Organisationsprinzip statt der Staatsangehörigkeit zu wählen?

Richtig. Was der Nationalstaat derzeit positiv leistet, ist ein Medium für die Demokratie bereitzustellen: Er ist die Form, in der sich ein Volk selbst regiert. Aber dabei produziert er unweigerlich Formen von Ausschlüssen, die in vielen Fällen tödlich sind, so wir es im Mittelmeer und anderswo sehen können. Wir müssen uns also fragen: Wie könnte eine politische Selbstregierung von Menschen jenseits der Nation aussehen? Ein Beispiel ist für mich da das Konzept der Sanctuary City, also Stätten, die nicht nach deinen Papieren oder deiner Aufenthaltsgenehmigung fragen, sondern nach deinen Bedürfnissen. Das wird in vielen Orten in Europa und in den USA bereits so praktiziert.
[...]

Könnte man nicht einfach die bestehenden Nationalstaaten anders regieren, um diese Gewalt zu verhindern?

Das ist die Position von vielen Menschenrechtsorganisationen und Linken, die sich um großzügigere Asylregelungen und humanitärere Lösungen kümmern. Das finde ich als konkrete politische Maßnahme auch unterstützenswert. Aber ich glaube, dass mit diesen Vorstellungen, die auf Integration, Gastfreundschaft oder Weltoffenheit basieren, die grundlegende Krise der Migration nie ganz adressiert werden kann. Das sieht man auch daran, dass auch die linken Regierungen in Europa sich an Abschiebungen beteiligen. In den USA wurden unter Obama mehr Leute deportiert als unter Trump. Daher bin ich skeptisch, was diese Möglichkeit angeht. Ich glaube, dass diese Krise so grundlegend ist, dass tatsächlich ein grundsätzliches Umdenken nötig ist.
Kwelle & mehr: https://www.fr.de/politik/braucht-die-w ... 05408.html


Ich teile seine Meinung nicht und halte Nationalstaaten für zentral wichtig. Ist aber ein interessantes Interview, um mal andere Luft ins Hirn zu lassen. Das Frankfurter Bahnhofsviertel ist aus meiner Sicht allerdings ein gaaanz schlechtes Beispiel. Da geht es nun wahrlich nicht besonders gerecht und friedlich zu. Mehr Elend wie im BHV ist mir auf einem eng begrenzten Raum in keiner anderen deutschen Großstadt begegnet. Und wo Armut herrscht, ist automatisch immer Gewalt vorhanden. Dass sich im BHV auch ein Schmelztiegel wiederfindet, allerdings nur in Bezug auf eine große Vielfalt an Restaurants und Geschäften, ist richtig. Das war aber nicht geplant und gesteuert, sondern ist zufällig entstanden.


PS:

Zum Bahnhofsviertel aktuell: https://www.t-online.de/region/frankfur ... rtel-.html
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