Radikale Rechte gleichauf mit SPD

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Meikinho
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von Meikinho »

Hoellenvaart hat geschrieben: Samstag 6. Januar 2024, 00:01
Meikinho hat geschrieben: Freitag 5. Januar 2024, 21:51 Nein, bin ich glaube ich auch nicht.
Die Hoffnung stirbt zuletzt – Am Anfang Stirbt der Glaube.
Die Wahlen sind im September....
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erpie
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von erpie »

Na toll!
BERLIN taz | Während in ganz Deutschland Hunderttausende gegen die AfD auf die Straße gehen, soll die extrem rechte Partei in Freital die offizielle Rede zuhalten. Trotz Kritik hält der Oberbürgermeister Uwe Rumberg daran fest.

Jedes Jahr begeht die Stadt den 27. Januar, den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, an dem Mahnmal auf dem Platz des Friedens. Jedes Jahr ist eine andere Fraktion des Stadtrats an der Reihe – in diesem ist es demnach die AfD. Auch eine Sitzung des Ältestenrats änderte nichts daran. Eine Demokratie müsse das aushalten, hieß es. Aber für die Mitte-Links-Fraktion des Freitaler Stadtrats, bestehend aus SPD, Grünen und Linken, war das der Grund, um ein „Kontrastprogramm“ aufzustellen.
https://taz.de/Holocaust-Gedenktag-in-Freital/!5984626/
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
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Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
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Heinz B.
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von Heinz B. »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Januar 2024, 15:26 Na toll!
BERLIN taz | Während in ganz Deutschland Hunderttausende gegen die AfD auf die Straße gehen, soll die extrem rechte Partei in Freital die offizielle Rede zuhalten. Trotz Kritik hält der Oberbürgermeister Uwe Rumberg daran fest.

Jedes Jahr begeht die Stadt den 27. Januar, den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, an dem Mahnmal auf dem Platz des Friedens. Jedes Jahr ist eine andere Fraktion des Stadtrats an der Reihe – in diesem ist es demnach die AfD. Auch eine Sitzung des Ältestenrats änderte nichts daran. Eine Demokratie müsse das aushalten, hieß es. Aber für die Mitte-Links-Fraktion des Freitaler Stadtrats, bestehend aus SPD, Grünen und Linken, war das der Grund, um ein „Kontrastprogramm“ aufzustellen.
https://taz.de/Holocaust-Gedenktag-in-Freital/!5984626/
Ja, Demokratie ist manchmal schwer zu ertragen.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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erpie
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von erpie »

Wunderbar, schön von Steuergeldern finanziert ... :cussingblack: :banghead:
Die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten im Deutschen Bundestag sollen einem Medienbericht zufolge in ihren Büros mehr als 100 Personen beschäftigen, die in von deutschen Verfassungsschutzämtern als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind.

Wie der Bayerische Rundfunk (BR) unter Berufung auf eigene Recherchen berichtet, werden einige der Angestellten „namentlich in Verfassungsschutzberichten erwähnt“ oder „bekleiden Führungspositionen in beobachteten Organisationen“.
https://www.tagesspiegel.de/politik/rec ... 15497.html
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von rauschberg »

Jein, die jeweiligen Mitarbeiter für die Fraktion aller Parteien bezahlen die Abgeordneten. Dafür bekommen sie eine Aufwandsentschädigung, die zur Zeit für alle anfallenden Kosten - also auch Personal - bei 5.000€ im Monat liegt.
Und damit zahlt dann letztlich doch wieder der Steuerzahler.

So ist das halt.
Ein Christian Klar, als rechtskräftig verurteilter Terrorist und Mörder hat nach 25 Jahren Haft auch für einen Abgeordneten der Linke im Bundestag gearbeitet. War damals auch ein riesen Medientheater.
Kann man von halten was man will.
Wer das damals life alles erlebt hat, sieht das vielleicht anders, als eine Generation, die damals noch nicht geboren war.

Und ob es sich bei den kolportieten 100 wirklich um Rechtsextremisten handelt, weiß man erst, wenn man sich die Einzelnen genauer ansieht - wobei einen das bei der AfD alles andere als überraschen würde.
Aber so ist das eben mit der Medienlandschaft
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von sampenza »

rauschberg hat geschrieben: Dienstag 12. März 2024, 18:44 Jein, die jeweiligen Mitarbeiter für die Fraktion aller Parteien bezahlen die Abgeordneten. Dafür bekommen sie eine Aufwandsentschädigung, die zur Zeit für alle anfallenden Kosten - also auch Personal - bei 5.000€ im Monat liegt.
Ähm, nö!
Aus "bundestag.de":
Abgeordnete können ihre Mandatsaufgaben nicht allein bewältigen. Deshalb stehen ihnen derzeit (Stand: 1. März 2024) für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sie bei der Erledigung ihrer parlamentarischen Arbeit unterstützen, monatlich 25.874,- Euro zur Verfügung. Diese Summe erhalten die Abgeordneten nicht selbst, sondern die Abrechnung der Gehälter für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt durch die Bundestagsverwaltung. Die Auszahlung erfolgt direkt an die Empfänger.

So sieht´s aus!

Munterbleim Sampenza
Jede Maschine ist eine Nebelmaschine ...
man muß sie nur falsch genug bedienen
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erpie
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von erpie »

rauschberg hat geschrieben: Dienstag 12. März 2024, 18:44 Ein Christian Klar, als rechtskräftig verurteilter Terrorist und Mörder hat nach 25 Jahren Haft auch für einen Abgeordneten der Linke im Bundestag gearbeitet. War damals auch ein riesen Medientheater.
Kann man von halten was man will.
Wer das damals life alles erlebt hat, sieht das vielleicht anders, als eine Generation, die damals noch nicht geboren war.
Hat er eben nicht!
Der Bundestag hat bestätigt, dem ehemaligen RAF-Terroristen Christian Klar einen Hausausweis als Mitarbeiter eines Abgeordneten der Linken verweigert zu haben. Ein Parlamentssprecher begründete dies am Freitag mit „Sicherheitsbedenken“. Der Fall beschäftigt inzwischen auch den Ältestenrat des Parlaments.

Der heute 63-jährige Klar wird von dem Linke-Politiker Dieter Dehm in seinem Bundestagsbüro beschäftigt. Dehm sagte der dpa, Klar gestalte seit mehreren Jahren als freier Unternehmer für ein „kleines Honorar“ seinen Internet-Auftritt.

Nach Dehms Darstellung hatte Klar den Ausweis beantragt, um im vergangenen Dezember an einer Besprechung teilnehmen zu können. Nachdem ihm die Bundestagspolizei den Zugang zunächst verweigert hatte, habe er ihn persönlich an der Sicherheitskontrolle abgeholt und dann in den Bundestag gebracht. Als Abgeordneter hat man das Recht, persönliche Gäste mitzubringen. „Er macht nur die Technik und hat keinerlei Zugriff auf Inhalte“, sagte Dehm am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
https://www.tagesspiegel.de/politik/bun ... 81599.html
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Re: Radikale Rechte gleichauf mit SPD

Beitrag von erpie »

Verdammt bitter was da geschieht!
56 000 Menschen wurden im KZ Buchenwald und seinen Außenlagern ermordet. Jetzt wird die Gedenkstätte mit Hakenkreuzen beschmiert, Mitarbeiter bekommen Hassmails. Was passiert erst, wenn die AfD in Thüringen stärkste Kraft wird?

Ein Baum ist natürlich kein Mensch, aber doch lebendig. So ist es allemal leichter, an einen Baum Hand anzulegen, als einen Menschen anzutasten, oder nicht? Und doch gibt es auch beim Baumfällen eine Schwelle, ein Gefühl für die Übertretung, ein kurzes, empathisches Innehalten, bevor man die Säge an einen Wehrlosen ansetzt, oder das Beil.

Solche Gedanken tauscht man mit Jens-Christian Wagner aus, hier, im kleinen Hain verarzteter, junger Buchen und Eichen, fünf Autominuten von der KZ-Gedenkstätte entfernt, die er leitet, da, wo die Blutstraße von der Ettersburger abzweigt und mitten durch den Wald nach oben führt, auf den Berg. Klar und kalt ist die Februarluft nach dem Regen. Lastwagen stieben mit feuchtem Geräusch vorbei.

Lauter Baumpatienten stehen hier, wie ein Trupp Versehrter nach dem Krieg. Geschient manche Stämme, verbunden die Schnitte und Hiebe, die ihnen Menschen vor gut eineinhalb Jahren zugefügt haben. Wagner berührt so eine mit Lehm und grobmaschiger Jute bandagierte Wunde, freut sich, dass die Buche doch weiterwächst. Er schaut sich um, hält inne. „Für mich ist dieser Angriff auf die Bäume so, als hätte man die Kinder noch einmal umgebracht.“

Die Bäume, die nahe der Straße gepflanzt wurden, sind Gedenkbäume. Sie stehen für Opfer des Konzentrationslagers Buchenwald, das hier, oberhalb von Weimar auf dem Ettersberg in Thüringen, vom Sommer 1937 an errichtet wurde.
...
56 000 Menschen kamen im KZ Buchenwald und seinen Außenlagern ums Leben, auch weit mehr als tausend Kinder und Jugendliche. Für sie, deren Leben endete, bevor es begann, waren diese Bäume gesetzt worden.
...
Aufsteller umschmeißen. Den Hitlergruß vor dem Arrestbau zeigen. Vor den Verbrennungsöfen des Krematoriums lachend posieren. All das geschieht in Deutschlands KZ-Gedenkstätten, nicht erst jetzt und nicht nur hier in Buchenwald, auch in Sachsenhausen, in Dachau und Bergen-Belsen gibt es Schändungen dieser Art.
...
Gegen Geschichtsverdrehung helfen Quellen, sollte man meinen als denkender Mensch, „sprechende Quellen“, wie sie im Archiv bewahrt und erschlossen werden. Quellen haben ein Vetorecht bei Geschichtsverdrehung, sind Beweise. Auch das ist ein Zeichen der Zeit: Dass heute Beweise für die Verbrechen wieder wichtig werden.

Ein Beispiel. Die SS hat im KZ Buchenwald Leichen von Häftlingen Haut herausgeschnitten, besonders gern tätowierte Haut, hat sie gegerbt, wie man Tieren das Fell gerbt, hat Lampenschirme daraus gemacht, Etuis für Taschenmesser, zum Beispiel. „Souvenirs“. „Erinnerungsgeschenke“. Weil in einschlägigen Kreisen, in revisionistischen Foren im Netz die Echtheit dieser menschlichen Überreste aus der Sammlung immer wieder angezweifelt wird, hat die Gedenkstätte einen renommierten Kriminalbiologen beauftragt, sie wissenschaftlich zu untersuchen. Die ersten Ergebnisse werden jetzt vorgestellt. Ja, es ist Menschenhaut, natürlich.

Wie anders war das vor Jahren, als noch viele Zeitzeugen am Leben waren. Ein „Schutzschirm“ sei über die Gedenkstättenarbeit gespannt gewesen, sagt Wagner. Habe es „geschichtsrevisionistische Angriffe“ gegeben, dann hätten sich eben sofort Überlebende zu Wort gemeldet, auch Menschen mit großen Namen wie die Schriftsteller Jorge Semprún, Imre Kertész oder der französische Diplomat Stéphane Hessel, die alle hier Häftlinge waren.
...
Und Antisemitismus begegne ihm auf Schritt und Tritt. Auch mit der Pandemie habe das zu tun, wie ein „Brandbeschleuniger“ habe sie gewirkt.

Wie meinen Sie das?

Weil die Leugnung der Pandemie sehr viel mit Wissenschaftsfeindlichkeit, mit antisemitischen Verschwörungslegenden zu tun habe, sagt er in seinem Arbeitszimmer. „Globalistische Eliten, jüdische Kreise“ hätten die Pandemie erfunden, um die Weltherrschaft zu erlangen. „So dumm wie einfach“, und deshalb sei es „von der Pandemieleugnung zur Holocaustleugnung kein weiter Weg“. Brandbeschleuniger. Die Folgen dieses Brandes bekommen sie also auch hier zu spüren.

Wagner holt den Ordner vom Schreibtisch, in dem alles gesammelt und dokumentiert wird, auch für die Staatsanwaltschaft. Die Schmierereien, die Mails, die Drohbriefe. Ein Blatt bleibt besonders in Erinnerung. Jemand hat die Doppelseite einer Zeitung vom vergangenen September per Post geschickt, ein Artikel über Wagner, sein Foto dabei. Aus Wagners Mund wächst eine Sprechblase. „Ich bin ein widerliches Stück hebräische Scheiße“, steht in der Blase, „ich bin Jude und zelebriere den Schuldkult und Erinnerungsterror.“

Er faltet das Blatt zusammen. „Das Falscheste, was man tun kann, ist, sich einschüchtern zu lassen.“
...
Die KZ-Gedenkstätten Buchenwald, Mittelbau-Dora, wo Häftlinge in unterirdischen Stollen vom Sommer 1943 an Raketen herstellen mussten, und das „Museum Zwangsarbeit“, das am 8. Mai in Weimar eröffnet werden soll, sind eine Stiftung des öffentlichen Rechts, vom Thüringer Landtag 2003 beschlossen. Gerade wurde das Gesetz im Landtag noch einmal in mehreren Punkten verändert. Die Arbeit der Gedenkstätten soll, so gut es jetzt geht, gesichert werden für die Zeit nach der Wahl, wenn womöglich diejenigen am Ruder sein sollten, die „Schlussstriche“ ziehen. Es kommt einem in diesen Wochen vor, als würde die Besatzung eines Schiffes gerade auf hoher See die Ladung sichern, alles festzurren und vertäuen, den Kurs prüfen, um dem angekündigten Sturm standzuhalten.

Selbstverständlich könne man so ein Gesetz auch wieder ändern. Vor allem aber sollte man den Gedenkstättenleiter austauschen – das hat Mitte Februar Stefan Möller, Sprecher der AfD in Thüringen, auf der Plattform X geschrieben. Der Neue müsse einer sein, „der nicht aus dem Westen angeschleppt wird, um uns Thüringern zu sagen, wie wir denken & wählen sollen“. Dazu ein Foto von Wagner. „Ich denke da allgemein an eine Remigration für eine Vielzahl von Westimporten“, schreibt einer als Antwort, aber: „Oh Gott, wenn das dann mit Unterstützung von ‚Correctiv‘ als Deportation gedeutet wird?“
https://www.sueddeutsche.de/projekte/ar ... n-e978329/
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Bun­des­zwang gegen AfD-regierte Länder?

Beitrag von erpie »

Bisher wurde der Bundeszwang noch nie angewandt. Doch wenn ein Bundesland verfassungsfeindlich agiert, könnte Artikel 37 Grundgesetz plötzlich große Bedeutung bekommen. Christian Rath skizziert die Möglichkeiten.
Die Voraussetzungen des Bundeszwangs

Der Bundeszwang ist anwendbar, wenn das Land Bundespflichten verletzt. Artikel 37 steht deshalb im Grundgesetz-Abschnitt "Der Bund und die Länder". Seine Bedeutung geht aber weit über Föderalismus-Fragen hinaus. Dies ergibt sich schon aus Artikel 28 Abs. 3 GG: " Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht." Es geht also um das große Ganze: die Bewahrung des "republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" (Art. 28 Abs. 1 GG). Der Bundeszwang gem. Art. 37 GG ist ein Mittel, dieses Ziel zu erreichen.

Konkret sind zum Beispiel folgende Anwendungsfälle denkbar:

Ein Bundesland weigert sich, bestimmte Bundesgesetze umzusetzen, zB. die Unterbringung von Asyl-Antragsteller:innen, die im Asylgesetz geregelt ist.
Ein Bundesland ignoriert Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, obwohl diese gem. § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz bindend sind.
Ein Bundesland verletzt seine grundgesetzlichen Schutzpflichten, indem es tatenlos zusieht, wenn Personen mit Migrationshintergrund durch rechtsextremistische Gruppen schikaniert und angegriffen werden, um diese zu vertreiben.

Die Mittel des Bundeszwangs

Laut Art. 37 GG kann die Bundesregierung beim Bundeszwang die "notwendigen Maßnahmen" ergreifen. Diese Bestimmung ist denkbar weit und soll es auch sein.

So kann der Bund zeitweise treuhänderisch die Staatsgewalt in den Ländern übernehmen. Im Wege der Ersatzvornahme kann er so ausnahmsweise Landesgesetze beschließen oder Entscheidungen im Namen von Landesbehörden treffen.

Er kann eine Person als Beauftragte benennen, die die Staatsgewalt im Land zeitweise übernimmt, eine Art Staatskommissar:in. Diese Beauftragte ist in Art. 37 Abs. 2 GG ausdrücklich erwähnt. Der Bund und/oder die Beauftragte können Weisungen erteilen, die im Land umzusetzen sind. Auch dies ergibt sich aus Art. 37 Abs. 2 GG.

Weil es beim Bundeszwang um Zwang geht, braucht der Bund starke Zwangsmittel. So kann er sich die Polizei des Landes unterstellen, aber auch die Bundespolizei einsetzen. Auch die Landespolizeien anderer Länder kann er für den Bundeszwang einsetzen.

Möglich sind auch Boykottmaßnahmen, um den Widerstand des Landes zu brechen, etwa die Abriegelung der Grenzen des Landes oder die Unterbindung bestimmter Warenverkehre.
Grenzen des Bundeszwangs

Nicht möglich ist der Einsatz der Bundeswehr. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Rechtslage in der Weimarer Republik. Die Regelungen des Grundgesetzes zum Einsatz der Bundeswehr im Innern gem. Art 87a Abs. 2 - 4 GG sind abschließend und sehen grundsätzlich keine Maßnahmen gegen unwillige Landesregierungen vor.

Maßnahmen gegen die Gerichte des Landes gelten wegen Art. 97 GG (Unabhängigkeit der Richter:innen) auch als ausgeschlossen. Das kann aber wohl nicht gelten, wenn das bundespflicht-widrige Verhalten des Landes darin besteht, dass es die Besetzung und Zuständigkeit der Gerichte nach eigenen ideologischen Zwecken verändert.

Alle Maßnahmen des Bundeszwangs müssen vorübergehender Natur sein. Eine Landesregierung kann daher nicht abgesetzt, sondern nur vorübergehend suspendiert werden. Ein Land kann deshalb auch nicht aufgelöst oder mit einem anderen Land fusioniert werden.

Im Bund-Länder-Verhältnis gilt zwar kein Verhältnismäßigkeitsprinzip. Allerdings spricht das Grundgesetz selbst von den "notwendigen" Maßnahmen, was auch als Beschränkung zu lesen ist. Wenn sich das Land weigert, Flüchtlinge aufzunehmen, kann der Bund nicht die Verwaltung der Schulen an sich ziehen.

Die Maßnahmen des Bundeszwangs sind auch strikt auf die Erreichung des Ziels auszurichten, d.h. das Land soll sich wieder bundesrechts-konform verhalten. Strafmaßnahmen können mit dem Bundeszwang nicht rechtfertigt werden.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... artikel37/
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Heinz B.
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Re: Bun­des­zwang gegen AfD-regierte Länder?

Beitrag von Heinz B. »

erpie hat geschrieben: Dienstag 9. April 2024, 10:04 Bisher wurde der Bundeszwang noch nie angewandt. Doch wenn ein Bundesland verfassungsfeindlich agiert, könnte Artikel 37 Grundgesetz plötzlich große Bedeutung bekommen. Christian Rath skizziert die Möglichkeiten.
Die Voraussetzungen des Bundeszwangs

Der Bundeszwang ist anwendbar, wenn das Land Bundespflichten verletzt. Artikel 37 steht deshalb im Grundgesetz-Abschnitt "Der Bund und die Länder". Seine Bedeutung geht aber weit über Föderalismus-Fragen hinaus. Dies ergibt sich schon aus Artikel 28 Abs. 3 GG: " Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht." Es geht also um das große Ganze: die Bewahrung des "republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" (Art. 28 Abs. 1 GG). Der Bundeszwang gem. Art. 37 GG ist ein Mittel, dieses Ziel zu erreichen.

Konkret sind zum Beispiel folgende Anwendungsfälle denkbar:

Ein Bundesland weigert sich, bestimmte Bundesgesetze umzusetzen, zB. die Unterbringung von Asyl-Antragsteller:innen, die im Asylgesetz geregelt ist.
Ein Bundesland ignoriert Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, obwohl diese gem. § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz bindend sind.
Ein Bundesland verletzt seine grundgesetzlichen Schutzpflichten, indem es tatenlos zusieht, wenn Personen mit Migrationshintergrund durch rechtsextremistische Gruppen schikaniert und angegriffen werden, um diese zu vertreiben.

Die Mittel des Bundeszwangs

Laut Art. 37 GG kann die Bundesregierung beim Bundeszwang die "notwendigen Maßnahmen" ergreifen. Diese Bestimmung ist denkbar weit und soll es auch sein.

So kann der Bund zeitweise treuhänderisch die Staatsgewalt in den Ländern übernehmen. Im Wege der Ersatzvornahme kann er so ausnahmsweise Landesgesetze beschließen oder Entscheidungen im Namen von Landesbehörden treffen.

Er kann eine Person als Beauftragte benennen, die die Staatsgewalt im Land zeitweise übernimmt, eine Art Staatskommissar:in. Diese Beauftragte ist in Art. 37 Abs. 2 GG ausdrücklich erwähnt. Der Bund und/oder die Beauftragte können Weisungen erteilen, die im Land umzusetzen sind. Auch dies ergibt sich aus Art. 37 Abs. 2 GG.

Weil es beim Bundeszwang um Zwang geht, braucht der Bund starke Zwangsmittel. So kann er sich die Polizei des Landes unterstellen, aber auch die Bundespolizei einsetzen. Auch die Landespolizeien anderer Länder kann er für den Bundeszwang einsetzen.

Möglich sind auch Boykottmaßnahmen, um den Widerstand des Landes zu brechen, etwa die Abriegelung der Grenzen des Landes oder die Unterbindung bestimmter Warenverkehre.
Grenzen des Bundeszwangs

Nicht möglich ist der Einsatz der Bundeswehr. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Rechtslage in der Weimarer Republik. Die Regelungen des Grundgesetzes zum Einsatz der Bundeswehr im Innern gem. Art 87a Abs. 2 - 4 GG sind abschließend und sehen grundsätzlich keine Maßnahmen gegen unwillige Landesregierungen vor.

Maßnahmen gegen die Gerichte des Landes gelten wegen Art. 97 GG (Unabhängigkeit der Richter:innen) auch als ausgeschlossen. Das kann aber wohl nicht gelten, wenn das bundespflicht-widrige Verhalten des Landes darin besteht, dass es die Besetzung und Zuständigkeit der Gerichte nach eigenen ideologischen Zwecken verändert.

Alle Maßnahmen des Bundeszwangs müssen vorübergehender Natur sein. Eine Landesregierung kann daher nicht abgesetzt, sondern nur vorübergehend suspendiert werden. Ein Land kann deshalb auch nicht aufgelöst oder mit einem anderen Land fusioniert werden.

Im Bund-Länder-Verhältnis gilt zwar kein Verhältnismäßigkeitsprinzip. Allerdings spricht das Grundgesetz selbst von den "notwendigen" Maßnahmen, was auch als Beschränkung zu lesen ist. Wenn sich das Land weigert, Flüchtlinge aufzunehmen, kann der Bund nicht die Verwaltung der Schulen an sich ziehen.

Die Maßnahmen des Bundeszwangs sind auch strikt auf die Erreichung des Ziels auszurichten, d.h. das Land soll sich wieder bundesrechts-konform verhalten. Strafmaßnahmen können mit dem Bundeszwang nicht rechtfertigt werden.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... artikel37/
Wenn politische Verantwortungsträger oder ihre Ratgeber nun darüber nachdenken sollten, wie sich eine mögliche AfD-Landesregierung „auf Linie“ bringen lässt, so wäre es ja in ihrem Sinne wirklich nicht klug, dies allzu lautstark zu tun. Das würde der AfD im Wahlkampf höchstwahrscheinlich eher nutzen als schaden. Am meisten nutzt es der AfD aber, dass die in Bund und Ländern regierenden Parteien immer noch nicht verstehen wollen, was ihnen die meisten AfD-Wähler mit ihrer Stimmabgabe eigentlich sagen möchten.
Der ganze Artikel:
https://www.achgut.com/artikel/droht_ei ... h_afd_sieg
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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Atlan
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Re: Bun­des­zwang gegen AfD-regierte Länder?

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Dienstag 9. April 2024, 10:04 Bisher wurde der Bundeszwang noch nie angewandt. Doch wenn ein Bundesland verfassungsfeindlich agiert, könnte Artikel 37 Grundgesetz plötzlich große Bedeutung bekommen. Christian Rath skizziert die Möglichkeiten.
Die Voraussetzungen des Bundeszwangs

Der Bundeszwang ist anwendbar, wenn das Land Bundespflichten verletzt. Artikel 37 steht deshalb im Grundgesetz-Abschnitt "Der Bund und die Länder". Seine Bedeutung geht aber weit über Föderalismus-Fragen hinaus. Dies ergibt sich schon aus Artikel 28 Abs. 3 GG: " Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht." Es geht also um das große Ganze: die Bewahrung des "republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" (Art. 28 Abs. 1 GG). Der Bundeszwang gem. Art. 37 GG ist ein Mittel, dieses Ziel zu erreichen.

Konkret sind zum Beispiel folgende Anwendungsfälle denkbar:

Ein Bundesland weigert sich, bestimmte Bundesgesetze umzusetzen, zB. die Unterbringung von Asyl-Antragsteller:innen, die im Asylgesetz geregelt ist.
Ein Bundesland ignoriert Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, obwohl diese gem. § 31 Bundesverfassungsgerichtsgesetz bindend sind.
Ein Bundesland verletzt seine grundgesetzlichen Schutzpflichten, indem es tatenlos zusieht, wenn Personen mit Migrationshintergrund durch rechtsextremistische Gruppen schikaniert und angegriffen werden, um diese zu vertreiben.

Die Mittel des Bundeszwangs

Laut Art. 37 GG kann die Bundesregierung beim Bundeszwang die "notwendigen Maßnahmen" ergreifen. Diese Bestimmung ist denkbar weit und soll es auch sein.

So kann der Bund zeitweise treuhänderisch die Staatsgewalt in den Ländern übernehmen. Im Wege der Ersatzvornahme kann er so ausnahmsweise Landesgesetze beschließen oder Entscheidungen im Namen von Landesbehörden treffen.

Er kann eine Person als Beauftragte benennen, die die Staatsgewalt im Land zeitweise übernimmt, eine Art Staatskommissar:in. Diese Beauftragte ist in Art. 37 Abs. 2 GG ausdrücklich erwähnt. Der Bund und/oder die Beauftragte können Weisungen erteilen, die im Land umzusetzen sind. Auch dies ergibt sich aus Art. 37 Abs. 2 GG.

Weil es beim Bundeszwang um Zwang geht, braucht der Bund starke Zwangsmittel. So kann er sich die Polizei des Landes unterstellen, aber auch die Bundespolizei einsetzen. Auch die Landespolizeien anderer Länder kann er für den Bundeszwang einsetzen.

Möglich sind auch Boykottmaßnahmen, um den Widerstand des Landes zu brechen, etwa die Abriegelung der Grenzen des Landes oder die Unterbindung bestimmter Warenverkehre.
Grenzen des Bundeszwangs

Nicht möglich ist der Einsatz der Bundeswehr. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Rechtslage in der Weimarer Republik. Die Regelungen des Grundgesetzes zum Einsatz der Bundeswehr im Innern gem. Art 87a Abs. 2 - 4 GG sind abschließend und sehen grundsätzlich keine Maßnahmen gegen unwillige Landesregierungen vor.

Maßnahmen gegen die Gerichte des Landes gelten wegen Art. 97 GG (Unabhängigkeit der Richter:innen) auch als ausgeschlossen. Das kann aber wohl nicht gelten, wenn das bundespflicht-widrige Verhalten des Landes darin besteht, dass es die Besetzung und Zuständigkeit der Gerichte nach eigenen ideologischen Zwecken verändert.

Alle Maßnahmen des Bundeszwangs müssen vorübergehender Natur sein. Eine Landesregierung kann daher nicht abgesetzt, sondern nur vorübergehend suspendiert werden. Ein Land kann deshalb auch nicht aufgelöst oder mit einem anderen Land fusioniert werden.

Im Bund-Länder-Verhältnis gilt zwar kein Verhältnismäßigkeitsprinzip. Allerdings spricht das Grundgesetz selbst von den "notwendigen" Maßnahmen, was auch als Beschränkung zu lesen ist. Wenn sich das Land weigert, Flüchtlinge aufzunehmen, kann der Bund nicht die Verwaltung der Schulen an sich ziehen.

Die Maßnahmen des Bundeszwangs sind auch strikt auf die Erreichung des Ziels auszurichten, d.h. das Land soll sich wieder bundesrechts-konform verhalten. Strafmaßnahmen können mit dem Bundeszwang nicht rechtfertigt werden.
https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... artikel37/
Alleine schon die Androhung, diesen Bundeszwang bei Bedarf anzuwenden, dürfte die ablehnende Einstellung vieler AfD-Wähler dem deutschen Staat gegenüber steigen lassen.
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.
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Aktion Ein Hirn für Nazis - Eine Aktion gegen Hass und Hetze!

Beitrag von erpie »

Wird wohl sehr schwierig mit Betroffenen zu sprechen.
Hakenkreuze und Hitlergrüße an einer Schule, queerfeindliche Angriffe an der Uni, Morddrohungen gegen politisch engagierte Jugendliche - das ist nur eine kleine Auswahl von rechtsextremen Straftaten aus den letzten zwei Jahren im Sendegebiet. Die Zahlen belegen: Es wird nicht nur mehr über Rechtsextremismus berichtet, es passiert auch mehr: Von 2021 zu 2022 stieg die Gesamtzahl der rechtsextremen Straf- und Gewalttaten in Deutschland um 3,8 Prozent auf 20.967 Delikte. Das sind im Schnitt mehr als 57 pro Tag!
https://www.fritz.de/programm/aktuelle- ... hetze.html
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