Ein wichtiger Schritt in der Arbeit gegen Rechtsextremismus sei hier ein politischer Wille gewesen, das Problem als ein zentrales zu benennen, das heißt es nicht zu relativieren und zu verharmlosen.
leider ist oft das Gegenteil der Fall, da werden eher narrative der Rechten übernommen...
https://www.tagesspiegel.de/wissen/rech ... 78519.html„Die Gefahr eines Flächenbrandes ist relativ groß“
Nach dem Bekanntwerden rechtsextremer Vorfälle an Schulen in Brandenburg stellt sich die Frage nach Ursachen und Maßnahmen. Forschende sehen Zusammenhänge mit der Eskalation des Rechtsextremismus in den 1990er Jahren.
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Angesichts einer neuen Publikation zum Rechtsextremismus der 1990er Jahre in Berlin und Brandenburg betonen Wissenschaftler:innen nun, dass das damalige demokratiefeindliche gesellschaftliche Klima bis heute nachwirke. Nach der Wende war es vor allem im Osten zu einer Welle von Rechtsextremismus gekommen.
So kam es 1992 in Rostock zu exzessiven Krawallen, bei denen die Flüchtlingsaufnahmestelle in Brand gesteckt wurde. Auch im Westen gab es extreme Ausschreitungen wie den Brandanschlag von Solingen, dem 1993 fünf Menschen zum Opfer fielen.
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Ein wichtiger Schritt in der Arbeit gegen Rechtsextremismus sei hier ein politischer Wille gewesen, das Problem als ein zentrales zu benennen, das heißt es nicht zu relativieren und zu verharmlosen. „Zwar gibt es in Lichtenberg immer auch noch rechtsextreme Einstellungen, aber die Akzeptanz und Wertschätzung einer demokratischen politischen Kultur ist dort auf einem anderen Niveau als in Cottbus“, sagt Lehnert.
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„Hier haben sich zum Teil seit Jahrzehnten Milieus verdichtet, die rechtsextrem geprägt sind“, sagt der Politikwissenschaftler, der nicht an der Publikation beteiligt war. „Dort finden sich Akteure, die schon in den 1990er Jahren und teilweise sogar in der DDR in Erscheinung getreten sind“, sagte er dem Tagesspiegel.
Allerdings beobachten die Forscherinnen und Forscher des MMZ schon seit längerem, dass es sich bei den Tätern rechtsextremer Übergriffe – anders als noch in den 1990er Jahren – nicht mehr überwiegend um Jugendliche handelt.
„Auffällig ist, dass teilweise Gruppen agieren, deren Mitglieder unterschiedlichen Generationen angehören. Dass also zum Beispiel von drei Tatbeteiligten einer ein Jugendlicher, ein zweiter ein junger Erwachsener und ein dritter im mittleren Alter sein kann“, erklärte Botsch, der Leiter der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus (EJGF) am MMZ ist.
Gideon Botsch sieht Anzeichen dafür, dass zumindest einige rechtsextreme Akteure tatsächlich von ihren Eltern entsprechend erzogen wurden. „Andere erfahren rechtsextreme Einflüsse in der Schule – auch schon in der Grundschule und sogar im Kita-Alter –, im Ausbildungsbetrieb, im Vereinsleben oder in der Freizeit.“ Besonders anfällig seien Fußballfankulturen, aber auch aktive Kampfsportvereine.
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Politologe sieht kein „Ostproblem“
Eine Rolle spielt für Botsch auch die rechtspopulistische Partei AfD, die in der Region stark ist und ein entsprechendes politisches Angebot mache. Dies zeige aber auch, dass es sich nicht um ein „Ostproblem“ handele. „Einige der aktivsten AfD-Mitglieder im Land sind im Westen sozialisiert worden“, sagte Botsch mit Blick auf die drei bisherigen Landesvorsitzenden Alexander Gauland, Andreas Kalbitz und Birgit Bessin.
Aus der Eskalation der 1990er Jahre könne die Politik lernen, dass das Problem des Rechtsextremismus nicht verharmlost werden dürfe. „Man muss es klar benennen, wenn man ihm begegnen will“, sagt Botsch. Diese Erfahrung drohe derzeit verloren zu gehen. Zugleich hält es Botsch für beunruhigend, wie sich manche demokratische Politiker:innen der AfD-Rhetorik annähern: „Nicht nur beim ,Heimat’-Diskurs, in der Kriminalitätspolitik oder der Flüchtlingsproblematik, sondern auch, wenn Klimaaktivist:innen als Kriminelle diffamiert werden.“