Der Oberste Gerichtshof in den USA will sich der Frage widmen, wie viel Freiheit die Bundesstaaten darin haben, Wahlen zu organisieren. Wird die konservative Mehrheit das System der Gewaltenteilung abschaffen?
Das ist echt das schärfste:In North Carolina hatte das Verfassungsgericht des Bundesstaates die von den Republikanern vorgeschlagenen Änderungen der Wahlkreise als eindeutig unfair abgelehnt. Daraufhin zogen die Republikaner vor den Supreme Court in Washington und verlangten einen Notfallentscheid. Das lehnte der Supreme Court im März ab, signalisierte in Teilen aber generelles Interesse an dem Fall. Jetzt hat das Gericht entschieden, sich in Ruhe mit der Sache zu befassen. Es braucht die Stimmen von lediglich vier Richterinnen und Richtern, um einen Fall anzunehmen. Die ultrakonservativen Samuel Alito, Neil Gorsuch, Clarence Thomas und Brett Kavanaugh stimmten dafür.
Die Republikaner in North Carolina berufen sich auf eine Passage der US-Verfassung, in der es heißt: "Die Orte, Zeiten und die Arten und Weisen von Wahlen von Senatoren und Abgeordneten sollen in jedem Bundesstaat vom dortigen Gesetzgeber bestimmt werden." Die Kläger argumentieren, das bedeute, dass die Gerichte des Bundestaates keine Befugnis haben, die Entscheidungen der Regierungspartei zu kontrollieren, zu hinterfragen oder zu verbieten.
Die gängige juristische Meinung ist, dass in der Passage aus der Verfassung mit "Gesetzgeber" das gesamte System gemeint ist, also Judikative, Legislative und Exekutive. Die Republikaner in North Carolina sagen: Nein, damit ist nur die Regierung im engsten Sinne gemeint, also im Zweifel in letzter Konsequenz nur der Gouverneur oder die Gouverneurin. Setzte sich diese Rechtsauffassung durch, käme das beim Thema Wahlen auf Staatenebene der Abschaffung des Systems von "Checks and Balances" gleich, der gegenseitigen Kontrolle der drei Säulen der Gewaltenteilung.
https://www.sueddeutsche.de/politik/sup ... ditorial=0Manche der konservativen Richterinnen und Richter verstehen sich als "Originalisten", was bedeutet, dass sie die Verfassung so auslegen, wie die Gründer der Nation sie damals wörtlich gemeint haben müssten. Die Richter Alito, Gorsuch und Thomas haben angedeutet, dass sie glauben, die Autoren der Verfassung hätten den Begriff "Gesetzgeber" seinerzeit sehr eng verstanden (die meisten Juristen, die sich gerade öffentlich äußern, sind exakt gegenteiliger Ansicht). Sie könnten den Republikanern aus North Carolina also tatsächlich zustimmen. Als immerhin möglich gilt, dass der Richter Kavanaugh sich dieser Meinung anschließt.
"Glaubende Originalisten", so etwas gibt es auch nur bei den Amis