Die geheime Akte

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erpie
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Die geheime Akte

Beitrag von erpie »

Da fällt einem nichts mehr zu ein...
Vor zehn Jahren flog der NSU-Terror auf. Hält der Verfassungsschutz dazu bis heute etwas zurück? Eine geheime Akte schürt diesen Verdacht.

Die Liste erstreckt sich über 150 Seiten. Die Rede ist von „Wehrsportübungen mit scharfen Waffen“ in einem Wald, von Schießtrainings hessischer Neonazis in der Schweiz oder Tschechien, von Hinweisen auf den Aufbau einer „Untergrundorganisation“, ein Sprengstoffdepot oder eine Waffenwerkstatt. Es ist eine Liste mit Hinweisen auf mögliche rechtsterroristische Aktivitäten in Hessen von 1992 bis 2012. Eine Liste, die eigentlich bis heute geheim bleiben sollte. Ursprünglich gar bis 2134.

Denn diese Liste gehört zu einem internen Bericht des hessischen Verfassungsschutzes, der nach dem Auffliegen des NSU-Terrors am 4. November 2011 – vor genau zehn Jahren – erstellt wurde. Er war das Ergebnis eines Prüfauftrags, ob im Landesamt nicht doch Hinweise auf den jahrelang unerkannten Terror des Nationalsozialisten Untergrunds übersehen wurden: auf die zehn Morde an neun migrantischen Gewerbetreibenden und einer Polizistin, die drei Sprengstoffanschläge und 15 Raubüberfälle. Ein Bericht von 2014, der für 120 Jahre als geheim eingestuft werden sollte.

https://taz.de/Verschlusssache-NSU/!5809436/
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
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Depp72
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Depp72 »

Ebenfalls aus der taz zum Jahrestag:

Vor 10 Jahren flog der NSU auf. Seine Taten begannen in Nürnberg. Angehörige der Opfer glauben, dass es dort Helfer gab, die nicht verfolgt wurden.

Spoiler
Show
taz hat geschrieben:15 dieser Bekennerschreiben soll Beate Zschäpe auf ihrer Flucht an Zeitungsredaktionen, Parteien oder muslimische Vereine verschickt haben. Der Brief an die Nürnberger Nachrichten aber ist unfrankiert. „Das erinnere ich genau, weil unsere Sekretärin die Briefmarken sonst sammelte“, sagt Fuehr. Es musste also jemand persönlich den Brief eingeworfen haben. Zschäpe selbst war es wohl nicht – ihr rekonstruierter Fluchtweg führte gen Norden. „Also war es ein Helfer“, sagt Fuehr. „Einer, den wir bis heute nicht kennen.“

Herbert Fuehr recherchierte mit Kollegen nach Helfern des NSU vor Ort, prüfte Kontakte lokaler Szenegrößen nach Thüringen und mögliche konspirative Wohnungen in Tatortnähe – letztlich erfolglos. Dann ging er in Rente. Heute ist er in einem Nürnberger Bündnis gegen Rechtsextremismus aktiv. Er sagt: „Aus meiner Sicht muss es in Nürnberg Helfer mit Ortskenntnis gegeben haben. Die Tatorte sind sonst nicht zu finden.“ Fuehr gab damals Hinweise an die Polizei weiter. „Von dort habe ich aber nie mehr etwas gehört.“

Tatsächlich gibt es Auffälligkeiten bei allen Nürnberger Tatorten. So war bei der „Sonnenschein“-Bar von außen nicht erkennbar, dass sie von einem Migranten betrieben wurde. Gleiches galt für die Schneiderei von Abdurrahim Özüdoğru. Auch der Blumenstand von Enver Şimşek lag abgelegen und war nur unregelmäßig und an wenigen Tagen aufgebaut. Der verschlungene Weg, auf dem sich laut Zeugen zwei Radfahrer – Mundlos und Böhnhardt, wie sich später herausstellte – nach dem Mord an İsmail Yaşar vom Tatort entfernten, sei auch nur Ortskundigen bekannt, betont Fuehr.

Untersuchungsausschüsse hielten zudem fest, dass sich Neonazis vom „Thüringer Heimatschutz“, zu dem Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gehörten, schon in den neunziger Jahren mit Nürnberger Szenefreunden trafen, etwa in der Gaststätte „Tiroler Höhe“.
[...]
Die Bundesanwaltschaft gibt sich zu der Unterstützer-Frage in Nürnberg jedoch wortkarg. Aktuell bestätigt sie nur die neun noch offenen Helferverfahren, darunter jene gegen Mandy Struck und Susann Eminger. Für weitere Unterstützer wie Matthias Fischer, Christian W. oder Jürgen F. fehle es an einem konkreten Tatverdacht. Für die Bundesanwaltschaft spricht vieles daher dafür, dass das Trio nach dem Abtauchen tatsächlich eng abgeschirmt lebte und in tagelangen Erkundungen seine Opfer selbst ausspähte.

Die Opferfamilien und ihre Anwälte kritisieren, dass sie bis heute keine Akteneinsicht zu den neun noch offenen Verfahren bekommen – was die Bundesanwaltschaft mit den noch laufenden Ermittlungen begründet. Auch fordern sie endlich Anklagen. Wahrscheinlicher aber ist, dass die Verfahren demnächst eingestellt werden. Da schon der engste Trio-Vertraute André Eminger im NSU-Prozess einen Teilfreispruch erhielt, ist ein Schuldnachweis für die weiteren Verdächtigen noch schwieriger.

Birgit Mair fürchtet diesen Tag. „Das würde für die Opfer noch mal eine Ohrfeige sein.“ Die 54-Jährige gehört in Nürnberg zu den Engagierten, die sich seit Jahren für die NSU-Aufklärung einsetzen. Sie verfolgte Untersuchungsausschüsse und den Münchner Prozess, hielt Kontakt zu den Opferfamilien, setzte sich für Gedenkorte ein, konzipierte eine Ausstellung zu den NSU-Betroffenen, die bundesweit gezeigt wurde. Und es ist ihr Verein – das Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung –, der Semiya Şimşek und Gamze Kubaşık zu dem Onlinegespräch im Oktober einlud.

Auch Birgit Mair glaubt, dass es bisher nicht verfolgte NSU-Helfer in ihrer Stadt gibt. „Aber der Wille, sie zu überführen, ist nicht da. Denn wenn man das ganze Netzwerk anklagen würde, käme man an den V-Leuten nicht vorbei. Und da will dieser Staat nicht ran.“

Es ist ein Fazit, das so ähnlich auch der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag fällte. Eine „strukturelle Aufhellung des breiteren Unterstützernetzwerks ist nicht erfolgt“, heißt es in dessen Abschlussbericht. Dabei sei „deutlich ersichtlich, welche Protagonisten und Netzwerke an deren einzelnen Tat- und Aufenthaltsorten Kontakt zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe hatten“.

Auch die Nürnberger Lokalpolitik sieht Aufklärungsbedarf. Auf Druck zivilgesellschaftlicher Initiativen, auch der von Mair, verabschiedete der Stadtrat im Mai eine Resolution, in der ein zweiter bayerischer NSU-Untersuchungsausschuss gefordert wird. Besonders zum Anschlag auf die „Sonnenschein“-Bar sei bis heute vieles ungeklärt, ebenso „die Unterstützerszene des NSU in Nürnberg“, heißt es dort. „Als Stadt, in der diese Verbrechen passierten, ist es unsere Aufgabe, Aufklärung einzufordern.“ Oberbürgermeister Marcus König, ein CSU-Mann, teilt die Forderung: Eine „lückenlose Aufklärung“ und einen zweiten U-Ausschuss sei man „den Opfern und Hinterbliebenen schuldig“.

Das Problem ist nur: Die Opfer haben die Hoffnung auf Aufklärung fast verloren – und ihr Vertrauen in den deutschen Staat. „Natürlich haben wir kein Vertrauen mehr, nach allem, was passiert ist“, sagt Semiya Şimşek. „Und wenn dieser Staat so weitermacht, werden immer weitere Morde passieren.“ Es ist auch diese Enttäuschung, die Şimşek in die Türkei zog.
https://taz.de/10-Jahre-nach-dem-Auffli ... /!5808645/
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Depp72
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Depp72 »

Nebenbei, da heute in einem Podcast gehört: Über 100 NSU-Unterstützer. Meint vermutlich, nicht bekannt gewordene. Mir in der Größenordnung bisher nicht bekannt. Hätte spontan auf 40 bis 50 getippt.

https://www.zeit.de/politik/2021-11/nsu ... tenpodcast

Ab ca. 6.00 Min.

Und jetzt schalten wir wieder zurück nach Connewitz.
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Eckfahnenfan »

Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 19:25 Nebenbei, da heute in einem Podcast gehört: Über 100 NSU-Unterstützer. Meint vermutlich, nicht bekannt gewordene. Mir in der Größenordnung bisher nicht bekannt. Hätte spontan auf 40 bis 50 getippt.

https://www.zeit.de/politik/2021-11/nsu ... tenpodcast

Ab ca. 6.00 Min.
Die Strafverfolgung kann sich ja nicht um alles kümmern. Voll fokussiert auf "Clan-Kriminalität". Für die Bullerei waren bekanntlich die Opfer die Täter. Daher konnte die Todesschwadron der Nazis damals unbehelligt ihr blutiges Werk fortsetzen.
Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 19:25 Und jetzt schalten wir wieder zurück nach Connewitz.
Also dorthin, wo massenhaft Platz in Kofferräumen ist.
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Depp72
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Depp72 »

Eckfahnenfan hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 20:44 Die Strafverfolgung kann sich ja nicht um alles kümmern. Voll fokussiert auf "Clan-Kriminalität". Für die Bullerei waren bekanntlich die Opfer die Täter. Daher konnte die Todesschwadron der Nazis damals unbehelligt ihr blutiges Werk fortsetzen.
Jo, um alles konnte sich nur Erich kümmern. Und mit welchem Erfolg am rechten Rand? Das sieht man ja heute noch in weiten Teilen. ''Bullerei'': Wie viele Monate Knast wäre der Begriff in der DDR Wert gewesen? Und um mal ganz plakativ und für dich auf rechts gedreht rumzukommen: ''Clan-Kriminalität'' geht dem Linken doch sonst beim Kapitalisamus oder der CSU locker über die Lippen. Mal ganz ab von ''Konterrevolution''. Was meint das denn? Weil jemand bzw. seine Eltern geflüchtet sind, gibt es dort da per se Kriminaliätät nicht? Oder wenn es sie ausnahmsweise doch gibt, liegt sie pauschal am System? Oder liegt es an den nicht-germanischen Genen? Automatisch ein Jahr Strafrabatt, weil geflüchtet? Eine Art verminderte Migranten-/''Behinderten''-Strafe?
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Eckfahnenfan »

Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 21:10
Eckfahnenfan hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 20:44 Die Strafverfolgung kann sich ja nicht um alles kümmern. Voll fokussiert auf "Clan-Kriminalität". Für die Bullerei waren bekanntlich die Opfer die Täter. Daher konnte die Todesschwadron der Nazis damals unbehelligt ihr blutiges Werk fortsetzen.
Jo, um alles konnte sich nur Erich kümmern. Und mit welchem Erfolg am rechten Rand? Das sieht man ja heute noch in weiten Teilen. ''Bullerei'': Wie viele Monate Knast wäre der Begriff in der DDR Wert gewesen? Und um mal ganz plakativ und für dich auf rechts gedreht rumzukommen: ''Clan-Kriminalität'' geht dem Linken doch sonst beim Kapitalisamus oder der CSU locker über die Lippen. Mal ganz ab von ''Konterrevolution''. Was meint das denn? Weil jemand bzw. seine Eltern geflüchtet sind, gibt es dort da per se Kriminaliätät nicht? Oder wenn es sie ausnahmsweise doch gibt, liegt sie pauschal am System? Oder liegt es an den nicht-germanischen Genen? Automatisch ein Jahr Strafrabatt, weil geflüchtet? Eine Art verminderte Migranten-/''Behinderten''-Strafe?
Die Antwort weiß nur der Wind. Jedenfalls wird weder Honeckers noch Mielkes Erich hierzu eine Antwort formulieren.
Aber wo wir schon mal dabei sind - schon mitgekriegt, dass den Stacheldrahtziehern in der EU-Bürokratie die Abwehr weiterer Familienclans bis 2027 etwa 8 Mrd. Euronen wert ist? Fördergelder zur "Eindämmung von Schleuserei" . Sauteuer, die Flüchtlingsabwehr. Schade, dass die Wertegemeinschaft nicht komplett mit einem Meer umgeben ist, auf dessen Grund sich das "Flüchtlingsproblem" ganz wunderbar versenken lässt. Ohne dass das hierzulande hohe Wellen schlägt...
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von bolz_platz_kind »

Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 19:25 Und jetzt schalten wir wieder zurück nach Connewitz.
Eckfahnenfan hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 20:44 Also dorthin, wo massenhaft Platz in Kofferräumen ist.
Kann ja jeder denken was er will. Aber hinter dem Rücken, in einem völlig anderen Thread, ist für mich Hinterfotzigkeit in Perfektion.

Und nun schalte ich zu Christian Streich, denn euer linksversifftes Geblubber ist unerträglich.
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von Heinz B. »

bolz_platz_kind hat geschrieben: Sonntag 7. November 2021, 00:02
Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 19:25 Und jetzt schalten wir wieder zurück nach Connewitz.
Eckfahnenfan hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 20:44 Also dorthin, wo massenhaft Platz in Kofferräumen ist.
Kann ja jeder denken was er will. Aber hinter dem Rücken, in einem völlig anderen Thread, ist für mich Hinterfotzigkeit in Perfektion.

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Lass sie doch. Sie haben doch nur sich selbst
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
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Re: Die geheime Akte

Beitrag von bolz_platz_kind »

Heinz B. hat geschrieben: Sonntag 7. November 2021, 00:29
bolz_platz_kind hat geschrieben: Sonntag 7. November 2021, 00:02
Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 19:25 Und jetzt schalten wir wieder zurück nach Connewitz.
Eckfahnenfan hat geschrieben: Samstag 6. November 2021, 20:44 Also dorthin, wo massenhaft Platz in Kofferräumen ist.
Kann ja jeder denken was er will. Aber hinter dem Rücken, in einem völlig anderen Thread, ist für mich Hinterfotzigkeit in Perfektion.

Und nun schalte ich zu Christian Streich, denn euer linksversifftes Geblubber ist unerträglich.
Lass sie doch. Sie haben doch nur sich selbst
Und ihren Erzeuger, welcher für den Geburtsvorgang durch Überschwängerung verantwortlich ist.

PS: Ich muss hier weg ...


MfG
b_p_k
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