Bin da zwiegespalten. Eigentlich kannst Du als halbwegs "informierter" Mensch die nicht wählen, und somit sind auch die Wähler der Partei potentielle Nazis/Rechtsextreme. Es mag da Ausnahmen geben vor allem in den alten Bundesländern, ich würde das nicht verallgemeinern wollen, bei den Wählern. Bei den Mitgliedern hast Du recht!
Zu den Angriffen auf die "Wahlkämpfer" von SPD und Grünen, btw wo sind die Statements von Merz und Söder? ein Kommentar aus der Süddeutschen:
Das ist kein unkoordinierter, zufällig daherkommender Furor von ein paar Radikalen, die kurz zuvor - vielleicht ihrerseits beim Plakatieren für eine Partei - zu viel Bier getrunken haben. Das ist auch keine Serie von kleinen Eruptionen in den hitzigen Zeiten eines besonderen Wahljahres. Dahinter steht ein Plan.
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Teil eins dieses Plans: Fleißig, durchaus gut strukturiert und schlau arbeitet die AfD darauf hin, die ihr offenstehenden legalen Wege zu beschreiten. Die Partei, die in ihrem Innersten antidemokratisch tickt, weil sie nur Verachtung für die politischen Rechte der anderen übrig hat, schickt Kandidaten ins Feld. Regelkonform, informiert, kundig: Diese Kandidaten beherrschen die Regeln der parlamentarischen Demokratie, und im Wesentlichen verzichten sie auch darauf, sie zu brechen. Am gewieftesten hat sich bis heute der Thüringer Spitzenmann Björn Höcke gezeigt, als er CDU und FPD in seinem Landtag an der Nase herumführte und gemeinsam einen Ministerpräsidenten wählen ließ. Trickreich, aber legal.
Gerade in diesen Tagen darf Höcke sich sogar noch diebisch darüber freuen, wie ihm die Justiz eine Bühne bereitet. "Alles für Deutschland": Diesen Spruch hat der AfD-Mann bei einer Wahlkampfrede ins Publikum gerufen, wahrscheinlich wissend, dass der Satz als Parole der SA, also der einstigen Schlägertruppe der NSDAP, verboten ist. Dass er deshalb vor Gericht steht, lässt sich im Wahlkampf auf Marktplätzen kinderleicht ins Lächerliche ziehen. Darf man denn gar nichts mehr sagen in diesem Land? So kostet Höcke den Moment genüsslich aus, zieht seinen Prozess in die Länge, postet Fotos. Für seine Kampagne ist das ein Geschenk, und ganz nebenbei vielleicht auch eine Gelegenheit, an jedem Verhandlungstag vor Gericht an die SA zu denken, den Trupp, der einst Hitler den Weg zur Macht mit ebnete - mit Gewalt auf den Straßen.
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Teil zwei des Plans ist das Verbreiten von Angst. Über die Gewalttäter, die jetzt in Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen die Politiker und Plakatierer von SPD und Grünen attackiert haben, ist noch wenig bekannt, der Zusammenhang zur AfD ist womöglich alles andere als ein direkter. Aber: Dass in den Reihen dieser Partei sogar Funktionäre sitzen, die neben dem legalen Geschäft auch auf Gewalt setzen, ist kein Zufall. Eine ehemalige Bundestagsabgeordnete der AfD muss sich gerade gerichtlich dafür verantworten, dass sie sich zu einem Anschlag auf die Bundesregierung verschworen haben soll. Andere beschäftigen rechte Schläger als ihre parlamentarischen Mitarbeiter. Mehr Lob geht kaum.
Das Ziel der Übergriffe: Schlage fünf Demokraten, schüchtere fünfhundert Demokraten ein
Das ist das Verhältnis dieser Partei zur politisch motivierten Gewalt: eine Offenheit, ein immer wieder zumindest augenzwinkend vermitteltes Wohlwollen. Die Botschaft kommt an, zumal niemand in der AfD-Führung sich deutlich von ihr absetzt. Für die Gegner der AfD im Wahlkampf, die sich abends aufmachen müssen, um auf Parteiveranstaltungen zu sprechen oder Plakate zu kleben, wird die Angst so zu einem politischen Wettbewerbsnachteil. Das ist das Ziel dieser Übergriffe. Schlage fünf Demokraten, schüchtere fünfhundert Demokraten ein.
Und das könnte in diesem Wahljahr noch üble Folgen haben, gerade in den kleinen Kommunalwahlkämpfen, in denen Engagement ohnehin schon besonderen Mut kostet - wenn nicht jetzt die Institutionen der wehrhaften Demokratie zeigen, dass auch sie stark sind. Stärker eigentlich, wenn sie denn ihre Verantwortung ernst nehmen. Zuvorderst der Generalbundesanwalt, der solche klassisch faschistischen Methoden beim Namen nennen sollte. Und auch die Vertreter aller demokratischen Kräfte.
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