Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

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erpie
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Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von erpie »

Moin
Eine sehr interessante Analyse finde ich.


Rechtsextreme Angriffe Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Von Rechtspopulisten und Rechtsextremen kommt viel verbale Aggression. Wie schnell wird daraus körperliche Gewalt? Fragen und Antworten zum Thema. Andrea Dernbach Frank Jansen

Nach dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und Morddrohungen gegen den WDR-Journalisten Georg Restle folgen nun Schüsse auf offener Straße auf einen Eritreer in der hessischen Kleinstadt Wächtersbach. Und in den USA wünscht ein Polizist der Demokraten-Parlamentarierin Alexandria Ocasio-Cortez – gegen die Präsident Trump seit Tagen mit Anspielungen auf ihre Herkunft aus Puerto Rico hetzt – „eine Kugel“. Rechter und vor allem rassistischer Hass, bis zu mörderischer Gewalt, bricht sich Bahn. In Deutschland befürchten die Sicherheitsbehörden, vor allem nach den zwei Attentaten in Hessen, dass die Gefahr von Nachahmertaten wächst.
Welche Rolle spielt Gewalt in den rechtsextreme Szenen?

Gewalt ist in den Weltbildern von Rechtsextremisten und anderen Rassisten gedanklich immer präsent. Wer anderen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion das Recht auf eine gleichberechtigte Existenz abspricht, driftet ab in mentale Militanz. Die logischen Folgen sind Hassausbrüche im Internet und auf der Straße, Morddrohungen und Attacken.

Die verbale und dann physische Gewalt richtet sich gegen Migranten, Muslime sowie gegen Journalisten, Politiker, Flüchtlingshelfer und Menschen generell, die sich dem Hass entgegenstellen. Rechtsextremisten werfen vor allem Politikern und Journalisten vor, für den angeblich drohenden „Volkstod“ in Deutschland und anderen „weißen“ Staaten verantwortlich zu sein. Dieses Wutdenken ist über die rechte Szene hinaus weit verbreitet. Potenzielle Opfer von Rassisten sind nicht nur Migranten wie der Eritreer in Wächtersbach, sondern auch Antirassisten.

Erschreckende Beispiele sind das Attentat auf Walter Lübcke, der Flüchtlingsfeinden empfohlen hatte, Deutschland zu verlassen, und Morddrohungen gegen den Journalisten Georg Restle, der sich vor zwei Wochen in den „Tagesthemen“ kritisch über die AfD äußerte. Weitere Fälle sind die Messerattacken von Rassisten auf die spätere Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker im Jahr 2015 und auf den Bürgermeister der westfälischen Stadt Altena, Andreas Hollstein 2017. Hollstein und Reker setzen sich für Flüchtlinge ein.
Wie ernst zu nehmen sind Drohungen in sozialen Netzwerken, Mails, Briefen?

Die Flut von Hasskommentaren und Drohungen im Internet gegen Walter Lübcke dürfte den Rechtsextremisten Stephan Ernst in seinem Drang bestärkt haben, den Kasseler Regierungspräsidenten zu erschießen. Womöglich hat der Mord an Lübcke auch Roland K. animiert, seinem rassistischen Hass Taten folgen zu lassen und in Wächtersbach auf einen Menschen mit dunkler Hautfarbe zu schießen.

Das Attentat vom Montag wird im Internet wie schon der Mord an Lübcke von Rassisten gerechtfertigt. „Nach all den Übergriffen durch Migranten greifen die Menschen zur Selbstjustiz“, heißt es in einem Kommentar. Über den beinahe getöteten Eritreer schrieb ein User, „was hat der überhaupt hier zu suchen?“

Die Sicherheitsbehörden fürchten, die Hasspostings könnten weitere Rassisten zu Anschlägen animieren. Zumal Roland K. möglicherweise ein Signal an potenzielle Attentäter sandte. Der Mann aus Wächtersbach schoss auf den Eritreer am achten Jahrestag des Massakers von Anders Breivik. Der Norweger hatte im Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utoya 77 Menschen getötet.

Breivik wollte die sozialdemokratische Regierung Norwegens für den Zustrom von Migranten bestrafen. Der Massenmörder war ein Vorbild für den Australier Brenton Tarrent, der im März in Neuseeland in zwei Moscheen 51 Menschen erschoss. Ein Beleg für die Gefahr von Nachahmertaten.
Wie sind rechte Politik und rechter Terror verbunden?

Radikal rechte Politiker, vom AfD-Ultra Björn Höcke über Italiens Innenminister Matteo Salvini bis hin zu US-Präsident Donald Trump, bestätigen mit ihren Auftritten rassistische Ressentiments. Die Bundesregierung plane mit ihrer Einwanderungspolitik „die Abschaffung des deutschen Volkes“, sagte Höcke bei einer Wahlkampfrede in Cottbus.

In Italien hetzt Matteo Salvini gegen Flüchtlinge und die Kapitänin des Rettungsschiffes „Sea Watch 3“, Carola Rackete. Salvini nannte Rackete „Verbrecherin“ und „Zecke“. Das Wort „Zecke“ ist eine Hassvokabel von Neonazis über Linke. Und US-Präsident Trump animierte in einer Wutrede über Alexandria Ocasio-Cortez und drei weitere, ihm missliebige Politikerinnen der Demokraten, sein Publikum zu rassistischen Parolen. Tage später forderte ein Polizist aus dem Bundesstaat Louisiana bei Facebook, die „widerliche Idiotin“ Ocasio-Cortez zu erschießen.
Ist erforscht, wie Worte zu Taten werden?

Der Sozialpsychologie-Professor Andreas Zick leitet das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) an der Universität Bielefeld und beschäftigt sich seit Jahren mit Konflikten, Vorurteilen und der Wirkung von Hass auf Handlungen. Er leitet die „Mitte-Studie“ der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, die seit 2006 regelmäßig antidemokratische Einstellungen misst.

Zur Frage des Verhältnisses von Worten, rassistischen Feindbildern und Taten sagt Zick: „Im Internet hat eine enorme Emotionalisierung der extremistischen Ideologien stattgefunden und wir wissen aus der Forschung, dass eine hoch emotionalisierte ideologische Orientierung eine höhere Wahrscheinlichkeit hat, in Gewalt zu münden, als weniger emotionalisierte Ideologien.“

Der Mordversuch von Wächtersbach reiht sich aus Zicks Sicht ein „in eine massive Radikalisierung von rechtsextremen Milieus, Zellen wie auch Personen, die eventuell weniger gut organisiert sind, sich aber mit den rassistischen Ideologien und einer zunehmenden Akzeptanz an Gewalt identifizieren“. Das zeigten Terrorzellen, die sich gebildet haben und die massiven Hasskampagnen im Netz.

Zudem seien rechtsextreme Gruppen und Ideologien in rechtspopulistische Milieus und Kampagnen eingedrungen. „Ich gehe davon aus“, sagte Zick dem Tagesspiegel, „dass die Bedrohung durch emotionalisierte und ideologisch hoch radikalisierte Personen hoch ist.“
Was muss geschehen?

Zick kritisiert das routinemäßige Unterschätzen von Vorurteilen, Rassismus, Einstellungen und Gefühlen gegen ganze Gruppen von Menschen. „Seit dem Jahr 2014 verfängt bei vielen Menschen die Idee oder Ideologie des Widerstand ,gegen das System’, den wir eigentlich aus dem Rechtsextremismus kennen. Es kursieren Heilsbilder von einer nationalen Einheitsgesellschaft, und die Billigung von Aggression und Gewalt hat in weiten Teilen zugenommen.“

In der aktuellen Mitte-Studie teilte etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung neurechte Ideologien. Das müsse „dringend“ besser und intensiver analysiert werden, sagt Zick, man dürfe nicht ins „herkömmliche Sicherheitsparadigma“ verfallen, dass es die Behörden schon richten werden, denen müsse man nur mehr Mittel dafür an die Hand geben.

Die Sicherheitsbehörden schätzten aber die Lage oft nicht auf dem Stand der Forschung ein, könnten dies auch gar nicht, weil ihre Kernaufgaben andere seien. Zick rät zu einem breiteren Ansatz: „Es muss ein nationaler Strategieplan her, der Forschung, Zivilgesellschaft – die die Milieus vor Ort gut kennt – sowie Projekte, die in der Prävention und Intervention tätig sind, und Behörden zusammenbringt.“

Als Vorbild empfiehlt Zick das bereits erprobte Vorgehen gegen islamistische Radikalisierung: Die Erkenntnisse, die man daraus habe, müssten jetzt „in Hochgeschwindigkeit für den Bereich rechtsradikaler Ideologien her“.

https://www.tagesspiegel.de/politik/rec ... 96332.html
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Atlan »

Wenn selbst der amerikanische Präsident als Führer der den "Westen" beherrschende Großmacht ungestraft öffentlich rassistische Parolen, Worte verwenden und (in diesem Fall weibliche) Abgeordnete rassistisch verbal angreifen darf, dann sind wir auf der Welt bereits weit genug nach rechts abgedriftet.
Wird die rechte Wortwahl öffentlich toleriert, kann man, und wird auch, den Worten Taten folgen lassen.
Wer Wind sät wird Sturm ernten, wie wird eine politische Welt aussehen, wenn die Mehrheit der Staaten von rechten Politikern regiert wird?

Es ist doch auch so, dass sich die Anhänger des rechten Gedankenguts immer wieder selber widersprechen.
Ich erinnere mich daran, dass ein junger Führer einer Neonazi-Gruppe dazu bekannte A.H. noch an der Macht sehen zu wollen und unter seiner Führung leben.
Der junge Mann war schwul und hätte unter A.H. nicht überlebt.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von dosenbier »

Der sogenannte "HASS" wird von den Gutmenschen inflationär als Kampfbegriff eingesetzt.
Ziel: Krimininalisierung von jeglicher Kritik an der linken Politik. Kritik = Hass. Ergebnis: der deutsche
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Depp72 »

dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Ziel: Krimininalisierung von jeglicher Kritik an der linken Politik.
Linke Politik in Deutschland? muhahahahaha Die findet doch fast nur in der Opposition statt. Oder vereinzelt als Juniorpartner in der Regierung. Wann war Deutschland links? Ein bisschen Anfang der 70er.
dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Kritik = Hass. Ergebnis: der deutsche
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Ziel: Kriminalisierung von jeglicher Menschlichkeit.
Kritik = mundtot machen. Ergebnis: die Trottel laufen mit einem Galgen bei Demos rum. muhahahahahahaha
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von erpie »

noch eine Ergänzung dazu

Wer immer noch versucht AfD Wähler zu verstehen, sollte die Energie lieber für Abgrenzung und klare Kante gegen diese Neo-Faschisten verwenden. Da gibt es null komma null zu verstehen!

Rechtsextreme Gewalt: Taten und Worte
Die rechtsextreme Gewalt dieses Sommers kommt nicht überraschend. Sie ist in einem politischen Klima entstanden, das gefährlich an die Neunzigerjahre erinnert.
Eine Analyse von Christian Fuchs

Am Montag schießt ein mutmaßlich Rechtsextremer im hessischen Wächtersbach aus einem Auto dreimal auf einen Mann aus Eritrea. Am gleichen Tag gehen mutmaßlich rechtsextreme Bombendrohungen in der Zentrale der Linkspartei und bei Moscheen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ein. In der Nacht zum Mittwoch detoniert eine Bombe vor dem Wohnhaus einer Linken-Politikerin in Zittau. Vor sieben Wochen erst starb der erste Politiker in der Bundesrepublik Deutschland durch einen rechtsextremen Anschlag.

Viele Bürgerinnen und Bürger haben das Gefühl, dass Rechtsextreme militanter und gefährlicher werden. Unbescholtene Menschen werden unter dem Deckmantel des Patriotismus bedroht, eingeschüchtert und sogar ermordet. Rechter Terror scheint die Mitte der Gesellschaft zu erreichen.

Um es deutlich zu sagen: Diese Wahrnehmung trügt, die Gefahr von rechts ist nicht neu. Rechten Terror gab es in Deutschland spätestens seit den Achtzigerjahren: Die Sprengstoffanschläge der Hepp-Kexel-Gruppe. Das Oktoberfest-Attentat. Die Wehrsportgruppe Hoffmann. Seit 1990 sind mindestens 169 Menschen von Tätern mit rechtsextremen Motiven ermordet worden. Auch nach der Selbstenttarnung der Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), die für die längste terroristische Mordserie seit der Gründung der Bundesrepublik verantwortlich ist, gab es weitere Opfer rechter Gewalt in Deutschland.
Fast vergessene Taten

Fast schon wieder von der Öffentlichkeit vergessen sind die Anschläge der "Gruppe Freital" auf Asylbewerberunterkünfte im Sommer 2015, die entdeckten Waffendepots der "Bamberger Gruppe" im gleichen Jahr, das Auffliegen der Nazi-Terrororganisation "Oldschool Society". Im Oktober 2015 stieß ein Rechtsextremist der Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein Messer in den Hals. Im Jahr darauf starben bei einem Attentat eines rassistischen Täters im Olympia-Einkaufszentrum in München neun Menschen.

Andere rechtsextreme Taten wurden in den Nachrichtensendungen nicht einmal vermeldet: 2012 töteten drei Jugendliche mit extrem rechter Gesinnung den 59-jährigen Klaus Peter Kühn in Suhl. Ebenfalls 2012 ermordete ein Neonazi-Rapper mit einer Machete die 44-jährige Andrea B. in Hannover. 2016 erschoss ein Reichsbürger den 32-jährigen Polizeihauptmeister Daniel Ernst im Einsatz, als die Polizei versuchte, den Täter zu entwaffnen. Im vergangenen Jahr ermordeten drei Männer mit rechtsextremen Vorstrafen und Einstellungen den 27-jährigen Christopher W. in einer folterartigen Hinrichtung in Aue, weil W. homosexuell war.
Aufstieg der Neuen Rechten

Nach einem ersten Höhepunkt rechtsextremer Gewalt Anfang der Neunzigerjahre waren die tödlichen Taten in den Nullerjahren zurückgegangen. Einen neuen Anstieg rechter Gewalt verzeichnen die Sicherheitsbehörden seit vier Jahren, allein 2016 waren zehn Todesopfer zu beklagen. Nicht ganz zufällig fällt diese zweite Welle seit der Wiedervereinigung zusammen mit dem Aufstieg der Neuen Rechten und der AfD.

Denn es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen den Taten von vor 20 Jahren und den Taten heute. Auch in den Neunzigerjahren herrschte ein gesellschaftliches Klima, dass das Land nach Rechts verrückte. Rechtsnationale Burschenschaften und Vertriebenenverbände erstarkten, ganz selbstbewusst träumten einige Vertreter von der "Wiedervereinigung" mit den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Liberale Medien wie der Spiegel druckten Cover, auf denen Migranten wie Ungeziefer über Bord eines Schiffes gingen, mit der Zeile "Flüchtlinge, Aussiedler, Asylanten – Ansturm der Armen". Die Regierung schränkte das Recht auf Asyl im Grundgesetz ein. Neonazistische Parteien wie die DVU, die NPD oder die Republikaner zogen in kommunale und Landesparlamente ein. All das war der gesellschaftliche Humus, auf dem der rechte Terror gedieh: Mölln, Solingen, Rostock-Lichtenhagen.

Auch die Täter des NSU radikalisierten sich in diesen Jahren. Sie fühlten sich als Vollstrecker einer unterstellten und selektiv wahrgenommenen "Volksmeinung", die sie nun ausführten. Die Alten sprachen nur darüber, was man gegen Ausländer machen könne; die jungen Männer und die Frau wurden selbst aktiv. Taten statt Worte.
Konsensverschiebung durch Hetze

Seit fünf Jahren erleben wir wieder eine ähnliche Entwicklung. Systematisch arbeiten die Strategen der Neuen Rechten an einer Konsensverschiebung. Bundesminister der CSU nutzen heute einen Begriff wie "Anti-Abschiebe-Industrie", der vor vier Jahren erst auf Pegida-Bühnen populär gemacht wurde. In einem Medien-Ökosystem aus mehr als 35 Zeitungen, Blogs, Magazinen, YouTube-Kanälen und einem Radiosender hetzt die Neue Rechte und wertet Menschen ab. Politiker der AfD bringen diese Sprache in die Parlamente, stellen rassistische Anfragen und teilen die menschenverachtenden Texte und Videos über die sozialen Medien. Da werden Migranten "Merkels Goldstücke" oder "Macheten-Fachkräfte" genannt. Kritische Journalisten kämen von der "Lügenpresse" und seien "Denunzianten", deren Arbeit moralisch mit Kindesmissbrauch gleichgesetzt wird. Es wird dazu aufgerufen, Adressen der "Feinde" öffentlich zu machen und sie an ihren "Wohn- und Party-Orten" zu "besuchen". Diese Verrohung der Sprache soll den Respekt vor Menschen mit anderen Meinungen, Hautfarben oder sexuellen Orientierung senken. Die Hemmschwelle für Gewalt sinkt.

Zusammen mit im Internet publizierten Feindeslisten von Rechtsextremisten entsteht so eine toxische Mischung. Auch Walter Lübcke wurde erst im Internet diffamiert und abgewertet, dann wurde seine Adresse auf solchen Listen veröffentlicht. Am 2. Juni erschoss ein mutmaßlich rechtsextremer Täter den CDU-Politiker. Der mutmaßliche Schütze hatte schon zuvor ein Waffendepot auf dem Gelände seines Arbeitgebers angelegt. Auch in den gewaltvollen Neunzigerjahren fand das Bundeskriminalamt immer wieder Waffen- und Sprengstoffdepots von potenziellen Rechtsterroristen.
Globale Bewegung

Es gibt noch eine weitere Parallele zwischen den Neunzigerjahren und der Gegenwart: Damals wie heute gab es auch in anderen Ländern große Anschläge von Rechtsterroristen, die überall auf der Welt wahrgenommen wurden. 1995 tötete der Rechtsextremist Timothy McVeigh mit einer Bombe vor einem Regierungsgebäude in Oklahoma in den USA 168 Menschen. 1999 griff ein Rechtsterrorist in London Homosexuelle und Migranten mit Nagelbomben an. Fünf Jahre später verübte der NSU seinen Sprengstoffanschlag in Köln, ebenfalls mit einer Nagelbombe. Im März dieses Jahres ermordete nun ein mutmaßlich Rechtsextremer 51 Menschen, als er zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch attackierte. Drei Monate später wurde bei Kassel Walter Lübcke erschossen.

Man kann keine unmittelbaren Zusammenhänge zwischen diesen Taten ziehen. Aber gewaltbereite Extremisten verfolgen sie genau, sie empfinden sich als Teil einer überlegenen globalen Bewegung und nehmen einen Anschlag als Zeichen wahr, dass es jetzt losgehe. Dass der Tag X gekommen sei. Auch wenn sie sich nie begegnet sind, verweisen rechtsextreme Terroristen auf andere Taten – durch Bekennerschreiben, zeitliche Nähe oder dadurch, dass Tathergänge zitiert werden. Sie sehen sich als Soldaten einer globalen Armee im gleichen politischen Kampf. Über das Internet sind Rechtsextreme heute zudem stark international vernetzt. Dort findet auch manchmal die Radikalisierung statt, wie vermutlich im Fall des Mörders von Walter Lübcke.
Nazi-Kneipen

Rechtsextreme Subkulturen bilden sich aber nicht nur in geschlossenen Facebookgruppen, auf Spiele-Servern wie Discord, in Telegram-Chats oder in der rechten Filterblase auf YouTube. Auch in der realen Welt gibt es vermeintlich bürgerliche Orte, an denen es möglich ist, unwidersprochen rassistisch zu reden. Der mutmaßliche Täter von Wächtersbach war offenbar Stammkunde in der Kneipe Martinseck. Einige Aussagen des Wirts, der auf Facebook selbst rechtsradikale Bilder gepostet hat, deuten darauf hin, dass der Täter nach einigen Bieren die Tat angekündigt hatte, er knalle jetzt einen Flüchtling ab. Niemand hielt ihn auf. In fast jeder deutschen Stadt gibt es auch heute noch solche Nazi-Kneipen.

Deshalb reicht es nicht aus, von den Strafverfolgungsbehörden zu fordern, schärfer gegen solche Gruppen vorzugehen, so wichtig das ist. Gewaltverherrlichende, einschüchternde und abwertende Äußerungen dürfen nirgends unwidersprochen bleiben. Wenn Politiker und Bürger nicht klare Kante gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit zeigen, werden die Schüsse von Wächtersbach und Kassel nicht die letzten gewesen sein.

https://www.zeit.de/gesellschaft/2019-0 ... ettansicht
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Acker1966 »

dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Der sogenannte "HASS" wird von den Gutmenschen inflationär als Kampfbegriff eingesetzt.
Ziel: Krimininalisierung von jeglicher Kritik an der linken Politik. Kritik = Hass. Ergebnis: der deutsche
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 18:12 noch eine Ergänzung dazu
Wer immer noch versucht AfD Wähler zu verstehen, sollte die Energie lieber für Abgrenzung und klare Kante gegen diese Neo-Faschisten verwenden. Da gibt es null komma null zu verstehen!
Warum bringst du denn überhaupt die AfD-Wähler hier zur Sprache?
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von erpie »

Atlan hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 18:36
erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 18:12 noch eine Ergänzung dazu
Wer immer noch versucht AfD Wähler zu verstehen, sollte die Energie lieber für Abgrenzung und klare Kante gegen diese Neo-Faschisten verwenden. Da gibt es null komma null zu verstehen!
Warum bringst du denn überhaupt die AfD-Wähler hier zur Sprache?
Weil Sie diese Rechtsextremen wählen, die den Boden immer weiter bereiten. Und zum anderen natürlich mit Bezug auf einen anderen Thread hier im diesme-forum wo eben versucht wurde zu erklären das die Wähler dieser sogenannten Alternative auch Opfer der selbigen sind.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 19:05
Atlan hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 18:36
erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 18:12 noch eine Ergänzung dazu
Wer immer noch versucht AfD Wähler zu verstehen, sollte die Energie lieber für Abgrenzung und klare Kante gegen diese Neo-Faschisten verwenden. Da gibt es null komma null zu verstehen!
Warum bringst du denn überhaupt die AfD-Wähler hier zur Sprache?
Weil Sie diese Rechtsextremen wählen, die den Boden immer weiter bereiten. Und zum anderen natürlich mit Bezug auf einen anderen Thread hier im diesme-forum wo eben versucht wurde zu erklären das die Wähler dieser sogenannten Alternative auch Opfer der selbigen sind.
Das erste Argument verstehe ich, mit dem zweiten Argument habe ich gerechnet.
Manchmal ist es besser - nur meine Meinung - das was man nicht thematisieren möchte, erst gar nicht zur Sprache zu bringen.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von erpie »

Atlan hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 19:15 Manchmal ist es besser - nur meine Meinung - das was man nicht thematisieren möchte, erst gar nicht zur Sprache zu bringen.
Verstehe ich nicht. Ist das auf mich bezogen oder auf Deine Nachfrage? Denn ich wollte es ja thematisieren.
Ich finde eben das viele der abenteuerlichen Thesen die hier in den verschiedensten Threads zu politischen und gesellschaftlichen Themen aufgestellt werden nicht einfach so stehen bleiben sollten.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 19:37
Atlan hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 19:15 Manchmal ist es besser - nur meine Meinung - das was man nicht thematisieren möchte, erst gar nicht zur Sprache zu bringen.
Verstehe ich nicht. Ist das auf mich bezogen oder auf Deine Nachfrage? Denn ich wollte es ja thematisieren.
Ich finde eben das viele der abenteuerlichen Thesen die hier in den verschiedensten Threads zu politischen und gesellschaftlichen Themen aufgestellt werden nicht einfach so stehen bleiben sollten.
Hallo erpie! Ich finde es gut, dass du das Thema grundsätzlich hier zur Diskussion stellst. Dazu habe ich ja auch bereits einen Beitrag geschrieben.
Mir ging es um deine Ergänzung und dass du die AfD-Wähler aus dieser Diskussion heraus halten möchtest. Darauf bezog sich mein obiger Satz.
Hast du es jetzt verstanden? Ich meine dein Thema ist doch: Folgen den Worten auch entsprechende Taten?
Dazu meine ich: Ja!
Wenn wir hier erneut über AfD-Wähler diskutieren, hat das mMn nicht direkt mit dem Grundthema zu tun. Daher hätte ich die AfD-Wähler gar nicht erwähnt.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von erpie »

Ich glaube nicht das ich die Afd Wähler aussen vor lasse. Für mich gehören Sie zu den Tätern, die den Boden bereiten. Mehr habe ich nicht geschrieben und im Sinn gehabt.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von RudyMentaire »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 20:09 Ich glaube nicht das ich die Afd Wähler aussen vor lasse. Für mich gehören Sie zu den Tätern, die den Boden bereiten.
👍🏻

Und so lange die ihren Stumpfsinn verbreiten kann man das gar nicht oft genug ansprechen.
Gruß
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 20:09 Ich glaube nicht das ich die Afd Wähler aussen vor lasse. Für mich gehören Sie zu den Tätern, die den Boden bereiten. Mehr habe ich nicht geschrieben und im Sinn gehabt.
Dann darfst du dich aber nicht beschweren, wenn dir die Beiträge nicht gefallen. :mrgreen:
Richtig ist natürlich - und darauf möchtest du wohl hinaus - je mehr Stimmen die AfD bekommt, um so anerkannter ist sie, bzw. kann sie sich fühlen, bei den Wählern in Deutschland.
Tschaun wir mal, wie sich das Thema entwickelt.
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von dosenbier »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 17:26
dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Ziel: Krimininalisierung von jeglicher Kritik an der linken Politik.
Linke Politik in Deutschland? muhahahahaha Die findet doch fast nur in der Opposition statt. Oder vereinzelt als Juniorpartner in der Regierung. Wann war Deutschland links? Ein bisschen Anfang der 70er.
dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Kritik = Hass. Ergebnis: der deutsche
Michel soll mundtot gemacht werden. Kapiert das endlich, Freunde der Sonne!
Ziel: Kriminalisierung von jeglicher Menschlichkeit.
Kritik = mundtot machen. Ergebnis: die Trottel laufen mit einem Galgen bei Demos rum. muhahahahahahaha
Linke Politik findet nur in der Opposition statt? Soviel Naivität macht sprachlos!
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Re: Wie aus hasserfüllten Worten mörderische Taten werden

Beitrag von Depp72 »

Depp72 hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 17:26 Die findet doch fast nur in der Opposition statt. Oder vereinzelt als Juniorpartner in der Regierung.
dosenbier hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 16:23 Linke Politik findet nur in der Opposition statt? Soviel Naivität macht sprachlos!
Lesen gehört offenbar nicht zu deinen Stärken. Das macht nicht sprachlos, stimmt aber traurig.
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