Hier für dich noch ein Kommentar:
Warum Bayern auf dem Transfermarkt scheitert
Der heiße Transfer-Sommer des FC Bayern ist bislang nicht mehr als ein laues Lüftchen. Der Rekordmeister kündigte ungewohnt große Taten an, ließ seinen Worten aber kaum Zählbares folgen. Was läuft schief in München? Warum stockt die Transfer-Offensive des deutschen Branchenprimus?
Wenn man den Verantwortlichen des FC Bayern in den letzten Monaten zugehört hat, war für die Konkurrenz Schlimmes zu befürchten. Uli Hoeneß kündigte "das größte Investitionsprogramm" aller Zeiten an und erklärte im Frühjahr beinahe drohend: "Wenn sie wüssten, was wir alles schon sicher haben für die neue Saison."
Was auch immer der Präsident des Rekordmeisters damit meinte, große Stars können es nicht gewesen sein.
Doch woran hakt es? Warum bekommt der FC Bayern seine Wunschspieler nicht (mehr)? Mögliche Gründe für die Münchner Pleiten auf dem Transfermarkt:
>>Die Qualität der Mannschaft
In den letzten zehn Jahren zählte der FC Bayern stets zu den besten Mannschaften des Kontinents. In diesem Zeitraum standen die Münchner sieben Mal mindestens im Halbfinale der Champions League, drei Mal sogar im Endspiel. Und doch scheint der Rekordmeister derzeit weit weg von der europäischen Spitzenklasse zu sein.
Wie viele Spieler den FC Bayern derzeit noch auf dem gleichen Level wie den FC Liverpool, Manchester City, den FC Barcelona oder Real Madrid sehen, weiß niemand. Die Geschehnisse auf dem Transfermarkt legen aber nahe, dass die Münchner in den Augen vieler Profis ins Hintertreffen geraten sind.
Die Mannschaft hat ein hohes Durchschnittsalter, nur noch wenige Spieler, die im Vergleich zu den absoluten Topstars mithalten können und versprüht obendrein wenig Esprit. Dazu ist bis heute schwer zu sagen, für welchen Fußball der FC Bayern unter Niko Kovac überhaupt steht. Argumente, die ganz klar gegen eine Unterschrift sprechen.
>>Die fehlende Strahlkraft
Liverpool hat Jürgen Klopp, ManCity hat Pep Guardiola, Real hat Zinédine Zidane, Juventus Cristiano Ronaldo und der FC Barcelona Lionel Messi: alles überstrahlende Persönlichkeiten, die Klubs für andere Spieler interessant machen. Der FC Bayern hat ... niemanden in dieser Gewichtsklasse.
Dem Rekordmeister fehlt derzeit das gewisse Etwas. Das Etwas, das Pep Guardiola dem Klub gegeben hat. Das Etwas, das die Weltmeister von 2014 auf ihrem Zenit versprüht haben. Das Etwas, das sieben Halbfinal-Teilnahmen und der Titel in der Champions League unterstrichen haben.
Der FC Bayern hat seinen Platz im VIP-Bereich der Fußball-Welt immer noch sicher. Mittlerweile gibt es aber einen Kreis an elitären Klubs, die über diesem Bereich stehen. Der Rekordmeister gehört nicht dazu. "Es ist nicht mehr so, dass Bayern einen Spieler anruft und der dann in den Flieger steigt", weiß nicht nur Ex-Manager Reiner Calmund.
>>Die sportliche Perspektive
Dass die Münchner über Jahre (zu) konsequent auf Kontinuität gesetzt haben, rächt sich nun. Profis wie Thomas Müller, Thiago, Javi Martínez, David Alaba, Manuel Neuer und Robert Lewandowski sind zweifelsfrei herausragende Spieler - und waren es erst recht in den letzten Jahren. Ihren Zenit aber haben sie überschritten. Manche ganz sicher, andere höchstwahrscheinlich.
Auch der FC Bayern hat das Problem erkannt. Es ist kein Zufall, dass auf der Einkaufsliste des Klubs ausnahmslos Spieler auftauchen, die das Beste noch vor sich haben. Ob Leroy Sané (23), Ousmane Dembélé (22), Nicolas Pépé (24), Timo Werner (23), Callum Hudson-Odoi (18) oder Kai Havertz (20), die Wunschspieler des Rekordmeisters sind nicht nur gut, sondern vor allem: jung.
Schon im letzten Sommer hat der FCB diesen Weg mit den Verpflichtungen von Leon Goretzka (24) und Serge Gnabry (23) eingeschlagen. Auch Benjamin Pavard (23) und Lucas Hernández (23) fallen in die Kategorie Spieler, die den FC Bayern auf lange Sicht wieder an die europäische Spitze führen können.
Dieser Weg ist richtig, allerdings braucht dieser Weg auch Zeit. Ein, womöglich zwei oder gar drei Jahre. Viele Spieler streben dagegen nach dem sofortigen Erfolg. Diesen kann der FC Bayern aktuell nicht garantieren.
>>Die finanziellen Mittel
Das oft zitierte familiäre Umfeld beim Rekordmeister mag in den Augen einiger Spieler ein wichtiger Faktor sein, im Jahr 2019 ist es aber nicht mehr als ein Zubrot. Was zählt, ist Erfolg. Und Geld. Hier gibt es im internationalen Vergleich mittlerweile weitaus größere Player als den FC Bayern.
Als Klub, der sich "an die Regeln hält", sah und sieht sich der FC Bayern moralisch gegenüber Vereinen wie ManCity, PSG und Co. gerne im Vorteil. Das mag so sein, nur interessiert dies kaum jemanden. Weder die UEFA (Stichwort FFP) noch die neureichen Klubs oder einen Großteil der Fans außerhalb Deutschlands.
Die Wahrheit ist: Ob das Geld vom Scheich, irgendeiner Bank oder einem russischen Oligarchen kommt, spielt für die Profis keine Rolle. Wichtig ist einzig und allein, dass es am Ende auf dem Konto des Spielers landet. Wenn woanders mehr Geld als in München fließt, wird eben auch dort unterschrieben.
Auch was die immer weiter steigenden Ablösesummen angeht, spielt der FC Bayern nur in der 1b-Liga. Die Münchner haben Grenzen, andere Klubs nicht. Das schränkt den Rekordmeister naturgemäß ein. Niederlagen auf dem Transfermarkt sind die logische Folge.
Christian Schenzel
https://www.weltfussball.de/news/_n3699 ... scheitert/