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Aus meiner erlebten Nach-Wende-Zeit in Magdeburg kann ich mich noch an eine Menge 'ganz normale' Menschen erinnern, durchaus auch an einige die vermutlich 'Linksversifft' sogar als Kompliment verstanden hätten, auch an einige Unbelehrbare.„Wer sich im Osten für kulturelle Vielfalt, Pluralismus und Demokratie einsetzt, wird vielerorts zum Außenseiter, nicht selten bedroht und sogar angegriffen“, ist eine Feststellung, die genauso wenig zutrifft wie die vier Seiten später auftauchende Behauptung, es gebe „eine kollektive Gewalterfahrung im Osten“, nämlich „die Geschichte einer Jugend auf der Flucht vor rechten Schlägern“ in den neunziger Jahren.
Das ist vielmehr ein besonders im Westen willkommenes Erzählmotiv, wie sich auch an der dort großen Popularität des Twitter-Hashtags „Baseballschlägerjahre“ über die Nachwendezeit ablesen lässt. Solche Erzählungen treffen den Nerv eines West-Publikums, dem der Osten bis heute fremd geblieben ist und das auch dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung kaum Wissen über die fünf Ost-Länder hat.
Hier in Göttingen, als ehemaliges sogenanntes Zonenrandgebiet hat man auch des häufigeren mit 'Ostzonalen' (meistens aus Sachsen-Anhalt oder Thüringen) zu tun. Alles ganz normale Menschen. Viele recht nett. Gibt es in alles Formen und Farben (ich meine jetzt politisch). Genauso wie mit Niedersachsen oder Hessen, die man hier auch recht häufig antrifft.
Ist schon ganz interessant. Da ist dann eine junge Frau, im Osten aufgewachsen und hat vermutlich die DDR selbst nie 'live' erlebt, weil die zum Zeitpunkt ihrer Geburt schon lange nicht mehr existierte. Trotzdem wird sie dann aber von Westdeutschen eher als 'Eine Von Uns' erkannt, wenn sie erklärt dass ihrer Eltern 'Aus Dem Westen' kommen.„Es nervt sie, ihre ostdeutsche Herkunft ständig erklären und rechtfertigen zu müssen.“ Sobald sie sage, „dass ihre Eltern aus dem Westen stammen, reagieren einige geradezu erleichtert“. Es gebe im Westen bis heute „ein abfälliges Fremdeln mit Ostdeutschen“, schreibt Kraske und mutmaßt mit Recht, dass „die anhaltende westliche Überheblichkeit auch ein Grund für die Rückbesinnung auf das Eigene im Osten“ sei.