Deppenwelt

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Depp72
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Deppenwelt: Wein statt Wasser

Beitrag von Depp72 »

In Italien ist ein Traum wahr geworden: Statt Wasser floss plötzlich Wein aus der Leitung. :drinkingdrunk:
https://www.welt.de/vermischtes/article ... itung.html
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Deppenwelt: Elbschlosskeller zu

Beitrag von Depp72 »

Der Elbschlosskeller auf St. Pauli ist nach 70 Jahren zum ersten Mal für längere Zeit zu. Hamburg ''härteste Kneipe'', in der Obdachlose, Manager, Normalos, Trinker und Partyvolk für kurze Zeit einträchtig beisammen sind, hat eigentlich 24/7 auf. Lediglich kurzfristig war sie mal geschlossen, z.B. wegen einer Beerdigung oder einer Schießerei. Da man den Schlüssel fürs Schloß irgendwann verlegt hatte wurde die Tür damals mit Klebeband von der Polizei versiegelt. Jetzt musste man aufgrund der Corona-Schließung extra ein neues Schloß anbringen lassen. Der Wirt hat wie viele andere Gastronomen Existenzsorgen. Einigen Gästen fehlt ihr ''Zuhause'', denn im Keller der Kultkneipe durften auch immer wieder Obdachlose übernachten.


https://www.mopo.de/hamburg/nach-mehr-a ... n-36420282

https://www.bild.de/regional/hamburg/ha ... .bild.html
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Deppenwelt: Bitter

Beitrag von Depp72 »

...und tragisch:
Mopo hat geschrieben:Es sind schwer kranke Kinder, die in der Nachsorgeklinik Tannheim in Baden-Württemberg behandelt werden. Jetzt muss die Klinik geschlossen werden, wegen der Lüge eines Vaters eines der jungen Patienten.

https://www.mopo.de/news/panorama/kinde ... n-36435892
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Deppenwelt: Don Giuseppe Berardelli

Beitrag von Depp72 »

Das eigene Leben für das eines anderen geben. Was für eine große Geste der Mitmenschlichkeit.

Welt hat geschrieben:Zwei Männer, die sich bisher nie begegnet sind. Einer von beiden hilft dem anderen – und bezahlt dies mit dem Leben. Giuseppe Berardelli heißt der Mann, dessen Opferbereitschaft nun nicht nur die Italiener, sondern Menschen in ganz Europa berührt.

Berardelli, 72 Jahre alt, katholischer Priester, lebte in Bergamo, der Region Italiens, die am schwersten von der Coronavirus-Epidemie betroffen ist. Auch der 72-Jährige hatte sich mit dem Virus infiziert, er wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Dort verstarb er nun, weil er, so berichten italienische und britische Medien, darauf verzichtete, künstlich beatmet zu werden.

Statt seiner sollte doch lieber ein deutlich jüngerer Mann an die Maschinen angeschlossen werden, so der Geistliche. Die Krankenhäuser in der Region sind komplett überlastet, für viele Patienten gibt es derzeit keine Beatmungsgeräte mehr. Deshalb, so berichten italienische Medien, sei von der Kirchengemeinde sogar extra ein eigenes Gerät für den Priester angeschafft worden.

https://www.welt.de/vermischtes/article ... geren.html


Bitte spart euch Anmerkungen wie, war ja ein Priester und schon älter. Danke!


Letztes Jahr war ich 2x in Bergamo und Brescia. Wenn die Coronascheiße endgültig überwunden ist, kann ich euch einen Besuch der zwei schönen Städte nur empfehlen. Irgendwie wird das Leben weitergehen. Mit tiefen Wunden und mit Geschichten beeindruckender Solidarität. So war es schon immer.

Ruhe in Frieden, Don Berardelli!
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Deppenwelt: Blick hinter die Kulissen

Beitrag von Depp72 »

...vom NDR Podcast mit Christian Drosten.
Web.de hat geschrieben:Aufgrund einer Nasennebenhöhlenentzündung konnte Virologe Christian Drosten heute erstmals nicht am "Coronavirus-Update" des NDR teilnehmen. Mit einem spannenden Blick hinter die Kulissen des Podcasts mit Deutschlands bekanntestem Virologen bot der Sender jedoch ein Alternativprogramm.

https://web.de/magazine/news/coronaviru ... t-34572128
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Deppenwelt: USA - bis zu 30 % Arbeitsloigkeit?

Beitrag von Depp72 »

Welt hat geschrieben: In den vergangenen zwei Wochen verloren zehn Millionen Bürger ihre Jobs. Und das ist erst der Beginn. Die Notenbank fürchtet eine Arbeitslosigkeit von 30 Prozent.

Amerika hat so etwas noch nie erlebt, nicht 1933 auf dem Höhepunkt der Großen Depression, nicht 2008 nach dem Kollaps der Bank Lehman Brothers. Das Tempo, in dem die Wirtschaft gerade kollabiert, ist in der Geschichte des Landes ohne Beispiel. Rund zehn Millionen Bürger verloren in den vergangenen 14 Tagen ihre Arbeit. 6,6 Millionen in dieser Woche, 3,3 Millionen in der zuvor. Und das, meinen Ökonomen, ist erst der Anfang.

https://www.welt.de/wirtschaft/article2 ... nfang.html
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Linden
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Linden »

Tja, das kommt davon wenn man soziale Marktwirtschaft für Sozialismus hält.
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Deppenwelt: Ostern

Beitrag von Depp72 »

Besser zu spät als nie. Heute ist nicht aller Tage, ich komm wieder, keine Frage.

NZZ hat geschrieben:Wie die Christen im Kampf um den Ostertermin ein neues Zeitbewusstsein entwickelt haben

Mit Weihnachten ist es einfach: Das Fest findet jedes Jahr am gleichen Tag statt. Der Ostertermin verschiebt sich von Jahr zu Jahr, um mehr als einen Monat. Warum eigentlich? Und was bedeutet das?

Ostern hat kein festes Datum. Der Termin für den Ostertag wechselt von Jahr zu Jahr, er kann auf 35 verschiedene Daten zwischen dem 22. März und dem 25. April fallen. Und um diese 35 Tage verschieben sich auch die Termine, die direkt an Ostern geknüpft sind – die Sonntage der Zeit vor und nach Ostern, Feste wie Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam.
[...]
Spoiler
Show
Es wurde aber in Ost und West ganz unterschiedlich ausgestaltet, und es wurde auch zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert – keineswegs immer an einem Sonntag. Es gab Verwirrung, es herrschte Unsicherheit, und das führte zu einem regelrechten Streit um den Termin des Osterfestes. Um Klarheit zu schaffen, traf das Konzil von Nikaia im Jahr 325 zwei wichtige Entscheidungen: Ostern sollte künftig stets an einem Sonntag gefeiert werden – wie es in Rom bereits üblich war –, und sein Platz im Jahreskreis sollte der erste Sonntag nach dem Frühjahrsvollmond sein.

Damit war das Osterfest in der Natur verankert wie die alten antiken Feste auch. Doch sein Datum musste Jahr für Jahr aufs Neue gesucht, bestimmt und amtlich verkündet werden. Es stand nicht einfach fest. Wegen der Unterschiede zwischen Sonnenjahr und Mondjahr war es schwierig, festzustellen, wann der Frühlingszeitpunkt eintrat. Das musste berechnet werden. Man brauchte Tabellen, einen Vorgriff auf die nächsten Jahre.

Aus diesem Bemühen entwickelte sich ein Verfahren, das Computus genannt wurde (von lat. computare, zählen) – ein Verfahren, das sich im 6. Jahrhundert zu einer eigenen Wissenschaft entfaltete. Das Ziel war es, sogenannte Ostertafeln festzulegen; die «Zählmeister» nannte man Computisten. Unser Wort Computer stammt also – aus dieser frühen Zeit (daher kommt übrigens auch das Wort Konto).

Mathematik für Theologen

In den Jahrhunderten des ausgehenden Römischen Reiches, der Völkerwanderung, des frühen Mittelalters – den sogenannten «dunklen Jahrhunderten» – war der Computus fast das einzige Kapitel Mathematik in der wissenschaftlichen Ausbildung der Theologen. Es war eine Art Hilfswissenschaft für den Gottesdienst und blieb es für die folgenden 700 Jahre. Man kann sagen, dass die Bemühung um den Ostertermin das Absinken der mathematischen Kenntnisse unter ein Mindestniveau verhinderte – und dass sich in diesem Zusammenhang ein Denken über Zeit und Zahl entwickelte.

Auch die Benediktinerregel gehört in diesen Zusammenhang: In ihr wurde der sorgfältige Umgang mit Tag und Stunde eingeübt und festgeschrieben. Allgemeiner gesprochen: Im Christentum wurde die Zeit zur genau beobachteten und bald auch zur gezählten Zeit. Sie wurde in ihrer Eigentümlichkeit, in ihrer Unumkehrbarkeit und Unwiederholbarkeit entdeckt und erschlossen. In dieser Zeit, die einen klaren Anfang und ein deutliches Ende hatte, musste der Christ sein Heil wirken. Die Zeit – so drückten es später die Mystiker aus – war «edeler als tausend Ewigkeiten» (Angelus Silesius).

Im Jahr 525, also 200 Jahre nach dem (ersten) Konzil von Nikaia, wirkte in Rom der skythische Abt Dionysius Exiguus («der Kleine») – ein Computist. Er berechnete die Ostersonntage für fünf neunzehnjährige Mondzyklen voraus. Und er verband zugleich – historisch folgenreich –die Ostertafeln mit einer neuen Zeitrechnung. An die Stelle der diokletianischen Ära, die bisher in Geltung war, setzte er eine christliche Ära – eine Zeitrechnung nach Christi Geburt. Sie ist bis heute in Kraft – im Westen unmittelbar geltend, in der übrigen Welt zumindest als Zweitrechnung anerkannt, von der Historie bis zum Flugverkehr.

Kwelle & mehr: https://www.nzz.ch/feuilleton/wann-ist- ... ket-newtab
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Deppenwelt: Alkoholverbot im Islam?

Beitrag von Depp72 »

Geschichte der Gegenwart hat geschrieben:Alko­hol­verbot im Islam – eine west­liche Erfin­dung? Das Beispiel der Türkei

Die „Alkoholfrage“ war in der Türkei seit dem Ersten Weltkrieg umstritten – und ist es heute wieder. Obwohl Alkoholgegner mit der „islamischen Tradition“ argumentieren, um ein Verbot durchzusetzen, ist die Idee der Prohibition aus dem Westen in die Türkei gekommen.

https://geschichtedergegenwart.ch/alkoh ... r-tuerkei/


:drinkingdrunk:
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Deppenwelt: Keine zweite Chance

Beitrag von Depp72 »

Bild hat geschrieben:Er hätte längst aus dem Knast raus sein können …

Ein Häftling aus dem US-Bundesstaat Michigan verbrachte 43 Jahre hinter Gittern. Im Mai sollte er freigelassen werden, doch dazu kam es nicht: Vergangene Woche starb er an den Folgen einer COVID-19-Infektion.
Spoiler
Show
William Garrison (60) wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er 1976 bei einem Raubüberfall einen Mann getötet hatte. Damals war er 16 Jahre alt. Im Januar wurde seine Strafe wegen guter Führung reduziert, wie „Detroit Free Press“ am Samstag berichtete. Vorausgegangen war eine Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs, nach dem Häftlinge für eine Freilassung infrage kommen, die als Jugendliche zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

Bitter: Anfang des Jahres hätte Garrison auf Bewährung aus dem Gefängnis entlassen werden können. Doch er wollte lieber bis zu seiner vollständigen Freilassung im September warten.

Die Entscheidung korrigierte er, als das Coronavirus sich in den Gefängnissen Michigans ausbreitete – 500 Insassen sind infiziert. Garrison gehörte zur Risikogruppe, da er als Baby an Tuberkulose erkrankt und an der Lunge operiert worden war. Im März genehmigte der Bewährungsausschuss Garrisons Antrag. Die Staatsanwaltschaft musste nur noch zustimmen.

In der Zwischenzeit steckte er sich offenbar mit dem Coronavirus an. Vergangenen Montag fand ein anderer Häftling Garrison, der kaum noch Luft bekam. Er starb später im Krankenhaus. Über Symptome habe er nicht geklagt, sagte der Sprecher der Strafvollzugsbehörden Michigans, Chris Gautz. Doch bei der Obduktion positiv auf COVID-19 getestet.

Die ganze Situation sei „rundum unglücklich“, sagte der Sprecher.

https://www.bild.de/news/ausland/news-a ... .bild.html
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Deppenwelt: Gesundheit + Kapitalismus

Beitrag von Depp72 »

FAZ hat geschrieben:Dass es so kam, verdanken wir einem evolutiven Prozess, der gespeist wird aus wissenschaftlicher Neugierde, medizinischem Erfolg und kapitalistischer Fortschrittsdynamik. Der Konnex ist leicht zu erkennen, wirft man einen Blick auf die Daten und Kurven, die der in Oxford arbeitende deutsche Ökonom Max Roser auf seiner Internetseite „Our world in data“ bereithält. Es ist keinesfalls so, dass der medizinische Fortschritt linear seit dem Mittelalter über uns gekommen wäre. Grob gesagt waren die meisten Menschen bis zum Jahr 1800 bettelarm, sie hatten eine geringe Lebenserwartung (wenn sie nicht schon gleich bei der Geburt starben) und waren ständig krank. Bloß eine kleine Oberschicht konnte sich ein schönes, gesünderes und angenehmes Leben leisten.

Erst mit der industriellen Revolution, der Einführung des Kapitalismus auf breiter Front im 19. Jahrhundert, änderte sich alles radikal. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Europa lag im Jahr 1800 bei 40 Jahren, heute ist sie doppelt so hoch. Zugleich haben sich die Unterschiede der Lebenserwartung zwischen Arm und Reich innerhalb eines Landes deutlich verringert. Je wohlhabender ein Land ist, desto mehr Gesundheit leistet man sich.

Über die Beziehung von Kapitalismus und Körper

Kurzum und vielleicht ein bisschen pauschal: Der Kapitalismus hat Arme reich und Kranke gesund gemacht. Man kann es auch ein bisschen differenzierter sagen, schaut man sich die Forschungen des Ökonomen Robert Fogel an. Der Wissenschaftler hat 1993 den Nobelpreis gewonnen und 2011, im Alter von 85, unter dem Titel „The changing Body“ ein Buch über die Beziehung von Kapitalismus und Körper geschrieben: Die Fortschrittsgeschichte besserer Ernährung, guter medizinischer Versorgung, einfallsreicher Ingenieurskunst (nicht zuletzt der Erfindung der Kanalisation, die die Cholera zum Verschwinden brachte) und wirtschaftlichen Wachstums war es, die diesen grandiosen Verbesserungsschub für die Gesundheit ermöglicht hat. Impfen, anfangs sehr teuer, wurde immer günstiger und für viele erschwinglich. Man ist geneigt, die Gesundheit ausschließlich als individuelles Gut zu betrachten, das sich aus genetischer Prägung, persönlichem Lebensstil und achtsamer Ernährung ergibt. Dabei wird übersehen, wie sehr die „Volksgesundheit“ sich seit 200 Jahren für alle verbessert hat. Robert Fogel nennt dies unser „physiologisches Kapital“, die kollektive körperliche Grundausstattung, bei der sich der wachsende Wohlstand am Ende auch in der Verbesserung des genetischen Codes niederschlägt.

Was hat die Erinnerung an die medizinisch-kapitalistische Dynamik der vergangenen zweihundert Jahre mit unserer heutigen Krise zu tun? Nicht wenig, wie ich finde. Wenn jetzt häufig gesagt wird, man müsse den Shutdown mit all seinen Konsequenzen in Kauf nehmen und dürfe dagegen nicht den wirtschaftlichen Schaden aufrechnen, dann mag das okay sein: Denn Gesundheit gilt als unser höchstes Gut, und kranke Menschen nützen auch der Wirtschaft nichts. Doch Gesundheit ist nichts, was vom Himmel fällt, sondern verdankt sich einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte, die auch künftig nicht abbrechen darf.
Kwelle & mehr: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ ... ageIndex_2
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erpie
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Re: Deppenwelt

Beitrag von erpie »

Moin, passt vielleicht auch hier hin :roll: :grin:

Menschenopfer für den Kapitalismus
In der Corona-Krise kehren gefährliche Denkmuster zurück, etwa der Mythos von der Unverzichtbarkeit des Opfers. Die Alten sollen sterben, damit die Wirtschaft leben kann.
Ein Essay von Thomas Assheuer

https://www.zeit.de/kultur/2020-04/coro ... schenleben
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
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Deppenwelt: Österreich

Beitrag von Depp72 »

ORF hat geschrieben:Die Sowjets und die Österreich-Idee

Als „Insel der Seligen“ hat man die Zweite Republik, die aus den Trümmern von Weltkrieg und Nazi-Terror entstanden ist, gerne bezeichnet. Und tatsächlich grenzt jenes Österreich, das sich seit dem provisorischen Staatsgründungsakt am 27. April 1945 entwickelt hat, an eine Form von Wunder: Aus einem Staatsgebilde, an das 1918 nur wenige glauben wollten, wurde eine Nation, die nicht nur bei entsprechenden Skierfolgen gerne im rot-weiß-roten Hurrapatriotismus versinkt. Das Lied „Glücklich ist, wer vergisst“ war lange Zeit unausgesprochene Staatsdoktrin. Und zwar nicht vergessen, aber übersehen wird bei der Feier der „Stunde null“, dass zwischen 1938 und 1944 sehr unterschiedliche Modelle herumgeisterten, was aus Österreich nach einem Kriegsende werden könnte.
https://orf.at/stories/3163144/


Interview mit Zeithistoriker Oliver Rathkolb über den Weg, den die österreichische Identität seit 1945 genommen hat:

https://science.orf.at/stories/3200636/
ORF hat geschrieben:ORF.at: Sind Sie als Historiker nicht selbst mitunter erstaunt, wie aus der Österreich-Skepsis der Ersten Republik der Hurrapatriotismus nach 1945 entstehen konnte?

Oliver Rathkolb: Aus dieser historischen Sicht ist es wirklich überraschend, dass man heute eigentlich sagen muss, dass der Österreich-Patriotismus fast schon überbordend geworden ist. Wenn ich daran denke, dass es aus 1956 Umfragen gab, wo 60 Prozent der befragten österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sich eigentlich kulturell als Deutsche fühlten, und dass es dann doch gelungen ist, ab ungefähr Mitte der 1960er Jahre diese Verbindung herzustellen zwischen sozialem, ökonomischem, politischem Fortschritt, Aufstieg und einer kleinösterreichischen Identität. Insofern ist das, würde ich sagen, heute schon überraschend. Wenn man die Wahlkämpfe der letzten zehn bis zwanzig Jahre analysiert, hat man schon manchmal das Gefühl, dass man nicht mehr weiß, wohin schauen vor lauter Österreich-Fahnen.

[...]

Kann man sagen, dass die Westalliierten gegenüber der Roten Armee in Österreich einfach zu spät gekommen sind, um einen anderen Lauf der Dinge zu gestalten?

Rathkolb: Jetzt sage ich etwas sehr Provokantes, und da werden mich viele dafür steinigen: Ich bin mir bewusst über die schrecklichen Vergewaltigungswellen und Plünderungen von betrunkenen Rotarmisten, die dann wirklich wochenlang in Ostösterreich gewütet haben. Aber staatspolitisch ist die Sowjetunion Österreich in einer Weise entgegengekommen wie kein Alliierter im Westen. Ohne jede Debatte über Entschädigung oder Entnazifizierung wird innerhalb weniger Wochen eine provisorische Staatsregierung implementiert.

Die amerikanische und britische Politik war totaler „Shut-down“, also viel ärger als beim Coronavirus, das bedeutet: keine politischen Parteien, nicht einmal zugelassene Widerstandsgruppen, keine Medien – alles wird unter totale militärische, alliierte Kontrolle gestellt, bevor man schaut, wer welchen Einfluss bekommt.

In Deutschland beginnt man ja zuerst auf regionaler Ebene mit eingesetzten Verwaltungen, mit Regionalwahlen, und eben erst 1949 mit einer Gesamtkonzeption. Da war es eigentlich besser, dass die Amerikaner nicht so weit gekommen sind. Man darf auch nicht vergessen – das zeigen auch aktuelle Studien –, dass es leider auch im Umfeld der amerikanischen, britischen, französischen Einheiten Vergewaltigungen, Plünderungen gegeben hat. Also die Soldateska findet man auch bei den Westalliierten, vielleicht nicht in so einem großen Ausmaß. Auch das ist ein unrühmliches und gerne verschwiegenes, kriegshistorisches Kapitel. Aber die Sowjetunion hatte, wenn man so will, für die österreichische Staatswerdung die wesentlich progressiveren Modelle. Denn anders als im Fall von Ungarn, der Tschechoslowakei und auch Jugoslawien ist ihr einziges Kriegsziel in Österreich dieses „Raus aus Deutschland“, einen Kleinstaat etablieren, ein bisschen mit Lebensfähigkeit füllen, alles andere würde sich weisen. Und die Vorstellungen, die viele in Washington und London hatten, dass es nach dem 27. April einen kommunistischen Putsch geben werde und eine kommunistische Staatsregierung, hat sich ja nicht bewahrheitet.[...]
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Linden »

Räuberisches Bergvolk ohne eigene Sprache :cool:
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Deppenwelt: Bayrisch Creme Musik

Beitrag von Depp72 »

dicht & ergreifend: Zipfeschwinga https://www.youtube.com/watch?v=PMV3a8DM60c

Bairisch Rap All Stars: Fürchtet euch nicht https://www.youtube.com/watch?v=86RQDqDYDms
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Deppenwelt: Vergessene Berufe

Beitrag von Depp72 »

Beständig ist nur die Veränderung.
Süddeutsche hat geschrieben:Seit den Anfängen der Bundesrepublik ist die Zahl der Berufe um fast zwei Drittel gesunken. Über das Aussterben von Kaffeeriechern und Abtrittsanbieterinnen.
[...]
Mittlerweile pendelt die Zahl der anerkannten Berufe zwischen 325 und 330. Auch der Korbmacher alias Flechtwerkgestalter bleibt vorerst dabei, obwohl sich seit Jahren nur drei Lehrlinge fanden, die sich darin ausbilden lassen. Bundesweit. Sogar der "Thermometermacher Fachrichtung Blasen" hat mehr Azubis, nämlich sechs. Zum Vergleich: In manchen Berufen in der Metallindustrie und der IT-Branche sind es fast 20 000, bei den Orgelbauern zumindest mehr als 100.

Manche Jobs wie der Kaffeeriecher haben es nicht ins Archiv geschafft, so lange sind sie schon ausgestorben. Anerkannte Ausbildungsberufe wären sie wohl ohnehin nie geworden. Aber auch sie haben Spuren hinterlassen.

Der Zeidler
Was tat er? Wildbienen hüten und mit Wachs und Honig handeln.[...]
Kwelle & mehr: https://www.sueddeutsche.de/karriere/ar ... -1.4871048
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Deppenwelt: Südafrikas erste schwarze Winzerin

Beitrag von Depp72 »

Welt hat geschrieben:Weinbau hat in Südafrika eine lange Tradition. Aber nur für Weiße. Ntsiki Biyala ist eine der ersten schwarzen Winzerinnen. Dabei wusste sie anfangs nicht einmal, was eine Rebe ist.

Ihr erstes Glas Wein trank die Weinmacherin Ntsiki Biyela, da war sie schon über 20 Jahre alt. Und es schmeckte ihr überhaupt nicht. „Da war dieser Mann, der ein Glas in die Luft hielt, daran roch, davon trank und in blumiger Sprache beschrieb, wie es nach Pflaumen, Waldbeeren und was weiß ich noch was alles schmeckt“, erzählt die Südafrikanerin, „und ich dachte mir: Wow, das klingt ja toll. Aber als ich den Wein dann kostete, konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen, wovon er überhaupt sprach.“

Seitdem sind über 20 Jahre vergangen. In der Zwischenzeit hat die heute 42-Jährige eine Ausbildung an der renommierten Weinbauschule im südafrikanischen Stellenbosch abgeschlossen, war die erste schwarze Weinmacherin des Landes und seine erste schwarze Winzerin des Jahres. Und, vor drei Jahren, auch die erste Schwarze, die einen Wein unter ihrem eigenen Label namens Alsina auf den Markt brachte. Ein Werdegang, der alles andere als vorgezeichnet war.

https://www.welt.de/food/trinken/articl ... sitesearch
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Deppenwelt: Von den Deutschen lernen?

Beitrag von Depp72 »

Warum nicht? Grünkohl, Weißwurst und Pumpernickel dürfte kaum jemand so gut hinbekommen, wie wir Toitschen. Die Überschrift (ohne Fragezeichen!) geht aber auf ein Buch der US-Philosophin Susan Neiman zurück: ''Von den Deutschen lernen. Wie Gesellschaften mit dem Bösen in ihrer Geschichte umgehen können.'' Neiman ist seit 20 Jahren Direktorin des Einstein Forums in Potsdam (https://de.wikipedia.org/wiki/Einstein_Forum).

Eines der interessantesten Interviews, das ich in den letzten Monaten gelesen habe, weil es sowohl Erfolge als auch Widersprüche und blinde Stellen aufzeigt, und dadurch zum Nachdenken über liebgewonnene Ansichten anregen kann.

Spoiler
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Süddeutsche hat geschrieben:Im Interview erklärt sie, warum der Titel die Menschen hierzulande mehr provoziert als viele Amerikaner.

"Als Richard von Weizsäcker 1985 deutsche Geschichte schrieb, indem er den 8. Mai als 'Tag der Befreiung' bezeichnete, konnte ich die anschließende Aufregung nicht verstehen", schreibt die Philosophin Susan Neiman in ihrem aktuellen Buch "Von den Deutschen lernen". "Wem musste dies vierzig Jahre nach dem Krieg noch gesagt werden? Wie sich herausstellte: Millionen von Westdeutschen".
[...]
SZ: Der Titel Ihres neuen Buches lautet "Von den Deutschen lernen". Glauben Sie, dass sich amerikanische Leser durch diese Überschrift provoziert fühlen könnten? Es waren ja schließlich die Amerikaner, die den Deutschen die Demokratie gebracht haben.

Susan Neiman: Als ich mit der Recherche für das Buch vor vier Jahren anfing, hat das viele Amerikaner provoziert, und das war von mir auch so beabsichtigt. Denn die Selbstgewissheit der eigenen Stärke und Größe trotz historischer Schuld hat mich gestört. Inzwischen haben wir aber seit drei Jahren einen neuen Präsidenten. Seit Donald Trump wissen alle, dass Nazis nicht nur ein deutsches Problem sind. Ich habe eine längere Lesereise im vergangenen Herbst unternommen, als das Buch in den USA erschienen war. Da ist mir niemand begegnet, der am Titel des Buches Anstoß nahm - im Gegenteil.

Nun sind die USA durch Trump politisch extrem gespalten - in zwei Teile, die nahezu gleich groß sind. Und diejenigen, die zu solchen Lesungen kommen, dürften aus dem Anti-Trump-Lager stammen.

Natürlich. 40 Prozent der Amerikaner unterstützen den Mann im Weißen Haus. Aber unter den restlichen 60 Prozent sind viele, die sich inzwischen fragen, wie es dazu kommen konnte, dass eine so unfähige Person ins Oval Office gelangen konnte. Und da sagen inzwischen einige, wir müssen uns mehr mit unserer Geschichte befassen. Kein Beobachter der amerikanischen Politik bestreitet mittlerweile, dass die Wahl Trumps eine heftige Gegenreaktion auf die Präsidentschaft Obamas war. Viele Menschen hatten sich durch die schwarze Familie im Weißen Haus provoziert gefühlt. Und das führt zu der Frage, wie es sein kann, dass wir immer noch so sehr vom Rassismus getrieben werden.
[...]
Wenn der Titel Ihres Buches aufgeklärte Amerikaner nicht mehr provoziert, so ist aber doch zu befürchten, dass sich manch informierter Deutscher durch ihn herausgefordert fühlt. Denn vielen Menschen hierzulande sind die Defizite bei der Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit nicht nur in den Fünfzigerjahren sondern bis zum heutigen Tage nur allzu bewusst.

Das ist mir vollkommen klar, und die Provokation war ebenfalls beabsichtigt. Ich bin ja nicht umsonst in meinem Buch ausführlich auf die großen Probleme der deutschen Vergangenheitsbewältigung eingegangen. Mir liegt es fern, die deutsche Nachkriegszeit als Erfolgsgeschichte zu beschreiben. Im Gegenteil: Ich stimme Ralph Giordanos These zu, dass die Verdrängung des Nationalsozialismus und sein Fortleben in der Bundesrepublik "die zweite Schuld" (Titel eines Buches von Giordano aus dem Jahr 1987, Anm. d. Red.) der Deutschen war.
[...]
Sie sagen, die historische Leistung der deutschen Erinnerungskultur besteht in der Fähigkeit, sich vom Opfervolk zum Tätervolk umzudefinieren. Wie Sie sagen, hat die DDR dieses Kunststück knapp 40 Jahre vor der Bundesrepublik fertiggebracht. In den alten Bundesländern wird man das nicht gerne hören.

Leider. Denn auch das gehört zu den Problemen der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland: Westdeutschland ist bis heute nicht in der Lage, den Antifaschismus in der DDR sachlich einzuordnen. Da ist immer der hämische Ausdruck "verordneter Antifaschismus" zu hören, wobei man eigentlich fragen müsste: "Hey, ist das nicht genau das, was Ihr Euch von der Adenauer-Regierung gewünscht hättet?" Bestand das Problem in der Bundesrepublik nicht genau darin, dass der Antifaschismus von der Regierung nicht verordnet wurde? Natürlich wird alles, was die Regierung verfügt, irgendwann einmal formelhaft und verliert an Authentizität. Der Antifaschismus wurde auch instrumentalisiert, gar missbraucht. Aber es war zunächst genau richtig, dass die DDR den Antifaschismus verordnet hat. Es gibt weitere Aspekte im Zusammenhang mit der DDR, die im Westen irgendwann einmal unvoreingenommen zur Kenntnis genommen werden sollten, um bei der Aufarbeitung der Vergangenheit voranzukommen.

Welche Aspekte sind das?

Mit dem Begriff Auschwitz können in den alten Bundesländern die meisten Menschen etwas anfangen, aber es herrscht zum Beispiel ein erstaunliches Unwissen über die Blockade Leningrads durch die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg, durch die fast eine Million Bewohner der Stadt den Hungertod starben. Jeder Ex-DDR-Bürger weiß über diesen Massenmord genau Bescheid, und weiß auch, dass die Ideologie des Nazi-Regimes zwei Säulen hatte: die erste Säule war der Antisemitismus und die zweite der Antikommunismus. Es war ein schwerer Fehler der westdeutschen Vergangenheitsaufarbeitung, dass die Lektionen von Auschwitz darauf reduziert wurden, den Juden keinen Schaden zufügen zu dürfen. Dabei war die Nazi-Ideologie viel gefährlicher und komplizierter als das.

Heißt das, dass Deutschland auch in punkto Erinnerungskultur immer noch ein geteiltes Land ist?

Das ist leider so. Wenn ich in meinem Buch für eine gesamtdeutsche Aufarbeitung der Vergangenheit plädiere, dann meine ich genau das: Dass man einen universelleren Blick auf die Nazi-Ideologie werfen muss. Der Tod von sechs Millionen Juden wird ja nicht dadurch relativiert, indem daran erinnert wird, dass auch 16 Millionen Bürger der Sowjetunion ermordet wurden und 13 Millionen Soldaten der Roten Armee fielen. Das sind also große große Opferzahlen, denen wir am 8. Mai ebenfalls gedenken müssen.

Appellieren Sie an mehr Selbstkritik vor allem in Westdeutschland?

Das kann ich pauschal so nicht sagen. Selbstkritik ist oft richtig. Also darauf zu schauen, an welchen Punkten die Aufarbeitung der Vergangenheit unzulänglich ist, und da habe ich gerade Beispiele genannt. Es gibt in Deutschland einen Hang zur Selbstkritik, den ich in den meisten Fällen begrüße, und der in anderen Ländern fehlt. Aber diese automatische Selbstkritik, die ich auch erlebe, wenn sich Deutsche zum Beispiel über den Titel meines Buches empören, wie sie vorhin richtigerweise vermutet haben, finde ich auch nicht angemessen. Denn wenn man nicht bemerkt, dass man einige Fortschritte gemacht hat, wird man keine weiteren Fortschritte erzielen können. Und ich wehre mich gegen die Stimmen hier in Deutschland, die sagen: "Wir haben hier auch rassistisch motivierte Morde an Ausländern. Das hat alles nichts genutzt." Diese sehr resignierte Haltung ist sehr gefährlich. Denn wenn man nicht erkennt, dass man schon auf dem Weg ist, verzweifelt man und gibt auf.
[...]

Kwelle & mehr: https://www.sueddeutsche.de/politik/sus ... -0#seite-2
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Deppenwelt: Kein Eiswein mehr?

Beitrag von Depp72 »

2020 gibt es erstmals keinen deutschen Eiswein. Klimawandel. Und ohne Profit kein Anreiz und kaum Zukunft.
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Spiegel hat geschrieben:Ein Problem für Eisweinwinzer liegt inzwischen auch darin, dass die Trauben bei höheren Sommertemperaturen früher reif werden. "Dadurch wird der Zeitraum, den die Trauben in einem gesunden Zustand bis zu einer möglichen Eisweinlese überstehen müssen, immer länger", teilte das Weininstitut mit. In Jahren mit geringen Erträgen wie 2019 gehen viele Erzeuger auch nicht das Risiko ein, Trauben durch eine eventuell ausbleibende Eisweinlese zu verlieren.

"Wenn sich die warmen Winter in den nächsten Jahren häufen, dürften Eisweine aus den deutschen Weinregionen bald eine noch kostbarere Rarität werden, als sie es sowieso schon sind", sagt Büscher.

Eisweine gelten als besonderes Aushängeschild eines Winzers und sind auch lukrative Exportweine, insbesondere nach Japan, China, in die skandinavischen Länder und in die USA.

https://www.spiegel.de/wirtschaft/servi ... 3e60d502e6
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Depp72
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Deppenwelt: Vincent Klink

Beitrag von Depp72 »

Hat seit Jahrzehnten einen Michelin Stern, ein Restaurant mit atemberaubender Aussicht auf Stuttgart und ist neben seinem kulinarischen Geschick ein interessanter Freigeist. In Klinks Blog zu stöbern, erweitert das Denken und macht Spaß.
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Vincent Klink hat geschrieben:19. Mai 2020
Wir leben nicht in einer perfekten Demokratie, ich wüßte aber nicht wo sie besser sein könnte.
Mein Dank gilt der Regierung, die uns bis jetzt ziemlich heil durch die Krise geführt hat. Und solange ein großer Teil der Bevölkerung es sich leisten kann, tags davon zu quasseln und nachts davon zu träumen, und sich scheinbar alles um den Urlaub dreht, befinden wir uns in einer der besten aller Welten. Fast könnte man sagen, uns wird es zu wohl. Der Ministerpräsident Söder erwägt finanzielle Hilfen für Urlaub? Wenn man bedenke, dass in Indien wegen Corona die Leute verhungern, möchte ich mich fremdschämen. Andererseits vernünftiges Reisen weitet auch den geistigen Horizont.

Jetzt aber etwas anderes Gefährliches. Es geht um die Mayonnaise. Am Montag kochte meine Frau Elisabeth Spargel mit neuen Kartoffeln. Ich rührte dazu eine Mayo, die in ungefähr drei Minuten fertig war und wahnsinnig gut schmeckte.
Bestes kaltgepresstes Sonnenblumenöl, ein Demetereigelb, Dijonsenf, etwas Salz, mein geliebter Apfelessig und ganz wenig Weißwein.
Eine absolute Delikatesse. Ich war mit insgesamt 2 Esslöffeln vorsichtig. Meine ansonsten zurückhaltende Frau geriet in eine Lustattacke und gab keine Ruhe bis alles vertilgt war.
Abends klagte sie etwas über Magendrücken. Ich erklärte ihr dann, dass die Mayo im Kühlschrank einige Tage haltbar gewesen wäre. "Elisabeth", du hast auf einen Ruck fast ein achtel Liter Öl vertilgt!"
Siehe ("Überlebensrezepte","Saucen")

P.S. Wegen der Demokratie, bin ich Fördermitglied bei Lobbycontrol: www.lobbycontrol.de. Die größte Gefahr der Demokratie sind die Industrie-Lobbyisten.

https://www.wielandshoehe.de/de/Mai+2020.html
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Depp72
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Deppenwelt: Der kontrollierte Bankrott

Beitrag von Depp72 »

Wirtschaftswoche hat geschrieben:Unser Wirtschaftssystem floriert auf der Basis des Ruins. Die aufgeschobene Insolvenz ist seine Geschäftsgrundlage. Schulden werden nicht mehr getilgt, sondern mit neuen Schulden ins Unendliche verlängert. Wie lange kann das gutgehen? Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte liefert Antworten.
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Wirtschaftswoche hat geschrieben:[...]
Doch was, wenn die Zinsen nicht niedrig blieben? Wenn die Notenbanken aufhörten, unaufhörlich Geld zu schöpfen, den Preis des Geldes künstlich niedrig zu halten? Nun – dann kollabierte das Geldsystem. Daran haben die Akteure an den Finanzmärkten ersichtlich kein Interesse. Sie müssten dasselbe Geldsystem beargwöhnen, das vor allem sie prämiert: ein Geldsystem, das ihre Vermögen schützt und von allen Erschütterungen des realwirtschaftlichen Lebens abschirmt. Die „Stabilität“ der Indizes weltweit beweist es: Die Aufgabe der Finanzmärkte besteht nicht mehr wie ehedem darin, der Wirtschaft als ihr Seismograf über sich selbst Auskunft zu verleihen, sondern darin, dass das Geld der Vermögenden sich in ihnen möglichst unbegrenzt vermehren kann. „Die Börse“ ist in diesem System kein Markt der Märkte mehr, in denen die Wirtschaft sich selbst den Puls fühlt, sondern eine Geldmaschine, die darauf programmiert ist, alle Verbindungsreste zur schwach wachsenden Realwirtschaft zu kappen. Das „interessierte Geld“ institutioneller Anleger sammelt sich als „Marktkapitalisierung“ zusehends in den wenigen wachstumsstarken The-Winner-takes-it-all-Unternehmen des spätmodernen Plattformkapitalismus und forciert damit seinerseits die Konzentration der Wirtschaft und Vermögen – auf Kosten des Wettbewerbs und der Nicht-Besitzenden: Amazon ist heute mehr wert als alle 30 Dax-Titel zusammen – und hält viele seiner Mitarbeiter gern besonders kurz.

[...]

Denn das ist der Kern: Die Genialität der Bank of England besteht nicht etwa darin, die eklatante Deckungslücke des neuen Papiergeldes zu verheimlichen, sondern darin, sie zur offiziellen Geschäftsgrundlage zu erklären: in der offiziellen Verzeitlichung der Einlösepflicht – in dem frechen Versprechen, eine Kompensation der umlaufenden Schulden nicht etwa anzustreben, sondern vorerst auszuschließen. Nur weil es als Schein-Haftes zirkuliert, als Geld und Schuld zugleich, steigt es zum schuldenfrisierten Hybridmotor der Wirtschaft auf. Nur weil alles Gold und Silber der Welt nicht ausreicht, die Ansprüche aller zu befriedigen, die dieses Gold und Silber auf einmal begehren, ist es zugleich Ausgleich und dauernder Anspruch, Bargeld und ständige Forderung, Zahlungsmittel und ewiges Versprechen – zugleich money and claim, ein monetärer Verschnitt seiner Geld- und Krediteigenschaften, ein zur Einheit aus Bonität und Zahlungsunfähigkeit verdichteter Widerspruch, der seinen Nutzern einen unendlichen Aufschub einräumt: Jede Zahlung eröffnet die Aussicht auf eine anschließende Zahlung; und jedes Zahlungsversprechen hat immer weitere, also prinzipiell unabschließbar viele Zahlungsversprechen zur Folge…

Eine Kompensation der umlaufenden Schulden ist in diesem Geldsystem explizit nicht mehr gewünscht – und seine Stabilität besteht einzig und allein darin, dass jeder in ihm auf den anderen verwiesen ist, weil er weiß, dass das, was er (nicht) besitzt, immer auch von allen anderen (nicht) besessen wird. Der kontrollierte Bankrott wird dadurch gleichsam mitlaufend zur Institution der neuen Scheinwirtschaft, die aufgeschobene Insolvenz zu ihrem konstitutiven Faktor, die systematische Verschuldung zu ihrem mitlaufenden Credo. Ganz so wie heute.

Und – wie geht die Geschichte aus? Damals gut. Die bank-restriction endet vor exakt 200 Jahren mit der sogenannten Peel’s Bill, der sukzessiven Rückkehr Großbritanniens zum Goldstandard, der Rettung des werthaltigen Geldes. Der konservative Staatsmann und spätere Premier Sir Robert Peel setzte die Reform damals durch – gegen den Widerstand von Finanziers, Industriellen und Spekulanten, die, damals wie heute, zu den größten Profiteuren der Geldexpansion zähl(t)en.

Kwelle & mehr: https://www.wiwo.de/politik/europa/tauc ... 2-all.html
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Depp72
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Deppenwelt: Stimmen, Frauen + Männer

Beitrag von Depp72 »

Deutschlandfunk hat geschrieben:Männerstimme = tief, Frauenstimme = hoch. Das war einmal. In den letzten 50 Jahren haben sich die Stimmen von Frauen und Männern angenähert. Außer in der Werbung oder bei Instagram: Dort feiern akustische Stereotype ein fröhliches Revival.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/ge ... _id=477537
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Depp72
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Deppenwelt: Shenzhen

Beitrag von Depp72 »

Sehr ausführlicher und spannender Zeit-Artikel über das ''Innovationswunder Shenzhen''. Vom Copy- zum Maker-Paradies.
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Zeit hat geschrieben:Eigentlich wollte ich nur das Innovationswunder von Shenzhen kennenlernen. Die Stadt grenzt an Hongkong. Sie ist knapp halb so groß wie das Ruhrgebiet und hat mehr als doppelt so viele Einwohner. Shenzhen vor 40 Jahren, das waren Dörfer, Fischer, Bauern, Hühner, Enten, Schweine, Fahrräder und Fabriken für Zement, Ziegelsteine und Düngemittel. Heute kommen von hier die Smartphones, Smartwatches, Laptops, Lautsprecher und Drohnen für die Welt – und neuerdings auch Erfindungen wie am Fließband. Damals 300.000 Einwohner, heute 13 Millionen. Vor 20 Jahren berüchtigt für Produktpiraterie. Heute bewundert für die coolsten Gadgets. Früher ließen deutsche Konzerne in Shenzhen billig produzieren. Heute schicken sie Delegationen, um sich vom Innovationsgeist inspirieren zu lassen.
[...]
Shenzhen ist eine Stadt wie im Goldrausch. 98 Prozent der Einwohner sind zugewandert. "Wenn du nach Shenzhen kommst, bist du ein Shenzhener", lautet der Lockruf der Stadtregierung. Start-ups werden großzügig unterstützt. Es dauert nur wenige Tage, eine Firma anzumelden. Im Bücherregal von KittenBot stehen die Biografien von Elon Musk und Steve Jobs sowie Makers, die Bibel der Do-it-yourself-Bewegung. Aber Shenzhen hat längst eigene Idole: Frank Wang Tao mit der Drohnenfirma DJI; Ren Zhengfei mit Huawei; Ma Huateng mit dem Internet-Universum Tencent, zu dem auch WeChat gehört. Die drei stehen auf der Milliardärsliste von Forbes.com. Unter "Quelle des Reichtums" notiert das Wirtschaftsmagazin: "self made". Christina Zhang sagt: "Jedes Start-up will so sein wie die."
[...]
Die Maker. So nennen sich Bastler, Hacker und Graswurzel-Erfinder, die mit sozialen Netzwerken und 3-D-Druckern sozialisiert wurden. Die Maker-Kultur hat ihren Ursprung in den USA, wo der damalige Wired-Chefredakteur Chris Anderson sie als nächste industrielle Revolution gefeiert hat. Das war übertrieben. Aber im Innovationsmärchen von Shenzhen spielen die Maker eine Schlüsselrolle.

Maker aus dem Westen kennen den Huaqiangbei-Markt durch den YouTube-Star Scotty Allen. Der hat früher als Informatiker im Silicon Valley gearbeitet. Dann stieg er aus und entdeckte Shenzhen. Auf dem Huaqiangbei-Markt suchte er die Teile für ein iPhone 6S zusammen und baute es nach. 22 Millionen Views. Er friemelte ins iPhone 7 wieder eine Kopfhörerbuchse, nachdem Apple sie abgeschafft hatte. Er konstruierte ein eigenes Android-Phone. Scotty Allen ist der König der Maker. Und dies ist Teil des Innovationsgeheimnisses von Shenzhen: Wer ein neues Gerät entwickelt, irgendeine schlaue Uhr oder ein Fitness-Gadget oder ein Hoverboard, der geht zum Huaqiangbei-Markt, kauft die Bauteile und lässt das Gehäuse auf einem 3-D-Drucker fertigen. Und wer 500 oder 500.000 Stück braucht, fährt eine halbe Stunde mit dem Taxi und findet die passende Fabrik. "Vertikale Lieferkette" nennen sie das: Vom Mikrochip bis zur Platinenfabrik ist alles vor Ort. Wer dasselbe in Berlin versucht, wartet tagelang auf DHL-Pakete. Eine Woche Shenzhen zählt wie ein Monat Europa. Shenzhen speed.
[...]
Die shanzhai-Ära, sagt er, war wichtig für Chinas Entwicklung (shanzhai ist der chinesische Ausdruck für Produktpiraterie). "Die haben nicht nur kopiert. Sie haben auch neu designt und die Geräte billiger gemacht." Und dabei beständig dazugelernt. Beispiel CD- und DVD-Player: Die Premiumgeräte japanischer Hersteller spielten keine raubkopierten Discs ab. Also mussten die Copycats Geräte entwickeln, die den Kopierschutz aushebeln. Gar nicht so einfach. Beispiel Handys: Während Nokia und Siemens teure Handys für die westliche Mittelschicht verkauften, machten Shenzhens Unternehmen ihre Nachahmerprodukte für die Armen erschwinglich. BoP heißt diese Zielgruppe, Bottom of the Pyramid. Indien, China – Afrika. Die untere Etage einer Pyramide ist verdammt groß.

Sie entwickelten Handys mit sieben Lautsprechern für Arbeiter auf Baustellen. Sieben Lautsprecher wegen des Lärms. Lange vor Apple bauten sie Handys mit zwei SIM-Karten-Slots. Sie programmierten Software, die bessere Fotos von Menschen mit schwarzer Hautfarbe macht – für Kunden in Afrika. Featurephones hießen diese Telefone, manche sagten auch "Dumbphones". "Dumb" wie dumm. Das sind nicht die Geschichten, die man sich sonst über Innovation erzählt. Aber man kann mit diesen Geräten viel Geld verdienen. Huawei verkauft heute mehr Smartphones als Apple. Siemens verkauft gar keine Handys mehr.
[...]
"Die Chinesen haben eine andere Einstellung zu Technologie", sagt David Li vom Shenzhen Open Innovation Lab. "Sie sagen nicht: Mein Gott, ich werde meinen Job verlieren. Sie fragen: Wie kann ich mit diesen neuen Dingen Geld verdienen? Millionen von Menschen denken so, deshalb funktioniert Chinas Ökonomie." Was kommt als Nächstes? Die Fabriken ziehen weg, Shenzhen wird zu teuer. Chinas Wirtschaft wächst langsamer. Der Staat ist hoch verschuldet. Der Handelskrieg mit den USA hat viele Firmen in die Insolvenz getrieben. Das investierte Risikokapital ist gesunken. Phase fünf wäre dann die große Krise. Kann aber auch sein, dass es noch eine Weile so weitergeht wie bisher. In Shenzhen reden viele über die Greater Bay Area, einen Wirtschaftsverbund mit Macau, Hongkong, Guangdong und anderen Städten im Mündungsgebiet des Pearl River.

Kwelle & mehr: https://www.zeit.de/zeit-wissen/2020/02 ... ettansicht
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Atlan
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Re: Deppenwelt

Beitrag von Atlan »

Interessanter Artikel, Depp! :thumbup:
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.
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Pk-hh
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Lieblingsverein: Nur der HSV!!!
2. Verein: Nächster Gegner von Werder...;-)))

Re: Deppenwelt: Shenzhen

Beitrag von Pk-hh »

Depp72 hat geschrieben: Samstag 6. Juni 2020, 05:43
Zeit hat geschrieben:...Lange vor Apple bauten sie Handys mit zwei SIM-Karten-Slots...
Das bauten eigentlich alle bis zum 11er. Zumindest außerhalb des chinesischen Marktes und mal abgesehen eSIM.