Die Brandmauer bröckelt

Benutzeravatar
Atlan
Nordlicht
Beiträge: 7497
Registriert: Dienstag 30. April 2019, 14:43
Wohnort: Unweit vom Weserstadion
Lieblingsverein: SV Werder Bremen
2. Verein: SV Atlas Delmenhorst

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von Atlan »

erpie hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 14:01
Atlan hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 12:19
Die CDU-Thüringen ist nicht zur Brandmauer bereit.
Ramelow sollte die Vertrauensfrage stellen, einen Mißtrauensantrag. Und wenn er dann nicht die Mehrheit bekommt, müsste die CDU in die Regierungsverantwortung. Mit der AfD...
Dann hätte die CDU sich demaskiert. Ein Zeichen auch auf Bundesebene. Und ein Zeichen dafür, dass Merz keinen Einfluss hat.
Eine bessere Politik bekommt man damit nicht, aber eine andere - hatten wir ja schon.
So So die Vertrauensfrage. Du weißt schon was daraus folgen kann?

War's das mit der Brandmauer? Vergangenen Donnerstag stimmten CDU und FDP gemeinsam mit der AfD im Landtag von Thüringen dafür, die Grunderwerbsteuer zu senken. Der SPD-Fraktionschef in Landtag, Matthias Hey, hält die politischen Vorgänge in seinem Land für einen Testlauf. Steuert Thüringen auf Vertrauensfrage und Neuwahl zu?
...

ZEIT ONLINE: Und müsste dann nicht der Ministerpräsident die Vertrauensfrage stellen?

Hey: Das wäre eine theoretische Option. Sie steht in der Landesverfassung.

ZEIT ONLINE: Dann sprechen wir das bitte kurz mal theoretisch durch.

Hey: Theoretisch und ausdrücklich im Konjunktiv: Wenn der Ministerpräsident die Vertrauensfrage stellte und sie gewänne, bliebe er im Amt. Verlöre er sie und würde innerhalb von drei Wochen kein neuer Ministerpräsident gewählt, müsste binnen 70 Tagen der Landtag neu gewählt werden.

ZEIT ONLINE: Das gäbe der AfD die Macht, durch die Beantragung der Ministerpräsidentenwahl mit einem eigenen Kandidaten den Prozess an sich zu reißen.

Hey: Das ist die große Gefahr. Die Verfassung sieht bekanntlich vor, dass im dritten Wahlgang der Kandidat mit den meisten Stimmen gewählt ist. Damit wäre ein Einzelkandidat immer gewählt. Um also einen AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern, müsste mindestens ein Gegenkandidat aufgestellt werden – wie, nur zum Beispiel, der bisherige Ministerpräsident. Am Ende befänden wir uns dann wahrscheinlich an derselben Stelle wie vorher, nur dass die AfD nochmals gestärkt wäre. Das war ja auch ein Grund, warum Bodo Ramelow nach der gescheiterten Selbstauflösung des Landtags vor zwei Jahren nicht die Vertrauensfrage stellte. Denn damit gäben wir als Demokraten das Heft des Handelns aus der Hand. Interessant ist ja, dass jetzt aus CDU-Kreisen Ramelow süffisant aufgefordert wird, die Vertrauensfrage zu stellen. Aus meiner Sicht ist das brandgefährlich.

ZEIT ONLINE: Also definitiv keine Vertrauensfrage?

Hey: Das entscheidet der Ministerpräsident. Ich persönlich halte aus den genannten Gründen sehr wenig von dieser Debatte. Aber die CDU muss sich darüber im Klaren sein, dass sie bei dem Beschluss der Grunderwerbsteuer eine Grenzlinie überschritten hat. Ab sofort bewegen wir uns wieder auf einem Terrain, dass wir zuletzt im Februar 2020 bei der Wahl von Thomas Kemmerich betreten haben.
...
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... demokratie

Ich finde das ganze Interview im übrigen sehr interessant.
Zitat: So So die Vertrauensfrage. Du weißt schon was daraus folgen kann?
Hallo erpie! Ja, ich bin mir darüber im klaren, was daraus folgen kann. Aber danke für das Einstellen des Interview!
Als Ministerpräsident würde ich mich aber nicht einfach ausspielen lassen. Die CDU kann dieses Spiel ja jederzeit wiederholen. Da bin ich dafür, dass sie selber in der Regierungsverantwortung steht. Und wenn sie das nicht möchte, auch wegen der möglichen Stärkung der AfD, dann soll sie in Zukunft eben diese Spielchen unterlassen. Bodo Ramelow ist doch Ministerpräsident geworden, weil er die Mehrheit, die Stimmen dafür bekommen hat. Dann sollen sie (die CDU) ihm die Stimmen doch wieder geben und nicht mehr aus der Opposition heraus gegen ihn arbeiten.
Um das nochmal klar zu schreiben: Die CDU hat gewusst, dass die AfD ihrem Antrag zustimmen würde. Sie wollte das!

Anders formuliert: Ein AfD-Ministerpräsident oder die AfD als stärkste Partei ist natürlich nochmal ein anderes (schlimmes) Zeichen. Eine AfD, die mithilfe der CDU, oder einer anderen Partei, mit regiert, Entscheidungen durchsetzt, ist aber kaum weniger übel.
Die CDU-Thüringen hat dafür gesorgt, dass die AfD als befähigt angesehen wird regierungsfähig zu sein. Mit der Vertrauensfrage würde Ramelow schlimmeres verhindern - bis zur nächsten Landeswahl. Dann werden die Karten eh neu gemischt.

Diese Mal kann Ramelow ja noch stillhalten, aber wenn die CDU es nochmal macht...
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.
Benutzeravatar
erpie
Urgestein
Beiträge: 6960
Registriert: Freitag 26. April 2019, 18:24
Wohnort: Berlin

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von erpie »

Atlan hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 15:51
erpie hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 14:01
So So die Vertrauensfrage. Du weißt schon was daraus folgen kann?

War's das mit der Brandmauer? Vergangenen Donnerstag stimmten CDU und FDP gemeinsam mit der AfD im Landtag von Thüringen dafür, die Grunderwerbsteuer zu senken. Der SPD-Fraktionschef in Landtag, Matthias Hey, hält die politischen Vorgänge in seinem Land für einen Testlauf. Steuert Thüringen auf Vertrauensfrage und Neuwahl zu?


https://www.zeit.de/politik/deutschland ... demokratie

Ich finde das ganze Interview im übrigen sehr interessant.
Zitat: So So die Vertrauensfrage. Du weißt schon was daraus folgen kann?
Hallo erpie! Ja, ich bin mir darüber im klaren, was daraus folgen kann. Aber danke für das Einstellen des Interview!
Als Ministerpräsident würde ich mich aber nicht einfach ausspielen lassen. Die CDU kann dieses Spiel ja jederzeit wiederholen. Da bin ich dafür, dass sie selber in der Regierungsverantwortung steht. Und wenn sie das nicht möchte, auch wegen der möglichen Stärkung der AfD, dann soll sie in Zukunft eben diese Spielchen unterlassen. Bodo Ramelow ist doch Ministerpräsident geworden, weil er die Mehrheit, die Stimmen dafür bekommen hat. Dann sollen sie (die CDU) ihm die Stimmen doch wieder geben und nicht mehr aus der Opposition heraus gegen ihn arbeiten.
Um das nochmal klar zu schreiben: Die CDU hat gewusst, dass die AfD ihrem Antrag zustimmen würde. Sie wollte das!

Anders formuliert: Ein AfD-Ministerpräsident oder die AfD als stärkste Partei ist natürlich nochmal ein anderes (schlimmes) Zeichen. Eine AfD, die mithilfe der CDU, oder einer anderen Partei, mit regiert, Entscheidungen durchsetzt, ist aber kaum weniger übel.
Die CDU-Thüringen hat dafür gesorgt, dass die AfD als befähigt angesehen wird regierungsfähig zu sein. Mit der Vertrauensfrage würde Ramelow schlimmeres verhindern - bis zur nächsten Landeswahl. Dann werden die Karten eh neu gemischt.

Diese Mal kann Ramelow ja noch stillhalten, aber wenn die CDU es nochmal macht...
Ist klar nur hat die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluß zu einer Zusammenarbeit mit der Linken, und da die Thüringer CDU wohl keine Notwendigkeit der Abgrenzung zur sogenannten Alternative sieht, werden Sie über kurz oder lang eine Zusammenarbeit mit denen eingehen...
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
Benutzeravatar
Heinz B.
Urgestein
Beiträge: 8427
Registriert: Dienstag 30. Juni 2020, 11:28

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von Heinz B. »

erpie hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 16:03 ... da die Thüringer CDU wohl keine Notwendigkeit der Abgrenzung zur sogenannten Alternative sieht, werden Sie über kurz oder lang eine Zusammenarbeit mit denen eingehen...
Das habe ich gar nicht mitbekommen. Wann hat die CDU sich denn so geäußert?
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
Benutzeravatar
erpie
Urgestein
Beiträge: 6960
Registriert: Freitag 26. April 2019, 18:24
Wohnort: Berlin

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von erpie »

Heinz B. hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 17:32
erpie hat geschrieben: Freitag 22. September 2023, 16:03 ... da die Thüringer CDU wohl keine Notwendigkeit der Abgrenzung zur sogenannten Alternative sieht, werden Sie über kurz oder lang eine Zusammenarbeit mit denen eingehen...
Das habe ich gar nicht mitbekommen. Wann hat die CDU sich denn so geäußert?
Was soll das denn sonst bedeuten?
Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Martin Henkel forderte die Regierung auf, aktiv an einem modernen Vergabegesetz mitzuarbeiten. Ein Vorschlag der CDU liege auf dem Tisch, für diesen werde man nun intensiv werben. Henkel hatte am Montag auf Instagram angekündigt: „Die von uns durchgesetzte Senkung der Grunderwerbssteuer war nur der erste Schritt. Wir fordern von der Landesregierung weitere Maßnahmen für mehr Wachstum und Bürokratieabbau.“
https://taz.de/Umgang-mit-der-AfD-in-Th ... /!5958537/

oder
...
Matthias Hey: Alles, was wir seit der Abstimmung aus der CDU gehört haben, spricht leider dafür. Es werde jetzt jeden Monat so ein Knaller kommen, hieß es. Und die Knaller befinden sich ja schon in der parlamentarischen Warteschlange. Das Gender-Verbot in der öffentlichen Verwaltung etwa oder die Lockerung von der Vergabe öffentlicher Aufträge. Da ist jetzt schon klar, wie da die Fronten verlaufen. Und dann haben wir noch den Kampf über den Landeshaushalt für 2024.
https://www.zeit.de/politik/deutschland ... demokratie

Da die CDU locker die Zustimmung der sogenannten Alternative mitnimmt um damit die Minderheitsregierung zu erpressen werden Sie nach einer Wahl wohl kaum eine Zusammenarbeit ausschlagen und die Wähler in Thüringen werden das Spiel mitmachen und die AfD zur särksten Partei machen, da ja die etablierten sich nur streiten. Zudem müsste Sie dann wohl mit der Linken zusammenarbeiten um die AfD zu verhindern.
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
Benutzeravatar
Heinz B.
Urgestein
Beiträge: 8427
Registriert: Dienstag 30. Juni 2020, 11:28

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von Heinz B. »

Ein Teufelskreis.

Einerseits will man nicht mit der AfD kooperieren, andererseits sollte man auf wichtige Gesetze nicht verzichten, nur weil evtl die AfD auch zustimmt. Außerdem sollten für die Politik immer die Interessen der Bürger an allererster Stelle stehen.

Parteipolitische Spielchen und Winkelzüge machen die Rechten nur stärker.

Außerdem haben auch AfD-Wähler das Recht, dass ihre Interessen vertreten werden, immer auf Basis des Grundgesetzes, versteht sich.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
Benutzeravatar
erpie
Urgestein
Beiträge: 6960
Registriert: Freitag 26. April 2019, 18:24
Wohnort: Berlin

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von erpie »

Meiner Meinung nach eine gute Analyse:
Die AfD werde sich selbst entzaubern, heißt es bis heute. Erst als Partei, dann in der Opposition – und als Nächstes durch Einbindung und Verantwortung? Über den Selbstbetrug einer Gesellschaft am Kipppunkt.
...
Die Entzauberung funktioniert auch deshalb nicht, weil eine andere Erzählung nicht stimmt: Die AfD sei eine Protestpartei oder gar eine „Schlechte-Laune-Partei“ (Olaf Scholz). Laut der „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung haben 8,3 Prozent der Deutschen ein manifest rechtsextremes Weltbild. Dreimal mehr als noch 2014.
Weitere 20 Prozent rechnen sich dem sogenannten Graubereich zu, sind also nicht ganz abgeneigt. Nicht ganz abgeneigt sind auch 30 Prozent der Befragten gegenüber einer Diktatur.

Viele Wähler ermöglichen der AfD also ihre Erfolge nicht trotz, sondern wegen der rechtsextremen Positionen der Partei.

Rechtsextremistische Einstellungen sind in Deutschland kein Tabu mehr. Mit jeder verantwortlichen Position, die die AfD besetzen kann, schwindet die Hemmschwelle, sich offen dafür zu bekennen, wird es gesellschaftlich akzeptierter auch so zu wählen.

Das ist eine sich selbst verstärkende Normalisierung des noch vor zehn Jahren Undenkbarem. Angesichts der Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im nächsten Jahr, die die AfD laut Umfragen theoretisch alle drei gewinnen könnte, müsste ein Aufschrei durch die politische Landschaft gehen. Eigentlich.

Doch die aktuelle Beruhigungspille ist die bitterste und gefährlichste von allen: die Rationalisierung der Kapitulation. Angesichts des steigenden Einflusses der AfD in Kommunen und Ländern, bleibt eine Zusammenarbeit mit der AfD kein Tabu mehr. Gestritten wird nur noch, was „Zusammenarbeit“ konkret bedeutet.

Das Argument ist immer das gleiche. Schließlich gehe es um Inhalte. Und wenn die AfD zufällig auch dafür sei, lasse man sich davon eben nicht abhalten. Was pragmatisch klingen soll, ist in Wahrheit ein weiterer Dammbruch.

Es ist das durch spitzfindige und akademische Debatten nicht zu überdeckende Signal an alle, die für die Demokratie noch nicht gänzlich verloren sind, dass auch die politische Mitte bereit ist, dieses Land mit Stimmen der AfD zu gestalten. Einer Partei, die kaum verhohlen die Axt an die freiheitlich-demokratische Grundordnung legen will, Faschisten in ihren Reihen duldet und fördert, sich seit ihrer Gründung immer nur weiter radikalisiert hat.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 17452.html
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
Benutzeravatar
Heinz B.
Urgestein
Beiträge: 8427
Registriert: Dienstag 30. Juni 2020, 11:28

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von Heinz B. »

erpie hat geschrieben: Sonntag 24. September 2023, 11:21 Meiner Meinung nach eine gute Analyse:
Die AfD werde sich selbst entzaubern, heißt es bis heute. Erst als Partei, dann in der Opposition – und als Nächstes durch Einbindung und Verantwortung? Über den Selbstbetrug einer Gesellschaft am Kipppunkt.
...
Die Entzauberung funktioniert auch deshalb nicht, weil eine andere Erzählung nicht stimmt: Die AfD sei eine Protestpartei oder gar eine „Schlechte-Laune-Partei“ (Olaf Scholz). Laut der „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung haben 8,3 Prozent der Deutschen ein manifest rechtsextremes Weltbild. Dreimal mehr als noch 2014.
Weitere 20 Prozent rechnen sich dem sogenannten Graubereich zu, sind also nicht ganz abgeneigt. Nicht ganz abgeneigt sind auch 30 Prozent der Befragten gegenüber einer Diktatur.

Viele Wähler ermöglichen der AfD also ihre Erfolge nicht trotz, sondern wegen der rechtsextremen Positionen der Partei.

Rechtsextremistische Einstellungen sind in Deutschland kein Tabu mehr. Mit jeder verantwortlichen Position, die die AfD besetzen kann, schwindet die Hemmschwelle, sich offen dafür zu bekennen, wird es gesellschaftlich akzeptierter auch so zu wählen.

Das ist eine sich selbst verstärkende Normalisierung des noch vor zehn Jahren Undenkbarem. Angesichts der Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im nächsten Jahr, die die AfD laut Umfragen theoretisch alle drei gewinnen könnte, müsste ein Aufschrei durch die politische Landschaft gehen. Eigentlich.

Doch die aktuelle Beruhigungspille ist die bitterste und gefährlichste von allen: die Rationalisierung der Kapitulation. Angesichts des steigenden Einflusses der AfD in Kommunen und Ländern, bleibt eine Zusammenarbeit mit der AfD kein Tabu mehr. Gestritten wird nur noch, was „Zusammenarbeit“ konkret bedeutet.

Das Argument ist immer das gleiche. Schließlich gehe es um Inhalte. Und wenn die AfD zufällig auch dafür sei, lasse man sich davon eben nicht abhalten. Was pragmatisch klingen soll, ist in Wahrheit ein weiterer Dammbruch.

Es ist das durch spitzfindige und akademische Debatten nicht zu überdeckende Signal an alle, die für die Demokratie noch nicht gänzlich verloren sind, dass auch die politische Mitte bereit ist, dieses Land mit Stimmen der AfD zu gestalten. Einer Partei, die kaum verhohlen die Axt an die freiheitlich-demokratische Grundordnung legen will, Faschisten in ihren Reihen duldet und fördert, sich seit ihrer Gründung immer nur weiter radikalisiert hat.
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 17452.html
Sorry, aber das ist keine Analyse, das ist ein Kommentar, also eine persönliche Meinung des Autors.
Ich diskutiere nicht, ich erkläre lediglich, warum ich Recht habe. :wink:
Benutzeravatar
erpie
Urgestein
Beiträge: 6960
Registriert: Freitag 26. April 2019, 18:24
Wohnort: Berlin

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von erpie »

Irgendwie hat es die Brandmauer so eigentlich noch nicht gegeben...
Die Mär von der Brandmauer: Wo es Kooperationen mit der AfD gibt
CDU, FDP, SPD, Grüne und Linke schließen regelmäßig aus, mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen. Doch eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt, dass sie dies in den Kommunen längst tun.

Die Mär von der Brandmauer: Wo es Kooperationen mit der AfD gibt

CDU, FDP, SPD, Grüne und Linke schließen regelmäßig aus, mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen. Doch eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zeigt, dass sie dies in den Kommunen längst tun.
...
Eine am Mittwoch erscheinende Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt, hat sich genauer angeschaut, inwieweit es Kooperationen mit der AfD und rechtsextremen Parteien auf kommunaler Ebene bereits gibt.
Verschiedene Formen der Zusammenarbeit

Die Studie konzentriert sich auf die ostdeutschen Bundesländer, in denen bis auf Berlin im Laufe des Jahres Kommunalwahlen anstehen. Insgesamt 121 Fälle von Kooperationen zwischen AfD und anderen rechtsextremen Parteien auf der einen Seite und demokratischen Parteien beziehungsweise Fraktionen auf der anderen Seite konnten die Autoren der Studie für den Zeitraum Sommer 2019 bis Ende 2023 nachweisen. Sie gehen jedoch von einer „hohen Dunkelziffer“ aus.

Als Kooperation werteten die Studienmacher sowohl eine formale Zusammenarbeit, etwa den Zusammenschluss als Fraktion, als auch Absprachen und gemeinsames Abstimmungsverhalten. Die häufigste Form der Kooperation war dabei das gemeinsame Abstimmen. Doch keineswegs war es nur so, dass die AfD Anträgen der etablierten Parteien zustimmte. In 74 Fällen ging die Initiative vielmehr von der AfD oder anderen rechtsextremen Parteien aus – und die anderen Parteien stimmten mit.

In einigen Fällen wurden sogar gemeinsame Anträge eingebracht: Im Stadtrat von Hildburghausen in Thüringen etwa stellten AfD, SPD und mehrere lokale Wählervereinigungen einen gemeinsamen Antrag mit dem Ziel, per Bürgerentscheid den Bürgermeister von der Links-Partei loszuwerden. Mit Erfolg.

Für die etablierten Parteien wird die zunehmende Präsenz von AfD-Vertretern in Kommunalparlamenten zum Problem. Denn ein AfD-Antrag lässt sich als solcher erkennen und ablehnen. Wie aber geht man damit um, wenn die AfD einem Antrag zustimmt? Auch für diese Konstellation führen die Autoren der Studie zahlreiche Beispiele an.

Doch das Problem beschränkt sich schon lange nicht mehr auf die kommunale Ebene: Im September 2023 etwa wurde ein von der Thüringer CDU-Landtagsfraktion eingebrachter Antrag zur Senkung der Grunderwerbsteuer mit den Stimmen von AfD und FDP beschlossen. Ausgerechnet in Thüringen, wo Björn Höcke dem wohl radikalsten AfD-Landesverband vorsitzt und 2020 mit Thomas Kemmerich von der FDP der erste Ministerpräsident mit Stimmen der AfD zumindest kurzzeitig ins Amt gewählt wurde.
https://www.tagesspiegel.de/politik/zus ... 50870.html
Gesegnet seien jene, die nichts zu sagen haben und den Mund halten.
(Oscar Wilde)
Weil das Denken so schwierig ist, urteilt man lieber.
(Sandor Márai)
Gruß
erpie
rauschberg
Poweruser
Beiträge: 1939
Registriert: Freitag 26. April 2019, 17:48
Wohnort: Ganz weit im Süden
Lieblingsverein: FC Bayern
2. Verein: FC Köln

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von rauschberg »

Ja, wenn das alles so einfach ist.
Dann geht es also wieder in die beliebte Richtung - ihr da oben und wir da unten.

Im Wahlkreis von Ricarda Lang in Backnang in Baden-Würtemberg wollten die Bürger, dass das vorhandene Theater weiter gefördert wird. Ausgerechnet die AfD stellte dann im Gemeinderat den entsprechenden Antrag und der Gemeinderat einschließlich der Grünen stimmte zu.
Ergo - das Theater wird weiter gefördert.
Die Alternative - die Bürger wollen das zwar, aber die AfD hat das beantragt, also wollen wir das jetzt nicht mehr und stimmen dagegen.
Kann man machen. Wie man das aber den Bürgern erklären soll, dass ihr Wunsch leider nicht berücksichtigt werden wird, sagt einem dann keiner mehr.
Die wollen ihr Theater behalten und es ist ihnen auch völlig wurscht, wer das beantragt hat.
Da hilft es dann auch wenig, wenn die Parteivorsitzende in Berlin ins Mikro säuselt, dass das so nicht mehr vorkommen wird. Sie ist ja nicht mehr vor Ort und geht da auch eher weniger ins Theater.

Genauso wie es in Thüringen den potentiellen Häuslebauern völlig wumpe ist, wer dem Antrag zugestimmt hat und wer nicht. Wichtig ist ihnen, dass die Grunderwerbssteuer gesenkt wird.
Das kann man natürlich den Leuten im Wahlprogramm versprechen und dann hinterher argumentieren, dass man das doch nicht beantragen kann, weil ja die AFD zustimmen wird. Kommt bei den geneigten Wählern sicher auch gut an.

In Bayern regiert seit ewigen Zeiten die CSU - aber ein Söder und seine diversen Vorgänger können und konnten erzählen, was sie wollen.
In der Landeshauptstadt regiert - mit einer einzigen Wahlperoiode Unterbrechung - seit 75 Jahren(1948) die SPD, weil die Münchner Bürger das so wollen. Das führt dann zwar des öfteren zu heftigen Turbulenzen mit der Staatsregierung, aber da bleibt man streithaft.
Und das ist in mehr als 50% der kreisfreien Stadte in Bayern so.

Kommunalebene, da ist das, was diversen Herrschaften in den Landeszentralen und Bundeszentralen so vorschwebt erst mal zweitrangig. Da geht es um das, was die Kommune und ihre Bürger wollen.
Wir haben bei uns im tiefschwarzen Bayern in der Gemeinde seit Jahren im Gemeinderat keine CSU-Mehrheit. Und in der Gemeinde wird das umgesetzt, was der Gemeinderat beschließt und nicht das, was Herr Soder in München gerne hätte.

Genau das hat ein Merz, wenn auch blöde formuliert, gesagt - man kann auf der kommunalen Ebene nicht einfach den Bürger- und Wählerwillen ignorieren. Da muss man dann eben vorher vor Ort anders agieren und arbeiten, wenn man verhindern will, dass bestimmte Leute gewählt werden. Da hilft im Nachhinein auch kein Gefasel von Brandmauer.
Benutzeravatar
Atlan
Nordlicht
Beiträge: 7497
Registriert: Dienstag 30. April 2019, 14:43
Wohnort: Unweit vom Weserstadion
Lieblingsverein: SV Werder Bremen
2. Verein: SV Atlas Delmenhorst

Re: Die Brandmauer bröckelt

Beitrag von Atlan »

rauschberg hat geschrieben: Mittwoch 13. März 2024, 15:16 Ja, wenn das alles so einfach ist.
Dann geht es also wieder in die beliebte Richtung - ihr da oben und wir da unten.

Im Wahlkreis von Ricarda Lang in Backnang in Baden-Würtemberg wollten die Bürger, dass das vorhandene Theater weiter gefördert wird. Ausgerechnet die AfD stellte dann im Gemeinderat den entsprechenden Antrag und der Gemeinderat einschließlich der Grünen stimmte zu.
Ergo - das Theater wird weiter gefördert.
Die Alternative - die Bürger wollen das zwar, aber die AfD hat das beantragt, also wollen wir das jetzt nicht mehr und stimmen dagegen.
Kann man machen. Wie man das aber den Bürgern erklären soll, dass ihr Wunsch leider nicht berücksichtigt werden wird, sagt einem dann keiner mehr.
Die wollen ihr Theater behalten und es ist ihnen auch völlig wurscht, wer das beantragt hat.
Da hilft es dann auch wenig, wenn die Parteivorsitzende in Berlin ins Mikro säuselt, dass das so nicht mehr vorkommen wird. Sie ist ja nicht mehr vor Ort und geht da auch eher weniger ins Theater.

Genauso wie es in Thüringen den potentiellen Häuslebauern völlig wumpe ist, wer dem Antrag zugestimmt hat und wer nicht. Wichtig ist ihnen, dass die Grunderwerbssteuer gesenkt wird.
Das kann man natürlich den Leuten im Wahlprogramm versprechen und dann hinterher argumentieren, dass man das doch nicht beantragen kann, weil ja die AFD zustimmen wird. Kommt bei den geneigten Wählern sicher auch gut an.

In Bayern regiert seit ewigen Zeiten die CSU - aber ein Söder und seine diversen Vorgänger können und konnten erzählen, was sie wollen.
In der Landeshauptstadt regiert - mit einer einzigen Wahlperoiode Unterbrechung - seit 75 Jahren(1948) die SPD, weil die Münchner Bürger das so wollen. Das führt dann zwar des öfteren zu heftigen Turbulenzen mit der Staatsregierung, aber da bleibt man streithaft.
Und das ist in mehr als 50% der kreisfreien Stadte in Bayern so.

Kommunalebene, da ist das, was diversen Herrschaften in den Landeszentralen und Bundeszentralen so vorschwebt erst mal zweitrangig. Da geht es um das, was die Kommune und ihre Bürger wollen.
Wir haben bei uns im tiefschwarzen Bayern in der Gemeinde seit Jahren im Gemeinderat keine CSU-Mehrheit. Und in der Gemeinde wird das umgesetzt, was der Gemeinderat beschließt und nicht das, was Herr Soder in München gerne hätte.

Genau das hat ein Merz, wenn auch blöde formuliert, gesagt - man kann auf der kommunalen Ebene nicht einfach den Bürger- und Wählerwillen ignorieren. Da muss man dann eben vorher vor Ort anders agieren und arbeiten, wenn man verhindern will, dass bestimmte Leute gewählt werden. Da hilft im Nachhinein auch kein Gefasel von Brandmauer.
:thumbup:
Grün/Weiße Grüße :wave:
Alle wollen zurück zur Natur. Aber keiner zu Fuß.